Die vorliegende Arbeit folgt der Fragestellung, ob DaF-Lehrwerke die Lernenden motivieren und zu einem attraktiven und interessanten Unterricht beitragen können. Es soll untersucht werden, welche inhaltlichen, sprachlichen oder auch methodischen Aspekte eine motivierende Wirkung haben (können). Weiterhin sollen solche Elemente herausgearbeitet werden, die sich in der Unterrichtspraxis eher demotivierend auf die Lernenden auswirken.
Die Hypothese, die im Verlauf dieser Arbeit geprüft werden soll, geht dabei grundsätzlich von einer demotivierenden Wirkung jener Unterrichtspraxis aus, die nur auf Lehrwerkarbeit beruht. Es müssen zusätzliche Materialien verwendet werden, um die Interessen der Lernenden zu befriedigen und eine abwechslungsreiche Unterrichtspraxis zu gewährleisten. Darüber hinaus kommt der Lehrperson, die die unterrichtlichen Aktivitäten leitet und durch ihr Verhalten und Handeln den Lernprozess bestimmt, eine hohe Verantwortung zu. Sie ist es, die die Materialien auswählt und auch den Umgang mit dem Lehrwerk steuert.
Die Zielsetzung dieser Arbeit bezieht sich folglich auf die Optimierung des DaF-Unterrichts, indem nach einer theoretischen Herangehensweise an das Konzept der Motivation diejenigen Elemente herausgestellt werden sollen, die im Rahmen der Lehrwerkarbeit die Motivation steigern können. Diese Erkenntnisse sind ebenfalls auf den fremdsprachlichen Unterricht übertragbar und geben Lehrenden die Möglichkeit, ihren Unterricht interessant, abwechslungsreich sowie motivierend zu gestalten.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
1. Zugang zum Thema
2. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
II. Begriffsbestimmungen
1. Motivation
1.1 Intrinsische und extrinsische Motivation
1.2 Interesse
1.3 Lernmotivation und Leistungsmotivation
1.4 Motivierung
1.5 Selbstwirksamkeit, Selbstkonzept, Kausalattribution
2. Spracherwerb Deutsch als Fremdsprache
3. Lehrwerk
3.1 Was ist ein Lehrwerk?
3.2 Funktion
III. Unterricht Deutsch als Fremdsprache
1. DaF in der Sekundarstufe der Europäischen Schule Der Lehrplan
1.1 Allgemeine Lernziele
1.2 Didaktische Grundsätze
1.3 Fachspezifische Lernziele
1.4 Inhalte
2. Das Lehrwerk im DaF-Unterricht
2.1 Konzeptionelle Merkmale
2.2 Aufbau
2.3 Verschiedene Standpunkte zum Einsatz
3. Motivation im DaF-Unterricht
3.1 Aspekte der Motivationsforschung
3.1.1 Bedeutung von Motivation und Interesse im Unterricht
3.1.2 Faktoren der Motivation
3.2 Aspekte der Motivationspsychologie
3.2.1 Motivationsmodelle
3.2.2 Erweitertes kognitives Motivationsmodell nach Rheinberg
3.2.3 Implikationen für den Unterricht
4. Lehrwerke und die Frage nach der Motivation
IV. Lehrwerkanalyse
1. Theorie
1.1 Lehrwerkforschung und Lehrwerkkritik
1.2 Kriterienkataloge für die Lehrwerkanalyse
1.2.1 Mannheimer Gutachten
1.2.2 Mainzer Gutachten
1.2.3 Stockholmer Kriterienkatalog
2. Praxis
2.1 Prinzipien für Kriterienkataloge
2.2 Kriterienkatalog für die Lehrwerkanalyse im Hinblick auf die Motivierung der Lernenden
2.3 Planet Kursbuch 2 Lehrwerkanalyse
2.3.1 Zusammenfassung der Analyse
2.4 Ideen Kursbuch 2 Lehrwerkanalyse
2.4.1 Zusammenfassung der Analyse
V. Fazit und Ausblick
VI. Literaturverzeichnis
1. Analysierte Lehrwerke
2. Sekundärliteratur
3. Internetquellen ..
I. Einleitung
1. Zugang zum Thema
Es ist bekannt, dass Schulleistungen nicht nur vom Wissen und Können der Schüler[1]abhängen, sondern auch von den behandelten Themen, dem Lehrerverhalten, den Methoden aber genauso von den verwendeten Lehrwerken.
Im Rahmen meines Praktikums an der Europäischen Schule Brüssel hatte ich die Möglichkeit, die Lehrwerkarbeit in verschiedenen DaF[2]-Klassen zu verfolgen. Die meisten Schüler wirkten keinesfalls motiviert und klagten über „langweilige Themen”, „zu wenig kommunikative Praxis”, „keinen Anwendungsbezug” sowie „furchtbare” Hörtexte in den Lehrwerken. Einige Schülerkommentare bezogen sich auf die in den Lehrwerken abgebildeten Fotos, welche als „really bad” oder hinsichtlich der ab-gebildeten Personen als „entsetzlich” gewertet wurden. Auf die Frage, warum in manchen Klassen Lehrwerke genutzt werden, die zehn Jahre alt sind, konnte kein Deutschlehrer eine Antwort geben. Als ich einer Deutschlehrerin das Thema meiner Arbeit vorstellte, reagierte diese mit folgendem Satz: „Nun, da brauchen Sie gar nicht analysieren, am besten erfinden Sie gleich ein motivierendes Lehrwerk”. Und weiter hieß es: „Immer, wenn ich die Audio-CD vomPlanethervorhole, ist in der ganzen Klasse ein lautes Stöhnen zu hören. Motivation sieht anders aus”.
