Alltagssituationen in Deutschland. Ort der Diskriminierung von Personen ausländischer Herkunft?

Quantitative Analyse eines Feldexperiments


Hausarbeit (Hauptseminar), 2015

61 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Gesellschaftliche Relevanz der Diskriminierungsforschung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Sozialpsychologisch orientierte Theorien der Diskriminierung
2.1.1 Die „self-fulfilling prophecy“
2.1.2 Die Theorie der sozialen Identität nach Tajfel (1978)
2.1.3 Das Etablierten-Außenseiter-Modell
2.1.4 Deprivationsansätze (u.a. Stouffer et al. 1949)
2.2 Ökonomisch orientierte Theorien der Diskriminierung
2.2.1 Signaling Theorie
2.2.2 Der Präferenzansatz
2.2.3 Statistische Diskriminierung

3 Aufarbeitung des bisherigen Forschungsstandes
3.1 „Wie fremdenfeindlich ist die Schweiz? – Fünf Feldexperimente über prosoziales Verhalten und die Diskriminierung von Ausländern in der Stadt Zürich und in der Deutschschweiz“
3.2 “Ethnic discrimination in Germany’s labour market: a field experiment”
3.3 “Discrimination Against Ethnic Minorities in Germany: Going Back to the Field”

4 Ableitung der Forschungshypothesen

5 Methoden
5.1 Forschungsdesign
5.2 Erhebungsverfahren
5.3 Variablen
5.3.1 Abhängige Variablen
5.3.2 Unabhängige Variablen
5.3.3 Drittvariablen

6 Analyseverfahren
6.1 Deskriptive Datenanalyse
6.2 Regressionsanalyse
6.2.1 Wahrscheinlichkeit einer Antwort bzw. einer Zusage
6.2.2 Linearer Zusammenhang der Dauer bis zur Antwort
6.2.3 Schätzung der Antwortdauer mittels nicht-linearen Regressionen
6.2.4 Linearer Zusammenhang der Buchstabenanzahl

7 Ergebnisse der Regressionsanalysen – Rückbezug zu den aufgestellten Hypothesen
7.1 Ergebnisse der logistischen Regressionen
7.2. Ergebnisse der linearen und der Poisson-Regression der Dauer bis zu Antwort
7.3. Ergebnisse der negativen Binomial-Regression der Dauer bis zu Antwort
7.4. Interpretation der linearen Regression der Buchstabenanzahl

8 Diskussion

9 Fazit

10 Literaturund Quellenverzeichnis

Anhang
Anhang 1: Anschreiben
Anhang 2: Die 16 Identitäten
Anhang 3: Boxplot der Variable Dauer
Anhang 4: Boxplot der Variable Buchstaben
Anhang 5: Überprüfung auf Multikollinearität
Anhang 6: Specification link test for single-equation models
Anhang 7: Goodness of fit-Tests für das zweite Modell der Poisson-Regression
Anhang 8: Regressionsoutputs
Anhang 9: Synthax

1 Gesellschaftliche Relevanz der Diskriminierungsforschung

884.493. Das ist die höchste Zahl seit dem Jahr 1994 und steht für die Anzahl an Zuwanderern im Jahr 2013 (vgl. BAMF 2014). Auf den negativen Trend, der auf die Verschärfung des Asylrechts 1992 zurückzuführen ist (vgl. Kopp 2002: 35), folgte nach der Weltwirtschaftskrise und der damit zusammenhängenden Lebensmittelknappheit in den ärmeren Ländern der Welt (vgl. FAO 2010) eine stetige Zunahme der Zuwanderung in alle OECD-Länder, unter anderem auch nach Deutschland. In Folge dieser vermehrten Zuwanderung lag Deutschland 2014 auf Platz zwei der Einwanderungsziele (OECD-Länder und Russische Föderation), hinter den USA (OECD 2014).[1]

