Die Abgrenzung von gewerblicher und selbständiger Tätigkeit


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung

2. Die gewerbliche Tätigkeit nach § 15 EStG
2.1 Definition
2.2 Klassifikation

3. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG
3.1 Definition
3.2 Klassifikation

4. Problemzonen der Abgrenzung
4.1 Allgemeines
4.2 Katalogberufe und ähnliche Berufe
4.3 Vervielfältigungstheorie
4.4 Gewerbliche Prägung
4.5 Gewerbliche Infektion (Abfärbetheorie)

5. Folgen der Abgrenzung

6. Schlusswort

IV. Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung

Für Steuerpflichtige ist die Frage, ob sie im Rahmen der Besteuerung Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielen, wirtschaftlich bedeutend. Folglich ist zu klären, wann Einkünfte aus einer dieser Einkunftsarten vorliegen und durch welche Merkmale sich diese abgrenzen lassen.

Die steuerrechtlichen Konsequenzen der Unterscheidung zwischen diesen Tätigkeiten beziehen sich hauptsächlich auf die Belastung der gewerblichen Einkünfte mit Gewerbesteuer. Die Zuordnung einer Tätigkeit zu der selbständigen Arbeit kann folglich einen ökonomischen Vorteil gegenüber dem Gewerbebetrieb darstellen.

Auf Grund einer Vielzahl von Vorschriften und deren unterschiedlichen Interpretationen kann sich aber eine sachgerechte Zuordnung schwierig gestalten.

Abgrenzungsfragen bilden daher einen Schwerpunkt der Rechtssprechung der Finanzgerichte. Neben den Gesetzen und Richtlinien liefern zusätzlich die Urteile des Bundesfinanzhofes wichtige Rechtsquellen.

Auftretende Probleme liegen einerseits in den gesetzlich nicht normierten Begriffen „selbständige Arbeit“ und „freier Beruf“[1], andererseits in den sich überschneidenden Tatbestandsmerkmalen der § 15 EStG und § 18 EStG. Problematisch ist auch die Einordnung einer Tätigkeit als „Katalogberuf“ und die Frage, wann ein ausgeübter Beruf den Katalogberufen ähnlich ist und ebenfalls zur freiberuflichen Tätigkeit gehört. Selbst wenn Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt werden, ist eine weitere Differenzierung z.B. für die Anwendung der „Vervielfältigungstheorie“ notwendig. Werden neben den selbständigen Tätigkeiten andere Tätigkeiten ausgeführt, besteht zudem die Gefahr, bei der Ausübung die Grenze zum Gewerbebetrieb zu überschreiten.

Im Rahmen der Hausarbeit erfolgt eine Konzentration auf Problemzonen der Abgrenzung anhand der Vervielfältigungstheorie. Ein weiterer Punkt wird in der Betrachtung von Katalogberuf und einem ihm ähnlichen Beruf liegen. Gegenstände der Untersuchung stellen auch die gewerbliche Infektion und die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft dar. Schließlich wird auf die steuerrechtlichen Folgen der Zuordnung eingegangen.

2. Die gewerbliche Tätigkeit nach § 15 EStG

2.1 Definition

Sowohl die gewerblichen Einkünfte nach § 15 EStG als auch die Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 EStG gehören zu den Gewinneinkunftsarten nach
§ 2 Abs.2 Nr.1 EStG und unterliegen nach § 2 Abs.1 EStG der Einkommensteuer.

Der Bereich der gewerblichen Einkünfte wird durch die §§ 15, 16 und 17 EStG geregelt. Der § 15 EStG definiert die Einkünfte aus Gewerbebetrieb, zu denen nach § 16 EStG auch die Gewinne bei Veräußerung oder bei Aufgabe des Gewerbebetriebes gehören. § 17 EStG qualifiziert unter bestimmten Bedingungen die Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft als gewerbliche Einkünfte.[2]

Nach § 15 Abs. 2 EStG bilden die Tatbestandsmerkmale Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr die Vorraussetzung für das Vorliegen gewerblicher Einkünfte. Als Negativtatbestand darf es sich weder um Ausübung von Land- und Forstwirtschaft i.S.d. § 13 EStG, noch um selbständige Arbeit handeln. Zusätzlich muss, als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, der Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschritten werden[3].

