Was macht den Märchenwald aus? Betrachtung des Grimmschen Märchens "Jorinde und Joringel"


Trabajo Escrito, 2014

23 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Märchen
2.1 Märchentypen

3. Der Wald im Märchen
3.1 Menschliche Wesen im Märchenwald
3.2 Tiere und Tiergestalten im Märchenwald

4. Jorinde und Joringel
4.1 Quelle der Brüder Grimm
4.2 Wesen und Dinge in dem Märchen Jorinde und Joringel
4.2.1 Die Erzzauberin
4.2.2 Das Liebespaar
4.2.3 Die Zauberblume
4.3 Waldthematik in Jorinde und Joringel

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis:

1. Einleitung

Ein jeder Mensch kennt sie schon seit Kindertagen, sei es als Gute-Nacht-Geschichten oder aus der Schmöker-Stunde im Kindergarten, von der Oma im Lehnstuhl vorgelesen oder spätestens aus der Grundschule – die guten alten Märchen.

„Es war einmal...“ so lautet der Beginn der meisten Märchen und entführt den Leser und Zuhörer so für eine gewisse Zeit in eine andere Welt, ins Jenseits. Doch ist es das, was den Menschen an Märchen so fasziniert? Was macht das Märchen interessant? Sind es die unterschiedlichen menschlichen und tierischen Gestalten, die darin vorkommen? Oder der Wald in seinen verschiedenen Funktionen als Rückzugsort, Raum der Wandlung, Projektionsfläche für Wünsche oder Ängste, als Arbeitsplatz oder weil er aus der Hungersnot helfen kann? Genau diese Aspekte sollen in der Hausarbeit thematisiert werden, speziell am Beispiel des Märchens von „Jorinde und Joringel“.

Doch zu Beginn wird zunächst erläutert, was ein Märchen überhaupt ist und anhand welcher Merkmale man eines erkennt.

2. Märchen

Der uns heute bekannte und geläufige Begriff 'Märchen' ist ein Diminutiv des Wortes 'Mär', welches vom Mittelhochdeutschen 'maere' abgeleitet worden ist und ursprünglich einen Bericht, eine Nachricht oder eine kurze Erzählung definierte. Damals verwendete man diese Verkleinerungs- beziehungsweise Verniedlichungsformen um die Bedeutung eines Begriffes zu verschlechtern und so verstand man Märchen als unwahre und erfundene Geschichten, die man im Mittelhochdeutschen auch als 'lügemaere' oder 'tandmaere' bezeichnete. Erst im 18. und vor allem im 19. Jahrhundert bildete sich durch die Einwirkung von französischen Feenmärchen, den Geschichten aus 'Tausendundeiner Nacht', sowie aus Sammlungen der Grimm Brüder und Bechsteins und aus Kunstmärchen der deutschen Romantiker der gegenwärtige Wortgedanke (Mann, H. (1971). Deutsch: Lehrplan – Vorbereitung – Unterricht. Einführung in Drama, Epik, Lyrik, Anekdote, Fabel, Kalendergeschichte, Schwank, Märchen, Sage, Legende. (Band 7: Deutsch 1. Teilband). Weinheim: Julius Beltz, S.185).

„Unter einem Märchen verstehen wir seit Herder und den Brüdern Grimm eine mit dichterischer Phantasie entworfene Erzählung besonders aus der Zauberwelt, eine nicht an die Bedingungen des wirklichen Lebens geknüpfte wunderbare Geschichte, die hoch und niedrig mit Vergnügen anhören, auch wenn sie diese unglaublich finden.“ (Lüthi, M. (2004). Märchen (10., aktualisierte Aufl.). Stuttgart: J.B. Metzler, S.3)

Dabei unterscheidet man zwischen den sogenannten Volks- und Kunstmärchen, die als „wertungsfrei bestimmte Erzählgattungen“ (Lüthi, 2004, S.1) beschrieben werden. Volksmärchen sind mündlich überlieferte Geschichten, die somit nicht auf einen bestimmten Autor zurückzuführen sind und durch Märchensammler, wie die Brüder Grimm, aufgeschrieben wurden. Durch die Überlieferung sind sie immer wieder umgewandelt und modernisiert worden und dadurch nicht mehr der Urform entsprechend. Bei den Kunstmärchen ist hingegen der Autor bekannt, denn sie haben ihre Erzählungen direkt zu Papier gebracht. Dabei können sich die Verfasser sowohl an den typischen Merkmalen eines Volksmärchens orientieren oder einfach ihrer Phantasie freien Lauf lassen (vgl. Lüthi, 2004, S.5).

