Strukturveränderungen in der Kinolandschaft - Multiplexe: Merkmale, Entwicklung und Auswirkungen einer neuen Kinoform


Magisterarbeit, 1999

196 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Eingrenzungen und Rahmenbedingungen
1.3 Methodische Vorgehensweise
1.3.1. Zur Literaturstudie
1.3.2. Die Analyse von Datenmaterial

2 Filmwirtschaftliche Rahmenbedingungen
2.1 Zur Manifestation und Bedeutung der deutschen Filmwirtschaft
2.2 Der Aufbau der deutschen Filmwirtschaft
2.3 Das filmwirtschaftliche Risiko und die Wertschöpfungskette
2.4 Die Organisationen der deutschen Filmwirtschaft

3 Filmtheater – Bedeutung und Funktionen
3.1 Die Begriffe Film und Filmtheater
3.2 Funktion und Bedeutung des Filmtheaters
3.2.1. Die wirtschaftliche Funktion und Bedeutung
3.2.2. Die kulturelle Funktion und Bedeutung
3.2.3. Die soziale Funktion und Bedeutung

4 Die Filmtheaterformen und ihre Klassifizierung
4.1 Gewerbliche Filmtheaterformen
4.1.1 Klassifizierung nach Ortszugehörigkeit und baulich-technischen Merkmalen
4.1.1.1 Wanderkinobetriebe
4.1.1.2 Ortsfeste Filmtheater
4.1.2 Klassifizierung nach betriebswirtschaftlichem Status
4.1.2.1 Klassifizierung nach Abspielfolge
4.1.2.2 Klassifizierung nach Standort und Einzugsgebiet
4.1.2.3 Klassifizierung nach Besitzverhältnissen und Betriebsgröße
4.1.3 Klassifizierung nach Programmprofil
4.1.3.1 Filmtheater mit gemischtem Programm
4.1.3.2 Genrekinos
4.1.3.3 Filmtheater mit Qualitätsprogramm
4.2 Nichtgewerbliche Filmtheater

5 Die Rahmenbedingungen der Multiplexentwicklung
5.1 Strukturveränderungen in der Kinolandschaft von 1945 bis 1989 – ein historischer Abriß
5.2 Brancheninterne Einflußfaktoren auf die Kinolandschaft
5.2.1. Die Heterogenität der Filmtheaterlandschaft und intramediäre Konkurrenz
5.2.2. Das Marketing
5.2.3. Die Unternehmenskonzentration
5.2.4. Das Produktionsdefizit
5.2.5. Die Beziehung zwischen Verleih und Filmtheatern
5.2.6. Die Filmförderung
5.3 Branchenexterne Einflußfaktoren auf die Kinolandschaft
5.3.1. Die intermediäre Konkurrenz
5.3.2. Gesellschaftliche Entwicklungen und das Freizeitverhalten
5.3.3. Die extramediären Freizeitangebote und der Freizeitverbund
5.3.4. Sonstige Einflußfaktoren
5.3.5. Politische Rahmenbedingungen

6 Strukturveränderungen in der Kinolandschaft seit 1990
6.1 Die Besucherentwicklung in Deutschland von 1990 bis 1997 – Kino ist wieder „in“
6.2 Das Nutzungsverhalten der Besucher
6.3 Die Veränderung von Basisdaten des Kinosektors in Deutschland von 1990 bis 1997

7 Multiplexe – eine neue Kinoform
7.1 Die Definition von Multiplexkinos
7.2 Die Ursprünge von Multiplexkinos
7.3 Die Merkmale von Multiplexkinos
7.3.1. Das Betriebskonzept der Multiplexkinos
7.3.1.1 Das Filmabspiel
7.3.1.2 Die Zusatzangebote
7.3.1.3 Sonstige Merkmale
7.3.2. Die Unternehmensmerkmale der Multiplexkinos
7.3.2.1 Kennzahlen der Wirtschaftlichkeit
7.3.2.2 Wirtschaftlichkeitsanalysen
7.3.2.3 Kostenstrukturen
7.3.2.4 Erlösstrukturen
7.3.2.5 Fazit
7.3.3 Die Betreiberstruktur der Multiplexkinos und ihre Marktstrategien
7.3.3.1 Internationale Unternehmen
7.3.3.2 Nationale Unternehmen
7.3.3.3 Fazit
7.3.4 Die Wettbewerbsvorteile der Multiplexbetreiber gegenüber konventionellen
Kinobetreibern

8 Die Multiplexentwicklung und ihre Auswirkungen
8.1 Die Multiplexentwicklung
8.1.1 Die Bestandsentwicklung
8.1.2 Die Entwicklung der Betriebsgröße
8.1.3 Die Standortentwicklung
8.2 Die Auswirkungen der Multiplexkinos auf die Kinolandschaft
8.2.1 Die Auswirkungen auf den Filmtheaterbestand und Kinodichte
8.2.2 Die Auswirkungen auf Standortverteilung und Kinodichte
8.2.3 Die Auswirkungen auf die Besucherentwicklung
8.2.4 Die Auswirkungen auf die Umsatzentwicklung
8.2.5 Die Auswirkungen auf Investitionen
8.2.6 Die Auswirkungen auf das Programmangebot
8.2.7 Die Auswirkungen auf Imagewandel und Marketing
8.3 Sekundäreffekte

9 Zusammenfassende Bewertung der Strukturveränderungen und Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen

Abbildung 1: Die wichtigsten Bereiche der deutschen Filmwirtschaft

Abbildung 2: Klassifizierung der Filmtheaterformen

Abbildung 3: Vergleich des prozentualen Anteils der Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung und am Kinobesuch 1995.

Abbildung 4: Merkmalskatalog für Multiplexkinos

Abbildung 5: Multiplexbestand in Deutschland 1990 bis1998 [Stand 31.12.1998]

Tabelle 1: Filmtheaterbesucher in Deutschland 1990 bis1997

Tabelle 2: Zusammensetzung des Kinopublikums in Deutschland nach Altersgruppen 1991 bis 1997

Tabelle 3: Anteil der Altersgruppen am bundesdeutschen Kinobesuch nach
Besuchshäufigkeit 1991 bis 1997

Tabelle 4: Basisdaten zur Entwicklung des Kinosektors in Deutschland
1990 bis1997 .

Tabelle 5: Kennzahlen der Wirtschaftlichkeit für Multiplexe

Tabelle 6: Zusammensetzung der laufenden Kosten eines Kinobetriebes

Tabelle 7: Erlösstrukturen pro Besucher in Multiplexen

Tabelle 8: Die Multiplex-Marktführer im Überblick

Tabelle 9: Entwicklung von Multiplexen in Deutschland 1990 bis 1998

Tabelle 10: Betriebsgrößen von Multiplexen in Deutschland

Tabelle 11: Verteilung der Multiplexe auf einzelne Bundesländer

Tabelle 12: Bestandsentwicklung aller Filmtheater- und Multiplexleinwände in Deutschland 1990 bis1997

Tabelle 13: Prozentuale Verteilung der Leinwände auf die Betriebstypen in West- und Ostdeutschland 1995 bis 1997

Tabelle 14: Entwicklung der Kinostandorte und Spielstätten in Deutschland 1994 bis 1997

Tabelle 15: Besucheraufkommen (verkaufte Eintrittskarten) in allen Filmtheatern und Multiplexen in Deutschland 1990 bis 1997

Tabelle 16: Prozentuale Verteilung des Filmbesuchs auf die Betriebstypen in West- und Ostdeutschland 1995 bis 1997

Tabelle 17: Umsatzentwicklung konventioneller Filmtheatern und Multiplexe in Deutschland 1990 bis1997

Tabelle 18: Prozentuale Verteilung der Bruttoeinnahmen auf die Betriebstypen in West- und Ostdeutschland 1995 bis 1997

Tabelle 19: Basisdaten zum deutschen Kinosektor 1945 bis 1989 einschließlich Berlin (West)

Tabelle 20: FFA-Multiplexbestandsliste für Deutschland 1990 bis 1998

Tabelle 21: Zusatzangebote in Multiplexkinos

Tabelle 22: Zusatzangebote des Kinopolis (Sulzbach)

Tabelle 23: Jährlicher Kostenaufwand eines Multiplexes am Beispiel UCI

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 EINLEITUNG

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Seit in Filmtheatern die „Ware Film“ erstmals einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, mußte die deutsche Kinobranche über lange Zeiträume wirtschaftliche Tiefschläge hinnehmen. Während die späten 70er sowie die 80er Jahre noch unter dem Zeichen eines „Kinosterbens“ standen, zeigt sich seit Beginn der 90er Jahre wieder ein Trend zugunsten des Kinos. Die Besucherzahlen steigen und auch ein Zuwachs an Filmtheatern ist zu verzeichnen.

Die Prozesse, die sich hinter dieser vordergründig positiven Entwicklung für das Kino­wesen verbergen, bieten die notwendige Brisanz, um genauer analysiert zu werden. So fand in den 90er Jahren ein tiefgreifender Strukturwandel im Filmtheatergewerbe statt, der gegen Ende der 80er Jahre durch einen Konzentrationsprozeß infolge der Bildung von Kinoketten ausgelöst wurde. Diese Großunternehmen begannen mit der Errichtung einer für Deutschland neuartigen Kinoform, dem „Multiplexkino“. Allesamt als große Gebäudekomplexe konzipiert, binden Multiplexkinos den Filmbesuch nunmehr in ein umfassendes Freizeitangebot ein. Bemerkenswert sind dabei die wirtschaftlichen Er­folge und die rasante Ausbreitung dieser Kinoform seit 1990. Multiplexe setzen sich am deutschen Markt zunehmend durch und der größte Anteil dieser Häuser konnte bisher hohen Umsatz- und Besucherzuwachs verzeichnen. Zu befürchten war dabei von Be­ginn an, daß die Etablierung großer Kinoketten einen einst heterogenen, dezentralisier­ten Filmtheaterpark plötzlich in die Hand weniger Filmkonzerne bringt, was sich auf kleine Filmtheaterbetreiber existenzbedrohend auswirken kann.

Gegenstand dieser Arbeit ist es, Strukturveränderungen in der deutschen Kinolandschaft aufzuzeigen und zu untersuchen, wobei das Augenmerk auf der Entstehung der Kino­form „Multiplex“ seit Beginn der 90er Jahre liegt. Die Hauptziele der Arbeit sind daher, die Merkmale sowie die Entwicklung von Multiplexkinos möglichst exakt abzubilden und anhand einer systematischen Analyse von Umstrukturierungsprozessen im gesam­ten Kinowesen seit 1990 Rückschlüsse auf positive und negative Auswirkungen der Multiplexentwicklung zu ziehen.

1.2 Eingrenzungen und Rahmenbedingungen

Zusammengenommen stellen die Strukturveränderungen der Filmtheaterlandschaft ein komplexes Phänomen dar. „Kino“ ragt in viele Bereiche hinein, da es schon immer ge­sellschaftlichen, historischen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Veränderun­gen unterlag. Aus diesem Grund mußten für diese Arbeit einige Eingrenzungen getrof­fen sowie spezifische Rahmenbedingungen gesetzt werden.

Geographisch betrachtet, beschränkt sich die Arbeit auf Deutschland, obwohl die Mul­tiplexkinos tendenziell ein „globales Phänomen“ darstellen. Jene Entwicklungen auf internationaler oder europäischer Ebene zu analysieren, hätte sich als zu umfangreich für diese Arbeit erwiesen – zumal die Multiplexentstehung in einzelnen Ländern zu verschiedenen Zeiten einsetzte und voneinander abweichende Ausmaße annahm. Ent­wicklungen im Ausland werden in dieser Arbeit lediglich im Zusammenhang mit den Ursprüngen der Multiplexe im sechsten Teil erwähnt und dann, wenn sie für die Situa­tion in Deutschland eine besondere Relevanz besitzen.

Schon die einleitende Problemstellung läßt darauf schließen, daß die Filmtheater über­wiegend in ihrer Funktion als Wirtschaftsunternehmen betrachtet werden müssen – als Institutionen, welche die Kosten für die Bereitstellung des „Konsumartikels Film“ über Einspielergebnisse erwirtschaften und die im Wettbewerb zueinander stehen. Das Ver­ständnis filmökonomischer Funktionsweisen darf nach Ansicht der Verfasserin jedoch nicht vorausgesetzt werden. „Filmwirtschaftliche Rahmenbedingungen“ bilden daher den zweiten Teil der Arbeit und sollen nicht nur dem Kino eine Stellung innerhalb des filmwirtschaftlichen Gefüges zuweisen, sondern auch den damit verknüpften Funkti­onsbereichen „Produktion“ und „Distribution“. Darüber hinaus werden im dritten Ab­schnitt der Arbeit grundlegende Funktionen des Filmtheaters im wirtschaftlichen, kultu­rellen und sozialen Bereich konkretisiert. Eine Kategorisierung der Kinolandschaft im vierten Teil der Arbeit soll veranschaulichen, wo die Verschiedenheiten zwischen den in Deutschland existierenden Kinoformen liegen, wie Multiplexkinos sich im Kinowesen positionieren und wie sie sich von traditionellen Kinoformen unterscheiden. Anschließend werden im fünften Abschnitt der Arbeit historische Berührungspunkte und Einflußfaktoren als „Rahmenbedingungen für Multiplexkinos“ systematisch erarbeitet. Gemeinsam bilden diese fünf Teile Rahmenbedingungen für die Strukturveränderungen nach 1990 und werden daher dem eigentlichen Gegenstand der Arbeit vorangestellt.

