Leseprobe
Inhalt
1. Erläuternde Einführung in den Text2
2. Kommentierender Überblick über die Bausteine des Romangeschehens3
- Buch I (A 9 – 68)3
- Intermezzo (A 71 – 76)6
- Buch II (A 79 – 132)7
- Intermezzo (A 135 – 138)8
- Buch III (A 141 – 193)9
- Intermezzo (A 197 – 207)11
- Buch IV (A 211 – 238)12
- Intermezzo (A 241 – 245)14
- Buch V (A 249 – 283)15
Benutzte Literatur16
1. Erläuternde Einführung in den Text
In „Aller Tage Abend“ werden Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als ineinandergreifende, sich überlappende und gegenseitig beeinflussende zeitliche Dimensionen aufgefasst. Dieser Sichtweise liegt ein Denkmodell zugrunde, in dem die Vergangenheit nicht als abgeschlossener, sondern als offener Raum verstanden wird, der in die Gegenwart hineinwirkt und auch zukünftiges Geschehen entscheidend mitbestimmt. Mit ihrem Roman unternimmt Jenny Erpenbeck ein erzählerisches Experiment, dessen Versuchsanordnung es ihr ermöglicht, sich auf einer gedanklichen Zeitleiste hin- und her- bzw. vor- und zurückzubewegen.[1] Auf diese Weise erprobt sie verschiedene Möglichkeiten, bereits erzähltes Geschehen wieder aufzurufen, es aus anderen Blickwinkeln zu betrachten, neue Seiten daran zu entdecken, es neu zu ordnen und zu strukturieren, abzuwandeln, zu erweitern und zu ergänzen. Dieses Verfahren unterscheidet sich grundlegend von einer Erzählmethode, mit der das Geschehen an den Gesetzen der Logik, der Kausalität und der zeitlichen Abfolge ausgerichtet wird. Erpenbeck betont demgegenüber die schöpferische Kraft des Schreibens, mit der die Regulierung durch solche Vorgaben aufgebrochen und neue erzählerische Wege beschritten werden können. Folgt der Leser der ungenannten Erzählerfigur in „Aller Tage Abend“ auf diesen Wegen, so macht er die verblüffende Erfahrung, dass auch der Tod eines Menschen nicht das Ende seiner Geschichte bildet, sondern dass es Möglichkeiten gibt, an diesem Scheidepunkt die Zeit gleichsam rückwärts laufen zu lassen, das Geschehen neu aufzurollen und zu untersuchen, wie es sich (unter vielleicht nur geringfügig geänderten Voraussetzungen) auch hätte entwickeln können. Auf eine leicht fassliche Formel gebracht, folgt das erzählerische Verfahren von „Aller Tage Abend“ der Erkenntnis: „Am Ende eines Tages, an dem gestorben wurde, ist längst noch nicht aller Tage Abend.“ (A 23 und 100). Dadurch gewinnt die Titelformulierung erst den dem Sprichwort „Es ist noch längst nicht aller Tage Abend“ ursprünglich zugrundeliegenden Sinn: Auf den sich seinem Ende zuneigenden Tag (bildlicher Vergleich mit einem zu Ende gehenden menschlichen Leben) folgen noch viele weitere Tage mit vielen weiteren Geschehnissen, die des Erzählens wert sind, bis irgendwann ein Punkt erreicht ist, der unwiderruflich „Aller Tage Abend“ genannt werden könnte.