Dabei handelt selbständig, wer auf eigene Rechung und auf eigene Verantwortung tätig ist. Dem Steuerpflichtigen muss Unternehmerinitiative zustehen, parallel trägt er aber auch das Erfolgsrisiko.[4] Nachhaltigkeit ist gegeben, wenn Wiederholungsabsicht beim Ausüben der Tätigkeit besteht, d.h. sie auf Wiederholung angelegt ist.[5] Um Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erzielen, bedarf es weiterhin einer Gewinnerzielungsabsicht. Diese liegt nach § 15 Abs.2 Satz 3 auch vor, wenn sie nur ein Nebenzweck ist, nicht aber, wenn die Tätigkeit lediglich ein Mindern der Steuerlast erreichen soll (§ 15 Abs.2 Satz 2 EStG). Erforderlich ist ein „Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns“[6]. Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist gegeben, wenn eine wirtschaftlich verwertbare Leistung gegen „Entgelt am Markt erbracht und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird“. Dafür ist ausreichend, dass sich die Tätigkeit auch nur an einen begrenzten Kundenkreis richtet[7].

2.2 Klassifikation

§15 Abs.1 EStG klassifiziert die gewerblichen Einkünfte als die Einkünfte der gewerblichen Einzelunternehmen (Nr.1), die Einkünfte aus Gewinnanteilen und Vergütungen der Gesellschafter einer OHG, KG oder anderen „Mitunternehmerschaften“ (Nr.2) und die Einkünfte aus Gewinnanteilen und Vergütungen für die Tätigkeit, der Hingabe von Darlehen oder der Überlassung von Wirtschaftsgütern, die als persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA erzielt werden (Nr. 3). Zu den Mitunternehmerschaften i.S.d. § 15 Abs. 2 Nr.2 gehören u.a. die Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 705 ff BGB und die atypisch stille Gesellschaft, wenn sie ein Gewerbe betreiben. Mitunternehmer ist, wer zusammen mit anderen Personen Unternehmerinitiative entfalten kann, aber auch Unternehmerrisiko trägt.[8] Dies können auch juristische Personen sein. (z.B. bei der GmbH § Co. KG).

Die in §15 Abs. 3 EStG genannten „gewerblich infizierten“ und „gewerblich geprägten“ Personengesellschaften werden in den Punkten 4.4 und 4.5 dargestellt.

3. Die selbständige Tätigkeit nach § 18 EStG

3.1 Definition

Um die steuerliche Sonderstellung der selbständigen Arbeit zu begründen, stehen einerseits der traditionelle Wesensunterschied der Berufsausübung und andererseits der Wert der freien Berufe für das Wohl der Gesellschaft im Vordergrund.[9]

Wie bereits erwähnt, existiert keine gesetzliche Normierung dieser Einkunftsart. Lediglich Tätigkeiten, die zu Einkünften aus selbständiger Arbeit führen sollen, werden im § 18 EStG beschrieben. Der Gesetzgeber will demnach die eigenschöpferische, geistige Tätigkeit fördern, nicht aber den arbeitsteiligen Einsatz von Arbeitskräften und Kapital[10].