Insgesamt betrachtet, ist der Inhalt dieser Arbeit als Medienforschung im publizistik­wissenschaftlich „weiteren Sinne“ zu begreifen, denn es werden nicht nur Strukturen und Funktionen eines Massenmediums untersucht, sondern auch damit in Zusammenhang stehende – vor allem ökonomische – Faktoren.

1.3 Methodische Vorgehensweise

Diese Arbeit stützt sich zum einen auf das Verfahren der Literaturstudie zum anderen auf die Auswertung vorhandenen Datenmaterials.

1.3.1. Zur Literaturstudie

Um ein möglichst umfassendes Bild der Strukturveränderungen in der Kinolandschaft zu zeichnen und die Aktualität des Themas angemessen zu berücksichtigen, müssen neben der gängigen Fachliteratur auch sogenannte „unwissenschaftliche“ Quellen wie Tageszeitungen, Werbebroschüren der Kinounternehmen, Informationsmaterial von Banken und Immobilienholdings sowie zahlreiches unveröffentlichtes Material von Stadtplanungsämtern, Ministerien und anderer Institutionen einbezogen werden. Über­dies wurden die Ausgaben der Zeitschriften Media Perspektiven, Blickpunkt Film und Filmecho/Filmwoche zwischen 1989 und 1998 nach themenbezogenen Artikeln ausge­wertet.

1.3.2. Die Analyse von Datenmaterial

Wie eingangs erwähnt, sollen anhand der Branchenentwicklungen Rückschlüsse auf die Auswirkungen der Multiplexkinos untersucht werden. Einen solchen Kausalitätszu­sammenhang herzustellen, würde sich jedoch auf rein deskriptiver Basis als unzurei­chend erweisen. Daher dient die Analyse vorhandenen Datenmaterials in erster Linie dazu, die im sechsten sowie im achten Teil der Arbeit ausgeführten Strukturveränderun­gen und Auswirkungen empirisch zu untermauern.

Vorgehensweise

Über den betrachteten Zeitraum von 1990 bis 1998 sollte ein möglichst lückenloses Bild von Basisdaten zu Veränderungen in der gesamtdeutschen Kinolandschaft sichergestellt werden. Zu diesem Zweck wurden vorhandene Trendanalysen – Statistiken, die von verschiedenen Institutionen in jährlichen Abständen für das deutsche Kinowesen ge­wonnen werden – herangezogen. Da diese einen Überblick über längere Zeiträume ge­währen, lassen sich daraus Aussagen über Veränderungen ableiten.

Das methodische Problem von Trendanalysen besteht darin, daß sie letztlich nichts über Ursache und Wirkung aussagen. Die daraus interpretierten Zusammenhänge unterliegen immer der Gefahr, Scheinkorrelationen zu sein, da unbekannte Faktoren das Ergebnis zu beeinflussen vermögen. So ließe sich zum Beispiel nicht uneingeschränkt behaupten, daß der Trend zu einem Besucheranstieg in Kinos auf einen wachsenden Multiplexbe­stand zurückzuführen ist, sondern dieser Entwicklung durchaus weitere Ursachen, zum Beispiel eine „allgemeine Fernsehmüdigkeit“, zugrunde liegen können.

Da aber in dieser Arbeit ein Kausalitätszusammenhang untersucht werden soll, mußte ein Weg gefunden werden, statistische Fehlinterpretationen zu vermeiden. Um diesen komplexen Anforderungen Rechnung zu tragen, zieht die Verfasserin aus den aufge­zeigten Trends zunächst nur vordergründige Schlüsse und versucht, diese anschließend mit den Ergebnissen zusammengetragener Studien zu belegen beziehungsweise zu er­gänzen. Dabei war es kaum möglich, einzelne Untersuchungen zu vergleichen, da jede von ihnen spezielle – zum Beispiel zeitliche oder geographische – Schwerpunkte setzt. Das Ziel war daher, relevante Befunde einzelner Studien in verschiedene, adäquate Themenkomplexe der Arbeit einzubinden.

Herkunft der Daten und Zuverlässigkeit der Quellen

Die Auswahl der Quellen beschränkt sich vorwiegend auf filmwirtschaftliche Verbände und Organisationen, denn von diesen werden umfangreiche Datensammlungen zusam­mengetragen und zum Teil selbst erhoben. Darunter fallen zum Beispiel die jährlichen Statistiken der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO). Überdies erheben der Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF) sowie die Filmförderungsanstalt (FFA) Daten und veröffentlichen diese in ihren Geschäftsberichten. Die Kinobranche könnte aufgrund der Vielfalt an wirtschaftlichen Offenlegungen durchaus als „gläsern“ gelten. Da die Publikationen jedoch meist an die Zwecksetzung der jeweiligen Institution ge­bunden sind, weisen sie oft Unvollständigkeiten auf, weichen von anderen Statistiken ab oder sind einseitig ausgerichtet. Auch werden über die genannten Veröffentlichungen hinausgehende Daten aus Gründen „des zu wahrenden Prinzip des Vertrauenschutzes“[1] meist nicht zur Verfügung gestellt. Obwohl auch die Verwendung von FFA-Daten die Gefahr von Einseitigkeit birgt, da sie als Instrument und Beweismittel der Wirksamkeit förderpolititscher Entscheidungen dienen soll, erweist sich diese Quelle letztlich als am besten geeignet: Die von der FFA veröffentlichten Analysen zur Filmtheaterbranche sind nicht nur umfassend, sondern sie werden sowohl von anderen Institutionen als auch von den Autoren der in dieser Arbeit verwendeten Studien vorzugsweise eingesetzt. Besonders in bezug auf Multiplexkinos stellt die FFA insgesamt weitaus umfangreichere Befunde – einbegriffen eigener Multiplexstudien – als der HDF oder die SPIO zur Verfügung.

Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem Zeitpunkt der Publikationen, denn dieser liegt in der Regel einige Monate nach Beendigung des jeweiligen Untersuchungsjahres. So­mit existiert für das Jahr 1998 offiziell noch keine Berichtslegung der SPIO, des HDF oder der FFA. Wenngleich diese Arbeit ein aktuelles Thema behandelt, so können vor­liegende Halbjahresberichte für 1998 nicht herangezogen werden, da den jährlichen Erhebungen bis 1997 die vergleichbare Grundlage fehlen würde. Diesem Problem konnte die FFA zum Teil entgegenwirken, da sie der Verfasserin eine bisher unveröf­fentlichte, aktuelle Bestandsliste von Multiplexkinos [Stand 31.12.1998] zur Verfügung stellte. Dieses Dokument ermöglicht es, bereits publizierte Statistiken zur Multiplexent-wicklung bis zum Jahr 1997 durch eigene Berechnungen für das Jahr 1998 zu ergänzen oder andere Aspekte der Entwicklung in zusätzlich erstellten Tabellen zu veran­schaulichen.[2] Kommt es hingegen im Verlauf der Arbeit zu einer tabellarischen Gegen­überstellung von Multiplexen und der restlichen Kinolandschaft – für die noch keine Daten des gesamten Jahres 1998 vorliegen –, dann kann die Entwicklung nur bis zum 31.12.1997 berücksichtigt werden.

2 FILMWIRTSCHAFTLICHE RAHMENBEDINGUNGEN

Bevor sich dem eigentlichen Untersuchungsobjekt der Arbeit, dem Filmtheater, zuge­wendet wird, soll dessen Stellung als ökonomischer Faktor innerhalb des filmwirt­schaftlichen Systems aufgezeigt werden. Es werden Rahmenbedingungen aufgezeigt, die das Kino seit seiner Entstehung in seinen Strukturmerkmalen und seinem wirt­schaftlichen Fortgang beeinflußt haben und die zunächst Grundlagen für ein Verständ­nis der gesamten Branchenentwicklung schaffen.

2.1 Zur Manifestation und Bedeutung der deutschen Filmwirtschaft

„Die Technik der Kinematographie nahm zu Beginn des 20. Jahrhunderts Gestalt an. Nicht zufällig gerade zu einer Zeit, als auch andere geistige Produkte in den Herstellungsprozeß der Großindustrie überzugehen begannen. Literatur und Presse, Theater und Musik gerieten damals in die Botmäßigkeit rasch sich formie­render und ausdehnender Trusts und Konzerne. Die Industrialisierung geistiger Erzeugnisse im großen begann nicht beim Film. Der Film fügte sich jedoch in diese allgemeine Entwicklung ein.“ (Béla Balázs)[3]

Sieht man einmal von kulturellen, ästhetischen und künstlerischen Werten ab, die einem Film in der Regel zugerechnet werden, so wird dessen Weg – von der Herstellung bis zu seiner Vorführung im Kino – von einem ökonomischen Prinzip gesteuert. Der Film besitzt „Warencharakter“, denn er dient der Befriedigung eines vorhandenen oder zu erzeugenden Massenbedürfnisses.[4]

Den Autoren Roeber und Jacoby zufolge zeichnet sich die Filmwirtschaft dadurch aus, “daß sie das Unterhaltungsbedürfnis breiter Massen gewerblich nutzt und im Spielfilm die maßgebliche Erscheinungsform der Filmbetätigung sieht.“[5] Somit müssen die Filmtheaterbetriebe der Filmwirtschaft zugerechnet werden, denn sie führen Filme meist nicht um „ihrer selbst willen“ auf, sondern verfolgen damit „privates“ Gewinnstreben.

Schon 1914 stellte die Sozialforscherin Emilie Altenloh fest: „Faßt man die Kinemato­graphenindustrie als ein bloßes Gewerbe auf, als Erwerbsmöglichkeit wie viele andere, die bei aller Rücksicht auf möglichst gute Produkte doch in erster Linie nach dem wirt­schaftlichen Prinzip arbeiten, so ist das oberste Gesetz großer Kassenerfolg und hohe Dividenden.“[6]

Dabei ist die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der deutschen Filmwirtschaft verglichen mit der anderer ökonomischer Zweige gering. In den 90er Jahren beispielsweise erwirt­schaftete die Branche nur einen Gesamtumsatz von ungefähr 0,2 Prozent[7] des Bruttoso­zialproduktes. Dagegen ist ihre kulturelle Bedeutung weitaus größer. Film ist „das Bil­dungsmedium der breiten Massen“[8] und gilt nach wie vor als künstlerisch und pädago­gisch wertvolles Unterhaltungsmedium.

Wie aus dem Zitat Béla Balázs zu Beginn des Kapitels hervorgeht, manifestierte sich die Filmtechnik in wirtschaftlicher Hinsicht schon kurze Zeit nach ihrer Erfindung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Dies lag vor allem daran, daß die Entstehung warenmäßi­ger Filmproduktion in einen Zeitraum hochentwickelter Wirtschaftsorganisation fiel. Die Filmwirtschaft durchlief schon frühzeitig, nämlich zwischen den Jahren 1900 und 1933, fast alle bis dahin entwickelten kapitalistischen Unternehmensformen: von der privaten Einzelunternehmung bis zum modernen, trustmäßig organisierten Konzern.[9] Diese Strukturverschiebungen und zum Teil heterogenen Tendenzen innerhalb der Filmwirtschaft lassen sich bis heute verfolgen. Gerade die anhaltende Vielschichtigkeit unternehmerischer Größenordnungen innerhalb der Filmindustrie bedingte wiederholt strukturelle Umwälzungen auch in der Filmtheaterlandschaft. Letztere ist zudem geprägt durch ihre enge Verzahnung mit genau geplanten Absatzstrategien der filmherstellenden und – vertreibenden Unternehmen. Dies wird mit den Ausführungen des folgenden Ka­pitels deutlich.

2.2 Der Aufbau der deutschen Filmwirtschaft

Die Filmwirtschaftslehre[10] unterscheidet traditionell drei „vertikale Sparten“: Filmpro­duktion, Filmverleih (Distribution) und Filmtheater (Auswertung, Abspiel). Diese drei Bereiche entsprechen den einzelnen Marktstufen des Films, die durch das Produkt „Spielfilm“ verbunden sind, das heißt, zwischen ihnen findet ein Austausch von Film­kopien statt. Der vertikale Weg der „Ware Film“ markiert demnach den Güterstrom sprich den Gang von seiner Herstellung bis zu seiner Aufführung.[11] Im internationalen Filmgeschäft tritt zu diesen Sparten noch der Vertrieb, der sich vorwiegend mit Import- und Exportgeschäften befaßt. Dieser ist auf vertikaler Ebene zwischen Produktion und Verleih geschaltet. Die Grenzen zwischen Verleih und Vertrieb sind allerdings häufig verwischt, denn ein Unternehmen kann durchaus in beiden Bereichen agieren.[12]

Im Laufe der Zeit entwuchsen den einzelnen vertikalen Sparten weitere Geschäftsberei­che, welche die „horizontalen Sparten“ bilden.[13] Diese allmähliche Ausdehnung begann nach dem Zweiten Weltkrieg. So kamen zum Beispiel auf der vertikalen Stufe des Ab­spiels die Medien Fernsehen und Video und zuletzt die Computerbranche hinzu.[14] Die Entstehung neuer Geschäftsbereiche berührt auch die Produktionsebene: Im Laufe der Zeit wurden zunehmend Fernseh-, Video-, Werbe- und Industriefilme sowie sonstige Filme (z.B. Schmalfilme) hergestellt, womit eine abnehmende Bedeutung des Kinofilms einherging.[15] Zugleich bildeten sich im Verleihsektor den jeweiligen Absatzmärkten entsprechende horizontale Institutionen, wie die Videoprogrammanbieter, die den Vi­deotheken Auswertungsrechte zur Verfügung stellen.[16] Das horizontale Gefüge erwei­terte sich schließlich auch um zusätzliche Endabnehmer. Während vor der Verbreitung des Fernsehens die Kinokonsumenten alleinige Endabnehmer waren, spielen seit dessen Etablierung vor allem die öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehanstalten für die Abnahme von Filmen eine wichtige Rolle. Überdies sind heute öffentliche und private Institutionen bedeutsame Auftraggeber und Abnehmer von Werbe-, Industrie- und In­formationsfilmen.