In diesem Roman bewegt sich das Geschehen abwechselnd in zwei Richtungen. Am Umschlagpunkt des Geschehens, der durch den Tod der Protagonistin markiert wird, erfolgt eine Kehrtwendung nach dem Motto „Eigentlich hätte es ganz anders kommen müssen.“ Dann setzt die Erzählerin neu an, indem sie durch eine leichte Drehung an der Stellschraube des Handlungsverlaufs den Tod der Protagonistin außer Kraft setzt bzw. zurücknimmt. Durch die veränderte Weichenstellung läuft das Geschehen nunmehr in eine neue Richtung. Anders formuliert, wird der Faden der Erzählung erneut aufgenommen und zu einem anderen Muster gestrickt oder gewoben, wodurch das bereits erzählte Geschehen aber nicht völlig aufgehoben, sondern durch eine neue Variante ergänzt und erweitert wird. Beide Bewegungsrichtungen – die zurück in die Vergangenheit und die voraus in eine noch nicht bekannte Zukunft – bilden ein wesentliches Strukturmerkmal im erzählerischen Aufbau des Romans. Sie finden auch in Gestalt des sich erinnernden Zurückblickens auf vergangenes Geschehen und des sorgenvoll in eine ungewisse Zukunft gerichteten Blicks Berücksichtigung, wobei das Vergessen und das Nicht-mehr-Erinnernkönnen oder –wollen eine wichtige Rolle spielen. Der auf diese Weise entstandene Roman bildet somit eine vielschichtige, komplexe Erzählung vom Schicksal „einer einzelnen Figur, deren Lebensgeschichten fast das gesamte 20. Jahrhundert umfassen.“ (Marx/Schöll in: Marx/Schöll, 9) Explizit wird dieses Erzählverfahren in den als Scharnier- oder Gelenkstücke zwischen die fünf „Bücher“ des Romans eingefügten „Intermezzi“ durchgespielt. Um konkret zu überprüfen, wie ein solches Verfahren funktioniert, werden hier die symmetrisch angeordneten Bausteine des Romangeschehens genauer untersucht und kommentiert.
2. Kommentierender Überblick über die Bausteine des Romangeschehens
- Buch I (A 9 – 68)
Erstaunlicherweise beginnt der Roman mit dem frühen Tod der namenlosen Protagonistin. Sie stirbt bereits als Kleinkind im Jahr ihrer Geburt (1902) im Alter von knapp acht Monaten (Vgl. A 11 und 13) Ihr Tod ist aber nicht etwa Endpunkt, sondern im Gegenteil Ausgangspunkt und auslösendes Moment des nun folgenden erzählten Geschehens. Denn die fassungslos am Grabe ihres Kindes stehende junge Mutter spult in einer Art innerem Monolog im Zeitrafferverfahren und im Konjunktiv Irrealis ab, „was [alles] aus dem Kind hätte werden können“. (A 11) Die imaginierte Vorschau auf eine sinnvolle und vollständige Biografie ruft die wichtigsten Lebensstationen der Protagonistin in den fünf Büchern des Romans auf, bis sie schließlich als "alte Frau da im Grab" (ebd.) endgültig und unwiderruflich aus dem Leben scheidet. Dieser innere Monolog bildet en miniature eine vorweggenommene Zusammenfassung des gesamten erzählten Geschehens in diesem Roman. Im Gegensatz dazu steht der von der Großmutter des Kindes unreflektiert dahingesagte, formelhafte Bibelspruch „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen“ (Hiob 1, 21), der als eine Art Negativkopie des Romantitels aufgefasst werden kann, weil er keine alternativen Möglichkeiten zulässt.