Die in der Schulpraxis eingeholten Meinungen stimmen tatsächlich mit in der Literatur zu findenden Aussagen überein: Oft wird schulischem Fremdsprachenunterricht nach-gesagt, er sei durch einen enormen Motivationsverlust geprägt (vgl. Reinfried 2006: 349), was auf den fehlenden Anwendungsbezug der Sprache, aber auch auf die genutzten Materialien zurückzuführen ist. Es ist offensichtlich, dass sich dies auf die unterrichtliche Atmosphäre sowie auf die Leistungen der Schüler auswirkt, denn die fehlende Motivation hat laut Hartinger et al. (2002: 97) schwerwiegende Konsequenzen, welche plausibel erscheinen: So kann ohne Motivation seitens der Schüler kein Lernprozess stattfinden.
Folglich muss in der unterrichtlichen Praxis des Fremdsprachenbzw. DaF-Unterrichts die Motivierung der Schüler im Fokus stehen, damit effektives sowie mit Freude verbundenes Lernen möglich ist.
Nun stellt sich die Frage, ob Schüler durch Lehrwerkarbeit motiviert werden können. Welche im Lehrwerk zu findenden Themen, (Hör-)Texte, Aufgabenformen und bildlichen sowie sprachlichen Gestaltungselemente tragen zur Motivierung oder gar zur Demotivierung bei? Diese Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit im Rahmen der Lehrwerkanalyse beantwortet werden.
Zunächst geht es jedoch darum, sich dem Konzept der Motivation definitorisch zu nähern, indem mit ihm in Zusammenhang stehende Begriffe erklärt werden. Darüber hinaus sollen weitere Begriffsbestimmungen zum Spracherwerb, genauer gesagt, zu Deutsch als Fremdsprache, sowie zum Lehrwerk erfolgen. Anschließend geht es speziell um den DaF-Unterricht:
Welche Lehrund Lernziele sieht der Lehrplan der Europäischen Schule vor?
Wie kann das Lehrwerk im DaF-Unterricht charakterisiert werden?
Welche Informationen finden sich zu seiner Konzeption und zu seinem Aufbau, welche Meinungsbilder sind hinsichtlich seines Einsatzes vorherrschend?
Schließlich soll die Motivation im DaF-Unterricht thematisiert werden: Zunächst werden relevante Aspekte der Motivationsforschung und -psychologie vorgestellt, um im Anschluss die Begriffe Lehrwerk und Motivation zusammenzuführen und knapp zu erläutern, inwiefern die Literatur Hinweise auf die Rolle von Lehrwerken hinsichtlich der Motivierung gibt.
Anschließend folgt eine zunächst theoretische Herangehensweise an die Lehrwerk-analyse, indem Aspekte der Lehrwerkforschung und -kritik herausgearbeitet und relevante Kriterienkataloge für die Lehrwerkanalyse vorgestellt werden. Im praktischen Teil geht es darum, einen Kriterienkatalog zu erstellen, der Lehrwerke gezielt auf ihre Funktion hinsichtlich der Motivierung von Schülern analysiert. Mit Hilfe dieses Katalogs sollen die beiden DaF-LehrwerkePlanet Kursbuch 2undIdeen Kursbuch 2, mit denen in der Sekundarstufe der Europäischen Schule gearbeitet wird, vergleichend gegenübergestellt werden.
2. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit
Die vorliegende Arbeit folgt der Fragestellung, ob DaF-Lehrwerke die Lernenden motivieren und zu einem attraktiven und interessanten Unterricht beitragen können. Es soll untersucht werden, welche inhaltlichen, sprachlichen oder auch methodischen Aspekte eine motivierende Wirkung haben (können). Weiterhin sollen solche Elemente herausgearbeitet werden, die sich in der Unterrichtspraxis eher demotivierend auf die Lernenden auswirken.
Die Hypothese, die im Verlauf dieser Arbeit geprüft werden soll, geht dabei grundsätzlich von einer demotivierenden Wirkung jener Unterrichtspraxis aus, die nur auf Lehrwerkarbeit beruht. Es müssen zusätzliche Materialien verwendet werden, um die Interessen der Lernenden zu befriedigen und eine abwechslungsreiche Unterrichts-praxis zu gewährleisten. Darüber hinaus kommt der Lehrperson, die die unterrichtlichen Aktivitäten leitet und durch ihr Verhalten und Handeln den Lernprozess bestimmt, eine hohe Verantwortung zu. Sie ist es, die die Materialien auswählt und auch den Umgang mit dem Lehrwerk steuert.
Die Zielsetzung dieser Arbeit bezieht sich folglich auf die Optimierung des DaF-Unterrichts, indem nach einer theoretischen Herangehensweise an das Konzept der Motivation diejenigen Elemente herausgestellt werden sollen, die im Rahmen der Lehrwerkarbeit die Motivation steigern können. Diese Erkenntnisse sind ebenfalls auf den fremdsprachlichen Unterricht übertragbar und geben Lehrenden die Möglichkeit, ihren Unterricht interessant, abwechslungsreich sowie motivierend zu gestalten.
II. Begriffsbestimmungen
Dieses Oberkapitel macht es sich zur Aufgabe, zentrale Begriffe zu definieren, die in der vorliegenden Arbeit verwendet werden. Dazu gehören die BegriffeMotivation,ein-schließlich verschiedener Motivationsarten, sowie die BegriffeDeutsch als Fremd-spracheundLehrwerk.
1. Motivation
Um zu verstehen, was der BegriffMotivationimpliziert und welche Aspekte er einschließt, werden zwei Definitionen aus der Literatur angeführt, die ein allgemeines Verständnis erlauben, jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Für die Verwendung des Begriffs im didaktischen Bereich und in Bezug auf die Unterrichts-praxis soll dies genügen, daMotivationein „komplexes System” (Abendroth-Timmer 2007: 28) sowie einen „Teilbereich einer komplexen Lernerpersönlichkeit” (Abendroth-Timmer 2007: 29) darstellt, welches nicht in all seinen Aspekten dargelegt werden kann.