Die horizontalen Geschäftsbereiche lassen dabei sich nicht immer eindeutig einem der vertikalen Sektoren zuordnen. Da beispielsweise die Fernsehanstalten gleichzeitig Filme auswerten und ankaufen, vermischt sich der vertikale Sektor des Filmabspiels mit dem der Endabnehmer. Auch Fernsehsender und Videotheken können zum Beispiel sowohl in der Distributions- als auch in der Endabnehmersparte angesiedelt werden.[17]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Die wichtigsten Bereiche der deutschen Filmwirtschaft

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Neckermann 1991: a.a.O., S.81.

Funktionsbereiche der vertikalen Sparten und begriffliche Festlegungen

Im Verlauf der Arbeit spielen die fachspezifischen Begriffe „Filmproduktion“, „Filmverleih“ und insbesondere der Begriff „Filmtheater“ eine zentrale Rolle. Daher werden diese im folgenden unter Berücksichtigung ihrer filmwirtschaftlichen Funktion erläutert:

Filmproduktion bedeutet zunächst nichts anderes als die Herstellung von Filmen. Dadek beispielsweise grenzt aber den Funktionsbereich der Filmproduktion „im engeren Sinn“ als „die Tätigkeiten von der ersten Planung eines Filmvorhabens bis zur Montage des fertigen Filmstreifens bzw. zur Anfertigung der Kopien und ihrer Übergabe an den Verleih“[18] ein. Darin eingeschlossen sind alle planenden und leitenden Tätigkeiten, wo­hingegen Dadek die technische Anfertigung als separates Gewerbe ausgliedert.[19]

Filmverleihe sind Unternehmen, die über Lizenzverträge mit Produktionsfirmen die Rechte an der Auswertung von Filmen erwerben, um diese – in der Regel in Form mehrerer Kopien – an Filmtheaterbetriebe zu vermieten.

Die Partner handeln die Laufzeit der Filme und Verleihmieten aus. Entscheidend hierfür ist auf der einen Seite die Attraktivität der Filme und auf der anderen der Umsatz beziehungsweise die Sitzplatz- und Besucherzahl des jeweiligen Kinos. Die Anzahl der Kopien ist ebenfalls Ergebnis der vertraglichen Abschlüsse.[20] Rechtlich bleibt der Verleiher der Eigentümer der Filmkopien, während der Filmtheaterbesitzer gegen Zahlung des Mietpreises ein zeitlich begrenztes Aufführungsrecht erhält.[21] Die Verleihunternehmen sind somit das Bindeglied zwischen Produktion und Filmtheatern und zwar nicht nur in Hinblick auf die Übertragung der Auswertungsrechte, sondern auch in bezug auf die gesamte Vermarktung eines Filmes: Verleihe „beobachten den Filmmarkt, greifen ordnend und regulierend ein, schaffen Kommunikation zwischen Produktion und Konsumption, kennen und überblicken aus diesem Grund die Verhältnisse im System Spielfilm als Ganzes besser als Unternehmen der Produktion oder Konsumption“[22].

Filmtheater als Ort der Konsumption bilden das Schlußglied im filmwirtschaftlichen Zyklus. Sie führen die vom Verleih gemietete Filme dem privaten Zuschauer vor. Dies geschieht in eigenen, gemieteten oder gepachteten, ortsfesten Theaterräumen, Autoki­nos oder in sonstigen gewerblichen Spielstellen (zum Beispiel Wanderkinounterneh­men). Filmtheater besitzen somit Absatzfunktion.[23]

Im Verlauf der Arbeit ist mit „Filmtheaterbetrieb“ die örtliche Einheit (ein Filmtheaterstandort, der einen oder mehrere Kinosäle unter einem Dach vereint) gemeint, während der Begriff „Filmtheaterunternehmen“ die rechtliche Einheit (beispielsweise eine Kette, die an einem oder verschiedenen Orten Eigentümer mehrerer Häuser ist) bezeichnet. Die Begriffe „Kinosaal“ und „Leinwand“, als Vorführeinheit eines Betriebs, werden synonym verwendet.

2.3 Das filmwirtschaftliche Risiko und die Wertschöpfungskette

Wie allen kapitalistischen Systemen ist auch der Filmwirtschaft – als Subsystem der Gesamtwirtschaft – das Prinzip der Gewinnmaximierung zu eigen. Kaptial wird in den beschriebenen drei Sparten aus dem Geldstrom geschöpft, der durch die Einnahmen aus der Filmvorführung über den Verleih zurück an die Produktionsstätten – und damit entgegengesetzt dem Güterstrom der Ware Film – fließt.[24]

Jason Squire trifft mit schlichten Worten den Kern des filmwirtschaftlichen Gewinn­strebens: „Die Idee der kommerziellen Filmindustrie besteht darin, Filme zu machen, die in der einen oder anderen Form Kunden anlocken, die zusammengenommen für die­ses Privileg genug Geld bezahlen, damit alle Kosten gedeckt sind und genügend Geld übrigbleibt, um die Investoren zufriedenzustellen und noch mehr Filme zu machen.“[25] Jedoch liegt eben diesem „Profitmotiv“ der größte Unsicherheitsfaktor der Filmwirt­schaft zugrunde: Ein einzelner Film verursacht in der Regel hohe Herstellungskosten. Filmerfolge lassen sich jedoch meist nicht voraussehen, „denn der Publikumsge­schmack erweist sich immer wieder als unwägbar“[26]. Diese Unabhängigkeit der Her­stellungskosten von der Höhe der erzielbaren Verkaufserlöse ist die Besonderheit der „Ware“ Film und prägt gleichermaßen das filmwirtschaftliche Risiko[27] beziehungsweise wird „das Risiko des Erfolgs letztlich durch die Nachfrage des Publikums bestimmt.“[28] Die gesamte Filmwirtschaft ist folglich auf den Geldstrom angewiesen, der durch den zahlenden Besucher an der Kinokasse getragen wird.[29] Nicht zuletzt aus dieser Einsicht heraus etablierte sich im Laufe der Jahre ein umfangreiches Förderinstrument in Deutschland, das zum einen aus Subvention von Bund und Ländern besteht, zum ande­ren aus Koproduktionsmitteln der Fernsehanstalten, vorwiegend der öffentlich-rechtli­chen Sender.[30] Die Filmtheater finanzieren dabei jährlich mit einer prozentualen Ab­gabe die staatliche Filmförderung. Diese ist nach dem Umsatz gestaffelt: Liegen die Bruttoeinnahmen über 300.000,- DM, dann beläuft sich die Abgabe auf 2,5 Prozent, liegt der Umsatz zwischen 175.000,- DM und 300.000,- DM, beträgt die Abgabe 2 Pro­zent und 1,5 Prozent bei Bruttoeinnahmen zwischen 100.000,- und 175.000,- DM.[31].

Da, wie beschrieben, das Filmabspiel derart risikoreich ist und der Produzent seinen Film nicht einfach zu einem festen Preis verkaufen kann, ergeben sich besondere fi­nanzwirtschaftliche Beziehungen zwischen den vertikalen Sparten: Gewinne und Verlu­ste sollen auf alle drei Sparten möglichst gleichmäßig verteilt werden, indem zuerst der Verleih über die Filmmiete und danach auch der Hersteller prozentual am Umsatz der Kinos beteiligt werden.[32] Seit 1993 berechnet sich der Leihmietensatz des Verleihs pro­portional nach dem Netto-Kinokartenerlös (Bruttoerlös abzüglich Mehrwertsteuer) der Filmtheater und nicht mehr nach dem Bruttoerlös. Der Mietsatz liegt zwischen 36 und 53,5 Prozent der Einnahmen nach Abzug der Filmförderungsabgabe.[33] Ferner belief sich der Produzentenanteil für die Lizenzerteilung bis zum Ende der 60er Jahre auf circa 70 Prozent der Verleihbruttoeinnahmen. Heute ist die Filmproduktion darüber hinaus finanziell von Institutionen der Filmförderung abhängig. Diese subventionieren mittlerweile etwa die Hälfte der deutschen Produktionskosten.[34]

Um das wirtschaftliche Risiko zu minimieren, basiert das Abschlußsystem zwischen Verleih und Filmtheatern auf dem Prinzip des „Blind- und Blockbuchens“: Unter „Blockbuchen“ wird die Praxis der Verleiher verstanden, Filme nicht einzeln, sondern in qualitativ möglichst ausgewogenen „Filmstaffeln“ an die Filmtheater abzugeben. Die Form des Blockbuchens wird besonders dort verfolgt, wo sich mehrere Konkur­renztheater an einem Ort befinden. „Blindbuchen“ bedeutet, daß Filmtheater dem Ver­leih Filme abnehmen, ohne sie vorher zu besichtigen. Zum Teil geschieht dies, weil die Filme noch nicht fertig produziert sind. Dem Verleih entstehen zwei Hauptvorteile durch das Abschlußsystem: Erstens können – neben Filmen mit guten Geschäftsaus­sichten – auch mäßig erfolgversprechende Produktionen in einem Filmpaket vermietet werden. Zweitens mindert der Verleih sein finanzielles Risiko, da die Blockverträge eine Kreditgrundlage zur weiteren Produktionsfinanzierung schaffen.[35]

In der Regel werden von den Verleihunternehmen pro Film etwa 200 Kopien zur Ver­mietung an die Filmtheater eingesetzt, für einzelne Filme liegen aber auch wesentlich höhere Zahlen vor. Dennoch sind sie im Verhältnis zur Anzahl an Filmtheatern knapp bemessen. Der Verleiher muß daher eine Auswahl an Filmtheatern treffen, welche die jeweiligen Kopien erhalten.[36]

2.4 Die Organisationen der deutschen Filmwirtschaft

Die Spartenzusammenschlüsse von Produktion, Verleih und Filmtheatern bilden heute insgesamt acht Verbände. Diese organisieren sich allesamt in der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (SPIO), die als Dachverband die rechtliche Verantwortung für ihre Mitgliedsverbände trägt und deren Interessen vertritt. Den Kinofilm betreffend ge­hören der SPIO unter anderem der Verband Deutscher Spielfilmproduzenten e.V. (VDSP), der Verband der Filmverleiher e.V. (VdF) und der Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF) an. Zu den Sondereinrichtungen der SPIO zählt unter anderem die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK). Sie ist eine 1949 als eigenständi­ges Organ begründete Instanz,[37] die es zur Aufgabe hat, Filme nach bestimmten mora­lisch-ethischen Prinzipien zu kontrollieren und nach Jugendschutzgesichtspunkten zu klassifizieren.[38]

Die graduelle Neubildung verbandlicher Zusammenschlüsse nach dem zweiten Welt-krieg brachte Anfang 1949 zunächst eine Organisation westdeutscher Filmtheater her­vor, die sich seit Mitte der 60er Jahre Hauptverband Deutscher Filmtheater (HDF) nennt.[39] Der HDF wiederum war bis Juni 1998 Dachverband einer regional gegliederten Verbandsstruktur. Seit diesem Zeitpunkt verschmolzen alle Filmtheater-Landesver­bände zu einem zentralen Gesamtverband und unterstehen damit direkt dem HDF.[40]

Eng zusammen arbeitet die SPIO mit der Filmförderungsanstalt (FFA), die es als An­stalt des öffentlichen Rechts zur ersten Aufgabe hat, die Qualität des deutschen Films auf breiter Grundlage zu steigern und Förderungshilfen zu gewähren sowie die Struktur der Filmwirtschaft zu verbessern.[41] Innerhalb der FFA wirkt die SPIO durch den Einsatz von Delegierten aller ihrer Mitgliedsverbände aktiv mit.[42]

3 FILMTHEATER – BEDEUTUNG UND FUNKTIONEN

Nach mehr als einem Jahrhundert Kino ließe sich schon fast von einer „antiquierten Angelegenheit“ sprechen, deren „Mythos“ durch die ihm verwandten, neueren audiovi­suellen Medien langsam verblaßt. Dennoch ist „Kino“ aus der menschlichen Zivilisation kaum noch wegzudenken. Es ist im zu etwas Alltäglichem geworden, das sich immer wieder in neuer Gestalt in ökonomische, kulturelle, gesellschaftliche und politi­sche Prozesse gefügt hat. Um das Wesen des Kinos begreifbar zu machen, werden im folgenden neben einer generellen Begriffsbestimmung seine wirtschaftlichen, kulturel­len und sozialen Funktionen erörtert, ohne tief in filmtheoretische Ansichten eindringen zu wollen.

