Möglichkeiten und Grenzen der Windenergie - On- und Offshore im Vergleich


Examensarbeit, 2004

88 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Grundlagen der Windenergiewandlung

3. Strom aus Wind - Die ersten Versuche
3.1 Historischer Exkurs - Bis zur Energiekrise 1973
3.2 Nach der Energiekrise ´73
3.3 Windfarmen in Amerika

4. Bauformen von Windenergieanlagen
4.1 Rotoren mit vertikaler Drehachse
4.2 Horizontalachsen-Rotoren

5. Stand der Windenergienutzung in Deutschland

6. Die Onshore-Windenergiegewinnung
6.1 Windmessungen und Auswertung
6.1.1 Windanalysen
6.1.2 Flächennutzungspläne
6.2 Belastungen und Leistungsregelung
6.2.1 Lasten auf den Rotor und die WEA
6.2.2 Leistungsregelung
6.3 Materielle Anforderungen
6.3.1 Rotorblatt
6.3.2 Nabe und Turm
6.3.3 Fundament
6.4 Transport, Betrieb und Wartung
6.4.1 Transport
6.4.2 Betrieb
6.4.3 Wartung und Instandsetzung
6.5 Netzanbindung
6.6 Kostensituation
6.6.1 Investitionskosten
6.6.2 Betriebskosten
6.6.3 Vergütung
6.7 Potentiale und Nutzung
6.7.1 Potentiale
6.7.2 Nutzung

7. Die Offshore-Windenergiegewinnung
7.1 Windmessungen und Auswertung
7.1.1 Windanalysen
7.1.2 Flächennutzungspläne
7.2 Belastungen und Leistungsregelung
7.2.1 Windlasten
7.2.2 Meereslasten
7.2.3 Leistungsregelung
7.3 Materielle Anforderungen
7.3.1 Rotorblatt
7.3.2 Nabe und Turm
7.3.3 Fundament
7.4 Transport, Betrieb und Wartung
7.4.1 Transport
7.4.2 Betrieb
7.4.3 Wartung und Instandsetzung
7.5 Netzanbindung
7.6 Kostensituation
7.6.1 Investitionskosten
7.6.2 Betriebskosten
7.6.3 Vergütung
7.7 Potentiale und Nutzung
7.7.1 Potentiale
7.7.2 Nutzung

8. Fachdidaktische Orientierung für die unterrichtliche Gestaltung zur

Thematik Möglichkeiten der Windenergie im Unterrichtsfach

Arbeit-Wirtschaft-Technik

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der Abkürzungen und Einheiten

Anhang

Eidesstattliche Erklärung

1. Einleitung

Energien und ihre Nutzung haben die Menschen schon seit frühester Geschichte interessiert und gleichermaßen fasziniert. Dabei muss festgehalten werden, dass Energie die Grundlage des Seins auf der Erde ist, denn es wird vermutet, dass die Erde vor 15 bis 20 Milliarden Jahren bei einem Urknall unvorstellbaren Energiegehalts entstanden ist /11/.

In der Geschichte der Menschheit spielt die Nutzung des Windes als Energiequelle eine lange Rolle. Die Kraft des Windes wurde schon vor Jahrhunderten auf verschiedenartige Weise genutzt, vorwiegend in der Seefahrt durch Segel-transportschiffe, in der landwirtschaftlichen Industrie[1] oder auch zum Antrieb von Wasserpumpwerken.

Im 21. Jahrhundert wird die Windenergie hingegen in großem Maße für die Stromerzeu-gung, also zur Energiebereitstellung nutzbar gemacht. Im übertragenen Sinne sind die heutigen Windenergieanlagen ebenfalls Windmühlen. Allerdings haben sich sowohl die Form und Größendimension als auch die angewandten physikalischen und techno-logischen Grundlagen im Laufe der Jahrhunderte entscheidend gewandelt.

Die Windenergie verzeichnet seit 20 Jahren die größten Zuwächse und verspricht auch die größtmöglichen Potentiale, um das gesteckte Ziel der Bundesregierung (bis 2010 soll der Anteil regenerativer Energien am Bruttostromverbrauch 12,5% betragen /8/) zu verwirklichen.

Diese Arbeit wird sich nach einem kurzen historischen Exkurs zur Energiegewinnung durch Windenergieanlagen und einem Überblick über deren gängigste Bauformen dem heutigen Stand der Technik im On- und Offshorebereich der Windenergie zuwenden. Dabei sollen die Eigenheiten der beiden Bereiche herausgearbeitet werden, um deren Möglichkeiten und Grenzen aufzudecken. In diesem Zusammenhang wird in Punkt 8 auch eine Möglichkeit der didaktischen Auseinandersetzung mit dem Themenbereich Windenergie vorgestellt.

