Theodosius macht 380 Tabula rasa. Er verbietet mit dem Erlass Cunctos populos „aus eigener Initiative und ohne Konsultation kirchlicher Stellen“ alle heidnischen Religionen und schaltet die vom Katholizismus abweichenden christlichen Varianten mit Zwangsmaßnahmen aus. „Nur diejenigen, die diesem Gesetz folgen, sollen, so gebieten wir, katholische Christen heißen dürfen; die übrigen, die wir für wahrhaft toll und wahnsinnig erklären, haben die Schande ketzerischer Lehre zu tragen“.
Damit beginnt unter dem Patronat des später zum Divus erhobenen Theodosius der Siegeszug eines zur Staatsreligion geeinten Christentums, das meist als „christliche“ Staats/Reichsreligion bezeichnet wird, aber in Wirklichkeit nur den katholischen Anteil der christlichen Bewegungen kennzeichnet.
Unter der Dominanz der allmächtigen, allwissenden, jeder menschlichen Macht turmhoch überlegenen Gottheit erhebt die Kirche einen Herrschaftsanspruch über alle Menschen: „Wer wird sich der Einsicht verschließen“, schreibt Bischof Ambrosius von Mailand an Kaiser Valentinian II., „dass in Glaubensangelegenheiten die Bischöfe über dem Kaiser, nicht aber die Kaiser über die Bischöfe Recht sprechen können“. Schließlich wird der Mensch an sich, gleich welcher Abstammung und Position, dem Urteil der Kirche unterworfen: „So erklären wir, dass jedes menschliche Geschöpf dem Bischof von Rom unterworfen sein muss, weil dies ganz und gar heilsnotwendig ist“, erklärt Papst Bonifaz VIII. im Jahre 1302. Kaum ein Ereignis hat die Geschichte so geprägt wie dieser Erlass. Und kaum ein paradigmatischer Wandel ist in der althistorischen Geschichtsforschung so wenig beachtet und gewürdigt worden.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Cunctos Populos. Der Staatskirchenerlass
- Folgen
- Der Staat unterwirft sich
- Bischöfe als neue Führungsschicht in den Städten
- Innerkirchliche Folgen: Hierarchie statt Gemeindechristentum
- Verlust der kulturellen und religiösen Vielfalt
- Die Umwertung aller Werte
- Eine Entscheidung, die die Welt bewegt
- Anlage
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Studie analysiert den Staatskirchenerlass „Cunctos Populos“ von Kaiser Theodosius aus dem Jahr 380 n. Chr. Sie untersucht die Folgen dieses Erlasses für die politische, soziale und religiöse Landschaft des Römischen Reiches. Der Fokus liegt auf der Etablierung des Christentums als Staatsreligion und den Auswirkungen auf die interne Organisation der Kirche sowie auf die kulturelle und religiöse Vielfalt des Reiches.
- Die Etablierung des Christentums als Staatsreligion
- Die Folgen für die innere Organisation der Kirche
- Der Verlust der kulturellen und religiösen Vielfalt im Römischen Reich
- Die Veränderung der gesellschaftlichen Werte und Normen
- Die Bedeutung des Staatskirchenerlasses für die spätere Geschichte des Christentums
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des Staatskirchenerlasses „Cunctos Populos“ ein und skizziert die historische Entwicklung des Christentums im 4. Jahrhundert. Das erste Kapitel analysiert den Inhalt und die Hintergründe des Erlasses. Das zweite Kapitel beleuchtet die vielfältigen Folgen des Erlasses: Die Unterwerfung des Staates unter die Kirche, die neue Rolle der Bischöfe in den Städten, die Umwandlung der Kirche zu einer hierarchischen Institution, der Verlust der kulturellen und religiösen Vielfalt sowie die Umwertung der gesellschaftlichen Werte.
Schlüsselwörter
Staatskirchenerlass, Cunctos Populos, Kaiser Theodosius, Christentum, Staatsreligion, Kirche, Bischöfe, Hierarchie, Kultur, Religion, Vielfalt, Wertewandel, Geschichte, Römisches Reich
- Arbeit zitieren
- Rolf Bergmeier (Autor:in), 2016, Kaiser Theodosius und der Staatskirchenerlass Cunctos Populos vom 28. Februar 380, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/338674