Rheinberg (2008, zitiert nach Geyer et al. 2014: 194) definiertMotivationals „aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv be-werteten Zielzustand”, der dann gegeben ist, wenn „der Lernende durch eine von ihm geplante Handlung ein festgelegtes Ziel erreichen will” (Abendroth-Timmer 2007: 30). Solmecke (1983, zitiert nach Abendroth-Timmer 2007: 30) fasstMotivationals „Wirksamwerden eines oder mehrerer Motive als verhaltenssteuerndes Moment” auf, wobeiMotivebestimmte konstante Wertedispositionen, also Anlässe oder Gründe darstellen, die ein Individuum zu einer Handlung bewegen (vgl. ebd.). Im Folgenden sollen kurz verschiedene Arten der Motivation vorgestellt werden, die in der vorliegenden Arbeit und im schulischen Kontext ebenfalls eine Rolle spielen.
1.1 Intrinsische und extrinsische Motivation
Intrinsische Motivationveranlasst Individuen zu bestimmten Handlungen, weil diese Handlungen aus sich heraus Freude bereiten und somit einen ausreichendenTätigkeits-anreizdarbieten. Folglich liegt der „angestrebte Zielzustand innerhalb [...] einer Handlung” (Geyer et al. 2014: 194). BeiTätigkeitsanreizenwird die Handlungs-aufnahme initiiert, weil die jeweilige Tätigkeit gerne ausgeübt wird (vgl. Engeser et al. 2005: 59ff.). So kann auch eine Lernhandlung einen positivenTätigkeitsanreizbieten.
Extrinsische Motivationist dadurch gekennzeichnet, dass nicht die Handlung an sich Freude und Befriedigung bereitet, sondern dass „der primäre Anreiz im erwarteten Output bzw. bei den Ereignissen [liegt], die mithilfe einer Handlung erzielt bzw. verhindert werden” (Geyer et al. 2014: 194). So stellt die Handlung lediglich das „Mittel zum Zweck” (ebd.) dar, demzufolge liegt der erstrebte Zielzustand außerhalb der Handlung.
Mit derextrinsischen MotivationgehenFolgeanreizeeinher: So werden Tätigkeiten ausgeführt, da diese zu einem positiven Ergebnis bzw. einer attraktiven Folge führen (vgl. Mandel et al. 2006: 224).
Anzumerken ist, dass sich beide Motivationsarten nicht unbedingt ausschließen, sondern einander ergänzen und gleichzeitig Einfluss aufeinander haben können (vgl. Geyer et al. 2014: 195). So kann es vorkommen, dass während eines Lernvorgangs sowohl Freude als Tätigkeitsanreiz als auch das Streben nach einer guten Noten im Vordergrund stehen (vgl. ebd.).
1.2 Interesse
Nach Deci et al. (2000, zitiert nach Geyer et al. 2014: 204) schließtintrinsische Motivationneben Freude auch dasInteressean einer Tätigkeit ein. Dies gibt Anlass zu einer weiteren Definition: Unter dem BegriffInteresseversteht man eine durch Neugier gekennzeichnete Beziehung einer Person zu einem Gegenstand, welche durch eine individuelle Wertschätzung für diesen Gegenstand charakterisiert ist (vgl. ebd.: 205).
1.3 Lernmotivation und Leistungsmotivation
UnterLernmotivationversteht man den Antrieb eines Individuums, sich mit Eifer und über einen längeren Zeitraum mit speziellen Themenbereichen zu beschäftigen, um neue Fähigkeiten zu erwerben sowie seinen Kenntnishorizont zu erweitern (vgl. Deci et al. 2000, zitiert nach Geyer et al. 2014: 194). Im Gegensatz dazu bezeichnetLeistungsmotivationdie Tendenz, die individuelle Fähigkeit „in all jenen Tätigkeiten zu steigern oder möglichst hoch zu halten” (ebd.), welche als relevant erachtet werden. Dabei spielt das Ergebnis der Handlung eine große Rolle, da Erfolg angestrebt wird und Misserfolg vermieden werden soll (vgl. ebd.).
1.4 Motivierung
Der BegriffMotivierungbezeichnet das „intentionale Einwirken eines Lehrenden [...] oder Mediums auf den Lerner” (Reisener 1989: 13), wodurch bei diesem eine Änderung des Verhaltens erreicht und er im Ergebnis als motiviert bezeichnet werden kann (vgl. ebd.).
1.5 Selbstwirksamkeit, Selbstkonzept, Kausalattribution
Folgende Begriffe beziehen sich auf die Beurteilung eigener Fähigkeiten sowie auf die Ursachenfindung für erzielte Ergebnisse. Diese Konzepte werden als solche Deter-minanten betrachtet, welche Motivation stark beeinflussen können.
Unter derSelbstwirksamkeiteiner Person versteht man ihre Überzeugung, gewisse Ziele aufgrund eigener Fähigkeiten erreichen zu können bzw. erreicht zu haben (vgl. Zimbardo et al. 1999: 543). IhrSelbstkonzeptstellt dabei das mentale Modell von sich selbst dar und umfasst Einschätzungen über eigene Kompetenzen sowie Stärken und Schwächen.
Der BegriffKausalattributionimpliziert die Ursache für ein Verhalten oder ein Ergebnis und kann Erklärungen für Erfolge sowie Misserfolge von Lernenden geben (vgl. Geyer et al. 2014: 201f.).
2. Spracherwerb Deutsch als Fremdsprache
Im Gegensatz zu einem natürlichen Spracherwerb, bei dem in der Interaktion mit Muttersprachlern den eigenen Eltern oder Einheimischen des jeweiligen Landes gelernt wird (vgl. Rösler 2012: 18), vollzieht sich gesteuertes Lernen in Schulen oder auch Institutionen und zielt auf die Vermittlung von formalen und inhaltlichen Aspekten der Fremdsprache ab (vgl. ebd.). Fremdsprachenlernern wird also „fremdsprachlicher Input” in einem „gesteuerten, bewussten Lernprozess” vermittelt (Riemer 2013: 103f.), wobei neben den inhaltlichen auch die grammatischen Elemente eine Rolle spielen (vgl. Rösler 2012: 18). Deutsch als Fremdsprache kann sowohl innerhalb als auch außerhalb des deutschsprachigen Raums erlernt werden. Letzteres impliziert die Tatsache, dass die Sprache im Alltag der Lernenden kaum gebraucht wird (vgl. Rösler 2012: 31).