202.834. Die Anzahl der gestellten Asylanträge in Deutschland erreicht 2014 ihren Höhepunkt, davon sind 173.072 Erstanträge und 29.762 Folgeanträge (vgl. BAMF 2015). Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet dies eine Zunahme um fast 58% (ebd.). Doch die Zuwanderer werden nicht immer willkommen geheißen: Eine Studie der Friedrich-EbertStiftung von Oliver Decker und Elmar Brähler (2008) kam unter anderem zu dem Ergebnis, dass 30% der Bevölkerung ausländerfeindlichen Aussagen zustimmte[2]. In Ostdeutschland ist der Anteil der zustimmenden Befragten am Höchsten; dort betrugt er 45% (ebd.). Aktuell bekommt Fremdenfeindlichkeit in Deutschland mediale Aufmerksamkeit. Der Verein der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“, kurz PEGIDA, propagiert derzeit eine noch strengere europäische und deutsche Migrationspolitik, vor allem in Hinblick auf Migranten islamischen Glaubens. Die Ansprüche, die von den PEGIDAMitgliedern gestellt werden, erfahren allerdings nicht von allen Bundesbürgern Rückhalt. In ganz Deutschland mobilisieren sich PEGIDA-Gegner und rufen zu Anti-PEGIDA-Demos auf. Anschuldigungen zur Fremdenfeindlichkeit und der Vorwurf, Ausländer, vor allem Anhänger des Islam, zu diskriminieren, indem konsequent vor einer scheinbaren „Islamisierung des Abendlandes“ gewarnt wird, werden auf der Seite der PEGIDA-Gegner laut, auf der Seite deren Anhänger vehement zurückgewiesen. Das Thema Diskriminierung gewinnt an Aktualität und Relevanz. Der Vorwurf der PEGIDA-Gegner zeigt aber lediglich das alltagssprachliche Verständnis von Diskriminierung als eine illegitime oder nicht begründete schlechte Einschätzung von Menschen (in diesem Fall von Islamanhängern). Die vollständige Definition des Begriffs Diskriminierung blickt aus einer Opferperspektive, beinhaltet eine Perspektivendifferenz (vgl. Mummendey 1995; Mummendey & Otten 2001) und daher unterschiedliche Auffassungen über die Rechtmäßigkeit eines bestimmten Verhaltens :

„Diskriminierung wird als eine als illegitim wahrgenommene negative Behandlung von Mitgliedern einer Gruppe definiert, wobei diese negative Behandlung allein auf der Basis ihrer Gruppenmitgliedschaft beruht“ (vgl. Jonas & Beelmann 2009: 23).

Das hier definierte Verhalten wird zwar von der Mehrheit der Bevölkerung in allen Ländern der EU deutlich abgelehnt (vgl. Marsh & Sahin-Dikmen 2003), der Umkehrschluss zeigt sich allerdings nicht als aktiver Widerstand gegen jegliche Formen von Diskriminierung. Eine auf Deutschland bezogene Studie des Sinus-Instituts von 2008 zeigt u.a., dass die Aufmerksamkeit der Bevölkerung für das Thema Diskriminierung ebenso gering ist, wie das Betroffenheitsgefühl (vgl. Sinus Sociovision 2008).

Dieses Ergebnis lässt erstaunen, zum einen natürlich anlässlich der aktuellen Vorkommnisse in der Gesellschaft, zum anderen aufgrund der in Deutschland historisch hart erkämpften Aufmerksamkeit für das Phänomen der Diskriminierung. Wo bspw. in den USA bereits 1776 in der Unabhängigkeitserklärung die Freiheit und Gleichheit aller Menschen konstatiert wird, die damit ein Diskriminierungsverbot impliziert, das 1948 in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte schließlich als Antidiskriminierungsgrundsatz explizit formuliert wird, gewinnt dieser in Deutschland erst vor wenigen Jahren an Aufmerksamkeit. Erst dessen Konsolidierung in den EU-Richtlinien lässt das Phänomen Diskriminierung zu einem festen Bestandteil der Politik und den Medien werden. Welche Bedeutung das Thema Diskriminierung heute in der Gesellschaft einnimmt, zeigt sich einerseits an der stetigen Errichtung von mehreren Institutionen (bspw. das 2001 gegründete „Deutsche Institut für Menschenrechte“), andererseits durch Nicht-Regierungsorganisationen und Bürgerinitiativen, die das Phänomen beobachten und bekämpfen (vgl. Hormel & Scherr 2010).

