Die Staatschuldenkrise, die seit den Jahren 2009/2010 zunehmend den Euroraum und die gesamte Europäische Union (EU) erfasste, hat bisher zu entscheidenden Zäsuren geführt, die auf das gesamte politische System der EU und teilweise auch auf die einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Auswirkungen aufweisen. Hier wären einerseits die Übereinkommen wie der Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion, gemeinhin als Fiskalpakt bezeichnet, oder der sich noch im Ratifizierungsprozess befindliche Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) zu nennen. Diese bedeuten einen entscheidenden Schritt hinsichtlich einer Vergemeinschaftung der nationalen Haushaltspolitiken – einem klassischen Feld nationalstaatlicher Kompetenz. Andererseits mussten im Zuge der Krise einige Regierungen, insbesondere in Griechenland, Spanien, Italien und Portugal zurücktreten und den Weg für andere freimachen.
Jedoch sind auch auf institutioneller Seite einige Veränderungen zu verzeichnen, wenn einmal die zunehmende Involvierung der Europäischen Zentralbank (EZB) bedacht wird. Ihre Entscheidungen zum Senken bzw. Anheben des Leitzinses waren oftmals Bestandteil politischer Kommentare . Im weiteren Verlauf wurde das Handeln der EZB immer mehr kritisch beäugt, insbesondere als die EZB damit begann, Staatsanleihen der in die Krise geratenen Staaten aufzukaufen. Doch damit nicht genug: Die Kritik verstärkte sich umso mehr, als als Gegenleistung und Sicherheit für den Kauf der Staatspapiere nur sehr geringe Bonitätsanforderungen akzeptiert wurden.
An dieser Stelle kann die Frage gestellt werden, inwiefern die EZB einem Wandel in ihrer Funktion und in ihren Charakteristika unterliegt. Hier soll auch die vorliegende Arbeit ansetzen und einen Beitrag zur Beantwortung dieser Frage leisten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Europäische Zentralbank: Institution, Organisation und juristische Grundlagen
- Genese und organisatorischer Aufbau
- Das Unabhängigkeitsprinzip als fundamentale Determinante des Handelns der ᎬᏃᏴ
- Aufgaben und Ziele der EZB-Politik
- Die Zwei-Säulen-Strategie - ein Ausschnitt aus der geldpolitischen Strategie der ᎬᏃᏴ
- Die Rolle der EZB in der Schuldenkrise
- Die Fortentwicklung der EZB in der Staatschuldenkrise und deren Verhältnis zum Primärrecht
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Europäische Zentralbank (EZB) im Kontext der Staatsschuldenkrise und analysiert, ob und inwiefern die EZB einem Wandel in ihrer Funktion und ihren Charakteristika unterliegt. Hierzu werden die institutionellen Grundlagen der EZB beleuchtet, die Rolle der EZB in der Staatsschuldenkrise analysiert und die Frage nach der Legitimität eines möglichen Wandels der EZB erörtert.
- Institutionelle Grundlagen der EZB
- EZB-Handeln in der Staatsschuldenkrise
- Legitimität eines möglichen Wandels der EZB
- Rechtliche Grundlagen und Kontroversen
- Positionen relevanter Akteure (Mario Draghi vs. Jens Weidmann)
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Arbeit stellt die Relevanz der Staatsschuldenkrise für die Europäische Union und die EZB heraus und skizziert die Forschungsfrage.
Die Europäische Zentralbank: Institution, Organisation und juristische Grundlagen: Dieses Kapitel beleuchtet die Genese, den organisatorischen Aufbau und das Verhältnis der EZB zu anderen Organen der EU. Dabei wird das Unabhängigkeitsprinzip der EZB und die Zwei-Säulen-Strategie der geldpolitischen Strategie vorgestellt.
Die Rolle der EZB in der Schuldenkrise: Dieses Kapitel analysiert das Handeln der EZB in der Staatsschuldenkrise und beleuchtet die Kontroversen, die sich aus den Handlungsentscheidungen der EZB ergeben haben.
Schlüsselwörter
Europäische Zentralbank (EZB), Staatsschuldenkrise, Euro-System, Unabhängigkeitsprinzip, Geldpolitik, Zwei-Säulen-Strategie, Staatsanleihen, Rechtswirklichkeit, Primärrecht, No-bailout-Klausel, Mario Draghi, Jens Weidmann
- Arbeit zitieren
- Phillip Böttcher (Autor:in), 2012, Die Europäische Zentralbank. Wandel im Zuge der Staatsschuldenkrise?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338655