Die typischen Merkmale eines Märchens sollen im Folgenden kurz aufgelistet werden: dazu zählen Wiederholungen, das Umgehen von figurativer Monotonie, die Vorliebe für starke Kontraste hinsichtlich der Figuren und ihren Eigenschaften, das Stellen und Bewältigen einer Aufgabe und bestimmte Requisiten. Darüber hinaus „liebt [ein Märchen, R.F.] das Metallische und Mineralische“, sowie „alles Linienhafte: Ringe, Stäbe, Haare, Federn [und, R.F.] es liebt den Rahmen [wie, R.F.], Körbe, Zinnen, Türme, Schlösser, Städte (vgl. Mann, 1971, S.185f.). Des Weiteren „kommt [es, R.F.] dem Märchen nicht aufs Schildern und Ausmalen an; statt tastend zu beschreiben, begnügt es sich der bloßen Benennung...und führt die Personen entschlossen von Punkt zu Punkt“, wodurch „alles Innere nach außen projiziert [wird, R.F.], die Eigenschaften als Handlungen und die Beziehungen als Gabe“ (Mann, 1971, S.186). Dabei erhält man als Leser eine Sicht in die, den Figuren unbewussten, inneren Konfrontationen und Entwicklungen (vgl. Müller, R. (1987). Jorinde und Joringel: wenn durch Trennung die Liebe erwacht. (1. Aufl.). Zürich: Kreuz-Verlag, 1987, S.21).

2.1 Märchentypen

Doch die Märchen lassen sich nicht nur wie bereits erwähnt in Volks- und Kunstmärchen unterteilen, sondern dank des finnischen Märchenforschers Antti Aarne auch in ein sogenanntes Typensystem, welches ursprünglich für finnische, dänische und deutsche Märchen geschaffen worden ist. Stith Thompson übersetzte es ins Englische und überarbeitete und ergänzte es zweimal, sodass es heute allgemeine Verwendung findet (vgl. Lüthi, 2004, S.16).

Das Aarne-Thompsonsche Typensystem umfasst 2499 Nummern, wovon die ersten 299 deren den „Tiermärchen“ gewidmet sind. Die Untergruppe der „eigentlichen Märchen“ bildet mit den Nummer 300 bis 1199 die umfassendste und bedeutungsvollste Gruppe und wird ein weiteres Mal differenziert in dieZaubermärchen, die den Schwerpunkt bilden, doch dazu später mehr, in dielegendenhaftenundnovellenartigen Märchen, sowie inMärchen vom dummen Teufel oder Riesen. Die letzte Gruppe bilden die „Schwänke“ (vgl. Mann, 1971, S.185).

Doch zurück zu den Zaubermärchen, die nun in ihren sieben Subkategorien noch genauer betrachtet werden sollen, da das in Kapitel 4 analysierte Märchen ebenfalls Teil dieser Gruppe ist. Da gibt es solche mit einem überirdischen Gegenspieler, wie in „Hänsel und Gretel“, welche mit einem überirdischen oder verhexten Geliebtem oder anderen Verwandten, wie bei „Jorinde und Joringel“, darüber hinaus Märchen mit einer übersinnlichen Aufgabe, wie in „Drei Haare des Teufels“, mit einem überirdischen Helfer, wie in „A Aschenbrödel“, einem übernatürlichen Gegenstand, wie in „Aladdin“, einem übersinnlichen Können beziehungsweise Wissen, wie in „Der starke Hans“ und letztlich noch die Märchen mit weiteren überirdischen Momenten, wie in „Schneewittchen“ (vgl. Lüthi, 2004, S.17f.).

Doch nun soll es endlich um das eigentliche Thema dieser Arbeit gehen, um den Wald im Märchen und was in diesem lauert.

3. Der Wald im Märchen

In so gut wie jedem deutschen Märchen spielt der Wald ein zentrale Rolle und stellt den primären und oftmals auch einzigen Handlungsort dar. Das Märchen und der Wald stehen unmittelbar in Korrelation zueinander, das heißt sie sind aneinander gebunden, ja aufeinander angewiesen.

