Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Geltungsbereich des BetrVG
3 Regeln der Zusammenarbeit
4 Beteiligungsrechte
4.1 Informationsrecht
4.2 Anhörungsrecht
4.3 Beratungsrecht
4.4 Widerspruchsrecht
4.5 Zustimmungsverweigerungsrecht
4.6 Volles Mitbestimmungsrecht
5 Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Übersicht über die Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei personellen Maßnahmen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Das vorliegende Assignment befasst sich mit dem Komplex der Beteiligungsrechte[1] des Betriebsrates in personellen Angelegenheiten, welche im Betriebsverfassungsgesetz[2] (BetrVG) geregelt sind. Die Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei personellen Angelegenheiten sind im BetrVG vierter Teil, fünfter Abschnitt in §§ 92 bis 105 geregelt und reichen von der Personalplanung über die Förderung der Berufsbildung bis zur Kündigung. Es soll im Folgenden gezeigt werden, dass eine frühzeitige Einbindung des Betriebsrates in Entscheidungen zu personellen Maßnahmen sich für den Arbeitgeber unternehmerisch sinnvoll darstellt.
Einleitend werden der Geltungsbereich des BetrVG und die allgemeinen Regeln dargestellt, die sich für die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber[3] und Betriebsrat aus dem BetrVG ergeben. Der Begriff der Beteiligungsrechte wird erläutert und eine Differenzierung zwischen Mitwirkung und Mitbestimmung vorgenommen. Die einzelnen Beteiligungsrechte im Rahmen des BetrVG[4] werden in Bezug auf personelle Maßnahmen dargelegt und die Verpflichtungen, die sich für Arbeitgeber daraus ergeben, erörtert. Es wird exemplarisch dargelegt, welche Auswirkungen die Nichtbeachtung von Beteiligungsrechten für den Arbeitgeber haben. Aufgrund des beschränkten Umfangs dieser Arbeit und der Besonderheit, dass das Arbeitsrecht besonders durch die Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) geprägt ist, können nur einige ausgewählte Aspekte erläutert werden.
2 Geltungsbereich des BetrVG
Voraussetzung für die Errichtung eines Betriebsrats ist das Vorhandensein eines Betriebs und einer Belegschaft (§ 1 BetrVG).[5] Der Begriff des Betriebs ist im BetrVG nicht definiert. Verstanden wird darunter eine organisatorische Einheit innerhalb eines oder mehrerer Unternehmen, in der unter Mithilfe der Betriebsbelegschaft und unter Verwendung sachlicher und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt werden. Bei einem Privathaushalt handelt es sich nicht um einen Betrieb, weil sich der Zweck auf die Deckung des Eigenbedarfs bezieht.[6]
3 Regeln der Zusammenarbeit
Das BetrVG stellt in §§ 2 und 74-80 Grundsätze für die Zusammenarbeit von Arbeitgeber und Betriebsrat[7] auf. Arbeitgeber und Betriebsrat werden in § 2 (1) BetrVG zur vertrauensvollen Zusammenarbeit aufgefordert.[8] Dabei handelt es sich um eine Rechtspflicht, aus der sich die Pflicht ergibt, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat von sich aus über alle betrieblichen Belange zu unterrichten hat, welche von Bedeutung für die Arbeitnehmer sind.[9] Konflikte, die möglicherweise auftreten, sollen frühzeitig erkannt und bereinigt werden. Dabei wird von beiden Seiten der ernsthafte und ehrliche Einsatz für die Konfliktlösung erwartet (§ 74 Abs. 1 BetrVG), bevor die Einigungsstelle oder ein Gericht angerufen wird.[10] Verstößt der Arbeitgeber gegen die Pflicht zur Unterrichtung oder Beteiligung des Betriebsrates, hat der Betriebsrat in einigen Fällen einen Unterlassungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG. In Bezug auf personelle Maßnahmen gibt es im BetrVG weitere spezielle Regelungen. Dabei handelt es sich um die Mitbestimmungssicherungsverfahren nach § 98 Abs. 5 BetrVG, § 101 BetrVG und § 104 BetrVG.[11] Eine Verpflichtung des Betriebsrates, gegen mitbestimmungswidriges Verhalten des Arbeitgebers vorzugehen, besteht nicht. Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Betriebsrates, für die Herstellung als auch Durchsetzung der betriebsverfassungsrechtlichen Ordnung Sorge zu tragen.[12] Auch nach Jahren der Duldung von mitbestimmungswidrigen Verhalten verwirkt der Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht nicht.[13]
Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten ist bei Bedarf eine Einigungsstelle zu bilden (§ 76 Abs. 1 BetrVG). Die Kosten für eine Einigungsstelle trägt der Arbeitgeber (§ 76a Abs. 1 BetrVG). Zusammengesetzt ist die Einigungsstelle aus einer gleichen Anzahl an Beisitzern vonseiten des Arbeitgebers und Betriebsrates sowie einem unparteiischen Vorsitzenden[14], über den sich beide Parteien, ebenso wie über die Zahl der Beisitzer, einvernehmlich einigen müssen. Kommt keine Einigung zustande, entscheidet das Arbeitsgericht (§ 76 Abs. 2 BetrVG). In den Fällen, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wird die Einigungsstelle auf Antrag einer Seite tätig (§ 76 Abs. 5 BetrVG).[15]
Da beide Parteien im Falle eines Spruchs[16] der Einigungsstelle faktisch einen Teil ihrer Entscheidungskompetenz einbüßen, kann es weder im Interesse des Arbeitgebers noch des Betriebsrates liegen, dass die Bildung der Einigungsstelle notwendig wird.[17] Die Einigungsstelle wurde vom Gesetzgeber im Gesetz verankert, um zu verhindern, dass alle Streitigkeiten direkt vor Arbeitsgerichten landen.[18]
Für den Arbeitgeber kann eine frühzeitige Einbindung des Betriebsrats nur von Vorteil sein, um auf diesem Weg Kosten verursachende Verfahren durch die Einigungsstelle oder das Arbeitsgericht möglichst zu vermeiden. Der Gesetzgeber fordert explizit beide Parteien zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf. Die zwangsweise Entscheidungsherbeiführung steht nur als Ultima Ratio zur Wahl.
4 Beteiligungsrechte
Das BetrVG sieht unterschiedliche Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei personellen Maßnahmen vor. Dies umfasst personelle Einzelmaßnahmen (§§ 99 ff. BetrVG) ebenso wie personelle Maßnahmen die eine Vielzahl von Arbeitnehmern betreffen (§§ 92 ff. BetrVG). In der folgenden Abbildung wird ein Überblick über die Beteiligungsrechte gegeben, die das BetrVG im Bezug auf personelle Maßnahmen vorsieht.[19]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Übersicht über die Beteiligungsrechte des Betriebsrates bei personellen Maßnahmen
Im Allgemeinen werden in der Rechtsliteratur[20] die Beteiligungsrechte dergestalt unterschieden, das Beteiligung als wertneutraler Oberbegriff gewählt wird und die Beteiligungsrechte nach Mitwirkung und Mitbestimmung unterschieden werden. Zu unterscheiden sind die Mitwirkungsrechte, die das Recht auf Information, Anhörung und Beratung umfassen, und die Mitbestimmungsrechte, die das Recht auf Widerspruch, Zustimmungsverweigerung und die volle Mitbestimmung umfassen, die in der Literatur auch als Mitbestimmung im eigentlichen Sinne bezeichnet wird. Kennzeichen der Mitbestimmung ist, das bei nicht herzustellender Einigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat das Arbeitsgericht bei Rechtsstreitigkeiten und die Einigungsstelle bei Regelungsstreitigkeiten entscheidet. Das volle Entscheidungsrecht behält der Arbeitgeber bei Mitwirkungsrechten des Betriebsrats.[21] Bei Mitbestimmungsrechten kann der Betriebsrat auch gegen den Willen des Arbeitgebers eine bestimmte Regelung erzwingen. Ob die Mitbestimmungsrechte durch eine Betriebsvereinbarung oder durch Regelungsabrede ausgeübt werden sollen, ist dem Betrieb teilweise freigestellt.[22] Aus Arbeitgebersicht werden die Beteiligungsrechte mitunter kritisch gesehen, da sie die Entscheidungsfreiheit einschränken. Manche gehen auch so weit, dass sie ein Blockieren von Arbeitsabläufen befürchten, falls der Betriebsrat kompromisslos alle Beteiligungsrechte einfordern würde.[23]