3. Lehrwerk
Der BegriffLehrwerkscheint auf den ersten Blick kein komplexer zu sein. Jedoch findet sich in der Literatur eine differenzierte Betrachtung der BegriffeLehrwerkundLehrbuch, sodass eine definitorische Abgrenzung sinnvoll ist. Zudem soll die Frage geklärt werden, welche Funktion Lehrwerke erfüllen.
3.1 Was ist ein Lehrwerk?
Im Gegensatz zu einemLehrbuch, „ein in sich abgeschlossenes Druckwerk mit fest umrissener didaktischer und methodischer Konzeption” (Neuner 2007: 399), welches sämtliche Texte, Übungsaufgaben, Vokabellisten sowie Grammatikthemen umfasst, impliziert der BegriffLehrwerkein umfangreicheres Lehrund Lernangebot. Es enthält verschiedenartige Medien[3]sowie zusätzliche Lernangebote, mit denen unterschiedliche „didaktische Funktionen” hinsichtlich der Grammatikund Wortschatzarbeit erfüllt werden können. Demzufolge enthält jedes Lehrwerk ein Arbeitsbuch, grammatisches Beiheft sowie visuelle und auditive Medien (vgl. Neuner 2007: 399). Kurz gesagt bezeichnet der Begriff Lehrwerk ein Lehrbuch mit zusätzlichen Medien (vgl. Reisener 1989: 98).
Aufgrund der Tatsache, dass der Einsatz von Arbeitsheften oder auditiven Medien Teil des Fremdsprachenunterrichts und die Arbeit mit schriftlichen Medien keinesfalls ausreichend ist, wird der BegriffLehrwerkbevorzugt.
3.2 Funktion
Das Lehrwerk ist ein Faktor, der wie kein anderer das Geschehen des (Fremdsprachen-) Unterrichts bestimmt, sodass es häufig als das „zentrale Instrument der Unterrichts-steuerung” betrachtet wird (Neuner 2007: 400) und eine Vielzahl funktionaler Aspekte einschließt (vgl. Neuner 1994: 8): Zu den fachdidaktischen Aspekten zählen sowohl die Lehrstoffund Themenauswahl als auch die Lehrstoffaufbereitung. Die Lehrziel-bestimmung und Lernzielkontrolle fallen ebenfalls in diesen Bereich. Fachmethodische Elemente schließen nicht nur die Unterrichtsgliederung und -organisation ein, sondern auch die Festlegung der Unterrichtsformen und -medien (vgl. Neuner 1994: 8). Dadurch wird das Lehrwerk zu einer „Planungsgrundlage” vieler Unterrichtsstunden (Koenig 2010: 178).
Im Rahmen der Lehrwerkarbeit ist ebenfalls ein offener sowie flexibler Umgang mit didaktischen und methodischen Konzepten möglich, sodass das Lehrwerk kein Steu-erungselement, sondern eine Planungshilfe darstellen kann (vgl. Neuner 2007: 399).
Eine andere relevante Funktion des Lehrwerks betrifft die Umsetzung curricularer Vorgaben. Dieser Aspekt impliziert eine weitere Aufgabe von Lehrwerken, die Neuner (1994, zitiert nach Neuner 2007: 399) als „Mittlerstellung zwischen dem Lehrplan und dem konkreten Unterrichtsgeschehen” charakterisiert.
Koenig (2010: 117f.) bezeichnet die Arbeit mit fremdsprachlichen Lehrwerken als ein „dynamisches Zusammenwirken” von drei verschiedenen Komponenten auf der Planungsund Unterrichtsebene. Einerseits impliziert die materielle Komponente jene Anforderungen, denen ein Lehrwerk entsprechen muss: Es muss sowohl einen kommunikativen, interkulturellen und handlungsorientierten Unterricht gewährleisten als auch lernerorientiert und autonomiefördernd sein. Andererseits muss es nach Vogel et al. (1999: Vorwort) nicht nur die Kommunikation der Lerner fördern, sondern auch die Reflexion über Sprache anregen und außerdem ein breites Angebot an methodischen und didaktischen Komponenten darbieten.
Neben der von Koenig (2010: 179) geprägten materiellen Komponente existieren zwei differenzierbare personale Komponenten hinsichtlich der Lehrwerkarbeit. Die eine der beiden, welche den Lerner einschließt, charakterisiert das Lehrwerk als „Lernhilfe”. Dabei wird die Möglichkeit betont, dass die Lehrwerkarbeit durch Rückmeldungen der Lerner verbessert werden kann (vgl. ebd.). Die zweite personale Komponente, der Lehrer, spielt insofern eine wichtige Rolle im Hinblick auf die Lehrwerkarbeit, als dass der Umfang des Einsatzes von Lehrwerken den Unterricht stark beeinflusst. Haß (2006, zitiert nach Koenig 2010: 178) differenziert drei Lehrerpersönlichkeiten, die sich in ihrer individuellen Nutzung von Lehrwerken unterscheiden: Auf der einen Seite die Lehrer, die lediglich lehrwerkgesteuerten Unterricht führen, da es ihnen sonst an Sicherheit fehlt. Auf der anderen Seite solche Lehrer, die keinerlei Lehrwerke benutzen und zusätzliche Materialien vorziehen. Dazwischen steht der Lehrertyp, der sich teilweise auf das Lehrwerk stützt, jedoch auch selbstständig nach Materialien sucht und die Lehrwerkarbeit ergänzt (vgl. Koenig 2010: 178).