2. Grundlagen der Windenergiewandlung

Der Energieentzug aus dem Wind erfolgt durch Verzögerung der Luftströmung mit Hilfe des Rotors einer Windenergieanlage (WEA). Die mit einer Windgeschwindigkeit υ1 ungestört anströmende Luftmasse mL hat die Bewegungsenergie WL = ½ mL * υ1². Da sich bewegende Luftmassen nicht aufgestaut oder gespeichert werden können, muss das mit größerer Windgeschwindigkeit υ1 zuströmende Luftvolumen nach Energieentzug an der WEA bei geringerer Windgeschwindigkeit υ3 durch eine entsprechend größere Fläche wieder abfließen. (Abb. 2.1) Ein Teil der Bewegungsenergie der abströmenden Luft muss dabei erhalten bleiben. Nach Betz gilt für eine maximale Energieausbeute durch eine WEA, dass die ursprüngliche Windgeschwindigkeit υ1 auf υ3 = ⅓ * υ1 weit hinter dem Windrad abgebremst wird /29/ (s. a. Punkte 3.1). Eine vollständige Abbremsung der Luftbewegung würde einen Luftstau verursachen und somit wäre kein Leistungsentzug möglich /29, 30, 31 u. a./. Die Leistung einer WEA kann dann durch den Leistungsbeiwert cP, die Luftdichte ρ, die vom Wind durchströmte Rotorfläche A und die Windgeschwindigkeit beschrieben werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

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Abb. 2.1 Strömungsverlauf am Windrad /31/

Der Leistungsbeiwert cP ist der Quotient aus der dem Wind entziehbaren mechanischen Leistung P und der im Wind enthaltenen Leistung P0. Im günstigsten Fall, einer verlustfreien Energieentnahme, beträgt dieser Wert 0,5926 /2/. (s. a. Punkt 3.1)

Eine moderne Windenergieanlage mit einer Nennleistung von 1,5 MW und einem Rotordurchmesser von 70 m beispielsweise, ermöglicht an einem durchschnittlichen Standort[2] eine Stromlieferung von etwa 3,5 Mio. kWh im Jahr. Dies ist ausreichend Energie für ca. 1000 Vier-Personen-Haushalte /47/.

Hauptkomponenten moderner WEA sind der Turm, der Rotor, die Gondel mit den mechanischen Übertragungselementen und dem Generator sowie bei Horizontalachs-rotoren ein Windrichtungsnachführungssystem. Schalt- und Schutzeinrichtungen sowie Leitungen, möglicherweise auch der Transformator und das dazugehörige Netz, sind zur Versorgung von Verbrauchern oder Speichern erforderlich. (Abb. 2.2)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.2 Schematischer Aufbau einer Horizontalachs-WEA mit Getriebe /30/

Die Umwandlung der kinetischen Primärenergie des Windes erfolgt über die WEA. Vereinfacht wandelt ein durch den Wind angetriebener Rotor die kinetische Energie in mechanische Energie und treibt direkt oder über ein Getriebe einen Generator an, der diese in elektrische Energie wandelt (Abb.2.3). Die elektrische Energie kann dann in das örtliche Stromnetz eingespeist (Punkt 6.4 und 7.4) und dem Verbraucher zur Verfügung gestellt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.3 Vereinfachte schematische Darstellung der Wandlungs- und Wirkungskette einer WEA /30/

3. Strom aus Wind - Die ersten Versuche

3.1 Historischer Exkurs - Bis zur Energiekrise 1973

Der Anlass, den Wind als Energiequelle für die Stromerzeugung zu nutzen, lag in der mangelnden Elektrizitätsversorgung der ländlichen Bereiche. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren diese vor allem in den großen Flächenstaaten nur selten an das öffentliche Stromnetz angeschlossen /30/.

Die erste systematische Entwicklung zur Nutzung der Windkraft für die Stromerzeugung fand in Dänemark statt. Poul La Cour baute im Jahre 1891 eine Experimentalwindkraftanlage in Askov für den Antrieb eines Dynamos, und verwendete den erzeugten Gleichstrom zur Elektrolyse. Das gewonnene Wasserstoffgas speicherte er und nutzte es für die Beleuchtung mit Hilfe von Gaslampen. Die Firma Lykkegard nutzte die Erkenntnisse La Cour´s und baute bis 1918 bereits 120 stromerzeugende WEA. Diese Anlagen erreichten eine Leistung zwischen 10 und 35 kW und bei einem Gesamtwirkungsgrad von ca. 22% eine Energielieferung von bis zu 50.000 kWh/a /30/.

In Deutschland waren es Major Kurt Bilau und der Physiker Albert Betz, die die Entwicklung maßgeblich beeinflussten. Betz ging das Problem der Physik und Aerodynamik des Rotors streng wissenschaftlich an. In einem 1920 erschienenen Beitrag in der Zeitschrift für das gesamte Turbinenwesen wies er theoretisch nach, dass die dem Wind maximal mit einem klassischen scheibenförmigen Windenergiewandler durch Umwandlung der kinetischen Energie zu entziehende Leistung auf 59,3% der im Windstrom enthaltenen Energie begrenzt ist /2/. In seinen Berechnungen hatte Betz allerdings weder die Form des Rotors noch Reibungs- und Drallverluste berücksichtigt, so dass dieser Wert ein theoretisches Optimum für den Leistungsbeiwert cP darstellt. Bilau erkannte, dass die amerikanischen Langsamläufer nicht die geeigneten Vorraussetzungen besaßen und entwickelte den „Ventimotor“, einen Vierblattrotor von höherer Schnelllaufzahl.[3] Aufgrund der theoretischen Erkenntnisse beider war es nun in Bezug auf die zu erwartende Leistung möglich, zuverlässigere Berechnungen für schnelllaufende Windrotoren und ihre Formeigenschaften durchzuführen. In den 40er Jahren erkannten Hermann Honnef und Franz Kleinhenz die Möglichkeit, Windenergie mit Hilfe von Großprojekten nutzbar zu machen (Abb. A1 Anhang). Die Projekte beider wurden aber nie praktisch verwirklicht.