4.1 Informationsrecht
Nach § 100 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über vorläufige personelle Maßnahmen unverzüglich, nach Möglichkeit vor Durchführung der personellen Maßnahme, zu unterrichte.[24] Aus diesem Recht auf Information leiten sich dann in § 100 Abs. 2 S. 2 BetrVG weiter gehende Rechte ab, in diesem Fall das Recht auf Widerspruch.[25] Im Falle von § 105 BetrVG hat der Betriebsrat alleinig ein Informationsrecht, aus dem sich keine weiteren Rechte ableiten.[26] Sowohl § 100 BetrVG als auch § 105 BetrVG sehen keine Sanktionsmaßnahmen bei Nichtbeachtung durch den Arbeitgeber vor. Bei wiederholten Verstößen gegen das Recht auf Information durch den Arbeitgeber kann § 23 BetrVG zum Tragen kommen; so entschied das BAG in der Entscheidung 1 ABR 47/08 vom 18.8.2009 oder das Landesarbeitsgericht Hessen 9 TaBV 288/12 vom 23.5.2013. In diesem Fall kann der Arbeitgeber zu einem Ordnungs- oder Zwangsgeld bis zu einer Höhe von 10.000 Euro verurteilt werden (§ 23 Abs. 3 BetrVG).
Für den Arbeitgeber kann auch schon die Missachtung des Informationsrechts zu einer empfindlichen Strafe führen und es ist somit empfehlenswert der Informationspflicht in allen Fällen nachzukommen.
4.2 Anhörungsrecht
§ 102 Abs.1 BetrVG sieht vor, dass vor der Kündigung eines Arbeitnehmers der Betriebsrat anzuhören ist.[27] Die Anhörung muss zwingend erfolgen, bevor die Erklärung der Kündigung den Machtbereich des Erklärenden verlässt. Eine nach diesem Zeitpunkt stattfindende Anhörung genügt nicht.[28] Die Gründe für die Kündigung sind dem Betriebsrat durch den Arbeitgeber mitzuteilen. Hierbei hat er die durch verschiedene BAG-Entscheidungen aufgestellten Anforderungen an die Unterrichtung zu beachten. So hat der Arbeitgeber die subjektiv tragenden Umstände der Kündigung vorzutragen.[29] Die Tatsachen, die maßgeblich zur Kündigung führten, müssen klar umrissen sein, um es dem Betriebsrat zu ermöglichen, ohne eigene Nachforschungen die Kündigungsgründe zu prüfen und eine Stellungnahme abzugeben.[30] Verletzt der Arbeitgeber das Recht auf Anhörung des Betriebsrates, ist die Kündigung unwirksam (§ 102 Abs.1 S. 3 BetrVG). Hat die Anhörung stattgefunden, aber es wurden vom Arbeitgeber nicht alle bedeutsamen Tatsachen für die Kündigung vorgetragen, kann er sich im folgenden Kündigungsschutzprozess nur auf die Tatsachen berufen, die er dem Betriebsrat genannt hat.[31] Im Rahmen der Anhörung kann der Betriebsrat der Kündigung zustimmen, Bedenken hinsichtlich der Kündigung anmelden (§ 102 Abs. 2 S. 1, 3 BetrVG), Widerspruch[32] einlegen (§ 102 Abs. 3 BetrVG) oder die Frist zur Anhörung von 7 Tagen bei einer ordentlichen Kündigung und 3 Tagen bei einer außerordentlichen Kündigung (§ 102 Abs. 2 BetrVG) verstreichen lassen. Lässt der Betriebsrat die Frist verstreichen, ohne etwas zu unternehmen, gilt seine Zustimmung als erteilt (§ 102 Abs. 2 S. 2 BetrVG). Meldet der Betriebsrat Bedenken gegen die Kündigung an, so hat dies keine direkten Auswirkungen, sondern wirkt sich nur auf die Beweiswürdigung im Rahmen eines eventuellen Kündigungsschutzverfahrens aus.[33]
„[...] die Rechtsprechung hat die Anhörung auch zu einem zweiten Kündigungsschutzverfahren ausgebaut, indem sie ‚Anhörung‘ als‚ordnungsgemäße Anhörung‘ liest und hohe Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit und damit vor allem an die Informationspflichten des Arbeitgebers stellt.“[34]
Obwohl die Anhörung unter den Beteiligungsrechten rangiert, die nur einen geringen Einfluss des Betriebsrats vermuten lassen, bleibt somit festzustellen, dass die Rechtsprechung ihr einen hohen Stellenwert einräumt, wodurch ihre Beachtung durch den Arbeitgeber unabdingbar erscheint.