III. Unterricht Deutsch als Fremdsprache
Im folgenden Oberkapitel soll der DaF-Unterricht präzisiert werden.[4] Zum einen wird kurz der Lehrplan der Europäischen Schule Brüssel für Deutsch als Fremdsprache vorgestellt, zum anderen ist das Lehrwerk im Fremdsprachenunterricht sowie speziell im DaF-Unterricht Gegenstand des Kapitels. Hier werden sowohl konzeptionelle Merkmale als auch die unterschiedlichen Positionen, die sich in der Fachliteratur gegenüber Lehrwerken finden, behandelt. Nachfolgend ist die Motivation im Fremdsprachenunterricht und besonders im DaF-Unterricht Gegenstand dieses Kapitels, welches Aufschluss über die Rolle und Bedeutung von Motivation und Interesse geben soll. Abschließend wird das Motivationsmodell von Rheinberg vorgestellt, wobei der Fokus auf dessen Implikationen für den Unterricht liegt.
1. DaF in der Sekundarstufe der Europäischen Schule Der Lehrplan
Der Lehrplan der Europäischen Schule für alle LIII-Sprachen, also für diejenigen Sprachen, welche nach der Zweitsprache als dritte Sprache (= Fremdsprache) gelehrt werden, wurde von der Arbeitsgruppe „Standards in LIII“ erstellt. Diesem Lehrplan liegt der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen für Sprachen (GER) zugrunde, der ebenfalls Zwischenstufen für die Sprachenniveaus vorgibt. Die Niveaustufe A2+ befindet sich demnach zwischen A2 und B1. Der Lehrplan gliedert sich in Lernziele, didaktische Prinzipien, fachspezifische Lernziele, Inhalte sowie die Bewertung der Lernerfolge. Der letzte Punkt wird im Folgenden nicht ausgeführt, da er für diese Arbeit nicht relevant ist.
Aufgrund der Tatsache, dass sich diese Arbeit auf eine Analyse der Lehrwerke für die Sekundarstufe I (speziell s4 und s5[5]) beschränkt, sollen folglich nur einige Lernziele und Inhalte der Sekundarstufe I genannt werden.
1.1 Allgemeine Lernziele
Zunächst lässt sich anführen, dass das Erlernen der LIII von Klasse s1 bis s5 verpflichtend ist und wöchentlich drei Stunden LIII-Unterricht erfolgen.[6]
Nach der s5 soll die LIII-Niveaustufe A2+ erreicht sein. Die Schüler mit Deutsch als Fremdsprache erreichen, gemäß GER, am Ende ihrer Schullaufbahn das Niveau B1+.
Allgemeine Lernziele sind nicht nur die Schaffung fächerbezogener Grundlagen, sondern auch die Förderung der persönlichen Entwicklung. So stehen unter anderem die Entwicklung der kommunikativen Kompetenzen im Fokus sowie die Sensibilisierung für kulturelle Unterschiede und deren Ausdrucksformen.
1.2 Didaktische Grundsätze
Laut Lehrplan erhebt die Auflistung der didaktischen Grundsätze keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dennoch wird als übergeordnetes Lernziel die Entwicklung der kommunikativen Sprachkompetenz genannt. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung der FertigkeitenHören,Lesen,Gesprächsteilnahme,SprechensowieSchreiben. In der Unterrichtspraxis soll nach Möglichkeit ausschließlich die Zielsprache verwendet werden, zusätzlich wird auch der Einsatz weiterer Sprachfertigkeiten empfohlen. Sinnvoll ist zudem, die Lernfortschritte der Schüler zu berücksichtigen und die Fehler als Basis für eine Weiterentwicklung der Sprachkompetenz zu nutzen. Der Lehrplan sieht es vor, vielfältige Methoden und binnendifferenzierte Aufgaben zum Gegenstand des Unterrichts zu machen. Des Weiteren steht die Vermittlung von Lernstrategien im Fokus. In der Unterrichtspraxis soll zudem der funktionale Aspekt der Sprache hervorgehoben werden, damit grammatische sowie morphologische Elemente als Ausdrucksmittel angesehen werden und ihr Anwendungsbezug deutlich wird. In der Unterrichtspraxis ist es die Aufgabe der Lehrkraft, sowohl die unterschiedlichen Lernstile, Lernschwierigkeiten sowie Stärken und Schwächen der Schüler zu nutzen als auch den Einsatz von Lernhilfen der „Informationsund Kommunikationstechnologie” zu ermöglichen. Schließlich ist es wichtig, sprachsoziologische Aspekte der Sprache zu vermitteln, wie beispielsweise Sprachregister und Sprachvarianten.
1.3 Fa chspezifische Lernziele
Die fachspezifischen Lernziele für die Lernstufe 2 (s4 und s5) bauen auf den erworbenen Fähigkeiten der Lernstufe 1 auf. Im Folgenden werden nur einige Aspekte angesprochen: Die Schüler sollen am Ende der s5 Alltagsgespräche, Alltagssowie literarische Texte verstehen und darüber hinaus selbstständig Gespräche über Alltagsthemen führen können. Neben der Vertiefung der Kenntnisse über kulturelle Besonderheiten des Zielsprachenlandes und über inter-kulturelle Verhaltensweisen steht auch der Umgang mit dem Internet im Fokus der Unterrichtspraxis, um das eigene Sprachlernen zu organisieren und das Sprach-vermögen weiterzuentwickeln.
1.4 Inhalte
Die Auflistung der zu erwerbenden Inhalte ist sehr oberflächlich und wird deshalb nur in aller Kürze wiedergegeben. Aufbauend auf den Inhalten der Lernstufe 1 sollen die Schüler am Ende der Lernstufe 2 folgende inhaltliche Aspekte erworben haben: Neben guten Kenntnissen in Aussprache und Rechtschreibung sollen erweiterte Kenntnisse des Wortschatzes, der Idiomatik, der morphologischen sowie grammatikalischen Strukturen erworben werden. Zudem steht die Vermittlung differenzierter Kenntnisse des Kulturraumes des Zielsprachenlandes unter Einbezug literarischer Texte im Vordergrund.
