So allgegenwärtig wie der Labyrinthbegriff heute in verschiedensten Bereichen ist, so war er es auch im Schaffen und Leben von Friedrich Dürrenmatt. Das Labyrinthmotiv erstreckt sich nahezu über seine ganzen Werke und hat ihn seit frühster Kindheit fasziniert und seitdem nie losgelassen. In Interviews oder öffentlichen Reden nutzte Dürrenmatt das Labyrinth als Metapher oder auch Gleichnis, um seine Gedanken zu formulieren – somit bildet es auch die Grundlage, Dürrenmatt zu verstehen und zu deuten. Daher ist es nahezu eine Unmöglichkeit dem Labyrinthischen zu entgehen, wenn man sich mit Friedrich Dürrenmatt beschäftigt. U.a. veröffentlicht Franz Kreuzer sein Interview mit Dürrenmatt unter dem Titel „Die Welt als Labyrinth. Die Unsicherheit unserer Wirklichkeit“ und Peter Rüedi widmet in seinem biographischen Werk „Dürrenmatt oder Die Ahnung vom Ganzen“ dem Labyrinth einen ganzen Exkurs. Egal wie und auf welche Weise man sich Dürrenmatt zu nähern versucht, das Labyrinth bleibt ein konstanter Bestandteil seiner gesamten Schaffensphase und auch seines Lebens. In der Forschungsliteratur finden sich einige Untersuchungen des Labyrinthischen zu einzelnen Werken oder Werkreihen Dürrenmatts. Weiter werden andere Phänomene – wie beispielsweise das Absurde – in Kombination mit dem Labyrinth herausgearbeitet. Dürrenmatts Autobiographiewerk der Stoffe wurde in seiner Entstehung in Irr- und Umwegen behandelt. Auch in Gesprächen und Interviews mit ihm werden labyrinthische Aspekte und Vorstellungen in Dürrenmatts Leben und seinen Werken aufgegriffen. Eine Lücke besteht hier in der ganzheitlichen Untersuchung und Entwicklung des Labyrinthischen bei Dürrenmatt – unter Betrachtung von Werken, Gesprächen, Gedanken, Leben und seinen Schreibprozessen –, welche diese Arbeit nun füllen soll.
Wo liegt der Ursprung von Dürrenmatts Faszination für das Labyrinth? Auf welche Art und Weise lässt er das Labyrinthische in seinen Werken zur Geltung kommen? Welches Verständnis und welche tiefere Bedeutung verbindet Dürrenmatt mit dem Labyrinth? Kann das Labyrinth sogar als Leitmotiv Dürrenmatts schriftstellerischen Schaffens bezeichnet werden?
Diese Arbeit soll zeigen, wie Dürrenmatt das Labyrinth in seine Werke integriert hat, welche Funktionen es für ihn hat, welches Verständnis seinen Labyrinthbegriff prägt und wie sich sein eigenes erschriebenes Labyrinth immer weiterentwickelt hat, um so letztendlich zu einer neu orientierten, ganzheitlichen Lesart Dürrenmatts zu gelangen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1. Das Labyrinth
- 1.1 Der Mythos und die Geschichte
- 1.2 Perspektiven
- 1.3 Visuelle Strukturtypen
- 1.4 Deutungsmöglichkeiten des Labyrinths
- 2. Die Inszenierung des Labyrinths bei Dürrenmatt
- 2.1 Die Stadt
- 2.2 Die Physiker
- 2.3 Minotaurus
- 2.4 Labyrinth. Stoffe I-III
- 2.4.1 Der Winterkrieg in Tibet
- 2.4.2 Mondfinsternis
- 3. Das Labyrinthische bei Dürrenmatt
- 3.1 Gefangener oder Wärter?
- 3.2 Erkenntnis beim Wandern durch das Labyrinth
- 3.3 Labyrinthische Textgenese der Stoffe
- 4. Erschriebene Labyrinthe Dürrenmatts
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Rolle des Labyrinths im Werk von Friedrich Dürrenmatt. Sie untersucht, wie Dürrenmatt das Labyrinth in seinen Werken integriert, welche Funktionen es für ihn hat und welches Verständnis seinen Labyrinthbegriff prägt.
- Die historische und theoretische Entwicklung des Labyrinthmotivs
- Die Inszenierung des Labyrinths in ausgewählten Werken Dürrenmatts
- Die Bedeutung des Labyrinths als Metapher für Desorientierung, Gefangenschaft und Erkenntnis
- Die Entwicklung des Labyrinthischen in Dürrenmatts Werk und Leben
- Die Rolle des Labyrinths in der Textgenese von Dürrenmatts autobiographischem Werk „Die Stoffe“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des Labyrinths ein und beleuchtet seine vielfältigen Bedeutungen und Erscheinungsformen. Kapitel 1 befasst sich mit der Geschichte des Labyrinthmythos und seinen verschiedenen Deutungsmöglichkeiten. Kapitel 2 analysiert die Inszenierung des Labyrinths in fünf ausgewählten Werken Dürrenmatts, darunter „Die Stadt“, „Die Physiker“ und „Minotaurus“. Kapitel 3 untersucht das Labyrinthische in Dürrenmatts Werken und Leben und beleuchtet die Beziehung zwischen dem Labyrinth und den Themen Gefangenschaft, Erkenntnis und Textgenese. Kapitel 4 beschäftigt sich mit den „erschriebenen Labyrinthen“ Dürrenmatts und zeigt, wie sich sein Verständnis des Labyrinths im Laufe seines Lebens und Werkes entwickelt hat.
Schlüsselwörter
Labyrinth, Friedrich Dürrenmatt, Mythos, Desorientierung, Gefangenschaft, Erkenntnis, Textgenese, „Die Stoffe“, „Die Stadt“, „Die Physiker“, „Minotaurus“
- Arbeit zitieren
- BA Sandra K. (Autor:in), 2016, Erschriebene Labyrinthe bei Friedrich Dürrenmatt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339714