4.3 Beratungsrecht
§ 92a BetrVG sieht vor, dass der Betriebsrat Vorschläge zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung machen kann. Im Gesetz sind explizit Sachverhalte genannt, auf die sich die Vorschläge beziehen können. Diese sind nicht abschließend.[35] Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich mit den Vorschlägen des Betriebsrates auseinanderzusetzen und sich mit ihm zu beraten. Auf Wunsch des Arbeitgebers oder des Betriebsrates kann ein Vertreter der Agentur für Arbeit hinzugezogen werden. Der Arbeitgeber muss den Vorschlägen des Betriebsrates nicht folgen und kann diese ablehnen. Bei einem Betrieb mit mehr als 100 Arbeitnehmern ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Ablehnung schriftlich zu begründen. Für den Arbeitgeber ergibt sich insbesondere bei Betrieben mit mehr als 100 Mitarbeitern ein erheblicher Aufwand, wenn er den Vorschlägen des Betriebsrates nicht folgt. Da die Ablehnung keine weitere rechtliche Konsequenz hat, kann der Aufwand für die Ablehnung als sinnlos erachtet werden.[36]
4.4 Widerspruchsrecht
Nach § 102 Abs. 3 S. 1 BetrVG kann der Betriebsrat in den aufgeführten Fällen einer Kündigung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber widersprechen. Gründe, aus denen der Betriebsrat Widerspruch einlegen kann, sind abschließend in § 102 Abs. 3 Nr. 1-5 BetrVG ausgeführt. Kommt es zu einem form- und fristgerechten Widerspruch durch den Betriebsrat nach den in § 102 Abs. 3 Nr. 2-4 BetrVG genannten Gründen und liegen diese auch tatsächlich vor, ist die Kündigung sozialwidrig. Erhebt der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage, ist er auf sein Verlangen hin[37] bei unveränderten Arbeitsbedingungen bis zum Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen (§ 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG). Liegen jedoch wichtige Gründe vor, die gegen eine Weiterbeschäftigung sprechen, kann der Arbeitgeber dies gemäß § 102 Abs. 5 S. 2 BetrVG durch ein Arbeitsgericht feststellen lassen und muss dann den Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigen. Ein wichtiger Grund kann z. B. die Gefahr sein, dass ein Mitarbeiter Betriebsgeheimnisse verraten könnte.[38] Für den Arbeitgeber ist ein Weiterbeschäftigungsanspruch eines gekündigten Mitarbeiters ein höchst unerfreulicher Umstand. Denn der Mitarbeiter verursacht Kosten, weil er beschäftigt werden muss, obwohl er aus Sicht des Arbeitgebers nicht oder nicht in dem erhofften Maße zum Unternehmenserfolg beiträgt.