3.1 Die Begriffe Film und Filmtheater

Das Wort „Film“ entstammt dem Englischen und bedeutet soviel wie „dünnes Häut­chen, feinste Schicht“[43]. 1898 erweiterte sich diese Begriffsdeutung, als Friese-Green, ein Erfinder der Kinematographie, erstmals ein Zelluloidfilmband anwandte:[44] „Mit der Einführung des Zelluloidbandes wurden Schicht und Schichtträger gemeinsam als ‚Film‘ bezeichnet.“[45] Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Begriff wesentlich vielge­staltiger. So umfaßt er beispielsweise verschiedene Stadien der Filmherstellung (unbe­lichteter Rohfilm, belichteter Film) oder technische Wiedergabeverfahren (Stummfilm, Tonfilm).[46] Bei Bächlin stellt „Film“ das Endprodukt der Filmwirtschaft dar.[47] Gleich­zeitig gilt er auch als Synonym für eine kulturelle Erscheinung oder sogar als dramati­scher Inhalt.[48] Im publizistikwissenschaftlichen Sinn wiederum wird mit dem Medium „Film“ in erster Linie eine spezifische Kommunikationssituation verknüpft, nämlich die Verbreitung des Films an viele räumlich weit verstreute Präsenzpublika.[49] Eine Be­griffsdifferenzierung erfolgt lediglich auf dem Rechtsgebiet, wo zwischen „Filmwerk“ (immaterielle Leistung des Urhebers) und „Filmkopie“ (rein materielles Vervielfälti­gungsstück) unterschieden wird.[50] Unabhängig davon, ob man nun von der fixierten Bewegung mit dem Endzweck der Vorführung ausgeht oder darin ein Phänomen mit künstlerischen, belehrenden, sozialen oder politischen Wirkungen sieht, bleibt „Film“ letztendlich ein „Schwammwort“[51], also eine grobmaschige Metapher, die weit über die Begrenzungen der Kinosäle hinausgeht.

Ähnlich wie der Begriff „Film“ hat sich das Wort „Kino“ im Laufe der Zeit zu einem Sammelbegriff entwickelt. „Kino“ steht nicht nur für das Gebäude, in dem Filme ge­zeigt werden, sondern kann beispielsweise auch einen Ausschnitt aus dem Filmangebot eines bestimmten Landes während einer gewissen Zeitspanne bezeichnen (zum Beispiel das „Kino der französischen Volksfront“[52]). Da „Film“ und „Kino“ miteinander ver­knüpfte Sammelbegriffe sind, werden diese Ausdrücke häufig synonym verwendet und auch im geschichtlichen Zusammenhang oftmals nicht voneinander getrennt betrach­tet.[53]

Zusammen mit der technischen Erfindung des Films und deren Einbindung in eine fort­schreitende Massenkultur und -kommunikation wurde zunächst Ende des 19. Jahrhun­derts im Zusammenhang mit dem Begriff „Theater“ der Ausdruck „Kine­matographentheater“ gebräuchlich, welcher später durch das Wort „Filmtheater“ ersetzt wurde. In der Umgangssprache hat sich heute als Ableitung von „Kinematograph“ (Be­wegungsschreiber) allgemein das Wort „Kino“ eingebürgert.[54] Da zu Beginn der Kino­geschichte nur Wanderkinos existierten, verbreitete sich eine räumliche Bedeutung von „Kino“ erst später, etwa um 1912. Voraus ging eine rein technische Verwendung des Wortes: „Der Kino“ stand für das Projektionsgerät der Brüder Auguste und Louis Lumière, die ihre Erfindung am 22.3.1895 erstmals der staunenden Öffentlichkeit im Pariser Grand Café vorstellten, wo das Kino seine „Geburt als Massenmedium“ erlebte.[55] Für die ersten ortsfesten Kinos in einfachen Berliner Ladenlokalen etablierte sich zu Beginn des Jahrhunderts der Begriff „Kintopp“ (auch „Kintop“ oder „Kientopp“), der allerdings in abwertendem Sinne gebraucht wurde. Später, in der Zeit zwischen den Weltkriegen, verwendete man häufig die Begriffe „Lichtspieltheater“, „Lichtspielhaus“ oder „Lichtspiele“, wobei diese Bezeichnungen weiter gefaßt sind und vielmehr die Vorläufer des heutigen Filmtheaters beschreiben als die technische Vorstellung sich bewegender Bilder.[56]

Insgesamt führte die jahrzehntelange Auseinandersetzung mit der Kinematographie zu einem umfassenden Kinobegriff im Sinne einer weitergreifenden Technik-, Sozial- und Kulturgeschichte. Jean-Louis Baudry gab seiner Definition von „Kino“ eine solch um­fassende Bedeutung, nämlich „[...] als Gebilde mit einer komplexen Struktur, innerhalb derer die technische Basis der Filmausrüstung, die konkreten Bedingungen der Projek­tion im Kino, der Film selbst und die „mentale Maschinerie“ des Subjekts im Kinoraum zusammenwirken.“[57]

3.2 Funktion und Bedeutung des Filmtheaters

Im folgenden wird skizziert, welche Funktionen das Kino im gesellschaftlichen, kultu­rellen und wirtschaftlichen Bereich erfüllt, denn der Strukturwandel seit 1990 – so wie er einleitend schon umrissen wurde – brachte diesbezüglich Veränderungen mit sich. Sicherlich decken die Filmtheater noch weitere Funktionsbereiche als die oben genann­ten ab, zum Beispiel wenn sie als Propagandamittel im politischen Sinne mißbraucht werden. Allerdings sind diese Funktionen für die deutschen Strukturveränderungen der letzten Jahre und damit für die folgenden Ausführungen von untergeordneter Bedeu­tung.

3.2.1. Die wirtschaftliche Funktion und Bedeutung

Filmtheater als ökonomischer Faktor machen das geistige Produkt „Film“ zu einem Konsumgut. Ihre absatzwirtschaftliche Stellung und die damit zusammenhängende fi­nanzielle Verantwortung für die Produktion weiteren filmischen Geistesgutes wurde bereits verdeutlicht.[58] Wenngleich die Filmtheater diese wichtige Funktion für die rest­lichen Sparten übernehmen, haben sie keine starke Stellung innerhalb der Filmwirt­schaft inne. Die Filmtheaterwirtschaft ist – trotz einiger wirtschaftlich sehr mächtiger Betreiber – überwiegend kleingewerblich strukturiert. Mit einem relativ geringen Jahresumsatz – dieser betrug 1,3 Milliarden DM aus dem Verkauf von Kinokarten im Jahr 1996[59] – besitzt sie ebenso wie die gesamte Filmwirtschaft nur geringe volkswirtschaftliche Bedeutung.[60] Dies war ein Grund dafür, warum beispielsweise die filmwirtschaftliche Statistik des Statistischen Bundesamtes 1983 eingestellt wurde und mittlerweile nicht mehr als Datenquelle dienen kann.[61] Aufgrund dieser schwachen ge­samtwirtschaftlichen Stellung kommt der Filmtheaterbranche der Vorzug eines „Präfe­renzmehrwertsteuersatzes“ von 7 Prozent zugute. Auch eine kommunale Vergnügungs­steuer, die viele Jahre die Existenz vieler Filmtheater bedrohte, muß de facto nicht mehr an die Gemeinde gezahlt werden. Die Kommunen ließen sich von den Wirtschaftsver­bänden der Filmtheater überzeugen, daß sich die von ihnen erhobene Vergnügungs­steuer auf das vitale Kulturangebot einer Stadt drosselnd auswirken kann: Kinos be­deuten eine Belebung der Innenstädte. Geht es dem Kino schlecht, so können die Innenstädte gleichermaßen veröden.[62]

Hinsichtlich des betriebswirtschaftlichen Status der Filmtheater herrscht gemeinhin Un­einigkeit. Häufig werden sie als „Einzelhändler der Filmwirtschaft“ bezeichnet.[63] An­dere Autoren betonen die Produktions-[64], Handels-[65] oder Dienstleistungsfunktion[66]. Offenbar liegt die Schwierigkeit der Definition am Anteil der Filmtheater an jeder die­ser betriebswirtschaftlichen Funktionen. Unabhängig von dieser Einstufung sind die Filmtheater meist dauerhaft auf Gewinnerzielung gerichtet und gelten damit als Ge­werbe.[67]

3.2.2. Die kulturelle Funktion und Bedeutung

Das Kino war schon immer mehr als nur ein reiner Wirtschaftsfaktor. Es ist ebenso ein bedeutender Kulturträger und das nicht nur, weil es kulturelle Filme in sein Programm aufnimmt. Auch für die generelle Kulturversorgung und Belebung von Städten und Kommunen spielt Kino eine traditionelle Rolle. Ein reichhaltiges Freizeitangebot ist wesentliche Voraussetzung für ein städtisches Leben und urbane Vielfalt. Daher liegt es im Interesse der gesamten Branche, so viel wie möglich von der kulturellen Funktion der Filmtheater zu erhalten.[68]

Wenngleich die Etablierung des Fernsehens seit den 50er Jahren den Städten die Kul­turversorgung mit Filmen teilweise entzog und zugunsten des „Heimkinos“ förderte, kann ein Film seinen Rang als „Kunstwerk“ besonders in „Kinoatmosphäre“ entfalten. Kinos sind „die räumlichen Voraussetzungen für eine filmästhetische Vielfalt, die Teil der Kultur des 20. Jahrhunderts geworden ist“[69]

In der Vergangenheit erlitt das kulturelle Image der Filmtheater immer wieder Verluste, denn oftmals unterschreitet das angebotene Filmprogramm einen gewissen „künstleri­schen Anspruch“. Dies resultiert nicht zuletzt aus der vormals beschriebenen wirt­schaftlichen Funktion der Kinos: Um die Produktionskosten einspielen zu können und dem Film Zugang zu einem großen Publikum zu verschaffen, muß das Filmtheater ein möglichst massenwirksames Programm anbieten. Die häufige Folge ist eine Beschnei­dung des kulturellen Niveaus zugunsten „standardisierter Massenfilme“[70] mit hohem Unterhaltungswert. Vergleicht man das Kino mit seinem Vorläufer, dem Theater, das sich sein kulturelles Niveau größtenteils bis heute bewahrt hat, so verstärkt dies den Eindruck, daß im Kino nur wenig anspruchsvolle Unterhaltung geboten wird.[71]

Der Zwiespalt zwischen wirtschaftlichen und kulturellen Anforderungen brachte ein nach beiden Seiten ausgerichtetes Filmförderungsinstrument in Deutschland hervor: Einerseits wird die kommerzielle Vermarktung der Filme subventioniert, um die Film­wirtschaft finanziell zu stärken. Andererseits wird versucht, die künstlerischen Aus­druckform im Film zu fördern und das Kino als kulturellen Treffpunkt zu erhalten. Dies ist „ein Spagat zwischen Kunst und Kommerz“[72], der nicht frei von Gegensätzen ist. Aber die nie abklingenden Diskussionen um eine Förderung der Filmkultur mögen un­terstreichen, daß dem Kino trotz seines Imageverlusts ein hoher kultureller Stellenwert zugesprochen wird. Man darf ihm daher auch heute noch die Aufgabe eines Kulturträ­gers zubilligen. Sie zu erfüllen, ist jedoch nicht für alle Filmtheaterbesitzer eine Selbst­verständlichkeit, sondern oftmals eine sekundäre Maßnahme, die im Rahmen der wirt­schaftlichen Möglichkeiten erwogen wird.

3.2.3. Die soziale Funktion und Bedeutung

Wie jedes andere Massenmedium besitzt auch das Kino eine soziale Funktion: Es parti­zipiert an der Gestaltung des gesellschaftlichen Freizeitvolumens durch Verbreitung des Films an ein breit gestreutes Publikum.[73] Um eine Anziehungskraft zu besitzen, muß der Ort, an dem man sich Filme ansieht, bestimmte Freizeiterwartungen des Publikums erfüllen. Schon Altenloh berichtete 1914 über die Notwendigkeit, daß sich das Kino nach den Bedürfnissen seines Publikums richten müsse: „[...] neben der Technik ist das Publikum letzten Endes der Hauptgründer und Former der Kinematographentheater ge­worden.“[74]

Der Gesamtkomplex „Freizeit“ unterliegt dabei einem ständigen Wandel, denn die Be­dürfnisse sowie das Freizeitverhalten der Menschen ändern sich stetig und damit auch die Anforderungen an die soziale Funktion der Filmtheater. Dies wurde schon in den Anfängen der Kinematographie untersucht, als es nur die sogenannten „Ladenkinos“ gab, „primitive“ Vorführräume in Hinterzimmern, die vorrangig die Arbeiterklasse an­sprachen.[75] Eine der Ursachen für den damals schon häufigen Kinobesuch bei Jugendli­chen ist das mit dem Kino verknüpfte „Gemeinschaftserlebnis“, so wie es beispiels­weise von Zglinicky beschreibt: „Als man zu Beginn dieses Jahrhunderts in ‚den Kin­topp‘ ging, tat man das oftmals nicht wegen des Films, sondern um mit seinen Freun­den im Dunkeln besser beieinander sitzen zu können“[76]. In den 20er Jahren kamen dann Filmpaläste mit veränderten Ansprüchen des Publikums die großen, „gesellschaftsfähi­gen“ Lichtspieltheater, das Kino diente nunmehr der „modernen Zerstreuung“.[77] Mit Beginn von Fernsehausstrahlungen in den 50er Jahren wurde es „bequemer“, „Kino“ im eigenen Heim zu erleben. Seither nahm der allgemeine Medienkonsum permanent zu, gleichzeitig wurde aber das Medium „Kino“ immer bedeutungsloser. Dies lag vor allem daran, daß dort ein für die Gesellschaft zunehmend an Bedeutung gewinnendes Bedürf­nis nicht befriedigt wurde, nämlich der „soziale Kontakt“, den man zum Beispiel in den „Kinoprunkschlösschen“ der 30er Jahre noch hinreichend gepflegt hatte.[78] Besonders in den 70er Jahren schränkte man eine kommunikative Atmosphäre mit dem Schaffen von „Kinocentern“ ein: Die „Zerstückelung“ eines einzigen Kinoraums in mehrere Säle ver­fehlte offenbar die Ansprüche der Besucher, was mithin als „Rückfall in die Frühge­schichte der Kinokultur“[79] bezeichnet wird. Auf diesem Wege verlor das Kino bis in die 80er Jahre hinein seine „Kontaktfunktion“, was die gesellschaftliche Akzeptanz des Mediums immer wieder negativ beeinflußte.[80]

Dem Kino als „Kollektivmedium“ obliegt eine wichtige soziale Funktion, denn um fi­nanziell zu bestehen, muß es unablässig versuchen, den sich wandelnden Publikumsbe­dürfnissen gerecht zu werden.[81] Jahrelang wurde diese Aufgabe innerhalb der Film­theaterbranche vernachlässigt. Die Beschreibung der Strukturveränderungen wird unter anderem aufzeigen, daß erst gegen Ende der 80er Jahre versucht wurde, diesbezüglich bestehende Defizite auszugleichen.