2. Das Lehrwerk im DaF-Unterricht
Dieses Kapitel thematisiert sowohl das Lehrwerk im fremdsprachlichen als auch speziell im DaF-Unterricht. Beide Perspektiven erlauben eine präzise Herausarbeitung der konzeptionellen Merkmale, des Aufbaus sowie der verschiedenen Standpunkte zum Einsatz von Lehrwerken.
2.1 Konzeptionelle Merkmale
Leupold (2006: 1) charakterisiert das Lehrwerk im Fremdsprachenunterricht als ein „viel diskutiertes Medium”, da sich immer häufiger die Frage stellt, ob es im Zuge der Entwicklung hinsichtlich didaktischer, methodischer oder auch fachwissenschaftlicher Erkenntnisse zu schnell rückständig wird und folglich nicht dem aktuellen Stand der Forschung entspricht. Neuner (1997, zitiert nach Maijala 2007: 555) wählt aufgrund dessen die Bezeichnung „Einwegbzw. Wegwerflehrwerke” und spiegelt somit die durch neue Erkenntnisse der Linguistik, Pädagogik etc. gefährdete Aktualität der Lehrwerke wider.
Berücksichtig man die letzten Jahrzehnte, die durch einen starken Wandel fach-didaktischer Methoden geprägt waren (vgl. dazu Rösler 2012), ist eine Veränderung der Lehrwerkkultur für den DaF-Unterricht beobachtbar:
In den 50er Jahren herrschten Lehrwerke vor, in denen die direkte Methode praktiziert wurde, in den 70er Jahren erschienen hingegen Lehrwerke, die sich an der audio-oralen Methode orientierten. Beide Richtungen fokussieren besonders die Sprachkompetenz in der Fremdsprache, allerdings werden andere Schwerpunkte gesetzt (vgl. dazu Borg-wardt 1993; Dobre 2006).
Als in den Folgejahren die Diskussion um die kommunikative Kompetenz aufkam, setzten die Lehrwerkautoren ihren Fokus auf die Berücksichtigung kommunikativer Kompetenzen. Neben der sich durchsetzenden „Outputorientierung” und den Vorgaben des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen waren Lehrwerke zudem auf Handlungsorientierung, Lernstrategievermittlung und Selbstevaluation ausgerichtet (vgl. Leupold 2006: 1ff.).
2.2 Aufbau
Nach Rösler (2012: 43) ist es notwendig, dass DaF-Lehrwerke einen inneren Aufbau besitzen, indem ihre inhaltlichen Elemente wie Wortschatz, Grammatik, Textsorten etc. einer sinnvollen, ansprechenden und informativen Struktur folgen. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass die Bestandteile der verschiedenen Lektionen didaktisch zweckmäßig miteinander verbunden sind sowie interessante Übungen und Aufgaben bieten.
Das Lehrund Lerntempo wird durch die jeweilige Progression des Lehrwerks bestimmt: Lehrwerke, die eine steile Progression haben, behandeln innerhalb kurzer Zeit weit mehr neue Materialien als Lehrwerke mit einer flachen Progression. Diese Lehrwerke bieten längere Zeitspannen für die Bearbeitung einzelner Inhalte und somit ausreichend Raum für vertiefende Übungen oder Exkurse. Nach Breitung et al. (2001: 1044) ist die Themenprogression vor allem für regionale DaF-Lehrwerke ein entscheidendes Element, da sie zielgruppenorientiert und für den Lerner attraktiv sein müssen. Dabei bestimmt das Thema indirekt auch die Textsorte, die zu erwerbenden Fertigkeiten, den Wortschatz sowie die grammatischen Strukturen. Zudem ist generell die Reihenfolge bedeutend, in der grammatische Phänomene eingeführt werden: Die grammatische Progression eines Lehrwerks ist oft selbsterklärend und schlüssig. Beispielsweise wird der Indikativ vor dem Konjunktiv eingeführt, allerdings erweist sich die Frage, ob zuerst das Präteritum oder das Perfekt eingeführt werden soll, als zunehmend komplexer (vgl. Rösler 2012: 44).
2.3 Verschiedene Standpunkte zum Einsatz
Wie bereits erwähnt, wird das Lehrwerk als ein zentrales Medium für den (Fremdsprachen-)Unterricht angesehen, da es zahlreiche Funktionen beinhaltet und als Orientierungshilfe für die Unterrichtsgestaltung dient. In den 70er und 80er Jahren waren die Vorstellungen von Lehrwerken ähnlich: So vertrat Reisener (1989: 98) die Meinung, dass „das Lehrwerk [...] nach wie vor ein unverzichtbares Leitmedium” ist. Auch Düwell (1979: 122) schrieb dem Lehrwerk eine „zentrale Stellung” zu, da sich der lang andauernde Lernprozess an ihm orientiert.
Ähnliche Beiträge, welche die Relevanz von Lehrwerken hervorheben, finden sich zudem in der jüngeren Literatur: Maijala (2007: 543ff.) beschäftigt sich in ihrer Arbeit speziell mit den Anforderungen an DaF-Lehrwerke und mit ihren konzeptionellen Funktionen. Sie hebt hervor, dass das Lehrwerk nicht nur im fremdsprachlichen, sondern auch im DaF-Unterricht eine entscheidende Rolle spielt, sodass ein Verzicht kaum realisierbar wäre. Gründe dafür seien, dass es für die Lehrkraft, „arbeits-ökonomisch” betrachtet, eine praktische Hilfe bei der Stundenplanung bietet und einfach in der Handhabung ist, besonders im Vergleich zu den technischen Medien (vgl. ebd.). Außerdem werden nach Maijala Erkenntnisse der Fachdidaktik für die Unter-richtspraxis sowie vollständige Informationen zu einem Themenkomplex zur Verfügung gestellt. Im Gegensatz zu elektronischen Medien ist kein Informationsüberschuss vor-handen, sodass die Lerninhalte übersichtlich, vollständig und in einer gewissen Progres-sion präsentiert werden (vgl. ebd.).