4.5 Zustimmungsverweigerungsrecht
Der Betriebsrat hat nach § 99 Abs. 2 BetrVG aus den in § 99 Abs. 2 Nr. 1-6 BetrVG genannten Gründen das Recht seine Zustimmung zu den in § 99 Abs. 1 BetrVG genannten personellen Einzelmaßnahmen zu verweigern.[39] Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, hat er dies innerhalb einer Woche dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen (§ 99 Abs. 3 BetrVG). Bei Zustimmungsverweigerung hat der Arbeitgeber nach § 99 Abs. 4 BetrVG die Möglichkeit, durch Antrag beim Arbeitsgericht die Zustimmung ersetzen zu lassen.[40] Im Gegensatz zu den anderen Beteiligungsrechten entfaltet § 99 BetrVG nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG erst in Unternehmen mit regelmäßig zwanzig oder mehr wahlberechtigten Arbeitnehmern Wirkung. Hierbei zielt das Gesetz auf die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer innerhalb eines Unternehmens[41] und nicht wie z. B. im Fall von § 1 BetrVG auf die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer im Betrieb. Wird der Betriebsrat nicht beteiligt oder verweigert er seine Zustimmung, kann der Arbeitgeber trotzdem einen wirksamen Vertrag mit dem Bewerber schließen. Der Arbeitgeber darf den Bewerber jedoch nicht beschäftigen. Somit ergibt sich für den Arbeitgeber die Situation, dass er gegenüber dem Bewerber zur Zahlung des vereinbarten Entgelts verpflichtet ist, wenn er den Bewerber nicht ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht hat, dass die Zustimmung des Betriebsrats noch aussteht. Beschäftigt der Arbeitgeber den Bewerber trotz Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat, hat der Betriebsrat beim Arbeitsgericht die Möglichkeit, auf Unterlassung zu klagen. Beschäftigt der Arbeitgeber den Bewerber trotz Anordnung des Arbeitsgerichts weiter, kann ein Zwangsgeld von bis zu 250 Euro pro Tag verhängt werden (§ 101 BetrVG).[42]. Ist dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, die personelle Maßnahme vorläufig durchzuführen (§ 100 S. 1 BetrVG). Bestreitet der Betriebsrat die Voraussetzungen, muss der Arbeitgeber innerhalb von drei Tagen die Ersetzung der Zustimmung und die sachliche Notwendigkeit der Maßnahme beim Arbeitsgericht feststellen lassen (§ 100 Abs. 2 S. 3). Da eine gerichtliche Entscheidung nicht selten ein Jahr oder länger auf sich warten lässt, können auf diese Weise trotz Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat insbesondere Leiharbeiter kurzfristig beschäftigt werden. Verlässt der Leiharbeiter den Betrieb wieder, muss das Zustimmungsdurchsetzungsverfahren als erledigt erklärt werden.[43] Ein kurzfristiger Einsatz von Leiharbeitnehmern bleibt im Falle der Zustimmungsverweigerung durch den Betriebsrat aufgrund der langen Dauer der Gerichtsverfahren ohne rechtliche Konsequenz für den Arbeitgeber.
[...]
[1] Im Allgemeinen wird in der Literatur die neutrale Terminologie der Beteiligung als Oberbegriff verwendet, welche unterteilt wird in Mitbestimmung und Mitwirkung (vgl. Hromadka S. 356; siehe hierzu auch Kapitel 4 dieses Assignments).
[2] Betriebsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 (BGBl. I S. 2518), das zuletzt durch Artikel 3 Absatz 4 des Gesetzes vom 20. April 2013 (BGBl. I S. 868) geändert worden ist.
[3] Arbeitgeber ist jede juristische oder natürliche Person, die mindestens einen Arbeitnehmer beschäftigt und gleichzeitig Unternehmer ist (vgl. Hromadka S. 249).
[4] Zu weiteren gesetzlichen Regelungen der Mitbestimmung vgl. Hromadka S. 235.
[5] Das BetrVG findet keine Anwendung in öffentlichen Betrieben oder Verwaltungen (§ 130 BetrVG).
[6] Vgl. Düwell S. 580 f.
[7] Betriebsräte finden sich nur in zehn Prozent der betriebsratsfähigen Betriebe, diese repräsentieren jedoch 2/3 der Arbeitnehmer (vgl. Hromadka S. 5).
[8] Das BetrVG geht hier von einem Kooperationsmodell aus (vgl. Richardi BetrVG / Richardi BetrVG § 2 Rn. 5).
[9] Vgl. Richardi BetrVG / Richardi BetrVG § 2 Rn. 18.
