Einleitung
Das Problem der Wahrheit durchzieht die Philosophiegeschichte wie ein roter Faden und die Relevanz der Wahrheitsfage über den Bereich der Philosophie hinaus läßt sich wohl nur schwerlich bestreiten. Jedoch nicht nur die Frage nach der im engeren Sinne naturwissenschaftlich-technischen Wahrheit berührt die Menschheit, sondern vor allem auch die Frage nach der wahrheitsfähigkeit moralisch-praktischer Fragen. Im 20. Jahrhundert hat sich mit dem Siegeszug des Positivismus gerade in diesem Bereich die Auffassung
durchgesetzt, moralische Werturteile in die Sphäre der Irrationalität bzw. der Subjektivität abzuschieben. Plastisch drückt sich dies etwa in dem Verdikt des frühen Wittgenstein aus:
„Wovon man nicht sprechen kann, davon muß man schweigen.“(1)
Jürgen Habermas nun glaubt mit seinem kommunikationstheoretischen Paradigmenwechsel nicht nur an die Vernunftphilosophie anschließen zu können, sondern mit Hilfe seiner diskursethischen Reformulierung der praktischen Vernunft Kants einen wahrheitsanalogen Anspruch auf normative Richtigkeit gefunden zu haben. Im folgenden soll daher seine Wahrheitstheorie, die Wahrheit als Konsens versteht, vorgestellt werden. Dabei werde ich zunächst den universal-pragmatischen Ansatz erläutern, um anschließend das Konzept der
diskursiven Einlösung von problematischen Geltungsansprüchen zu diskutieren. Dabei werde ich mich insbesondere auf die Diskursethik als Kriterium für die Beurteilung normativer Richtigkeit konzentrieren.
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1 Ludwig Wittgenstein: Tractatus-logico-philosophicus, in: ders.: Werkausgabe Bd.1, Frankfurt 1984, 1. Aufl., S. 85
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Konzept der kommunikativen Vernunft
- Universalpragmatismus und kommunikatives Handeln
- Diskurs und normative Richtigkeit
- Schlußwort
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Wahrheitstheorie von Jürgen Habermas, die Wahrheit als Konsens definiert. Sie analysiert seine Kritik am Positivismus und seinen Versuch, einen wahrheitsanalogen Anspruch auf normative Richtigkeit im Kontext der kommunikativen Vernunft zu etablieren.
- Der universalpragmatische Ansatz und seine Bedeutung für die Kommunikationstheorie
- Das Konzept der kommunikativen Vernunft und ihre Relevanz für die Gesellschaftstheorie
- Diskursethik als Kriterium für die Beurteilung normativer Richtigkeit
- Habermas' Kritik am Positivismus und seine Ablehnung einer Trennung zwischen rationalen und irrationalen Bereichen
- Der Zusammenhang zwischen Sprache, Interaktion und der Entwicklung von Selbst und Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Wahrheitstheorie ein, beleuchtet die Relevanz des Themas und stellt kurz Habermas' Argumentation vor, wonach die Wahrheit als Konsens verstanden werden kann.
- Das Konzept der kommunikativen Vernunft: Dieses Kapitel beschreibt die ideengeschichtliche Entwicklung von der Bewußtseinsphilosohie zur Kommunikationstheorie, insbesondere die Bedeutung von Meads und Durkheims Theorien für Habermas' Ansatz. Es wird deutlich, wie Habermas Sprache und Kommunikation als Grundlage für die Entstehung von Gesellschaft und individueller Identität betrachtet.
- Universalpragmatismus und kommunikatives Handeln: Dieses Kapitel erläutert den universalpragmatischen Ansatz, der den systematischen Gehalt des kommunikativen Vernunftbegriffs darstellt. Es wird diskutiert, wie Habermas die Entwicklung von Sprache und Kommunikation als Grundlage für die Entstehung von Selbst und Gesellschaft sieht und wie dies den normativen Rahmen für menschliches Handeln definiert.
- Diskurs und normative Richtigkeit: Dieses Kapitel fokussiert auf die Diskursethik als Kriterium für die Beurteilung normativer Richtigkeit. Es analysiert, wie Habermas den Diskurs als ein Mittel zur Erreichung von Konsens und zur Bestimmung von Wahrheit betrachtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Kernthemen der Kommunikationstheorie, der Diskursethik, dem Konzept der kommunikativen Vernunft, der Kritik am Positivismus und dem Wahrheitsanspruch normativer Richtigkeit. Weitere wichtige Schlagwörter sind Sprache, Interaktion, Sozialisation, Individuierung, universalpragmatischer Ansatz und konsensorientierte Wahrheit.
- Arbeit zitieren
- Raphael Beer (Autor:in), 1997, Wahrheit als Konsens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3388