Zukunftsweisender waren die Pilotprojekte des Amerikaners Palmer C. Putnam, dessen Pläne durch Morgan Smith in die Realität umgesetzt wurden (1250 kW Nennleistung, 53m Rotordurchmesser, 1941), sowie die dänische Gedser-Windturbine (200 kW Nennleistung, 24m Rotordurchmesser, 1957) und die deutsche Hütter-Anlage W34 (100 kW Nennleistung, 34m Rotordurchmesser, 1958), /30, 31/ (Abb. 3.1). Niedrige Energie-preise fossiler Energieträger (vor allem Öl und Kohle) ließen die Windenergietechnik um 1960 jedoch vollkommen unwirtschaftlich werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3.1 Großprojekte Smith-Putnam Anlage, Gedser-Windturbine und Hütter-Anlage /30, 31/

3.2 Nach der Energiekrise 1973

Die erschreckenden Bilder von leeren Autobahnen an den sogenannten autofreien Tagen in den Jahren 1972 und ´73 sind auch heute noch Zeugnis der Abhängigkeit der modernen Industriestaaten vom Öl. Das Wort Energiekrise war plötzlich in aller Munde, rückblickend weiß man allerdings, dass die höheren Kosten und vor allem das Bewusstsein um die Abhängigkeit von den Ölexportländern, deren politische Stabilität nicht abzuschätzen war, die Ursache bildeten /30/. Somit begab man sich erneut auf die Suche nach anderen Energiequellen, mit dem Ziel die Importabhängigkeit zu senken. Das Umweltbewusstsein bzw. der Umweltschutz spielten erst ab den 80er Jahren eine steigende Rolle.

In den USA wurde die Weltraumbehörde NASA mit der Aufgabe betraut, Lösungswege zu entwickeln, und man beschloss Mitte 1973 das U.S. Federal Wind Energy Program.

In Europa, vor allem in Dänemark, Schweden und Deutschland, setzte die Entwicklung moderner Windenergietechnologien kurze Zeit später ebenfalls ein. Dänemark erklärte sogar, dass es möglich sein müsste, 10% des Strombedarfs durch Windenergie decken zu können/38/. In Schweden wurden 1975 280 Mio. SEK (Schwedische Kronen) für die Entwicklung der Windenergie bereitgestellt /40/.

In Deutschland kam die Kernforschungsanlage Jülich GmbH in einer Studie zu dem Schluss, dass technische Anlagen mit einer Leistung von 3MW, einem Rotor-durchmesser von 72m, sowie einer Rotornabenhöhe von 113m möglich sind, es aber sinnvoller wäre, in kleinen Schritten vorzugehen und Großanlagen tiefgründiger zu erforschen /30/. Diese Anmerkung fand in der Politik jedoch keine Berücksichtigung und so scheiterte das Projekt Growian (Große Windkraft Anlage) vorerst aufgrund technischer Probleme, die den Betrieb der Anlage unterbrachen und somit unwirtschaftlich erscheinen ließen.

Die 80er Jahre waren in Europa und den USA vorwiegend dadurch gekennzeichnet, dass man versuchte, sehr große Anlagen im MW-Bereich aufzustellen und zu erforschen (Beispiele Abb. A2 bis A4 Anhang). Auch diese Projekte, z.B. Nibe A/B (Dänemark) oder WTS-75 (Schweden), erzielten unter dem Gesichtspunkt der Betriebsstundenzahl (einige hundert bis tausend Stunden) eher einen minderen Erfolg über ihre gesamte Laufzeit. Sie legten aber aus technologischer Sicht den entscheidenden Grundstein der heutigen Windenergietechnik /30/.

Der Erfolg der Windenergie ließ sich trotz der Fehlschläge der Großanlagen nicht mehr aufhalten. Die positiven Erfahrungen und Erträge mit kleineren Anlagen in Dänemark, den USA, Holland und später auch in Deutschland wurden immer zahlreicher. Sie bildeten einen fruchtbaren Boden und führten zu Windparks im MW-Bereich. Diese Entwicklung hat eine Serienfertigung von WEA ermöglicht, sowie eine erhebliche Steigerung der Leistungsfähigkeit. In Deutschland konnte der Durchbruch 1991 durch das „Einspeisegesetz für Strom aus regenerativen Energien“ erzielt werden.

3.3 Windfarmen in Amerika

Die Basis für die Windfarmen in Amerika wurde durch günstige Steuerregelungen für regenerative Energien (teilweise über 50% Steuerermäßigungen [tax credits]), sowie durch steigende Umweltauflagen in den späten 70er und 80er Jahren gelegt. Diese trieben die Investitionskosten für herkömmliche Kraftwerke in die Höhe und veranlass-ten die Energieversorgungsunternehmen dazu, Strom einzukaufen ohne Investitionen tätigen zu müssen. Ab 1981 kam es zu einer regelrechten Goldgräberstimmung in Kalifornien, dem Hauptgebiet für Windfarmen. In erster Linie waren es die Gebiete Altamont Passes, die Tehachapi Berge und das Gebiet des San Gorgonio Passes, die regen Zuspruch fanden. Geprägt ist das Gebiet Kaliforniens durch seine besonderen meteorologischen Gegebenheiten, die mittlere Jahreswindgeschwindigkeiten von bis zu 9m/s bieten. 1987 waren ca. 15.000 Anlagen mit einer kumulierten Leistung von 1400 MW installiert. Der Boom fand sein Ende mit dem Wegfall der tax credits und den sinkenden Stromerzeugungskosten. Heute hinterlassen die kalifornischen Windfarmen (Abb. A5 Anhang) einen eher deprimierenden Eindruck in Bezug auf die Windparkleistung im Verhältnis zur WEA-Anzahl, da die Entwicklung in den 90er Jahren durch eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation praktisch zum Stillstand kam. Schlussfolgernd kann festgestellt werden, dass die Erkenntnisse der Amerikaner auch heute noch die Gestaltung moderner Windparks beeinflussen. /30/