Im weiteren Verlauf von Buch I entfaltet sich nach und nach das Bild einer Familie, deren Mitglieder sich nicht im harmonischen Gleichschritt bewegen, sondern starken Spannungen, Zwistigkeiten und unüberbrückbaren Differenzen ausgesetzt sind. Diese familiären Diskrepanzen ziehen sich durch insgesamt vier Generationen. Von der eigentlichen Protagonistin des Romangeschehens, d. h. dem soeben gestorbenen Kind, aus gesehen, sind in Buch I die Urgroßeltern, die Großeltern und die Eltern davon betroffen, wobei die Eltern im Mittelpunkt stehen und das Geschehen aus ihrer Perspektive erzählt wird. Das Kind tritt erst in Buch II als junge Erwachsene wieder in Erscheinung. Von da ab gewinnt diese Gestalt zunehmend an Bedeutung und bildet schließlich bis ins hohe Alter die zentrale Figur des Romangeschehens. Aufgrund der Komplexität der Romanstruktur und der verwirrenden Zahl von verschwundenen und wieder auftauchenden Figuren macht es Sinn, die Genealogie der Familie, von der zentralen Figur aus betrachtet, in einer kurzen Übersicht zusammenzufassen:
Generation A: der jüdische Urgroßvater und die jüdische Urgroßmutter (abgekürzt A1 und A2)
Generation B: der jüdische Großvater und die jüdische Großmutter (abgekürzt B1 und B2)
Generation C: der christliche Vater und die jüdische Mutter (abgekürzt C1 und C2)
Generation D: die Tochter von C1 und C2, das „Kind“ aus Buch I, zu der sich in Buch II noch eine Schwester gesellt (abgekürzt D1 und D2)
Als erste Frau ihrer jüdischen Herkunftsfamilie hatte die Mutter C2 des Kindes auf Anraten ihrer Mutter B2 einen „Goj“ (A 18), einen christlichen Mann, geheiratet, weil sie sich angesichts der antisemitischen Ausschreitungen in ihrer galizischen Heimat (der kleinen Stadt Brody) dadurch eine sichere Basis für ihr Leben erhoffte. Ihre ganz in der jüdischen Tradition verwurzelten Großeltern A1 und A2 – und besonders der Großvater – waren jedoch strikt gegen eine solche Verbindung gewesen und zur Hochzeit ihrer Enkelin C2 daher nicht eingeladen worden. (vgl. A 18) Jüdische Sitten und Gebräuche wirken aber auch in der Enkelin weiter und bestimmen anfangs noch den Rhythmus ihres Lebens. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass sie nach dem plötzlichen Tod ihres Kindes den Geboten des jüdischen Trauerritus folgt, indem sie alles im Hause aufbewahrtes Wasser ausschüttet, den Spiegel verhängt und das Fenster öffnet, damit die Seele des Kindes den Weg ins Freie findet. Um ihrer Trauer sichtbar Ausdruck zu verleihen sitzt sie erdnah auf ihrer kleinen Holzfußbank sieben Tage „Schiva“. (Vgl. A 14)
In einer Rückblende schwenkt der Fokus der Erzählung in die Vergangenheit zu einem Geschehen zurück, das Jenny Erpenbeck in einem Gespräch mit Elke Schröder als den „eigentlichen Ausgangspunkt für das Buch“ (www.noz.de ... vom 11.01.2013, 4) bezeichnet und das als „Schlüsselszene des Romans“ (Hermann in: Marx/Schöll, 147) angesehen werden kann. Es betrifft die Großeltern B1 und B2 des Kindes und geschieht im Rahmen eines antisemitischen Pogroms in Brody, dem Heimatort der Familie und ein für das Ostjudentum typisches „Shtetl“, das Joseph Roth zum Schauplatz seines „Hiob“-Romans (1930) gemacht hat. Diese Pogromszene ist an Grausamkeit kaum zu überbieten und wird mit großer Detailgenauigkeit und atemberaubender Drastik geschildert. Sie endet mit der Ermordung des Großvaters im eigenen Hause und ist ausschlaggebend für die Entscheidung der Großmutter, ihre Tochter C2 mit einem christlichen Mann zu verheiraten, um sie vor derartigen Gewalttätigkeiten zu schützen. Mit diesem Ereignis entsteht das von Jenny Erpenbeck so bezeichnete „Problem der abwesenden Väter“ (www.noz.de ... vom 11.01.2013, 4), das sich in den nachfolgenden Generationen fortsetzt und einen Kreislauf des Verheimlichens und Verschweigens in der Familie in Gang setzt, um eine direkte Konfrontation mit diesem Problem zu vermeiden.
