Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vor den Spielen
2.1 Wahl und Entstehung des olympischen Dorfes nach dem Willen des Führers
2.2 Propaganda vor den Spielen
2.3 Wirkung und Reaktion aus dem Ausland
3. Die Winterspiele in Garmisch- Partenkirchen: Ein Probelauf.
3.1 Reaktionen der ausländischen Presse
4. Die Olympischen Sommerspiele 1936
4.1 Verhalten des Regimes und der Presse während den Spielen
4.2 Die Rolle Berlins
4.3 Reaktionen aus dem Ausland
5. Eine zentrale Rolle in der Nachbereitung: Leni Riefenstahl und ihre Filme.
5.1 Die Entstehung der Filme
5.2 Leni Riefenstahl: Fest der Völker
5.3 Wirkung auf das Ausland
6. Forschungsperspektiven
7. Resümee
8. Literaturverzeichnis
9. Quellenverzeichnis
10. Filmographie
11. Zeitschriften
1. Einleitung
Am 13. Mai 1931 vergab der IOC die Olympischen Winter- und Sommerspiele 1936 an die deutsche Reichshauptstadt, genauer gesagt an Berlin. „Dieser Zuspruch wurde als deutliches Zeichen der Wiedereingliederung der Deutschen nach dem Ersten Weltkrieg gedeutet“1. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde die Bedeutung der olympischen Bewegung zunächst jedoch immer schwächer, da für die nationalsozialistische Regierung aus rassistischer Sicht einige Bedenken an dieser Bewegung zu erkennen waren. Nach und nach wurden Adolf Hitler und seinem Regime aber die Möglichkeiten bewusst, die mit der Austragung der Spiele einher gehen. Insbesondere die in Aussicht stehende außenpolitische Aufwertung setzte einen Einstellungswandel der Nationalsozialisten in gang. „Das pro- olympische verhalten sollte gleichzeitig der politischen Isolierung entgegenwirken“ und so wurde es zum Ziel „das Bild eines unbeschwerten, friedlichen und neuen Deutschlands zu präsentieren“2.
Nun gibt es aus heutiger Forschungssicht verschiedene Perspektiven, welche die Frage nach der Rolle der olympischen Spiele in der nationalsozialistischen Propaganda durchleuchten. Zum einen werden die Spiele als „ein, wenn nicht gar das Musterbeispiel für die Instrumentalisierung des Sports“3 gesehen. In der Forschungsliteratur lassen sich aber auch Gegenthesen entdecken welche von der Position ausgehen, dass die Spiele 1936 nur teilweise als Propagandaerfolg ausgelegt werden können. Arnd Krüger verfasste in seiner Dissertation zum Thema „Die Olympischen Spiele 1936 und die Weltmeinung“4 beispielsweise die These, dass dort, wo in der ausländischen Presse vor den Spielen schon eine Boykottbewegung, beziehungsweise eine dem nationalsozialistischem Regime gegenüber kritische Haltung zu erkennen war, auch nach den Spielen eine erhalten blieb.
Diese Arbeit befasst sich mit der Fragestellung, inwieweit das nationalsozialistische Regime den Sport, genauer gesagt die olympischen Spiele dazu nutzen konnte, sich außenpolitisch als weltoffenes und internationales Volk zu inszenieren. Dazu wird im Laufe dieser Arbeit auf verschiedene Zeitabschnitte eingegangen, in denen das Regime versucht hat außenpolitisch als Teil der friedlichen Völkergemeinschaft zu wirken. Zum einen wird die Lenkung der Presse hinsichtlich der Spiele genauer dargestellt. Hier wurde, wie im späteren Verlauf anhand einiger nachweise bestätigt wird, deutlich seitens der Regierung eingegriffen und sogar von ideologischen Überzeugungen abgewichen, um die gewünschte Wirkung auf das Ausland zu erzielen. Auch die Wahl und die Entstehung des olympischen Ortes haben eine gewichtige Aussagekraft im Bezug auf die Fragestellung. Hitler war die Rolle und die Wirkung eines “faszinierenden“ Bauwerkes auf das Ausland bewusst, und somit wurde auch dieser Sektor teil seiner Propaganda. Weiterhin werde ich noch auf die filmische Inszenierung der Spiele durch Leni Riefenstahl eingehen, welche zwei Jahre nach dem Ende der Spiele internationalen Erfolg fand. Auch hier wird zu untersuchen sein, in wieweit sich eine bestimmte internationale Wirkung in Riefenstahls Filmen erkennen lässt. Ein wichtiger Teil dieser Arbeit wird sein, die letztendliche Wirkung der nationalsozialistischen Politik während der Spiele auf die Weltmeinung zu betrachten, um einschätzen zu können, ob die Nationalsozialisten überhaupt das volle propagandistische Potential aus den Spielen abzuschöpfen konnten und inwieweit diese Versuche von Erfolg gekrönt wurden.