4. Bauformen von Windenergieanlagen

Bauformen, welche die kinetische Energie des Windes in mechanische Energie wandeln, sind in mehreren Varianten möglich. Jedoch liegen zwischen den theoretischen Konstruktionen und der praktischen Umsetzbarkeit erhebliche Schwierig-keiten, zumindest wenn die Aspekte der Finanzierbarkeit und Effektivität eine Rolle spielen. Wenn von unterschiedlichen Bauformen der WEA die Rede ist, sollte man sich zunächst darüber im Klaren sein, dass es in erster Linie um unterschiedliche Varianten des Windenergiewandlers, des Rotors, geht. Die weiteren Komponenten zur Umwandlung der kinetischen Windenergie in elektrische Energie, wie Getriebe, Generator, Regelungssysteme sowie Ausrüstungsgegenstände und Hilfsaggregate spielen aber eine gleichwertige Rolle, da ein reibungsloses Zusammenspiel aller Komponenten erst eine effiziente Nutzung ermöglicht.

Windenergiekonverter lassen sich nach ihrer aerodynamischen Wirkungsweise und nach ihrer konstruktiven Bauweise einordnen /30/. Unter der aerodynamischen Wirkungsweise wird das Prinzip verstanden, mit welchem der Rotor den Leistungsentzug vornimmt: Ausschließlich aus dem Luftwiderstand (Widerstandsläufer) oder unter Nutzung des aerodynamischen Auftriebs. Die Unterscheidung nach konstruktiven Gesichtspunkten ist allerdings gebräuchlicher. Man verwendet für die Unterscheidung die Lage der Drehachse des Rotors und differenziert sie nach Rotoren mit vertikaler Drehachse und horizontaler Drehachse.

4.1. Rotoren mit vertikaler Drehachse

Windenergiewandler mit vertikal gelagerten Drehachsen stellen die älteste Bauform in der Geschichte der Windenergienutzung dar. In ihrer Anfangszeit waren es reine Widerstandsläufer (Abb. 4.1 Bild 1), die nur den Widerstand Fw als Komponente in Richtung der relativen Anströmgeschwindigkeit der Luftkraft (Abb. 4.2) am Rotorflügel nutzten. Zu Beginn des 20. Jhd. gelang es, auch den Auftrieb FA als Komponente senkrecht zur relativen Anströmgeschwindigkeit an vom Wind umströmten Bauformen zu nutzen. Insbesondere der Darrieus-Rotor (einer der wenigen Schnellläufer) erwies sich 1925 als geeignet (Abb. 4.1 Bild 2) /30, 31/.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4.1 Beispiele für Vertikalachsrotoren /30/

Die Vorteile dieser Bauform liegen ganz klar in ihrer Windrichtungsunabhängigkeit, ihrer prinzipiell einfachen Bauart[4] sowie der Tatsache, dass der Generator und das Getriebe bodenseitig montiert werden können. Dem gegenüber stehen aber auch erhebliche Nachteile, die der praktischen Nutzung von Rotoren mit vertikaler Drehachse eher ein Nischendasein (Ausnahme Darrieusrotoren) bescheren. So haben sie oft eine sehr geringe Schnelllaufzahl, sind nicht in der Lage allein anzulaufen und besitzen nur selten eine Möglichkeit die Stellung der Rotorblätter zu variieren, um so die Leistungsabgabe bzw. die Drehzahl regeln zu können.

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Abb. 4.2 Strömungsverhältnisse und Luftkräfte bei einem Widerstandsläufer /30/

Außerdem haben die Mehrzahl der Rotoren mit vertikaler Drehachse nur geringe Leistungsbeiwerte (cPmax ≈ 0,2 /29, 30/) und sind daher ebenfalls nicht zur wirtschaftlichen Stromerzeugung geeignet. Alternativ wurden H-Rotoren getestet (Abb. 4.1 Bild 3). Diese hatten zwar eine variable Rotorblattstellung für die Regelung der Leistungsabgabe, waren aber mit erheblich höheren Baukosten verbunden als es für Horizontalachsen-Rotoren der Fall ist, so dass auch diese nicht in die Massenproduktion gelangten.

4.2 Horizontalachsen-Rotoren

Windenergiewandler dieses Bautyps werden heute ausschließlich in Propellerbauart gebaut (Abb.4.4). Sie stellen ein bisher unangefochtenes Konstruktionsprinzip dar. Alle modernen Formen nutzen sowohl die Widerstandskraft FW, als auch in erheblichem Maße die Auftriebskraft FA (Abb. 4.3) an den Rotorflügeln. Die Windgeschwindigkeit υW überlagert sich bei Horizontalachsrotoren senkrecht mit der Umfangsgeschwin-digkeit u des Rotorblatts. Daraus resultierend ergibt sich die Anströmgeschwindigkeit υr. Durch die Anströmgeschwindigkeit am aerodynamisch geformten Rotorflügel wird auf der Flügeloberseite ein Unterdruck (Sog) und auf der Unterseite ein Überdruck erzeugt. Beide bewirken die Auftriebskraft FA senkrecht zur Anströmgeschwindigkeit. Die Auftriebskraft FA lässt sich in die tangentiale Komponente FAT in der Drehebene des Rotors und eine zweite Komponente FAS senkrecht zur Drehebene zerlegen, die zusammen die Drehung des Rotors bewirken. Zusammen mit dem Abstand von der Drehachse bildet FAT das Antriebsmoment des Rotors und FAS den Rotorschub (Abb. 4.2b).