Nach dieser Rückblende schwenkt die Erzählung wieder in die Gegenwart und berichtet in wechselnder Abfolge mal von der Tochter C2, mal von deren Ehemann C1, dem christlichen „Goj“, die nach dem Begräbnis des Kindes getrennte Wege gehen. Das ist eine Folge des schon lange zwischen den beiden schwelenden Konflikts, der sich nun nicht mehr verheimlichen lässt. Als k. und k. Beamter der galizischen Bahn in die unterste Gehaltsklasse eingestuft, war der Mann trotz der Mitgift seiner jüdischen Frau nicht auf Rosen gebettet. Er hatte manchen Winter kläglich hungernd und frierend überstehen und seinen nagenden Kummer im Wirtshaus in fragwürdiger Gesellschaft mit Schnaps hinunterspülen müssen. Schließlich setzte er sich mit Unterstützung eines zwielichtigen „Glatzkopfes“ (A32) von Bremen per Schiff nach Amerika ab und führte dadurch die Thematik der abwesenden Väter fort. Offenbar erweist sich Amerika für ihn jedoch nicht als gelobtes Land. Damit verwischt sich seine Spur in der Neuen Welt und sein weiteres Schicksal bleibt ungeklärt.
Seiner verlassenen Ehefrau C2 geht es nicht viel besser. Auch sie schlägt – zunächst widerwillig, aber zunehmend ihrem Überlebensinstinkt nachgebend – eine Laufbahn ein, die sie auf schräger Bahn langsam nach unten führt, ohne in einer absoluten Katastrophe zu enden. Mit anderen Worten: Sie arrangiert sich mit dem Schicksal einer Prostituierten, in das sie mehr oder minder aus Zufall oder Naivität hineingerät und durch das sie sich von den noch verbliebenen Resten eines nach jüdischen Geboten geführten Lebens verabschiedet. Während sie anfangs mit ihrer in Gewinn- und Verlustkategorien denkenden und auf ihren Vorteil bedachten Mutter noch den Lebensmittelladen weiterführt (vgl. A 39 f.), lässt sie sich mit einem Offizier ein, der ihr nach dem ersten vollzogenen Liebesakt einen Geldschein zusteckt. Auf diese Weise schliddert sie in die Prostitution hinein und lernt allmählich die Annehmlichkeiten zu schätzen, die sie sich mit dem so erworbenen Geld erkaufen kann (vgl. A 56), ohne ihrer Mutter, die ohnehin nicht nach der Herkunft des Geldes fragt, von ihrer neuen Tätigkeit zu erzählen. Damit führt sie die von ihrer Mutter eingeführte Tradition des Verheimlichens und Verschweigens fort, wenn auch auf einer ganz anderen Ebene. (Vgl. A 57) Nach dem Tod ihrer Großmutter A2 packt sie ihren Koffer und zieht nach dem 90 Kilometer von ihrer Heimatstadt Brody entfernten Lemberg (vgl. A 62), wo sie keiner kennt. Daraufhin gibt ihre Mutter das Geschäft auf und setzt sich zur Ruhe. (Vgl. A 64 f.) Beider Schicksale bleiben, wie schon das des christlichen Ehemanns, ungewiss.