Durch diese historisch hart erkämpfte Bedeutung des Begriffs Diskriminierung, sowie durch die vorab beschriebene Aktualität des Phänomens zeigt sich die Notwendigkeit, diese weiter zu erforschen, um mögliche Maßnahmen zu deren Überwindung zu schaffen. Auch der Kurs des quantitativen Forschungspraktikums des Instituts für Soziologie der Ludwig-MaximiliansUniversität München untersuchte in Kooperation mit dessen Zwillingskurs am Institut für Soziologie der Goethe-Universität Frankfurt das Auftreten von Diskriminierung im Alltag. Dafür wurden fünf Alltagsbereiche ausgewählt, die auf diskriminierendes Verhalten gegenüber bestimmten Personengruppen getestet wurden.

Diese Arbeit analysiert den alltäglich in Anspruch genommenen Dienstleistungsbereich des ITund Computerreparaturservices, da dieser hinsichtlich Diskriminierung noch wenig bis gar nicht erforscht wurde. Sie konzentriert sich anlässlich der derzeitigen politischen Lage auf die Diskriminierung von Personen ausländischer Herkunft und dient der Beantwortung der Fragen, ob diese Personen im deutschen Alltag anders als Einheimische behandelt werden, wenn sie Hilfe bei einem Computerspezialisten benötigen. Zeigen sich Formen von Diskriminierung? Und wenn ja, welche und in welchem Ausmaß? Was geschieht, wenn weitere Attribute, wie bspw. das Geschlecht oder ein Doktortitel in die Untersuchung aufgenommen werden? Haben diese Faktoren zusätzlichen Einfluss auf den Effekt der Herkunft?

Zur Beantwortung dieser Fragen wird im Folgenden zuerst der theoretische Hintergrund expliziert, in dem die Mechanismen, die Diskriminierung entstehen lassen können, dargestellt werden. Anschließend wird der bisherige Forschungsstand zum Thema „Diskriminierung von Personen ausländischer Herkunft im Alltag“ aufgearbeitet, von dem, in Verbindung mit vorab dargelegter Theorie, die in dieser Arbeit getesteten Hypothesen abgeleitet werden. Hiernach wird kurz die Methode der Datenerhebung beschrieben, in der das Forschungsdesign und das Erhebungsverfahren erläutert, sowie die für diese Untersuchung relevanten Variablen beschrieben werden. Es folgt die Datenauswertung, die sich in eine kurze Zusammenfassung über die Prüfung der Modellvoraussetzungen, die deskriptiven Datenanalysen sowie die Regressionsanalysen gliedert, deren Ergebnis letztlich wieder auf die aufgestellten Hypothesen rückbezogen wird. Ein Diskussionsteil und ein abschließendes Fazit beenden diese Arbeit.

2 Theoretischer Hintergrund

Die Mechanismen, die zur Entstehung von Diskriminierung führen können, werden hier in sozialpsychologisch orientierte Theorien der Diskriminierung und ökonomisch orientierte Theorien der Diskriminierung gegliedert. Unter ersteren finden sich die Theorie derself-fulfilling prophecy(vgl. Merton 1948), die Theorie der sozialen Identität (vgl. Tajfel 1978), das Etablierten-Außenseiter-Modell (vgl. Elias & Scotson 1990), sowie Deprivationsansätze (u.a. Stouffer et al. 1949). Zu den ökonomisch orientierten Theorien der Diskriminierung zählen die Signaling-Theorie (vgl. Spence 1973), Beckers Präferenzansatz (Becker 1971), sowie Theorien der statistischen Diskriminierung (u.a. Phelps 1972).

All diese Theorien haben gemeinsam, dass soziale Diskriminierung als intendiert betrachtet wird, obgleich sich die diskriminierende Person über die Folgen ihres Verhaltens weder im Klaren sein, noch diese beabsichtigen muss.