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Abb. 4.3 Kräfte am Rotorblatt, a) Luftkräfte an einem umströmten Tragflügelprofil, b) Anströmge-

schwindigkeit und Luftkräfte an einem propellerartigen, auftriebnutzenden Rotor /30/

Auf diese Wiese werden erheblich günstigere Leistungsbeiwerte erreicht, als es bei reinen Widerstandsläufern möglich ist. Sie erreichen in Abhängigkeit der Rotorblattzahl und der Rotorgeometrie heute Leistungsbeiwerte zwischen 0,4 und 0,5. Dabei haben Schnellläufer, die für die Stromerzeugung eingesetzt werden, größtenteils drei bzw. in seltenen Fällen auch zwei oder nur einen Rotorflügel.

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Abb. 4.4 Horizontalwindenergieanlagen mit Propellerbauart /31/

In Bezug auf das Getriebe haben sich bislang drei Varianten durchgesetzt: mehrstufige (Bsp. Nordex, Vattenfall u. a.), insbesondere für langsamdrehende Großanlagen, einstufige (Bsp. Pfleiderer/aerodyn) und als dritte Möglichkeit getriebelose Systeme (Bsp. Enercon) (Abb. A6 Anhang). Im Vergleich zu den mehrstufigen Getriebe-systemen ermöglichen einstufige Getriebe Generatoren, die auch bei großen Anlagen im MW-Bereich in kompakten und in technisch günstigen Baugrößen von ca. 2m Durchmesser herstellbar sind /31/. Jedoch sind dann spezielle Generatoren notwendig, die in der Herstellung und Installation aufwendiger sind und im Vergleich zur Standardbauweise ein wesentlich höheres Gewicht haben. Hinzu kommt, dass sich die Generatorkühlung schwierig gestaltet, vor allem im Offshore-Einsatz, wo geschlossene Kühlsysteme notwendig sind.

Durch den Anschluss des Generators direkt am Rotor bzw. bei niedrigtourigen Generatoren (z.B. Multibrid N 5000 von aerodyn/Pfleiderer) am turbinenseitig angebrachten Getriebe, kann der Verschleiß auf ein Minimum für die schnelldrehenden mechanischen Komponenten reduziert werden /30/.

5. Stand der Windenergienutzung in Deutschland

Mit dem Stromeinspeisungsgesetz[5] und dem EEG ab März 2000 hat der Bund ein Instrument geschaffen das es ermöglicht, der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gegenüber der aus fossilen Energieträgern eine Vorrangstellung einzuräumen. Es handelt sich dabei um eine Vorrangregelung mit Kaufpflicht und Fließquote. Das heißt, die Netzbetreiber müssen Strom aus erneuerbaren Energien nicht nur abnehmen, sondern auch einen Mindestpreis dafür zahlen. Für den Strom aus Windenergie wird jede kWh mit 9,1 Cent für mindestens fünf Jahre bezahlt und reduziert sich in Abhängigkeit eines Referenzertrages[6] dann auf 6,19 Cent für im Jahr 2001 aufgestellte WEA. Gleichzeitig gilt seit 2002 eine Degression für die Basisvergütung von 6,19 Cent um jährlich 1,5% /28/ für neu errichtete Anlagen, so dass für 2003 eine Durch-schnittsvergütung von max. 8,9 Cent/kWh /16/ bei einer Basisvergütung von 6,0 Cent für neu in diesem Jahr errichtete Anlagen galt. Die Vergütungssätze sind auf eine Lauf-zeit von 20 Jahren begrenzt. Der Anteil der Windenergie an den Kosten für erneuerbare Energien für eine kWh beträgt damit ca. 2,3% von durchschnittlich 18 Cent/kWh /14/, die ein Privatverbraucher an den Stromversorger zu entrichten hat. (Abb. A7 Anhang).

Der Anteil der Windenergie an der Primär- bzw. Endenergie und damit der Stromerzeugung konnte in Deutschland in den letzten 14 Jahren kontinuierlich gestei-gert werden. Waren es 1990 noch knapp 350 WEA mit einer Leistung von 42 MW, konnten im Jahr 2003 schon 15387 Anlagen mit einer kumulierten Leistung von 14609,07 MW gezählt werden. (Abb. 5.1) Für das Jahr 2003 ergibt sich ein Zubau an neu installierter Leistung von 2644,53 MW bzw. 1703 WEA /26/. Damit sind in Deutschland 39% der weltweiten Windenergieanlagenleistung installiert.

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Abb. 5.1a Entwicklung der WEA-Zahl je Jahr und kumuliert in Deutschland,

Quelle: DEWI

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5.1b Entwicklung der WEA-Leistung je Jahr und kumuliert in

Deutschland, Quelle: DEWI

Im Jahr 2003 konnte der Gesamtstromertrag aus Windenergie auf 18500 GWh /3/ in Deutschland erhöht werden, dies entspricht ca. 6% des Strombedarfs /13/. Regional gibt es jedoch enorme Unterschiede beim Ausbau der Windenergie, wobei die küstennahen Bundesländer einen größeren Anteil haben, da sie i. Allg. windbegünstigt sind. Durch den technischen Fortschritt, die steigende Zuverlässigkeit der Anlagen und steigende Turmhöhen verzeichnen aber auch die Binnenländer seit einigen Jahren verstärkt Zuwächse bei der Aufstellung von WEA. (Abb. 5.2)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5.2 Entwicklung der Windenergienut-zung in Deutschland nach Binnen- bzw.