Maijala (2007: 544ff.) betont außerdem, dass das Lehrwerk für DaF-Lernende ebenfalls eine Strukturierungshilfe im Lernprozess und die Möglichkeit des selbstständigen Lernens bietet sowie Übungsaufgaben und -anweisungen enthalten, die die soziale Zusammenarbeit einer Schülergruppe organisieren und auch zu außerunterrichtlichen Aktivitäten anregen kann.
Für Rösler (2012: 47) können „gut” konzipierte Lehrwerke einen sinnvollen Beitrag zum Unterrichtsgeschehen leisten, da sie aufeinander abgestimmte Elemente, ver-schiedene Textsorten und vielfältige Übungsaufgaben enthalten sowie dem Lerner einen autonomen Lernprozess ermöglichen. Darüber hinaus gewährleistet der klassische Aufbau der Lehrwerke nach Leupold (2006: 3) eine systematische Beständigkeit sowie Transparenz, welche einen Vergleich von Inhalten oder Methoden ermöglicht. Laut Vollmer (1999, zitiert nach Leupold 2006: 6) dient das Lehrwerk als „Transportband für Inhalte, Themen, Aufgabenstellungen und sonstige Aktivitäten” und ist folglich äußerst nützlich.
Allerdings finden sich in der Diskussion um die Nutzung von Lehrwerken auch kritische Meinungen: So häufen sich die Aussagen, dass Lehrwerke die Lernenden langweilen und gar unterfordern würden, was an ihrem banalen Inhalt und der stupiden Progression liegt (vgl. Rösler 2012: 22). Der britische Sprachwissenschaftler Thornbury spricht sich gegen einen auf Lehrwerke basierten Fremdsprachenunterricht aus, da diese keinerlei Orientierung an bestimmten Lernergruppen und genauer gesagt an individuellen Lernervoraussetzungen gewährt sowie eine zu dominierende gram-matische Progression enthält. Diese Progression führe oft zu einer Überrepräsentation eintöniger und künstlich wirkender Übungen (vgl. Koenig 2010: 179).
Zudem wird des Öfteren die Authentizität von Lehrwerktexten in Frage gestellt, da diese in einer Art aufbereitet worden sind, sodass den Lernenden bestimmte grammatische Phänomene präsentiert werden und dabei ihr Niveau sowie die Progression im Lehrwerk berücksichtigt wird (vgl. Rösler 2012: 34). Dies hat zur Folge, dass die dargebotenen verschriftlichten Dialoge einen teilweise künstlichen Eindruck machen, was auf die sogenannte „Lehrbuchsprache” zurückzuführen ist (ebd.: 38). Neben den Texten leisten die Abbildungen und Grafiken in den Lehrwerken einen großen Beitrag zum Lernprozess, da sie einen Einfluss auf die Einstellungen zum Zielland haben und einen relevanten Eindruck von dem jeweiligen Land und dessen Kultur vermitteln. Folglich tragen diese Illustrationen einen großen Teil zur Motivierung, aber auch Demotivierung der Fremdsprachenlerner bei (vgl. Leupold 2006: 4). Hinsichtlich der Demotivierung merkt Leupold (2006: 5) an, dass die Illustrationen in den Lehrwerken nicht ihr Potenzial ausschöpfen und weder ein medienkritisches Bewusstsein noch ein „ästhetisches Empfinden” der Lerner fördern.
3. Motivation im DaF-Unterricht
Dieses Kapitel versucht darzulegen, inwieweit und auf welche Weise Motivation im DaFsowie Fremdsprachenunterricht initiiert werden kann, welche Erkenntnisse die Motivationsforschung hervorbringt und wie diese die Entstehung von Motivation erklären, besonders im Hinblick auf den Kontext Schule. Welche Rolle spielt dabei der Lehrer? Welche zusätzlichen Faktoren sind in diesem Kontext bedeutsam? Welche Bedeutung haben Motivation und Interesse im Unterricht, welche Faktoren beeinflussen die Motivationslage der Schüler? Neben der Beantwortung dieser Fragen soll ergänzend das Motivationsmodell von Rheinberg erläutert werden und dazu dienen, zusätzliche Implikationen für die Praxis im Hinblick auf die Motivierung von Schülern herauszuarbeiten.
3.1 Aspekte der Motivationsforschung
Seit etwas mehr als 60 Jahren wird in der Fremdsprachendidaktik vermehrt die Aufmerksamkeit auf das Thema Motivation gerichtet (vgl. Riemer 2010: 169), wobei besonders in den 70er und Anfang der 80er Jahren Literatur zur Motivationsforschung veröffentlicht wurde. In den folgenden Jahren schwächte die Aufmerksamkeit gegenüber diesem Thema allerdings ab. In den 90er Jahren, dem Jahrzehnt der „motivational renaissance” (Gardner et al. 1994, zitiert nach Kleppin 2001: 223) kam dann erneut das Forschungsinteresse auf.
Die Motivationsforschung geht speziell der Frage nach, wie der Lerner durch den unterrichtlichen Prozess zu bestimmten Handlungen veranlasst werden kann, obwohl er womöglich nur geringes Interesse gegenüber einer bestimmten Sprache oder gegenüber Fremdsprachen allgemein zeigt (vgl. Kleppin 2001: 219).
Die Modelle zur Erklärung und Entstehung von Motivation sind zahlreich, jedoch sind für die Fremdsprachendidaktik zwei Theorien von besonderer Bedeutung: Zum einen die Inhaltstheorie, zum anderen die Prozesstheorie. Erstere beschäftigt sich mit den Motiven für das Erlernen einer Fremdsprache, letztere mit der Herausbildung motivierten Handelns (vgl. Riemer 2010: 169).