[10] Vgl. Hromadka S. 269 f.; es gelten ein Arbeitskampfverbot (§74 Abs. 2) und absolute Friedenspflicht. Streitigkeiten werden über die im BetrVG vorgesehene Zwangsschlichtung durch Einigungsstelle und Arbeitsgericht beigelegt (vgl. Richardi BetrVG / Richardi BetrVG § 74 Rn. 3).
[11] Vgl. Hromadka S. 266-277; Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 23 Rn. 81.
[12] Vgl. Hromadka S. 268.
[13] Vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 23 Rn. 91.
[14] Vgl. Richardi BetrVG / Richardi / Maschmann BetrVG § 76 Rn. 89.
[15] Dies kann bei Verweigerung der anderen Seite durch Anrufen des Arbeitsgerichts durchgesetzt werden (vgl. Richardi BetrVG / Richardi / Maschmann BetrVG § 76 Rn. 29).
[16] Die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat wird durch den Spruch der Einigungsstelle ersetzt, in den Fällen in denen im BetrVG eine Zwangsschlichtung vorgesehen ist (vgl. Richardi BetrVG / Richardi / Maschmann BetrVG § 76 Rn. 30).
[17] Vgl. Hromadka S. 584.
[18] Vgl. Kramer S. 142.
[19] Diese eigene Zusammenstellung stellt die wichtigsten jeweils einschlägigen Regelungen bei personellen Maßnahmen des BetrVG dar.
[20] In anderen Bereichen wird z. B. auch wie folgt unterschieden: Mitbestimmung als Oberbegriff und Unterscheidung der Intensitäten nach Mitentscheidung, Mitwirkung und paritätischer oder qualifizierter Mitbestimmung (vgl. Wichert, Stichwort: Mitbestimmung).
[21] Vgl. Hromadka S. 356.
[22] Vgl. Kramer S. 137; das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG z. B. lässt sich nicht durch Betriebsvereinbarung regeln (vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 99 Rn. 8,9).
[23] Vgl. Hübner S. 297 f.
[24] Vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 100 Rn. 15.
[25] Vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 100 Rn. 17.
[26] Vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 105 Rn. 10.
[27] Dies deckt alle Fälle von Kündigungen von Arbeitgeberseite ab, auch Änderungskündigungen; bei Kündigung durch den Arbeitnehmer oder Aufhebungsverträgen ist der Betriebsrat nicht zu hören (vgl. Hromadka S. 445; Richardi BetrVG/Thüsing BetrVG § 102 Rn. 12, 16).
[28] BAG 2 AZR 412/84 vom 27.06.1985
[29] BAG 2 AZR 119/91 vom 11.7.1991
[30] BAG 2 AZR 599/01 vom 7.11.2002; vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 102 Rn. 54.
[31] Vgl. Hromadka S. 447.
[32] Zum Widerspruchsrecht siehe Kapitel 4.4.
[33] Vgl. Hromadka S. 450.
[34] Hromadka S. 451
[35] Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 92a Rn. 6
[36] Vgl. Hromadka S. 422; Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 92a Rn. 5, 14, 17, 20.
[37] Die Klage auf Weiterbeschäftigung wird in der Praxis meist zusammen mit der Kündigungsschutzklage erhoben. Aus der Kündigungsschutzklage allein leitet sich kein Verlangen nach Weiterbeschäftigung ab (vgl. Tillmanns S. 565).
[38] Vgl. Kramer S. 140; eine Einstellung im Sinne des BetrVG ist auch bei Leiharbeitnehmern gegeben (vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 99 Rn. 33).
[39] Dies hat sowohl bei normalen Arbeitsverhältnissen als auch bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern Gültigkeit, da das Gesetz hier nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen Betriebsinhaber und Arbeitnehmer abzielt, sondern darauf, dass der Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert wird und weisungsgebunden zur Erreichung der Betriebsziele tätig ist (BAG 7 ABR 1/09 vom 23.6.2010; Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 99 Rn. 33, 53, 54).
[40] Dabei ist der Arbeitgeber in der Pflicht, die vorgebrachten Gründe des Betriebsrats widerlegen zu müssen (vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 99 Rn. 5).
[41] Vgl. Richardi BetrVG / Thüsing BetrVG § 99 Rn. 2.
[42] Vgl. Hromadka S. 435.
[43] Vgl. Völksen S. 309.