Küstenländern; Quellen: BWE, DEWI und IWR

Strom aus Wind hat heute schon einen spürbaren Anteil an der Elektrizitätsversorgung. Vor allem in den küstennahen Bundesländern erreicht er einen Anteil am Netto-stromverbrauch zwischen 10% und 31%, aber auch Brandenburg als typisches Binnenland weist mit ca. 17% einen nennenswerten Anteil im Jahr 2003 aus (Tabelle A1 Anhang). Die durchschnittliche Anlagengröße beträgt für das Jahr 2003 etwa 1552,87 kW/Anlage und liegt damit um rund 11% höher als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Damit ist in Deutschland eine durchschnittliche Windenergieleistung von 949,44 kW je WEA installiert. Die großen Anlagen mit einem Rotordurchmesser von durchschnittlich 60 bis 90 m konnten sich auch im Jahr 2003 mit einem Marktanteil von 97% an der jährlich neu installierten Leistung durchsetzen /26/. Den größten Marktanteil bei den Herstellern verzeichnet Enercon mit etwa 33%, gefolgt von Vesats (23,5%) und GE Wind Energy (11,2%) /26/. Da es im Onshore-Bereich durch die begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen zu einer Sättigung kommt, streben die WEA-Betreiber in den Offshore-Bereich. Erste Pilotprojekte sind bereits genehmigt oder angelaufen. Das Ausbauziel der Bundesrepublik im Bereich der Offshore-Nutzung (bis 2010 3000 MW /8/) wird neben dem bisher bestehenden gesetzlichen Rahmen die Entwicklung und Installation der WEA auch weiterhin fördern.

6. Die Onshore-Windenergiegewinnung

6.1 Windmessungen und Auswertung

6.1.1 Windanalysen

Windanalysen werden sowohl für Deutschland als auch für Europa und weltweit schon seit mehreren Jahrzehnten durchgeführt (z.B. durch den Deutschen Wetterdienst) und sie liefern seit jeher Richtwerte über die an einem gewählten Standort zu erwartenden Windleistungen. Die Angaben beziehen sich i. Allg. auf die durchschnittlich pro Jahr zu erwartende Windgeschwindigkeit und bilden die Basis für jedes angestrebte WEA-Projekt. Für die von Windkraftunternehmen favorisierten Standorte werden inzwischen Analysen für Monatszeiträume vorgenommen. Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse über die Windgeschwindigkeiten lokaler Standorte werden Prognosen aufgestellt, die die durchschnittlich zu erwartenden Windgeschwindigkeiten wiedergeben und eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ermöglichen.

Aufgrund der proportionalen Abhängigkeit der Windenergieanlagenleistung und der Energieerträge von der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit spielen die lokalen Windverhältnisse eine entscheidende Rolle. Neben den windklimatologischen Einfluss-faktoren wie Geländeverlauf (Orographie), Oberflächenrauhigkeit (Topographie) und Hindernisse in der Nähe des Standortes (mechanische Turbulenzen), bestimmen die Luftdichte (abhängig von Temperatur und Luftdruck), die Temperatur sowie die Sonneneinstrahlung (thermische Turbulenzen, Luftschichtung) den Verlauf und die Stärke des Windes. /29, 30, 31/

Die Oberflächenrauhigkeit wird über einen Rauhigkeitslängenparameter z0 angeben. Dieser liegt im Onshore-Bereich etwa zwischen 1,0 m für Stadt- und Waldgebieten und 0,003 m für Wasseroberflächen. Die Rauhigkeit beeinflusst ganz entscheidend das Windprofil über der Höhe. Dieses kann vergleichsweise einfach mit dem Potenzansatz nach Hellmann beschrieben werden: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten/55/.

Dabei ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie mittlere Windgeschwindigkeit (m/s) in der Höhe H (m), Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltendie mittlere Windgeschwindigkeit (m/s) in der Referenzhöhe Href (m), und p der dimensionslose Hellmann-Exponent /29, 30, 55/. Standardmäßig werden Windge-schwindigkeiten aus einer Referenzhöhe von 10 m für die Berechnungen verwendet. Der Hellmann-Exponent ist von der Rauhigkeit z0 und dem Luftdruck abhängig, und nimmt Werte zwischen 0,11 für offene Gelände ohne Hindernisse und 0,4 für Gelände mit großen, ungleichmäßig gestreuten Hindernissen an /29, 30, 31, 55/. Er wird in Abhängigkeit vom jeweiligen Standort durch den Ingenieur festgelegt /55/.

Turbulenzen verursachen unterschiedlich starke Anströmgeschwindigkeiten sowie von der Hauptwindrichtung abweichende Windrichtungen, wodurch zeitlich wechselnde Belastungen an der WEA entstehen. Die Turbulenzintensität über Land liegt bei etwa 10% bis 20%, und damit weit über der offener Meere (ca. 8% in etwa 70m Höhe). /30/

Die besten Energieprognosen ließen sich über lokale Messungen in Nabenhöhe einer geplanten Anlage erzielen. Allerdings sind Messungen in heutigen Nabenhöhen zwischen 70 m und 120 m sehr teuer und zeitaufwendig. Aus Kostengründen finden sie kaum praktische Anwendung wenn ausreichend Messstandorte in der näheren Umgebung vorhanden sind. /31/. Stattdessen werden Messungen der Windgeschwindig-keiten und Windrichtungen in niedrigen Höhen (10, 20, 30 und 40m) durchgeführt und anschließend rechnerisch nach Hellmann auf die Nabenhöhe extrapoliert.