Stellt man sich nun mal vor, Hänsel und Gretel wären nicht im Wald ausgesetzt worden, sondern die Konfrontation mit der Hexe hätte in einer Großstadt stattgefunden, so macht die ganze Geschichte keinen Sinn mehr. Innerhalb der Gesellschaft scheint es nicht umsetzbar zu sein, einen Werdegang des Märchens, wie ihn der Wald bietet, zu ermöglichen, obwohl er nicht einmal detailliert dargestellt wird. Meist wird er nur kurz und knapp umrissen, durch Attribute wie 'tief', 'dick' oder 'dicht'.

Menschen die in den Wald flüchten oder dort ausgesetzt werden befinden sich in einer Notlage, sie brauchen Abstand von ihrem alltäglichen Leben (vgl. Lüthi, 2004, S.25). Sie sehen den Wald als Rückzugsort, sehnen sich nach etwas, danach, wieder ein Gleichgewicht beziehungsweise sich selber zu finden . Dafür wird der Wald gewählt, denn aus dem Grund, dass er sich von der Gesellschaft, von der menschlichen Ansiedlung abtrennt, reizt es den Mensch im Märchen, diese Grenze zu überschreiten. Er möchte in eine neue Welt eintreten, die ihm vielleicht dazu verhilft, ein neuer Mensch zu werden, das Kind in sich zu überwinden und als gereifter Ausgewachsener den Wald wieder zu verlassen. Er will sich lösen von allem was ihn in irgendeiner Form in seinem Leben einschränkt. Doch der Weg zum neuen Ich und der neuen Welt, führt zwangsläufig durch den Wald (vgl. Propp, V. (1987). Die historischen Wurzeln des Zaubermärchens. München: Hanser, S. 66).

An dieser Stelle zeigt sich das verinnerlichte Bild des Waldes; die Menschen sehen in ihm ein Abbild ihrer Wünsche und Hoffnungen, ihrer Ängste und Phantasievorstellungen.

Dabei bemerken sie zunächst nicht die eigentliche Funktion des Waldes, welcher zunächst ein Hindernis darstellt, eine Barriere, die überwunden werden muss (vgl. Propp, S.66).

Der Weg zu ihm hin und in ihn hinein birgt Gefahren. Durch seine Dichte wirkt er wie ein Labyrinth, aus dem man zunächst nicht mehr herauskommt, sobald man eingetreten ist.

Im übertragenen Sinne stellt der Wald somit die menschliche Psyche dar. Man kehrt dem Bekannten, dem Bewussten den Rücken zu, um sein Unbewusstes zu entdecken und zu durchforsten. Da beispielsweise in der Kindheit eine Phase der Psyche nicht überwunden worden ist, sucht der Mensch nun nach einer Möglichkeit diese zu korrigieren. Somit stellt der Wald, mit seiner zu bewältigenden Aufgabe, seinen Geheimnisse und Begleitern eine Art „undurchdringliches Netz“ dar, welches Wanderer und Suchende ergreift (vgl. Propp, 1987, S.66). Schafft der Märchenheld es letzten Endes dennoch den Wald zu durchqueren und damit seine Aufgabe zu erledigen, so hat er sich seinem Schicksal angenommen und zu seiner inneren Ganzheit gefunden (Storck, 1977, S.414), die sich in Form eines Neuanfangs und neuer Energie zeigt.

In manchen Märchen dient der Wald darüber hinaus auch als Arbeitsplatz. Er wird als Wirtschaftsstandort gesehen, der viele verschiedene Jobs mit sich bringt. In ihm werden Dinge hergestellt, die für die Märchenfiguren für das alltägliche Leben von Nöten sind, wie beispielsweise Brennholz. Und zu guter Letzt, hat er auch in damaligen Märchen so mancher Figur vor der Hungersnot bewahrt.

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Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
Was macht den Märchenwald aus? Betrachtung des Grimmschen Märchens "Jorinde und Joringel"
Universidad
University of Paderborn
Calificación
1,7
Autor
Año
2014
Páginas
23
No. de catálogo
V339977
ISBN (Ebook)
9783668296923
ISBN (Libro)
9783668296930
Tamaño de fichero
540 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Märchen, Wald, Jorinde und Joringel, Waldthematik, Märchenwald;, Gebrüder Grimm;, Grimmsche Märchen
Citar trabajo
Raphaela Friesen (Autor), 2014, Was macht den Märchenwald aus? Betrachtung des Grimmschen Märchens "Jorinde und Joringel", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339977

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