In einem abschließenden Resümee werde ich dann rückblickend auf meine Fragestellung ein Fazit meiner Arbeit ziehen.
2. Vor den Spielen
In diesem Teil dieser Arbeit wird explizit auf die Zeit vor den Olympischen Spielen eingegangen. Das NS-Regime konzentrierte sich hierbei vor allem auf die Vorbereitung der Spiele. Die olympischen Orte mussten ausgesucht und ausgestaltet werden. Auch musste das Volk und die Presse auf die Spiele eingestimmt sein, um einen reibungslosen Ablauf gewährleisten zu können.
2.1 Wahl und Entstehung des olympischen Dorfes nach dem Willen des Führers
Nach der erfolgreichen Bewerbung für die Spiele 1936, machte sich das eigens gegründete Olympische Komitee an die Planungsarbeiten. Die 1932 weiterhin auf Deutschland wirkende Finanzkrise bewegten das Komitee zur Annahme, dass das bereits bestehende Stadion im Grunewald ausgebaut werden sollte, um die Kosten so gering wie möglich zu halten.5 Die erste Sitzung des Bauausschusses fand am 15. Juli 1933 unter dem Vorsitz von Carl Diem statt.6 Noch bevor die Bauarbeiten jedoch beginnen konnten, besuchte Adolf Hitler am 15. Oktober 1933 persönlich das Gelände, um sich über die geplante Gestaltung zu informieren.7 Schon am Tage der Besichtigung fasste Hitler den Entschluss, dass das Stadion von vom reich gebaut werden müsse, denn „es sei eine Reichsaufgabe; wenn man die ganze Welt zu Gast geladen hätte, müsste etwas Großartiges und Schönes entstehen“8. Nach Hitlers Auffassung traten die Mitglieder des olympischen Komitees zu bescheiden auf und er legitimierte somit Ausgaben, die weit über dem eigentlich eingeplanten Budget lagen.9 Die erbrachten Olympiabauten, die bis zum Sommer 1936 fertig gestellt wurden, bildeten die bis dahin größte Sportanlage der Welt und wurden auch international mit großem Staunen betrachtet. So Schrieb der US-Amerikanische Historiker Richard Manuell in den Siebzigerjahren, das die Bauten in Berlin „alles in den Schatten stellten, was bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich für den Sport gebaut oder geplant worden war“10.
Wichtig ist hierbei noch zu nennen, dass durch die Ernennung des Projektes zur Aufgabe des Reiches die eigentliche Austragungsstadt Berlin “außen vor“ war und somit alle Planungen und Umsetzungen in den Händen der nationalsozialistischen Regierung lagen.11 Hitler selbst gab dem Vorhaben also eine neue Dimension und präsentierte der Welt somit ein beeindruckendes Kunstwerk. In seiner Rede nach der Besichtigung drückte er noch ein mal ganz klar die Bedeutung der Spiele aus.
Danach befand sich Deutschland außenpolitisch nach dem ersten Weltkrieg in einer sehr schwierigen Lage und müsse nun versuchen, die Weltmeinung durch kulturelle Leistungen zu gewinnen.12
2.2 Propaganda vor den Spielen
Deutschlands neue Führung, welche sich in der Vergangenheit eindeutig zur Diskriminierung einer ganzen Bevölkerungsgruppe ausgesprochen hatte, Mitglieder anderer Parteien inhaftierte und die noch junge Demokratie in Deutschland abzuschaffen ersuchte, war für Länder, welche den olympischen Gedanken “der Verständigung der Völker“ als wichtig empfanden, ein Dorn im Auge. Die Frage, ob in diesem Land überhaupt olympische Spiele stattfinden durften, wurde laut. So lautete es in einer Schlagzeile der New York Times 1936: „Olympische Spiele `36 werden möglicherweise abgesagt wegen Deutschlands Kampagne gegen Juden“13. Empört entgegnete diesen Vorwürfen die deutsche Presse, beziehungsweise der Völkische Beobachter, dass es als selbstverständlich angesehen wird, dass die Vertreter aller Nationen, die zu den olympischen Spielen erscheinen, als Gäste behandelt werden, ganz gleich welcher Rasse sie angehörten.14
Als der Präsident des deutschen olympischen Komitees (Theodor Lewald) 1933 auf dem IOC in Wien dazu aufgefordert wurde, sich klar dem olympischen Gedanken zu verschreiben und die Spiele nur unter diesem Gedanken stattfinden zu lassen, besänftigte er das Komitee, indem er allen Mitgliedern zusicherte, dass auch jüdische Sportler mit deutscher Herkunft an den Spielen teilnehmen durften.15 Generell wirkte die Tatsache, dass Lewald bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten sein Amt inne hatte, auf die restlichen Mitglieder des Komitees sehr beruhigend. Generell genoss Lewald, welcher nach der NS- Rassenlehre Halbjude war, auf internationaler Bühne ein hohes ansehen. Darum wussten auch die Funktionäre der NS- Führung.16