Für die Bestimmung der jährlichen Häufigkeitsverteilung der einzelnen Windgeschwin-digkeiten werden Messwerte einer bestimmten Höhe herangezogen. Da in der Praxis oft keine ausreichenden Daten (mehrere Jahre bis Jahrzehnte) über die Häufigkeits-verteilung vorliegen, werden mathematische Näherungsfunktionen verwendet.

Das meist verwendete Verfahren hierzu ist die Weibull-Häufigkeitsverteilung der Windgeschwindigkeiten:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten/31/.

Diese wird mit dem dimensionslosen Formparameter k (mit Werten zwischen 1 und 3) und dem Skalierungsfaktor A mit der Dimension m/s vollständig bestimmt.

Der Sonderfall k=2 wird als Rayleigh-Verteilung bezeichnet, der bei nicht genauer Kenntnis der Standortdaten zur Beschreibung der Windverhältnisse für eine Annäherung verwendet wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten/30, 31 55/.

Bei der Rayleigh-Verteilung ergibt sich der Skalierungsfaktor A direkt aus der mittleren Windgeschwindigkeit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Für die Bestimmung der Summenhäufigkeit einer bestimmten Windklasse wird die Windgeschwindigkeit der Klassenmitte eingesetzt und die errechnete Häufigkeit mit der Klassenbreite multipliziert. Die Summenhäufigkeit der Windgeschwindigkeit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wird durch die gleichen Parameter berechnet /31/.

Zur Erfassung von Windgeschwindigkeiten und Windrichtungen über große Zeiträume werden automatische Aufzeichnungsgeräte verwendet. Dafür werden hauptsächlich Schalenkreuz-Anemometer oder Ultraschallmessgeräte eingesetzt. Um jahreszeitliche Unterschiede zu berücksichtigen, ist bei Gebieten für die keinerlei Daten vorliegen, mindestens ein Jahr Messdauer nötig. Darüber hinaus sind mittels Korrelation Abweichungen vom langjährigen Mittelwert, dem sogenannten Normalwindjahr, zu berücksichtigen /29, 30, 31 u. a./. Dazu werden statistische Daten vieler Messstationen in der weiteren Umgebung herangezogen.

Die gemessenen Daten bilden die Grundlage für die Erstellung von Windkarten. (Abb. A 8 Anhang) Auf Basis der Windkarten und lokalen Messergebnisse können dann, in Abhängigkeit von den geplanten Anlagen, schon im Vorfeld Berechnungen über den zu erwartenden Ertrag durchgeführt werden (Abb. A9 Anhang). Unter anderem sind es diese Berechnungen, die über die Durchführung eines Windprojektes und dessen Förderung nach dem EEG entscheiden.

Für Standorte, an denen nicht auf Messungen zurückgegriffen werden kann, wurden Modellrechnungsverfahren entwickelt die es ermöglichen, Windpotentiale mit relativ guter Genauigkeit abzuschätzen. Die Grundlage dieser Berechnungen ist der „Europäische Windatlas“ und das „Wind Atlas Analysis Application Program“ (WASP), das sich der Windatlas-Methode bedient /29, 31/. Dazu werden langjährige Messungen herangezogen und unter Einbezug der örtlichen Topographie, Orographie und Hindernisse schrittweise auf Standardumgebungen normiert. Diese Daten stellen den europäischen Windatlas dar, der die jeweiligen regionalen Windverhältnisse ohne Umgebungseinflüsse wiederspiegelt.

Für die Berechnungen am geplanten Standort wird nun die umgekehrte Schrittfolge gewählt, d.h. regionale Statistiken werden vom WASP-Modell unter Berücksichtigung der örtlichen Beschaffenheiten eingesetzt. Dabei können nicht nur die windklimatologischen Faktoren berücksichtigt werden, sondern auch Abschattungs-verluste in Windparks. Für komplexe Gebiete im Binnenland oder Gebirge mit stark strukturiertem Gelände liefern weiterentwickelte Programme (z.B. „Mesoskala-Modelle“ /31/), die Düseneffekte u. ä. berücksichtigen, genauere Angaben, da das WASP in erster Linie für Gebiete ohne komplexe Orographie entwickelt wurde.

Die besten Standorte für WEA im Küstengebiet sind in unmittelbarer Wassernähe. Sie weisen die geringste Rauhigkeit auf. Vergleichsweise weisen schon etwa 5 km von der Küste entfernt liegende Standorte erheblich geringere Energieerträge auf. Im Binnenland sind Hochebenen bzw. Höhenzüge, die möglichst unbewaldet sind und aus der am häufigsten vorkommenden Windrichtung (in Deutschland Südwest /24/) frei angeströmt werden, von besonderem Interesse. Das gleiche gilt für das Gebirge, allerdings spielt dort die Untergrundbeschaffenheit eine zweite erhebliche Rolle, da andere Fundamentkonstruktionen erforderlich werden.