Die angesprochenen Tatbestandsmerkmale Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Gewinnerzielungsabsicht und Beteiligung am allgemeinem wirtschaftlichem Verkehr[11] müssen ausnahmslos auch für die Einkünfte aus selbständiger Arbeit vorliegen. Weiterhin muss die Tätigkeit in einen der in § 18 EStG aufgezählten Tätigkeitsbereiche fallen. Die besondere Art der Leistungserstellung durch die eigenverantwortliche, geistige Leistung und des persönlichen Arbeitseinsatzes des Berufsträgers unterscheidet die freie Berufstätigkeit vom Gewerbe[12]. Die Eigenverantwortlichkeit muss für einen konkreten Einzelfall gegeben sein.[13] Im Einkunftsbereich müssen besondere Fachkenntnisse des Berufsträgers vorliegen[14].

Die Zuordnung einer Tätigkeit zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG genießt Vorrang vor der Besteuerung als gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 EStG.

3.2 Klassifikation

Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG gehören die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, der staatlichen Lotterie Einnehmer, sofern diese nicht gewerblich sind, und aus sonstiger selbständiger Arbeit. Lassen sich Einkünfte keiner dieser Gruppen zuordnen, liegen keine Einkünfte aus selbständiger Arbeit vor.

Der Kernbereich der selbständigen Arbeit liegt in der freiberuflichen Tätigkeit[15]. Dazu gehören nach § 18 Abs.1 Nr. 1, Satz 2 EStG die Tätigkeitsberufe, welche bei selbständig ausgeübter wissenschaftlicher, künstlerischer, schriftstellerischer, unterrichtender oder erzieherischer Betätigung vorliegen.

Eine wissenschaftliche Tätigkeit besteht, wenn „konkrete Vorgänge methodisch nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden“[16]. Eine künstlerische Tätigkeit liegt vor, wenn Arbeiten über die Beherrschung der Technik hinaus eine bestimmte künstlerische Gestaltungshöhe erreichen und eigenschöpferisch sind[17]. Die schriftstellerische Tätigkeit erfordert, eigene Gedanken schriftlich für die Öffentlichkeit auszudrücken. So kann z.B. auch das Verfassen einer Bedienungsanleitung eine schriftstellerische Tätigkeit sein, wenn dazu eigene Gedanken verwendet werden.[18] Unterrichtung ist eine von Lehrern organisierte, auf das Vermitteln von Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten an Schüler ausgerichtete Tätigkeit[19]. Erziehung ist eine „planmäßige körperliche, geistige und sittliche Formung von jungen Menschen“ mit dem Ziel des tüchtigen und mündigen Bürgers. Sie muss sich auf die gesamte Persönlichkeit beziehen.[20]

Daneben werden die Katalogberufe aufgeführt, welche bei selbständiger Berufsausübung die freiberufliche Tätigkeit zur Folge haben. Für Berufe, die sich außerhalb des Berufskatalogs entwickeln, aber in vergleichbarer Weise auf der persönlichen Arbeitskraft beruhen, wurde durch die Einbeziehungen von „ähnlichen Berufen“ ein Auffangtatbestand geschaffen[21]. Da die Vergleichbarkeit sich jeweils auf wesentliche Punkte mit einem konkreten Katalogberuf beziehen muss, ist die Zuordnung neuer Berufsbilder aber regelmäßig schwierig.[22]

Für Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit nach § 18 Abs.1 Nr.3 EStG nennt das Gesetz lediglich Beispiele, so die Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten oder aus einer Vermögensverwaltung. Eine Definition fehlt gleichermaßen, wie von der Verkehrsanschauung geprägte Zuordnungsmerkmale.[23]

Tätigkeiten können nur dann der sonstigen selbständigen Arbeit zugerechnet werden, wenn sie den Beispielen ähnlich sind, also in typischen Merkmalen entsprechen.[24] So ist z.B. eine Insolvenzverwaltung eine Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr.3 EStG, weil es sich im Kern um eine vermögensverwaltende Tätigkeit handelt.[25]

Nach § 18 Abs.3 gehört auch der Gewinn, der aus Veräußerung eines der selbständigen Arbeit dienenden Vermögens oder eines selbständigen Teils dessen resultiert, zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit.