- Intermezzo (A 71 – 76)
Dieser als Zwischenstück und verbindendes Scharnier zu Buch II eingefügte Text knüpft, genau genommen, an den inneren Monolog der am Beginn von Buch I fassungslos am Grabe ihres gestorbenen Kindes stehenden jungen Mutter C2 an. Der Konjunktiv Irrealis ihres imaginierten Ausblicks auf weitere Lebensstationen des Kindes erweist sich nun als Konjunktiv Potentialis. Aus dem Modus eines unerfüllbaren Wunsches bzw. eines nur in der Vorstellung existierenden Geschehens (Muster: Wenn ich ein Vöglein wär’ und auch zwei Flügel hätt’, flög’ ich zu dir) wird nun ein Geschehen, das in den Bereich des Möglichen gerückt worden ist und ein Gegenstück zum Irrealis bildet. Das gestorbene Kind wird nicht etwa durch ein religiöses Wunder bzw. eine „Eingebung (A 71) oder das „Schicksal“ (A 72), wie es im Text heißt, ins Leben zurückgerufen, sondern durch den Freiraum, den sich die Erzählerin schafft bzw. durch die bereits eingangs erwähnte schöpferische Kraft des Erzählens, mit der der Faden wieder aufgenommen und zu einem neuen Muster gesponnen wird. (Vgl. Seite 2 oben) Um das Geschehen in eine andere Richtung zu lenken, wird an der Stellschraube der Handlungsabläufe nur eine kleine Drehung vollzogen:
Hätte ... die Mutter oder Vater in der Nacht [als das Kind starb] das Fenster aufgerissen, hätte eine Handvoll Schnee vom Fensterbrett gerafft und dem Kind unters Hemd gesteckt, dann hätte das Kind vielleicht plötzlich wieder angefangen zu atmen, ... hätte sein Herz wieder angefangen zu schlagen ... und der Schnee wäre an seiner Brust geschmolzen. (A 71)
Ist diese Kehrtwendung erst einmal vollzogen, eine neue Richtung eingeschlagen und die Fantasie der Erzählerin von der Last des vorherigen Geschehens befreit, kann sie sich neue Erzählräume erschließen und die Erzählung wieder Fahrt aufnehmen.[2] Durch die Einwirkung einer unvermutet auftauchenden „deus ex machina“-Figur – man könnte auch von einem glücklichen Zufall sprechen – verwandelt sich der soziale Abstieg der Eltern des Kindes anscheinend in einen unerwarteten, von einem gütigen Schicksal begünstigten sozialen Aufstieg, der die Familie – Vater, Mutter, Tochter und die vier Jahre später geborenene zweite Tochter – aus dem galizischen Brody in die kaiserliche Stadt Wien führt. Ein ehemaliger Studienkollege verhilft dem Vater zu einer Stellung an der dortigen Anstalt für Meteorologie. (Vgl. A 75) Damit ist der Grundstein für ein Familienleben gelegt, das die Mitglieder – statt sie auseinanderzureißen und getrennte Wege gehen zu lassen – wieder zusammenzuführen und einen gewissen Wohlstand in gesicherten Verhältnissen zu ermöglichen scheint.
- Buch II (A 79 – 132)
Für den Familienvater C1 eröffnet sich durch seine neue Stellung in Wien die Karriere eines mittelständischen k. und k. Beamten in Wien mit der Aussicht, nach und nach in höhere Gehaltsstufen aufzusteigen. Mit anderen Angehörigen einer privilegierten Beamtenkaste bildet er nach seinem eigenen Verständnis eine tragende Säule der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, bis der Kaiser und die Beamtenhierarchie durch den ersten Weltkrieg hinweggefegt werden und von der Bildfläche verschwinden. Damit beginnt wieder eine Phase der Entbehrungen, des Hungerns und Frierens wie zuvor schon in Brody. Der voller Stolz getragene Mantel mit den goldenen Knöpfen, dem doppelköpfigen Adler und der Krone des Kaisers bildet auch weiterhin das ostentativ zur Schau gestellte Statussymbol des Vaters. Bis zum Schluss des Romans bewahrt sich in diesem Kleidungsstück und seinen Applikationen symbolisch die Loyalität zu einer untergegangenen politischen Ära.
[...]
[1] Ganz in diesem Sinne heißt es im 5. Buch des Romans von der Protagonistin, die inzwischen als Neunzigjährige im Pflegeheim lebt, sie sei nunmehr in der Lage, „sich in der Zeit frei zu bewegen“. (A 260) Allerdings gilt das hier mit der Einschränkung, dass sie den größten Teil ihres Lebens bereits hinter sich gebracht hat und sich eigentlich nur noch zurück, d. h. in die Vergangenheit, bewegen kann.
[2] In seinem Beitrag zu „Druckfrisch ARD“ vom 25.11.2012 schreibt Denis Scheck in diesem Zusammenhang: „Der Roman ... stellt eine uralte Zauberfrage der Literatur auf reizvolle Weise neu: Was wäre, wenn ...?“ (www.daserste.de ..., 1) Damit ist sowohl die schöpferische Kraft des Erzählens gemeint als auch die Faszination, die das Erzählte auf den Leser ausübt.