6.1.2 Flächennutzungspläne

Flächennutzungspläne werden durch die Länder, Städte und Gemeinden[7] für die Windenergienutzung erst seit ca. 10 Jahren aufgestellt und sind auch bis heute noch nicht in allen Gemeinden vorhanden (Tabelle 6.1). Zum einen gab es bis etwa 1990 nur sehr geringe Ambitionen, WEA aufzustellen (vgl. Abb. 5.1). Dieses änderte sich aber mit der Einführung des Stromeinspeisegesetztes von 1991 schlagartig. Andererseits war zu dieser Zeit wohl kaum jemandem bewusst, welche rasante Entwicklung die Windenergiebranche in den kommenden 14 Jahren nehmen würde (Abb. 5.1 und 5.2). Mit der steigenden Anzahl an WEA und ihrer stetigen Steigerung der Leistung, welche eine Zunahme der Höhe der Anlagen sowie Vergrößerung des Rotordurchmessers mit sich führte (Abb. 6.1), waren die Länder jedoch gezwungen Flächen auszuweisen, die für die Nutzung der Windenergie freigegeben sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6.1 Entwicklung der jährlich installierten Anlagengrößen in Bezug auf den Rotordurch-messer, der Anteil der großen Anlagenklassen (60 – 90m) ist auch 2003 weiter angestie-gen und beträgt derzeit rund 97%

Quelle: DEWI

Die Änderung des §35 des Baugesetzbuches 1996, durch den Städte und Gemeinden aufgefordert wurden, Vorrangflächen für die Windenergienutzung auszuweisen, hatte ebenfalls eine nachhaltige Wirkung. So haben in den Küstenländern sowie in einigen Gebieten des Binnenlandes bereits 80% bis über 95% der Gemeinden eine Ausweisung von Flächen zur Nutzung der Windenergie vorgenommen. Im restlichen Bundesgebiet ist die Anzahl beträchtlich geringer und liegt bei etwa 30% bis unter 10%, wie eine Studie unter den BWE-Regionalverbänden ergab /21/ (Tabelle 6.1). Die Ausweisung der Nutzungsflächen hatte eine zügige Antragsbearbeitung zur Folge und schuf damit eine Basis für die schnelle und positive Entwicklung der WEA-Technik in Deutschland.

a) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

b) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 6.1 a) Stand der Ausweisung von Flächen; b) Nutzung der ausgewiesenen Flächen, jeweils im Jahr 2000; Die Kategorien gliedern sich entsprechend dem Ausbauzustand, der sowohl wind-energiespezifische als auch politische Gründe beinhaltet, Ergänzung zu D: Gebiete mit geringem Ausbau der Windenergie (fehlende Windpotentiale und/oder restriktive Genehmigungspraxis) /21/

Außerdem ermöglicht es die Ausweisung von Vorrangflächen für die Windenergienut-zung den Städten und Gemeinden, einen ungeordneten Zubau von WEA zu verhindern, sowie das Landschaftsbild bewusst mitzugestalten. Die Flächennutzungspläne erlauben es demnach, die Belange aller Betroffenen einzubeziehen und so mögliche Differenzen im Vorfeld zu minimieren. Dies schafft Planungssicherheit auf Seiten der Windenergie-betreiber, die für den Bau von WEA bzw. Windparks dringend erforderlich ist.

Ohne Planungssicherheit würden die Kosten solcher Projekte zu stark negativ beeinflusst, Investoren abgeschreckt und die Zeiträume von der Idee bis zur Umsetzung zu lang werden. Ob es zukünftig auch in den Gebieten der Kategorien C und D zu einer weiteren Ausweisung von Flächen kommen wird, hängt einerseits vom Genehmi-gungsdruck für Bauanträge ab, andererseits aber auch von der Haltung der jeweiligen Länder und Behörden zur Windenergienutzung. In Mecklenburg-Vorpommern sind 105 Eignungsgebiete mit einer Gesamtfläche von ca.10459 ha ausgewiesen, die zu etwa 60% bebaut bzw. in der Planung sind /35/.

[...]


[1] als Antriebskraft für Mahlräder in Kornmühlen, erstmals nachgewiesen um 700 in Persien sowie die moderne europäische Windmühle erstmals 1143 als Prototyp in englischer Sprache erwähnt

[2] Annahmen: durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 5,5m/s und 2500 Vollaststunden

[3] Die Schnelllaufzahl (λ) ist der Quotient aus der Umlaufgeschwindigkeit der Rotorblattspitze (u) und der Windgeschwindigkeit (υW). Sie bestimmt maßgeblich den Leistungsbeiwert cp einer WEA.

[4] Abgesehen von wenigen Flügelkonstruktionen wie z.B. der Darrieus-Rotor, hier rotieren die Flügel auf der Mantellinie einer geometrischen Rotationsfigur s. a. Bild 4.3

[5] Das Stromeinspeisungsgesetz wurde 1991 eingeführt und durch das EEG im Jahr 2000 ersetzt

[6] wird auf Grund der in den ersten fünf Jahren eingespeisten Strommenge ermittelt

[7] Die Planungshoheit sowie die Aufstellung von Flächennutzungsplänen obliegen nach §1 Satz 1, 2 und 3 des Baugesetzbuches (BauGB) den örtlichen Baubehörden, i. Allgm. also den Gemeinden.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Möglichkeiten und Grenzen der Windenergie - On- und Offshore im Vergleich
Hochschule
Universität Rostock  (Maritime Systeme und Strömungstechnik)
Note
1,4
Autor
Jahr
2004
Seiten
88
Katalognummer
V33947
ISBN (eBook)
9783638342919
Dateigröße
1760 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Möglichkeiten, Grenzen, Windenergie, Offshore, Vergleich
Arbeit zitieren
Lars Bloch (Autor:in), 2004, Möglichkeiten und Grenzen der Windenergie - On- und Offshore im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33947

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