4 Die FilmtheaterfORMEN und ihre klassifizierung

„Kleine schmutzige Kinos an der Ecke, Kino-Paläste oder Kino-Center, jede Epoche hat die Kinos, die sie verdient und die zugleich Ausdruck ihres kulturellen Zustands sind.“ (Anne Paech)[82]

Die sich verändernden ökonomischen Bedingungen, denen sich Filmtheater immer wie­der auf das Neue anpassen mußten, bewirkten eine Zersplitterung in eine vielfältige Landschaft. Daher umschließt der Begriff „Kino“ heute zahlreiche Filmtheaterformen, die sich nicht immer leicht voneinander unterscheiden lassen. Abgesehen von der allen gemeinsamen Aufgabe, Filme für ein Publikum auf eine Leinwand zu projizieren, sind Filmtheater kulturelle Einrichtungen höchst unterschiedlicher Art, vom großen indivi­duell ausgebauten Filmpalast in der Stadt bis zu dem mit aufopferndem Engagement aufrechterhaltene Einzelkino auf dem Land.

Im folgenden wurde versucht, für die unterschiedlichen Filmtheaterformen ein Klassifi­zierungsschema zu entwickeln, das den deutschen Filmtheaterpark – so wie er sich heute darstellt – möglichst in seiner Gesamtheit erfaßt. Die Kategorien wurden dabei so gewählt, daß die Klassifizierung im Verlauf der Arbeit immer wieder Rückschlüsse auf das Wesen und die Marktposition einzelner Kinoformen zuläßt. Zudem soll es mit dem Schema erleichtert werden, eine Grenze zwischen Multiplexkinos[83] und „konven­tionellen Kinoformen“[84] ziehen zu können. Dabei wird sich denjenigen Klassifizie­rungsmerkmalen und Kinoformen ausführlicher zugewendet, die diese Absicht unter­stützen. Auch lassen sich die einzelnen Kinoformen nicht immer nur einer Kategorie zuordnen, doch werden – um die Übersichtlichkeit des Schemas zu wahren – solche Überschneidungen nicht für jeden Einzelfall erläutert. Vielmehr wird im Laufe der Ar­beit aus den Beschreibungen hervorgehen, welche Verknüpfung bestimmter Klassifi­zierungsmerkmale für einzelne Filmtheaterformen maßgebend ist.[85]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Klassifizierung der Filmtheaterformen im Überblick

Quelle: Eigene Darstellung

4.1 Gewerbliche Filmtheaterformen

Im folgenden werden ausschließlich gewerbliche Filmtheaterformen – also Kinos, die auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind – nach verschiedenen Kriterien klassifiziert.

4.1.1 Klassifizierung nach Ortszugehörigkeit und baulich-technischen Merkmalen

Eine Einordnung von Filmtheatern nach Ortszugehörigkeit gliedert sich zum einen in Wanderkinobetriebe, zum anderen in ortsfeste Filmtheater[86].

4.1.1.1 Wanderkinobetriebe

Die nicht-seßhaften Wanderkinobetriebe begründen die Anfänge der Kinematographie in Schaubuden und Varietés zu Beginn dieses Jahrhunderts. Auch im Jahr 1997 bespielten noch 32 Wanderfilmunternehmen etwa 200 Orte, davon 11 in Ostdeutschland.[87] Diese Filmtheaterform wird allerdings aufgrund ihrer geringen wirtschaftlichen Bedeutung filmstatistisch nicht mehr berücksichtigt. Eine größere Bedeutung besitzen Wanderfilmbetriebe, die eine besondere Projektionstechnik aufweisen, wie beispielsweise Imax- oder Cinerama-Theater. Letztere treten aber häufiger als seßhafte Filmtheater auf.[88]

4.1.1.2 Ortsfeste Filmtheater

Ortsfeste Filmtheater lassen sich wiederum in solche Betriebstypen untergliedern, die sich baulich-technisch unterscheiden: Open-air-Theater und 4-Wall-Theater.

1) Open-Air-Theater

Open-Air-Theater sind Freilichttheater, von denen die Autokinos („Drive Ins“) die größte Bedeutung besitzen. Als Folge der seit den 50er Jahren fortschreitenden Motori­sierung wurde diese Idee in Deutschland in den 60er Jahren aus den USA übernom­men.[89] Wie den Wanderfilmbetrieben auch, kommt diesem Kinotyp heute kaum mehr wirtschaftliche und somit auch keine filmstatistische Bedeutung mehr zu. 1997 exi­stierten noch 22 Autokinos in Deutschland.[90]

2) 4-Wall-Theater

Ortsfeste 4 Wall-Theater bezeichnen im Gegensatz zu den Open-Air-Theatern baulich geschlossene Kinos. In festen Räumlichkeiten findet mit Abstand die größte Anzahl von Filmvorführungen statt. Daher stellen 4-Wall-Theater das „Kino des allgemeinen Sprachgebrauchs“[91] dar. Sie lassen sich nach den Betriebstypen Einzeltheater, Dop­peltheater, Kinocenter, Multiplex und Spezialtheater klassifizieren.

a) Einzeltheater

Das Einzeltheater, das mit einem Saal mit einer Leinwand zu umschreiben ist, war bis in die 70er Jahre der vorherrschende Betriebstyp. Im Laufe der Jahre veränderten sich der Nutzungszweck und die Betriebsgröße des Einzeltheaters: In ihren Anfangszeiten waren die seßhaften Filmtheater vorwiegend in kleinen, anderweitig genutzten Räum­lichkeiten untergebracht (Läden, Tanzsäle, Kellerräume). In den 20er Jahren brachte der Filmpalast einen Übergang zum großräumigen Zweckbau mit sich, der heute hohe Inve­stitionen für technische Anlagen und betriebliche Ausstattung erfordert.[92]

b) Doppeltheater

In den 50er Jahren wurde ein neues Konzept verwirklicht: Zwei gänzlich voneinander unabhängige Filmtheater wurden in einem Haus untergebracht, womit das Doppelkino entstand. Infolge der Raumteilung schrumpfte auch die Saalgröße.[93]

c) Kinocenter

In Kinocentern sind mehr als zwei verschieden groß dimensionierte Vorführsäle in ei­nem Haus untergebracht, die dem Publikum unterschiedliche Filme zur Wahl anbie­ten.[94]

Die Umwandlung von Einzel- und Doppelkinos begann in den 70er Jahren und diente ursprünglich der ökonomischen Ausnutzung von Personal und Technik. Der Begriff des „Schachtel“- oder „Schuhkarton- Kinos“ steht für überzogene Maßnahmen dieses aus betriebswirtschaftlicher Sicht an und für sich vernünftigen Prinzips. Heute treffen diese abwertenden Bezeichnungen nicht mehr grundsätzlich auf Kinocenter zu. Vorführräume, Ausstattung und Komfort haben sich in vielen Kinocentern gegenüber den 70er Jahren verändert. Eine Abgrenzung zu Multiplexkinos ist mithin nicht mehr möglich, zumal Kinocenter oftmals als deren Vorläufer angesehen werden.[95]

d) Multiplexkinos

Bei Multiplexkinos handelt es sich um eine Sonderform des Kinocenters: Es ist „ein in baulich-technischer Hinsicht aufwendiges Großgebäude, das mehrere Kinos unter einem Dach zusammenfaßt und den Filmbesuch in ein viel umfassenderes Freizeitangebot ein­bindet als es die meisten konventionellen Filmtheaterformen gewährleisten.“[96] Sowohl Kinocenter als auch Multiplexkinos beschreiben in erster Linie eine Ansammlung von Kinos in einem Komplex. Wie viele dies sind, ist per Definition nicht genau festgelegt, beide Kinoformen können „Großkinos“ sein.[97]

e) Spezialtheater

Baulich-technische Spezialformen des Filmtheaters, besonders unter dem Aspekt der Projektionstechnik, sind das Imax- und das Cinerama-Theater. Beide werden auch als Wanderfilmtheater betrieben (insbesondere das Cinerama-Verfahren in England). Keine der beiden Kinoformen verwendet neue Techniken; vielmehr wurden dafür bestehende Vielprojektoren-Techniken weiterentwickelt. Charakteristisch ist für die Systeme eine übergroße, gewölbte Leinwand, auf der das Bild den gesamten Blickbereich des Besu­chers füllt.[98]

Die Imax-Häuser der kanadischen Imax-Systems Corporation sind über die ganze Welt verteilt. In Kooperation mit deutsche Kinoketten baut sie auch in Deutschland mittler­weile einen beträchtlichen Imax-Park auf: Derzeit gibt es hierzulande fünf Leinwände, drei weitere sollten 1998 noch eröffnet werden. Das Potential für Imax-Kuppelkinos in Deutschland wird auf insgesamt fünfzig Häuser geschätzt, während das Cinerama-System nicht sehr verbreitet ist.[99]

4.1.2 Klassifizierung nach betriebswirtschaftlichem Status

Das Streben nach Gewinnmaximierung gewerblicher Filmtheater setzt eine betriebs­wirtschaftliche Organisation des jeweiligen Betriebes voraus. Von zentraler Bedeutung für den Wettbewerbsvorteil von 4-Wall-Theatern sind folgende Klassifi­zierungselemente: Die Abspielfolge, der Standort und das Einzugsgebiet des Unterneh­mens, die Besitzverhältnisse sowie die Betriebsgröße.

4.1.2.1 Klassifizierung nach Abspielfolge

„Die Abspielfolge ordnet die wirtschaftliche Vergabe der Vorführlizenzen nach be­stimmten Gruppen.“[100] Das bedeutet, die Vermietung von Filmen durch den Verleih richtet sich nach derjenigen Rangfolge, in welcher die Kinos diese später aufführen. Bestimmend ist dabei der Unterschied zwischen „Vor“- und „Nachspielern“: Da der Verleih an einem möglichst schnellen Rücklauf der von ihm investierten Mittel interessiert ist, liefert er die Kopien in der Reihenfolge der von den Filmtheatern zu erwartenden Mieterträge. Die Vorspieler- beziehungsweise Nachspielereigenschaft drückt daher die Stellung eines Filmtheaters gegenüber dem Verleih und anderen Kinokonkurrenten aus.[101]

1) Vorspieler

„Vorspieler sind Uraufführungs- oder Erstaufführungstheater.[102] Mit der Uraufführung gelangt der Film erstmals an die Öffentlichkeit. Ein solcher Filmstart ist meist re­präsentativen und finanziell gutgestellten Filmtheatern vorbehalten. Dies ist deshalb von essentieller Bedeutung, weil die erste Aufnahme eines Filmes durch Publikum und Presse oftmals über Laufzeit und Auswertungsmöglichkeiten des Films entscheidet. Für besonders erfolgversprechende Filme wird in Uraufführungstheatern häufig eine festli­che Variante des Filmstarts arrangiert, die sich in diesem Fall „Premiere“ nennt. Die Erstaufführung hingegen ist der Massen- oder Bundesstarts eines Films in verschiede­nen Verleihbezirken. Erstaufführer sind diejenigen Filmtheater, die zuerst vom Verleih mit Kopien versorgt werden. In der Regel werden wie bei der Uraufführung gutgehende Kinos beziehungsweise günstige Standorte zuerst bedacht, denn der Kopienpreis[103] ist sehr hoch und die Anzahl der zu verteilenden Kopien begrenzt. Daher können die Verleihunternehmen in diesem Fall mit guten Umsätzen dieser Kinos und einem möglichst schnellen Rücklauf der von ihnen investierten Mittel rechnen.[104]

2) Nachspieler

Nachspieler sind Filmtheater, die Filme erst im zeitlichen Anschluß an die regional gebundene Erstaufführung spielen, denn sie werden erst später als die Erstaufführer vom Verleih mit Kopien bedacht. Diesen Filmtheatern – die meist kleiner, weniger re­präsentativ und ungünstiger gelegen sind als die Erstaufführungskinos – obliegt die „undankbare Aufgabe“, solche Filme im Nacheinsatz spielen zu müssen, die schon lange Laufzeiten in anderen Kinos zu verzeichnen hatten.[105]

4.1.2.2 Klassifizierung nach Standort und Einzugsgebiet

Filmtheater können zum einen an zentralen Standorten in Großstädten oder Ballungsge­bieten und zum anderen dezentral liegen. Letztere sind entweder Peripheriekinos am Stadtrand (auch Kinos auf der „grünen Wiese“ genannt) oder sie sind abgelegene „Provinzkinos“ in dünn besiedelten Gegenden. Als Einzugsgebiet gilt der geo­graphische Umkreis eines Betriebes, aus dem er Besucher erwarten kann. Eine Einord­nung der Filmtheater nach dem Kriterium „Einzugsgebiet“ erweist sich grundsätzlich als problematisch, denn die Ausdehnung dieses Bereiches schwankt sowohl räumlich als auch zeitlich und ist abhängig von der Besiedlungsdichte, den Verkehrsanbindungen und den am Ort vorhandenen Konkurrenzbetrieben. Seinen Einzugsbereich deckt ein Kino auch mit seinen Werbemaßnahmen wie Plakaten und Zeitungsanzeigen ab.[106] Die Klassifizierung nach Standort und Einzugsgebiet verdient deshalb besondere Beachtung, weil sich die einzelnen Filmtheater darin gravierend unterscheiden.[107]

4.1.2.3 Klassifizierung nach Besitzverhältnissen und Betriebsgröße

Ebenfalls entscheidend für die Konkurrenzfähigkeit von Kinobetreibern sind ihre Be­sitzverhältnisse und ihre Betriebsgröße.