Die Inhaltstheorie unterscheidet, gemäß sozialpsychologischen Ansatz, zwischen integrativer und instrumenteller Motivation. Integrativ orientiert bzw. integrativ motiviert sind Lerner, die aus eigenem Interesse für die Zielsprache und -kultur die Fremdsprache lernen möchten und es in Erwägung ziehen, Mitglied dieser Kultur zu werden. Instrumentell motivierte Lerner erachten das Erlernen der Sprache als wichtig, da externe Faktoren bedeutsam erscheinen. So kann die Aussicht auf verbesserte Berufschancen den Fremdsprachenlerner motivieren. Hervorzuheben ist, dass beide Motivationsstränge lernförderlich sind.
Auch Erfolgserlebnisse spielen eine wichtige Rolle, da diese die Motivation steigern können. Dies gilt besonders, wenn der Erfolg auf die eigene Person zurückzuführen ist (vgl. Abendroth-Timmer 2007: 37). Demnach gibt es neben internalen sowie externalen auch stabile und instabile Kausalattributionen, die der Lerner zur Erklärung von Leistungen heranziehen kann. Äußerst motivierend ist beispielsweise das Wissen, dass die eigene Fähigkeit (internal, stabil) und eigene Anstrengung (internal, variabel) für ein Erfolgserlebnis verantwortlich ist (vgl. dazu Geyer et al. 2014).
Im Rahmen der Inhaltstheorie wird außerdem zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation unterschieden (vgl. Riemer 2010: 169f.). Diese Motivationsarten werden schon in II.1.1 thematisiert und an dieser Stelle nicht mehr erläutert.
Im Gegensatz zu den Inhaltstheorien untersuchen die Prozesstheorien die Entstehung motivierten Handelns und stützen sich auf ein Modell, welches Elemente von Heckhausen (1989) sowie Dörnyei et al. (1998) aufgreift (vgl. Riemer 2010: 171). Das Modell impliziert die entscheidende Rolle, welche das soziokulturelle Milieu der Lerner, aber auch der Kontakt zur Fremdsprache, Emotionen oder Lernstile spielen. Darüber hinaus seien festgesetzte Ziele sowie positive Erfolgsaussichten für die Initiierung von motivierten Handlungen ebenso relevant.
Kleppin (2001: 220f.) stellt in ihren Ausführungen drei verschiedene Motivations-konzeptionen für den Fremdsprachenunterricht vor. Die sozial-edukative Konzeption, eine Weiterentwicklung der sozialpsychologischen, betrachtet Motivation als Verbindung von Anstrengung und dem Wunsch sowie der Einstellung, die entsprechende Sprache zu lernen, wobei folglich neben dem Verhalten auch die Kognition und Affektion eine Rolle spielen. Im Zusammenhang mit dieser Konzeption wird zwischen instrumenteller und integrativer Motivation unterschieden (s.o.) und ein interessanter Diskussionspunkt aufgeworfen. Riemer (2010: 169ff.) merkt an, dass beide Arten der Motivation lernförderlich sind, Kleppin (2001: 221) hingegen nennt mehrere Autoren, die die lernförderlichste unter den Orientierungen zu bestimmen versuchen: So gilt für bestimmte Lernkontexte die instrumentelle Orientierung als motivierender, da die Lerner mehr Anstrengungen zeigen und infolgedessen eine höhere Motivation aufweisen.
Das zweite Konzept, die Konstrukterweiterungskonzeption, berücksichtigt verschiedene Bedingungsfaktoren des fremdsprachlichen Unterrichts, da es als unerlässlich erachtet wird, die Ursache von Motivation zu kennen. Crookes und Schmidt (1991, zitiert nach Kleppin 2001: 223) benennen vier Ebenen, die neben kognitiven Prozessen, der Unterrichtssituation, dem Curriculum auch außerunterrichtliche Faktoren, wie Hintergrundwissen, einschließen. Die Selbstbestimmungskonzeption nach Deci et al. unterscheidet zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation (vgl. Kleppin 2001: 223) und wird an dieser Stelle nicht erläutert.
Anhand der verschiedenen Theorien und Konzeptionen zeigt sich, dass die Ursachen motivierten Handelns sowie die Faktoren, die sich auf die Motivation eines Lerners auswirken können, zahlreich sind.
[...]
[1]Der Einfachheit halber wird im Folgenden auf die feminine Form der Substantive verzichtet.
[2]Das AkronymDaF, welches schon im Titel der Arbeit zu finden ist, steht für ´Deutsch als Fremdsprache´ und soll weiterhin als Kurzwort verwendet werden.
[3]In dieser Arbeit wird der Begriff Medium als Hilfsmittel zur Vermittlung von Informationen verstanden (laut Duden) und schließt Bücher, CDs sowie Bilder mit ein.
[4]Einige Aussagen in Kapitel III.2 und III.3 beziehen sich nicht speziell auf den DaF-Unterricht, sondern allgemein auf den Fremdsprachenunterricht. An den betreffenden Stellen wird auf diesen Umstand hingewiesen. M.E. ist dieses Vorgehen legitim, da manche Aussagen über Lehrwerke sowie Motivation ebenfalls auf fremdsprachlichen Unterricht bezogen werden können, welcher den DaF-Unterricht einschließt.
[5]Der Klassenstufe s1 entspricht nach deutschem Klassensystem der Klasse 6, s4 der Klasse 9 usw. Der Buchstabeshat dabei keine spezifische Bedeutung.
[6]Die Aspekte zu den allgemeinen und fachspezifischen Lernzielen, den Grundsätzen sowie Inhalten sind dem „Lehrplan für alle LIII Sprachen” der europäischen Schulen (2010, 2ff.) entnommen.
- Arbeit zitieren
- Sabrina Schäl (Autor:in), 2015, Motivation im DaF-Unterricht. Eine vergleichende Lehrwerkanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339413
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