Mit allen Mitteln versuchte Lewald fortan, die wahren Absichten der Nationalsozialisten zu verbergen und die olympischen Spiele nach Berlin zu holen.17 In Wahrheit war jedem, der es sehen wollte, klar, dass die Nationalsozialisten keine jüdischen Sportler in der deutsche Olympiamannschaft zuließen. Belegt wird das durch die Tatsache, dass zur Teilnahme an der Olympiaqualifikation nur Sportler berechtigt waren, die Mitglieder in Vereinen waren, welche wiederum dem deutschen Reichsbund für Leibesübungen angehörten. Diese Mitgliedschaft war jedoch jüdischen Sportlern versagt.18 Darauf hin kam es zu weiteren Irreführungen, welche von Lewald in die Welt getragen wurden. So war zum Beispiel auch die Nominierung von 21 jüdischen Sportlern zu den Trainingseinheiten des Olympiateams nur ein Schauspiel. Die Sportler wurden zwar tatsächlich nominiert, aber nie zugelassen. Auf der anderen Seite verstanden verstanden es die Nationalsozialisten aber auch, in einigen Angelegenheiten Offenheit zu zeigen. So wurde nach einiger Diskussion im IOC die als Halbjüdin geltende Fechterin Helene Meyer, die seit 1932 in Kalifornien lebt, in das Deutsche Team aufgenommen. Auch Ämter wie die Polizei zogen bei dieser Irreführung mit.19
In einer Anweisung der politischen Polizei in Bayern hieß es:
„Um die reibungslose Abwicklung der Vorarbeiten für die Olympiade nicht zu hemmen, und um der jüdischen Auslandshetze nicht den Boden zu entziehen, wird den Makkabi-Organisationen und dem Sportbund des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten in Bayern bis zur Olympiade 1936 die sportliche Betätigung erlaubt, ohne das es einer Auflösung des Landesausschusses jüdischer Sportvereine in Bayern bedarf. Eine generelle Regelung des jüdischen Sports wird nach Ablauf der Olympiade erfolgen“20.
Zu nennen ist hier noch ein weiterer beweis für die bewusste Inszenierung einer weltoffenen Haltung. Die Funktionäre des Olympischen Komitees, vor allem Karl Ritter von Halt, waren sich sehr bewusst darüber, welche Auswirkung ein durchdringen der Realität in das Ausland hätte. (Ob tatsächlich nichts in das Ausland durchgedrungen ist, ist eine Frage, die an späterer Stelle noch einmal aufgefasst wird.)
[...]
1 Vgl. Gajek, Eva Maria: Imagepolitik im olympischen Wettstreit- Die Spiele von Rom 1960 und München 1972. Göttingen 2013. S. 73.
2 Vgl. ebd. S. 74.
3 Grothe, Ewald: Die Olympischen Spiele von 1936- Höhepunkt der NS-Propaganda? In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 59. Seelze 2008. S. 292.
4 Krüger, Arnd: Die Olympischen Spiele 1936 und die Weltmeinung, ihre Außenpolitische Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung der USA. Berlin 1972. S. 41.
5 Krüger, Arnd: Die Olympischen Spiele 1936 und die Weltmeinung, ihre Außenpolitische Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung der USA. Berlin 1972. S. 61.
6 Fuhrer, Armin: Hitlers Spiele. Olympia 1936 in Berlin. Berlin 2011. S.24.
7 Ebd. S.24.
8 Vgl. Fuhrer, Armin: Hitlers Spiele. Olympia 1936 in Berlin. Berlin 2011. S.24. Zit. nach: Wolfgang Schäche/Norbert Szymanski: Das Rechssportfeld. Architektur im Spannungsfeld von Sport und Macht. Berlin 2001. S.57.
9 Fuhrer, Armin: Hitlers Spiele. Olympia 1936 in Berlin. Berlin 2011. S.24.
10 Vgl. Ebd. S. 24.
11 Fuhrer, Armin: Hitlers Spiele. Olympia 1936 in Berlin. Berlin 2011. S.24.
12 Krüger, Arnd: Die Olympischen Spiele 1936 und die Weltmeinung, ihre Außenpolitische Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung der USA. Berlin 1972. S. 63.
13 Vgl. Krüger, Arnd: Die Olympischen Spiele 1936 und die Weltmeinung, ihre Außenpolitische Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung der USA. Berlin 1972. S. 46.
14 Vgl. Ebd. S.47.
15 Fuhrer, Armin: Hitlers Spiele. Olympia 1936 in Berlin. Berlin 2011. S.44.
16 Ebd. S.44.
17 Fuhrer, Armin: Hitlers Spiele. Olympia 1936 in Berlin. Berlin 2011. S.44.
18 Ebd. S.46.
19 Ebd. S.46
20 Vgl. Krüger, Arnd: Die Olympischen Spiele 1936 und die Weltmeinung, ihre Außenpolitische Bedeutung unter besonderer Berücksichtigung der USA. Berlin 1972. S. 107.