1) Besitzverhältnisse

„Besitzverhältnisse“ beziehen sich auf Anzahl und Standorte der Filmtheater, die in der Hand eines Theaterbesitzers oder -unternehmens vereinigt sind. „Befinden sich mehrere Filmtheater (vier oder mehr) in einer Hand, so läßt sich von einer ‚Theaterkette‘ spre­chen. Voraussetzung hierfür ist, daß Theater auch örtlich auseinander liegen.“[108] Es tre­ten in einigen Fällen auch Kombinationen auf: Zum Beispiel können einzelne Betriebe der Kette mehreren Besitzern gemeinsam gehören (a) oder Betriebe mit verschiedenen Besitzverhältnissen werden vertraglich an eine Kette gebunden (b).[109]

Von einer Filmtheaterkette spricht man hingegen nicht, wenn „Monopoltheater“ ge­meint sind. In diesem Fall gehören einem Besitzer mehrere Kinos an einem Spielort oder in einer Stadt befindet sich überhaupt nur ein einziges Filmtheater.[110]

2) Betriebsgröße

Zur Festlegung der „Betriebsgröße“ eines Filmtheaters existieren keine eindeutigen Va­riablen. Die unterschiedlichen „4-Wall-Theater“ lassen durch ihre ungleiche Saalzahl immerhin unterschiedliche Betriebsgrößen vermuten. Ein Multiplex ist sicherlich immer „größer“ als ein Einzelkino. Schwierigkeiten entstehen bei dem Vergleich von Kinoty­pen, die in die gleiche baulich-technische Kategorie fallen: So sind sowohl ein Laden­kino als auch ein Filmpalast beide Einzelkinos, jedoch unterscheiden sie sich erheblich durch ihre Sitzplatzkapazität in ihrer Betriebsgröße.

Kutter bestimmt die Betriebsgröße eines Filmtheaters anhand der Zahl der installierten Sitzplätze wie folgt: In Kleintheater sind bis zu 300 Sitze untergebracht, in Mittelthea­tern stehen 300 bis 800 und in Großtheatern über 800 Plätze zur Verfügung.[111] Seit Ent­stehung der Kinocenter und vor allem der Multiplexe besitzt aber die Sitzplatzkapazität allein nicht mehr genug Aussagekraft für eine Unterscheidung zwischen Größenord­nungen von Kinos. Bei einer vergleichenden Betrachtung der Häuser muß dieser Faktor mit der Leinwandzahl gekoppelt werden.[112] Dabei gilt: „Je mehr Leinwände unter einem Dach vereint sind, desto größer sind die Einsparungs- und Rationalisierungsmöglich­keiten.“ Die Kombination der Kriterien „Sitzplätze“ und „Leinwandzahl“ ist besonders wichtig geworden bei der Größeneinteilung von großen Kinobetrieben. Die Sitzplatzka­pazität als alleinige Bezugsgröße für die unterschiedlichen Betriebsgrößen genügt dort nicht mehr . [113]

4.1.3 Klassifizierung nach Programmprofil

Solange man von „dem“ Publikum als einheitlicher Größe ausging, waren fast alle Filmtheater „Allesspieler“.[114] Eine rückläufige Besucherentwicklung in den 70er Jahren brachte eine Spezialisierung der Programmgestaltung mit sich. Viele Filmtheater er­kannten damals unterschiedliche Publikumspräferenzen und legten sich auf bestimmte Filmgenres oder auf ein bestimmtes Qualitätsniveau fest. Natürlich sind auch hier Mischformen möglich.[115]

4.1.3.1 Filmtheater mit gemischtem Programm

Hierunter fallen all diejenigen Filmtheater, die sich nicht auf ein spezielles Genre oder Publikum festgelegt haben und auch kein „kulturell anspruchsvolles“ Programm anbie­ten. Dazu zählen die meisten 4-Wall-Theater, unabhängig von ihrem betriebswirtschaft­lichen Status und ihren baulich-technischen Unterschieden.

4.1.3.2 Genrekinos

Als Filmtheaterformen, die sich auf ein spezielles Genre spezialisiert haben, sind in der Filmstatistik der SPIO von 1997 die Action-, Sex- und Pornokinos aufgeführt, die unter den Sammelbegriff „Spezialtheater“ fallen.[116] Das Abspiel von einschlägigen Filmrichtungen in Spezialtheatern hatte vorwiegend in den 70er Jahren großen Publi­kumserfolg.[117]. Von diesen Kinos ist heute kaum eines übriggeblieben, da das Privat­fernsehen in den 80er Jahren dazu überging, die Zuschauer mit Filmgenres jener Art zu überfluten. Lediglich „Pornokinos“ machen heute noch einen unerheblich höheren An­teil aus, da dieses Genre nicht uneingeschränkt im Fernsehen vertreten sein darf. Jedoch wird auch diese Art von Filmen aufgrund mangelnder Werbemöglichkeiten und einem Pornographieangebot in Videotheken vom Kinomarkt verdrängt.[118]

4.1.3.3 Filmtheater mit Qualitätsprogramm

Filmtheater mit „Qualitätsprogramm“ pflegen den anspruchsvollen Film stärker als an­dere gewerbliche Filmtheater. Sie sind zwar ebenfalls kommerziell orientiert, bemühen sich aber dennoch um eine erlesene Filmauswahl. Besonderes Augenmerk ist hierbei auf die Programmkinos zu richten, die als „Komplementäranbieter“ zu den Multiplexen eine wichtige Stellung einnehmen.

1) Studios und Filmkunst- und Gildetheater

Studios, Filmkunst- und Gildetheater widmen sich dem ausgesprochen künstlerischem Film und vermeiden ein ausschließlich kommerzielles Abspiel. Mit ihrem ideellen En­gagement erfüllen sie zwar in vollem Umfang die kulturelle Aufgabe der Filmtheater­branche, besitzen aber nur geringes Publikumspotential. Dies spiegelt sich im geringen Zuschauer-Fassungsvermögen ihrer Räumlichkeiten wider. Im Juni 1953 wurde die Gilde deutscher Filmkunsttheater e.V. ins Leben gerufen, um den Mitgliedern dieses Zusammenschlusses bei der Verwirklichung ihrer ideellen und künstlerischen Ziele – geprägt durch den Slogan „Kino ist mehr als Film“ – behilflich zu sein.[119]

2) Programmkinos und Arthouse-Kinos

Programmkinos sind Filmtheater, die tageweise und/oder vorstellungsweise ihr Filman­gebot wechseln. Häufig richtet sich die Laufzeit der Filme nach der bestehenden Nach­frage. In der Regel existieren sie in Form von Einzelkinos, seltener als Doppelkinos oder Kinocenter. Ihr Status wird ihnen vom Verband der Filmverleiher offiziell zuge­billigt. 1972 wurde die Arbeitsgemeinschaft Kino (AG Kino) in Hamburg gegründet, in der heute noch die meisten Programmkinos organisiert sind.

Das Filmangebot der Programmkinos ist meist qualitativ gehoben und charakterisiert sich oftmals durch Filmreihen, die jeweils einen themen-, personen- oder zeitbezogenen „Aufhänger“ haben. Häufig werden auch Filme in Originalfassung gezeigt, wobei der Bestand der europäischen und teilweise außereuropäischen Filmproduktion ausgewertet wird.[120]

Im Grunde dürften Programmkinos nicht unter dem Punkt „Qualitätsprogramm“ aufge­nommen werden, da dieser eine kulturelle, auf den Filminhalt bezogene Unterscheidung trifft. Programmkinos heben sich in erster Linie durch die Laufzeiten der Filme von anderen Kinos ab. Der Inhalt gilt erst als zweites Abgrenzungskriterium. Für ihre Filmqualität spricht aber, daß sie kurz nach einer Phase künstlerischer Aufbruchstim­mung Ende der 60er Jahre entstanden sind und daher kulturelle Dimensionen eindeuti­ger ausweisen als viele kommerzielle Kinos. Darin findet auch die Aufnahme der Pro­grammkinos in die Kategorie „Programmprofil“ ihre Berechtigung.

Progammkinos müssen häufig um Besucher kämpfen, da die meisten der dort aufge­führten Filme selten oder überhaupt nicht vermarktet werden. Dies führte im Laufe der Jahre dazu, daß viele Programmkinobetreiber sich auf Hollywood-Produktionen mit einem „gewissen Niveau“ spezialisiert haben, um sich eine Mindestzahl an regelmäßig wiederkehrenden Zuschauern zu sichern. Grundsätzlich mindern Programmkinos ihr Risiko durch zeitlich begrenzte Laufzeiten, also durch einen häufigen Filmwechsel. Bei ge­schickter Filmdisposition kann sich der Betreiber so das ganze Jahr über gut besuchte Vorstellungen sichern . [121]

Einerseits sind Programmkinobetreiber noch an Wahrung und Pflege einer kulturellen Aufgabe interessiert und lassen sich daher im Bereich „Filmkunst“ anzusiedeln. Andererseits kommt ihr cineastisches Engagement oft nicht ausreichend zur Geltung, weil die von ihnen ausgewerteten Filminhalte „kommerziell orientiert“ sind. Diese begriffliche Problematik war Auslöser für die Bezeichnung „Arthouse-Kinos“. Dieser – bisher für Ufa-Theater gesetzlich geschützte – Ausdruck kam in den letzten Jahren in der AG-Kinoszene auf und ist im Begriff, sich zu etablieren.

Arthouse-Kinos sind Programmkinos mit Schwerpunkt auf dem künstlerisch anspruchsvollen Film. Der Begriff „Arthouse“ definiert sich im Gegensatz zu „Programmkinos“ zweifach: zum einen nach dem Programmrhythmus und zum anderen inhaltlich, nach dem Programmprofil. Somit heben sie sich von denjenigen Programmkinos ab, die ein überwiegend gemischtes, kommerzielles Filmangebot abspielen. Für ein auf filmisches Niveau bedachtes Klientel stellt der Begriff „Arthouse“ oftmals einen neuen Anreiz dar, das Kino zu besuchen.[122]

4.2 Nichtgewerbliche Filmtheater

Neben den genannten gewerblichen Filmtheatern gibt es eine Vielzahl „nichtgewerbli­cher“ oder „nichtkommerzieller“ Spielstellen, die folglich nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Die Träger können Bundesländer (Landesbildstellen), Kommunen (Volkshochschulen, Kommunale Kinos), kirchliche Institutionen (Diözesan-Filmstellen), Universitäten (AstA), militärische Institutionen oder Vereine sein. Ihr Betrieb dient volkspädagogischen Zwecken und der Förderung der Filmkultur. Sie tragen unter kulturellem Gesichtspunkt beträchtlich zur Pflege einer alternativen Fil­mentwicklung und Städtebelebung bei, auch wenn sie statistisch nicht erfaßt werden.

Eine flächendeckend in Deutschland verbreitete Form ist das kommunale Kino, das schon im zweiten Jahrzehnt nach Entstehung des Films mancherorts realisiert wurde. Anfang der 70er Jahre setzten das Arsenal in Berlin und das „Kommunale Kino“ in Frankfurt das Signal für eine Reihe von Neugründungen von Stadtkinos. „Die Befür­worter der Projekte wollen den überkommerzialisierten Filmtheatern Vorführstätten an die Seite stellen, die den ‚anspruchsvollen‘ und ‚gewerblich uninteressanten‘ Film der Öffentlichkeit zugänglich machen sollen.“[123] Innerhalb einer festen Programmstruktur wird ein zusammenhängendes kulturelles Angebot für kleine cineastische Gemeinden eingesetzt. In diesem Rahmen werden auch bestimmte Zielgruppen wie Kinder, Fami­lien oder Senioren besonders berücksichtigt, für die ein regelmäßiges Filmangebot zu­sammengestellt wird.[124] In der Regel bedürfen kommunale Kinos erheblicher Zu­schüsse. Da sie aber subventioniert werden und keine Steuern zahlen, können sie sich mit niedrigen Eintrittspreisen begnügen. Sie stellen somit für Filmtheater mit Qualitäts­programm nicht selten eine fühlbare Konkurrenz dar.[125]

[...]