[...]


[1] Vgl. Rose, Gerd: Die Ertragsteuern, Band 1, 18.Aufl., Wiesbaden 2004, S. 44.

[2] Vgl. Siewert, Wolfgang: in: Frotscher, EStG, Freiburg, § 15, Rz 3. (104. Erg.-Lfg, Mai 2001).

[3] Vgl. BFH v. 25.6.1984 – GrS 4/82, BStBl. II 1984, S. 751 (762).

[4] Vgl. H134 „Allgemeines“, EStH 2003.

[5] Vgl. BFH v. 31.7.1990 - I R 173/83, BStBl. II 1991, S. 66 (68).

[6] H134b „Totalgewinn“ EStH 2003.

[7] BFH v. 2.12.1998 - X R 83/96, BStBl. II 1999, S. 534 (538).

[8] Vgl. BFH v. 10.8.1994 – I R 133/93, BStBl. II 1995, S. 171 (173).

[9] Vgl . Scharl, Hans-Peter: Zur eigenverantwortlichen Tätigkeit als Abgrenzungsmerkmal zwischen freiem Beruf und Gewerbe, in: StB 1989, S.397-403 (399).

[10] Vgl. BFH v. 7.10.1987 – X B 54/87, BStBl. II 1988, S.17 (20).

[11] Vgl. H 136 „Allgemeines“, EStH 2003.

[12] Vgl. BFH v. 11.8.1994 – IV R 126/91, BStBl. II 1994, S. 936 (937).

[13] Vgl. Siewert, a.a.O (Fn. 2), Rz.7.

[14] Vgl. Stuhrmann, Gerd: in Kirchhof/Söhn (Hrsg.), Kommentar zum EStG, Heidelberg, §18, Rdnr. A16 (103. Erg.-Lfg, Oktober 2000).

[15] Vgl. Stuhrmann, ebenda, §18 Rdnr. A7.

[16] BFH v. 30.3.1994 – I R 54/93, BStBl. II 1994, S. 864 (866).

[17] Vgl. BFH v. 11.7.1991 – IV R 33/90, BStBl. II, 1992, S. 353 (354).

[18] Vgl. BFH v. 25.4.2002 – IV R 4/01, BStBl. II 2002, S. 475 (477).

[19] Vgl. BFH v. 18.4.1996 – IV R 35/95, BStBl. II 1996, S. 573 (573).

[20] Vgl. BFH v. 11.6.1997 – XI R 2/95, BStBl. II 1997, S. 687 (688f).

[21] Vgl. Stuhrmann, a.a.O (Fn. 14), §18, Rdnr. A8 (116. Erg.-Lfg, Juli 2003).

[22] Vgl. Brandt, Jürgen: Ähnliche Berufe nach § 18 Abs.1 EStG, in: DStZ 2002, S. 867- 873 (868).

[23] Vgl. Stuhrmann, a.a.O (Fn.14) §18, Rdnr. B208 (116. Erg.-Lfg, Juli 2003).

[24] Vgl. Vgl. Zugmaier, Oliver: Einkünftequalifikation im Einkommensteuerrecht, 1.Aufl. Augsburg 1998, S. 172.

[25] Vgl. BFH v. 12.12.2001 – XI R 56/00, BStBl. II 2002, S. 202 (203).

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Abgrenzung von gewerblicher und selbständiger Tätigkeit
Hochschule
Universität Leipzig  (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Institut für interne Unternehmensrechung und Steuerlehre)
Veranstaltung
Hauptseminat Wintersemester 2004/05
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V34000
ISBN (eBook)
9783638343329
ISBN (Buch)
9783638761628
Dateigröße
520 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Abgrenzung, Tätigkeit, Hauptseminat, Wintersemester
Arbeit zitieren
Leander Wiegand (Autor:in), 2004, Die Abgrenzung von gewerblicher und selbständiger Tätigkeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34000

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