[1] Wortlaut eines Mitarbeiters des Hauptverbandes Deutscher Filmtheater (HDF) in München. Der HDF möchte gewisse Daten der Filmtheaterbranche nicht veröffentlichen, um die entstandene Konkurrenz-situation der Kinos nicht in eine bestimmte Richtung zu lenken. Daher entfiel im letzten Geschäfts-bericht des HDF eine der aufschlußreichsten Statistiken, nämlich der jährlich durchgeführte Betriebs-vergleich der Filmtheater.

[2] Die unveröffentlichte Bestandsliste ist im Anhang (Tabelle 20) zu finden. Sie wurde vorrangig zur Erstellung der in Kapitel 8.1 befindlichen Tabellen verwendet.

[3] Balázs, Béla: Der Film. Werden und Wesen einer neuen Kunst. Wien 1972. Erstausgabe 1949. S. 13.

[4] Vgl. Bächlin, Peter: Der Film als Ware. In: Dieter Prokop (Hrsg.): Materialien zur Theorie des Films. Ästhetik, Soziologie, Politik. München 1971. S. 146-157, hier S. 150f.

[5] Roeber, Georg; Jacoby, Gerhard: Handbuch der filmwirtschaftlichen Medienbereiche. Pullach b. München 1973. S. 63.

[6] Altenloh, Emilie: Zur Soziologie des Kino. Die Kino-Unternehmung und die sozialen Schichten ihrer Besucher. Jena 1914. S. 39.

[7] Vgl. Pätzold, Ulrich; Röper, Horst: Medienkonzentration in Deutschland. Medienverflechtungen und Branchenvernetzungen. Dortmund 1993a. S. 127.

[8] Moths, Eberhard: Film und Wirtschaft. Bonn 1978. S. 1.

[9] Vgl. Bächlin 1971: a.a.O., S. 151.

[10] Vgl. hierzu Bergner, Heinz: Versuch einer Filmwirtschaftslehre. 4 Bände. Berlin 1962-1966.; Dadek, Walter: Die Filmwirtschaft. Freiburg 1957. sowie Roeber, Jacoby 1973: a.a.O.

[11] Vgl. Kutter, Adrian: Die wirtschaftliche Entwicklung der deutschen Filmtheater nach 1945. Hausarbeit zur Erlangung des Grades eines Magister Artium. Biberach/Riß 1972. S. 123.

[12] Vgl. Bergner 1962: a.a.O., Band 1/I. S. 20.
Zu Beginn der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung des Films zwischen 1895 und 1903 lagen die drei Sparten Herstellung, Verleih und Abspiel oftmals in einer Hand. Kinematographie war damals noch eine „Schaubudenangelegenheit“: Filmvorführer zogen von Ort zu Ort und zeigten Filme, die unter einfachsten Produktionsbedingungen entstanden waren. Einen selbständigen Filmhandel gab es noch nicht. Erst mit der Entstehung ortsfester Filmtheater zwischen 1902 und 1905 gelang der deutschen Branche ein rascher Durchbruch zur kommerziellen Auswertung und die Aufteilung in die vertikalen Sparten Produktion und Abspiel wurde üblich. Mit dem Wechsel vom Wanderkino in Schaubuden zum ortsfesten Filmtheater ergab sich die Notwendigkeit eines häufigeren Filmwechsels durch einen nunmehr beschränkten Kundenstamm. Es begann daher ein reger Filmaustausch und -ver-kauf zwischen Filmtheatern. Dieser führte zu einer unübersichtlichen Marktlage und so trat – als zwischen Produktion und Filmtheater geschalteter Händler – ab 1907/1908 schließlich auch der Filmverleih als eigenes Gewerbe auf. Spätestens seit dem Zweiten Weltkrieg befindet sich die deutsche Filmwirtschaft in einem ständigen Prozeß der Umstrukturierung. Es entstanden unter anderem neue Betätigungsfelder, wie zum Beispiel die filmtechnischen Betriebe, die zuvor nur als Nebensparte der Filmproduktion galten und nun von einigen Autoren als eigene Sparte ausgegliedert werden. Vgl hierzu Dadek 1957: a.a.O., S. 1ff.; vgl. Neckermann 1991: a.a.O., S. 15.; vgl. Hartlieb, Horst von: Film: Organisation und wirtschaftliche Grundlagen. In: Dovifat, Emil (Hrsg.): Handbuch der Publizistik. Band 2: Praktische Publizistik 1.Teil. Berlin 1969. S. 172-184, hier S. 173.; vgl. Dadek 1957: a.a.O., S. 36ff. sowie vgl. Schweins, Annemarie: Die Entwicklung der deutschen Filmwirtschaft. Dissertation. Nürnberg 1958. S. 9ff.

[13] Vgl. Schweitzer, Dirk: Film als Marktleistung. Absatzpolitik filmwirtschaftlicher Produktionsunternehmen. Wiesbaden 1996. S. 9.

[14] Vgl. Zielinski, Siegfried: Audiovisionen. Kino und Fernsehen als Zwischenspiele in der Geschichte. Hamburg 1989. S. 220ff.

[15] Vgl. Neckermann, Gerhard: Filmwirtschaft und Filmförderung. Strukturveränderungen, Daten. Berlin 1991. S. 15.

[16] Vgl. Schweitzer 1996: a.a.O., S. 19.

[17] Vgl. Thiermeyer, Michael: Internationalisierung von Film und Filmwirtschaft. Dissertation. Köln, Weimar, Wien 1994. S. 31.

[18] Dadek, Walter 1957: a.a.O., S. 1.

[19] Vgl. ebd. S. 1.

[20] Vgl. Kleinegees, Udo: Film und Video. In: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Im Blickpunkt: Kultur in Deutschland. Zahlen und Fakten. Wiesbaden 1994. S. 266-308, hier S. 277.

[21] Vgl. Dadek, Walter: a.a.O., S. 9.

[22] Thiermeyer 1994: a.a.O., S. 29f.

[23] Vgl. Neckermann 1991: a.a.O., S. 17.

[24] Vgl. Kutter 1972: a.a.O., S. 129.

[25] Squire, Jason E.: Einleitung. In: Squire, Jason E. (Hrsg.): Movie Business Book. Deutsche Ausgabe. Köln 1995. S. 15-25, hier S.15.

[26] Hartlieb 1969: a.a.O., S. 172.

[27] Vgl. Prodoehl, Hans Gerd: Filmpolitik und Filmförderung in Deutschland. In:Media Perspektiven 4/1993. S. 159-167, hier S. 161.

[28] Roeber, Jacoby 1973: a.a.O. S. 304.

[29] Vgl. Kalbus, Dr. Oskar: die Situation des deutschen Films. Ein aktueller Beitrag zur Analyse der Filmkrise von heute. Wiesbaden, 1956. S. 9.

[30] Die staatliche Filmförderung findet ihre rechtliche Grundlage im „Gesetz über Maßnahmen zur Förderung des deutschen Films (FFG), das 1967 erstmals verabschiedet wurde und als dessen öffentliches Organ die Filmförderungsanstalt (FFA) fungiert. Seither wurde das FFG regelmäßig novelliert, zuletzt im Jahr 1998. Eine Einigung über Koproduktion von öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten und Filmherstellern kam 1974 mit Beschluß des ersten Film/Fernsehen-Abkommens zustande, hauptsächlich aufgrund der Tatsache, daß die Fernsehanstalten aus dem Abspiel von Kinofilmen immer mehr Nutzen zogen, ohne finanziell maßgeblich zu deren Herstellung beizutragen. Zwischen 1960 und 1992 wendeten die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten rund 17,5 Milliarden DM für die Kinofilmherstellung auf. Vgl. hierzu Wöste, Marlene: Das Fernsehen als Faktor des deutschen Filmmarktes. In Media Perspektiven 11-12/1993. S.528-536, hier S. 528.

[31] Vgl. Neckermann, Gerhard: Multiplexe verändern Kinomarktstruktur. In: Media Perspektiven 9/1994. S. 450-459, hier S. 460.

[32] Vgl. Eggers, Dirk: Filmfinanzierung. Grundlagen – Beispiele. Hamburg 1997. S. 20ff.

[33] Vgl. O.V: Was lange währt wird endlich gut. In: Blickpunkt Film 37/38/1992. S. 7.

[34] Vgl. Neckermann 1991: a.a.O., S. 35.
1997 brachte die FFA Mittel in Höhe von 50.311.000,- DM für Filmförderungsmaßnahmen auf. Vgl. hierzu Filmförderungsanstalt (Hrsg.): Geschäftsbericht 1997. Berlin 1998b. S. 11.

[35] Vgl. Findeisen, Bernd: Die Betriebswirtschaft des Filmtheaters. Hausarbeit für die Diplomprüfung. Hamburg 1963. S. 51f.

[36] Vgl. Kramm, Dietrich: Wettbewerbliche und kartellrechtliche Probleme bei Kino und Film. In: Blickpunkt Film 12/1990. S. 12-14, hier S. 12.

[37] Zwar wurde die SPIO schon 1923 unter gleichem Namen erstmalig gegründet, sie konnte aber zwischen 1933 und 1945 nicht in der Struktur eines freiwilligen Berufsverbandes existieren, denn die nationalsozialistische Herrschaft verlangte Zwangsmitgliedschaft in den staatlich kontrollierten Filmkammern. Dies machte eine Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg erforderlich.

[38] Vgl. Franz, Peter: Spitzenorganisation der Filmwirtschaft. In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hrsg.): Medienverbände in Deutschland. Geschichte, Berufsaspekte, Politik. Berlin 1991. S. 99-117, hier S. 99ff.

[39] Vgl. hierzu Roeber; Jacoby 1973: a.a.O., S. 64.

[40] Vgl. O.V.: „Die Fusion ist beschlossen“. In: Blickpunkt Film 28/1997. S. 14.

[41] Vgl. zum Thema Filmförderung auch Kapitel 5.2.6

[42] Vgl. Franz 1991: a.a.O., S. 113f.

[43] Der Sprachbrockhaus. Deutsches Bildwörterbuch von A-Z. 9. Auflage. Wiesbaden 1984. S. 229.

[44] Vgl. Altenloh 1914: a.a.O., S. 7.

[45] Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 51.

[46] Vgl. Kohnen, Hans-Joachim: Der Standort des Filmtheaters aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Freie, wissenschaftliche Arbeit, vorgelegt für die Diplomprüfung für Kaufleute. Köln 1963. S. 8.

[47] Vgl. Bächlin 1945: a.a.O., S. 147.

[48] Vgl. Bergner 1962: a.a.O., Band 1/I. S. 17f. Nach Walter Benjamin beispielsweise trägt das Wesen des Films als „Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“ maßgebend dazu bei, langfristige kulturelle Gesamtprozesse zu begreifen, weil er dominante Entwicklungstendenzen erkennbar macht. Vgl. hierzu Benjamin, Walter: Zum Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. In: Wuss, Peter (Hrsg.): Kunstwert des Films und Massencharakter des Mediums. Konspekte zur Geschichte der Theorie des Spielfilms. Berlin 1990. S. 255-265, hier S. 257.

[49] Vgl. Wilke, Jürgen: Film. In: Noelle-Neumann, Elisabeth; Schulz, Winfried u.a.: Das Fischer Lexikon. Publizistik Massenkommunikation. Frankfurt a. M. 1996. S. 15-41, hier S. 15.

[50] Vgl. Roeber, Jacoby 1973: a.a.O. S. 51.

[51] Bergner 1962: a.a.O., Band 1/I. S. 18.

[52] Vgl. Ceram, C.W.: Eine Archäologie des Kinos. Hamburg 1965. S. 23.

[53] Vgl. Bechtold, Gerhard: Kino. Schauplätze in der Stadt. Eine Kulturgeschichte des Kinos in Karlsruhe. Karlsruhe 1987. S. 7.; vgl. zur Diskussion von Filmgeschichtsschreibung versus Kinogeschichtsschreibung vor allem Hickethier, Knut: Filmgeschichte zwischen Kunst- und Mediengeschichte. In: Hickethier, Knut (Hrsg.): Filmgeschichte schreiben. Ansätze, Entwürfe und Methoden. Dokumentation der Tagung der GFF 1988. Schriften der Gesellschaft für Film- und Fernsehwissenschaft. Band 2. Berlin 1989. S. 7-21., hier S.7ff.

[54] Vgl. Kohnen 1963: a.a.O., S. 9.

[55] Vgl. Loiperdinger, Martin: Das frühe Kino der Kaiserzeit. Wilhelm II. und die Flegeljahre des Films. In: Jung, Uli (Hrsg.): Der deutsche Film. Aspekte seiner Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Trier 1993. S. 21-90, hier S. 25.
Wem der Ruhm der ersten Filmvorführung tatsächlich gebührt, ist umstritten. Ceram beispielsweise führt als eigentliche Geburtsstunde des Films die kinematographische Vorführung der Brüder Max und Emil Skladanowsky im Berliner „Wintergarten“ am 1.11.1895 an. Dort wurde erstmalig Eintrittsgeld für die Vorführung verlangt. Vgl. hierzu Ceram 1965: a.a.O:, S. 82.

[56] Vgl. ebd. S. 22ff.

[57] Baudry, Jean Louis zitiert nach Zielinski 1989: a.a.O., S. 13f.

[58] vgl. Kapitel 2.3

[59] Vgl. Bähr, Rolf: Sieben Jahre Multiplexe – Die unendliche Geschichte? Großkinosituation in Deutschland. Berlin 1997a. S. 2.

[60] Vgl. Filmstiftung Nordrhein-Westfalen GmbH, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West e.V. (Hg.): Der Filmtheaterkaufmann. 6 Bände. Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. Wuppertal 1994. S. 46.

[61] Vgl. Taubert, Werner: Entwicklung der Filmwirtschaft. Ergebnisse der Statistik der Filmwirtschaft. In: Wirtschaft und Statistik 12/1985, S. 947-951, hier S. 950.

[62] Vgl. Hauptverband Deutscher Filmtheater e.V. (Hrsg.): Geschäftsbericht 1997/1998. Wiesbaden 1998. S. 41.

[63] Vgl. etwa Bächlin 1945: a.a.O., S. 148.

[64] Vgl. etwa Kohnen 1963: a.a.O., S. 29f.

[65] Vgl. etwa Bergner 1962: a.a.O., Band 1/I. S. 209.
Bergner schreibt dem Filmtheater den Charakter eines „Produzenten mit angegliedertem Handel“ zu, was er folgendermaßen begründet: Zwar betreibe ein Kino Einzelhandel, indem es die Filmware an den Endverbraucher (den Zuschauer) einzeln abgibt. Gleichzeitig müsse dem Filmtheater der Einzelhandelsstatus aber abgesprochen werden, da es selbst konsumreife Güter, nämlich die Filmvorstellungen, produziere. Die Filmkopie würde somit (durch Projektion) in ihrer Beschaffung verändert, was den Merkmalen des Einzelhandels widerspräche. Das Kino produziere demnach mit der Filmvorstellung eine Ware, mit der es gleichzeitig handelt.

[66] Vgl. etwa Roeber, Jacoby 1972: a.a.O., S. 292.

[67] Aus betriebswirtschaftlicher Sicht läßt sich das Filmtheater unter anderem durch seine Gewerbsmäßigkeit von ähnlichen Betrieben abgrenzen. Das kommunale Kino ist beispielsweise nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet und daher auch nicht als Gewerbe einzustufen. Vgl. hierzu etwa Franken, Raimund; Riekenberg, Dagmar (Hg.): Kino zum Anfassen. Handbuch der nichtgewerblichen Filmarbeit. Frankfurt a. Main 1985. sowie Kapitel 4.

[68] Vgl. Pintzke, Thomas; Koch, Kim Ludolf: Kinostudie. Kinostandort Deutschland. Strukturwandel und Perspektiven der Filmtheaterbranche am Beispiel von Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Wuppertal 1998a. S. 12.

[69] Pätzold, Ulrich; Röper, Horst: Kinos in NRW. Zwischen Dorfkino und Multiplex. Zweite aktualisierte Auflage. Düsseldorf 1995a. S. 9.

[70] Vorrangig US-amerikanische Filme werden nach standardisierten Produktionsrichtlinien gefertigt, indem ihnen ein Charakter verliehen wird, der „den Bedürfnissen breitester Volksschichten zu entsprechen scheint“. Solche Vereinheitlichungen von Filminhalten zeigen sich zum Beispiel in der Herausbildung eines Standardtypus des Filmstars oder bei der Beschränkung auf populäre Filmgenres. Standardisierungsmaßnahmen zielen darauf ab, maximale Publikumsattraktivität zu erzielen, um das Absatzrisiko zu mindern. Der Idealfall besteht im „universal appeal“, was ein Höchstmaß an Filmwirkung durch die größtmögliche Anzahl von Konsumenten bedeutet. Vgl. hierzu Bächlin 1945: a.a.O., S. 152. sowie Thiermeyer 1994: a.a.O., S. 44.

[71] Vgl. Arnheim, Rudolf: Film als Kunst. München 1974. Erstausgabe 1932. S. 330.

[72] Vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 5: Filmwirtschaft, Heft 23: Film- und Kinoförderung. S. 10.

[73] Vgl. Kutter 1972: a.a.O., S. 129.

[74] Altenloh 1914: a.a.O., S. 8.
Emilie Altenloh fand 1914 mit ihrer demographischen Erhebung zur Schichtung des Kinopublikums heraus, daß vor allem Jugendliche der untersten sozialen Schicht Filmtheater besuchen und bei ihnen überwiegend die Motive „Wirklichkeitsflucht“ und „Erholung“ im Vordergrund stehen. Vgl. ebd.

[75] Vgl. ebd. S. 64.

[76] von Zglinicky, Friedrich: Der Weg des Films. Die Geschichte der Kinematographie und ihrer Vorläufer. Berlin 1956. Hildesheim/New York 1979. S. 311.

[77] Vgl. Baacke, Rolf-Peter: Lichtspielhausarchitektur in Deutschland. Von der Schaubude bis zum Kinopalast. Berlin 1982. S. 8.

[78] Vgl. ebd. S. 11f.

[79] Bechtold, Gerhard 1987: a.a.O., S.163. Bechtold bezieht sich hier auf die räumliche Atmosphäre der Ladenkinos, denn unterhalb bestimmter Raumgrößen tritt offenbar ein deutlicher Verlust an Atmosphäre ein und das wichtige Gefühl eines „Gemeinschaftserlebnisses“ geht verloren.

[80] Vgl. Ernest Dichter International Ltd.: Freizeitbedürfnisse und Präferenzen des Filmpublikums in der Bundesrepublik Deutschland. In: Prokop 1971: a.a.O. S. 327-369, hier S. 369.

[81] Vgl. Jarvie, Ian Charles: Film und Gesellschaft. Struktur und Funktion der Filmindustrie. Deutsche Ausgabe. Stuttgart 1974. S. 195.

[82] Paech, Anne: Von der Filmgeschichte vergessen: Die Geschichte des Kinos. In: Hickethier, Knut 1989: a.a.O., S. 41-50, hier S. 44.

[83] Eine in das Schema aufgenommene Kurzdefinition erlaubt eine anschließende Einordnung des Ausdrucks „Multiplexkino“. Ausführlich wird der Begriff in Kapitel 6.2.1. definiert.

[84] Mit „konventionellen“, „herkömmlichen“, „klassischen“ oder „traditionellen“ Filmtheatern sollen im Verlauf der Arbeit alle Filmtheaterformen neben den Multiplexen gemeint sein.

[85] Vgl. hierzu insbesondere Kapitel 5.

[86] Der Begriff „ortsfest“ wurde eigens von der SPIO-Filmstatistik geprägt, um stationäre Filmtheater von nicht-seßhaften zu unterscheiden.

[87] Vgl. Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (Hrsg.): Filmstatistisches Taschenbuch 1998. Wiesbaden 1998. S. 19.

[88] Vgl. zu Imax- und Cinerama-Kinos Kapitel 4.1.2.e)

[89] Vgl. Kutter 1972: a.a.O., S. 138.

[90] Vgl. SPIO 1998: a.a.O., S. 19.

[91] Vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. S. 34.

[92] Vgl. Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 294.

[93] Vgl. Bechtold 1987: a.a.O., S. 157.

[94] Vgl. Pätzold, Röper 1995a: a.a.O., S. 14.

[95] Vgl. Monaco, James: Film verstehen. Reinbek b. Hamburg 1995. Deutsche Erstausgabe 1980. S. 564.

[96] Pätzold, Röper 1995a: a.a.O., S. 9.

[97] Vgl. FilmFernsehFonds Bayern (Hrsg.): Kinoszene Bayern. Ein Bericht über die Entwicklung der Kinolandschaft in Bayern 1990 bis 1997. München 1998. S. 3.
Einer definitorischen Abgrenzung der Multiplexkinos von Kinocentern kommt man näher, wenn hinreichend viele Merkmale in eine Definition einbezogen werden. Auch aus diesem Grund wird versucht, die Fülle an Multiplexmerkmalen gesondert zu schematisieren. Vgl. hierzu Kapitel 7.

[98] Vgl. Frey, Martin: Mega-Kino. Eine Reise durch ultimative Superlativen. In: Filmkunst 133/1992. S. 22-26, hier S. 22f.

[99] Vgl. O.V.: Der deutsche Imax-Boom steht noch bevor. „Ein Potential von 50 Leinwänden“. In: Blickpunkt Film Nr.13/1998. S. 14.

[100] Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 298.

[101] Vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. S. 36.

[102] Vgl. Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 298.

[103] Der Kopienpreis für eine Farbkopie bei „normaler“ Filmlänge lag 1993 bei etwa 1.800,- DM. Vgl. hierzu Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. S. 36.

[104] Vgl. Dadek 1957: a.a.O., S. 15.; vgl. Kutter 1972: a.a.O., S 135.; vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. S. 36.

[105] Vgl. Kutter 1972: a.a.O., S. 136.

[106] Vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. S. 36.

[107] Die Beschreibung der Strukturveränderungen in Kapitel 8. werden die Bedeutsamkeit dieser Kriterien offenlegen.

[108] Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 294.

[109] Vgl. ebd. S. 295.
Ein Beispiel für die Kombination von Besitzverhältnissen ist die Theile-Gruppe, die 1996 und 1997 bei einzelnen Kinoprojekten verschiedene Allianzen mit lokalen Betreibern in Viernheim, Bonn und Leverkusen eingegangen ist (a). Desweiteren ging die Theile-Gruppe im April 1998 mit dem australischen Hoyts-Konzern ein Joint-Venture ein, in das Theile seine Kinopolis-Objekte und Optionen auf künftige Standorte einbringt (b). Vgl. hierzu Pintzke, Koch 1998a: a.a.O., S. 86ff.

[110] Vgl. Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 294.

Ein bekannter Monopolist ist beispielsweise Georg Reiss, der seit Beginn der 50er Jahre im Filmtheatergeschäft tätig ist. Der Firma gehörten 1994 rund 55 Leinwände in Deutschland. Monopolstellung besitzt Reiss in den Städten Mainz, Offenbach und Worms. Vgl. hierzu Neckermann 1994: a.a.O., S. 463.

[111] Vgl. hierzu Kutter 1972: a.a.O., S. 124. Dadek gibt allerdings für mittlere Kinobetriebe eine Platzzahl von 500 bis 750 an. Vgl. Dadek 1957: a.a.O., S. 17.

[112] Überzogen veranschaulicht könnte ohne Einbezug der Leinwandzahl beispielsweise nicht mehr differenziert werden zwischen einem großen Kinocenter mit 1.800 Sitzplätzen und 3 Leinwänden beziehungsweise einem Großkino mit 1.200 Sitzplätzen und 10 Leinwänden.

[113] Vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 5: Filmwirtschaft, Heft 25: Kino in der Konkurrenz. S. 17.

[114] Eine Ausnahme bildeten beispielsweise die „Aktualitätenkinos“ der 50er und 60er Jahre, die non-stop Wochenschauen, Dokumentar-, Kultur- und Kurzspielfilme zu unterdurchschnittlichen Eintrittspreisen zeigten. Das Publikumsinteresse daran versiegte jedoch mit Verbreitung der Fernsehens. Vgl. hierzu Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 300.

[115] Vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. S. 38.

[116] Vgl. Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (Hrsg.): Filmstatistisches Jahrbuch 1997. Wiesbaden 1997. S. 24. In der neuesten Ausgabe des Filmstatistischen Jahrbuches ist das Genre „Action“ nicht mehr gesondert aufgeführt. Vgl. SPIO 1998: a.a.O., S. 24.

[117] Vgl. Kutter 1972: a.a.O., S. 154.

[118] Vgl. Pätzold, Röper 1995a: a.a.O., S. 65.

[119] Vgl. Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 299. sowie Kutter 1972: a.a.O., S. 157.

[120] Vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. S. 38.

[121] Vgl. Pätzold, Röper 1995a: a.a.O., S. 55.

[122] Diese Angaben beziehen sich auf mündliche Auskünfte des HDF (Jakob, von Vorschuer). Eine weitere Abgrenzung der Arthouse-Kinos zu Programmkinos besteht in den Ausstattungsmerkmalen, die im Zusammenhang mit den Multiplexauswirkungen in Kapitel 7 erläutert werden

[123] Roeber, Jacoby 1973: a.a.O., S. 302.

[124] Vgl. Ebbinghaus, Ulrike; Franken, Raimund: Video-Boom und leere Kassen: Das Ende für den 16mm-Film? In: Franken, Raimund; Riekenberg, Dagmar 1985: a.a.O., S. 11-20, hier S. 21.

[125] Vgl. Filmstiftung NRW, Wirtschaftsverband der Filmtheater Nord-West 1994: a.a.O., Band 1: Betriebswirtschaft, Heft 1: Einführungs- und Arbeitsheft. S. 39.

Ende der Leseprobe aus 196 Seiten

Details

Titel
Strukturveränderungen in der Kinolandschaft - Multiplexe: Merkmale, Entwicklung und Auswirkungen einer neuen Kinoform
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Publizistik)
Note
1,7
Autor
Jahr
1999
Seiten
196
Katalognummer
V3394
ISBN (eBook)
9783638120807
Dateigröße
1064 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Strukturveränderungen, Kinolandschaft, Multiplexe, Merkmale, Entwicklung, Auswirkungen, Kinoform
Arbeit zitieren
Yvonne Kirchdorfer (geb. Müller) (Autor:in), 1999, Strukturveränderungen in der Kinolandschaft - Multiplexe: Merkmale, Entwicklung und Auswirkungen einer neuen Kinoform, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3394

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