2.1 Sozialpsychologisch orientierte Theorien der Diskriminierung

2.1.1 Die „self-fulfilling prophecy“

Mertons Theorie der selbsterfüllenden Prophezeiung (Merton 1948) ist eine Diskriminierungstheorie, die auf Verhaltenserwartungen an den jeweiligen Interaktionspartner basiert. Im alltäglichen Leben richten Personen bestimmte Erwartungen an andere Personen, beispielsweise an deren Verhalten oder an aufzuweisende Einstellungen, Eigenschaften etc. Diese Erwartungen drücken sich im Verhalten des Akteurs aus und beeinflussen so beide Interaktionsteilnehmer.

Dadurch wird beim Interaktionspartner ein in Richtung der Erwartungen verändertes Verhalten hervorgerufen. Gemäß Thomas-Theorem funktioniert dies über folgenden Mechanismus: Wenn eine Situation von einer Person als real empfunden und demnach als real bestimmt wird, dann folgen aus dieser als real definierten Situation auch reale Konsequenzen (Thomas & Thomas 1928). Eine selbsterfüllende Prophezeiung basiert nun zusätzlich auf einer falschen Definition der Situation. Eine Diskriminierung in Form einerself-fulfilling prophecyresultiert oft aus einer statistischen Diskriminierung und vice versa[3](vgl. Merton 1948: 195f).

2.1.2 Die Theorie der sozialen Identität nach Tajfel (1978)

Soziale Identität beschreibt das Bewusstsein einer Person, zu einer oder mehreren Gruppen dazuzugehören. Die Gruppenangehörigkeit wird mit der Vorstellung von der Gruppe in Verbindung gebracht, dementsprechend positiv oder negativ bewertet und hat für jede Person eine emotional individuelle Bedeutung. Wörtlich beschreibt Tajfel soziale Identität „as that part of an individual's self-concept which derives from his knowledge of his membership of a social group (or groups) together with the value and emotional significance attached to that membership” (Tajfel 1978: 63)[4].

Eine Gruppe ist also eine Versammlung von Menschen, welche ein Zusammengehörigkeitsgefühl teilen, die überzeugt sind, selbst Mitglied dieser Gruppe zu sein, und deren Angehörigkeitsgefühl von den anderen Gruppenmitgliedern geteilt wird, d.h. von diesen gleichermaßen als Mitglied kategorisiert wird (vgl. Schaupp 2011: 107, 120). Kurzum: eine Anzahl von Menschen, die „eine soziale wie psychologische Realität darstellen“ (Jonas & Beelmann 2009: 19).

Soziale Identität bedeutet demnach die Summe der eigenen Mitgliedschaften in den jeweiligen sozialen Gruppen. Dabei entscheidet der Prozess der sozialen Kategorisierung[5], d.h. Gruppierung durch Abgrenzung nach Merkmalen wie Geschlecht oder Status etc., darüber, welchen Gruppen Personen angehören und welchen nicht. Die Eigengruppe („Ingroup“) unterscheidet sich demnach von der Fremdgruppe („Outgroup“). Da soziale Identität einen großen Teil der Selbstwahrnehmung einer Person mitbestimmt und das Individuum grundsätzlich eine möglichst positive Selbstbewertung erstrebt, strebt es zugleich danach, die Eigengruppe mittels sozialem Vergleich zu den Fremdgruppen möglichst positiv darzustellen, d.h. eine positive Distinktheit zur Outgroup zu generieren (vgl. Schaupp 2011). Eine positive Distinktheit kann durch unterschiedliche Strategien erreicht werden, z.B. durch gezieltes Herabstufen der Outgroups oder vice versa durch Emporheben der Eigengruppe. Sollte das nicht zur gewünschten positiven Distinktheit führen, kann der Fokus des Vergleichs verschoben werden oder die Vergleichsgruppe getauscht werden und der Vergleich findet gezielt mit „schwächeren“ Gruppen statt[6].

2.1.3 Das Etablierten-Außenseiter-Modell

Dieses Modell basiert auf einer von Elias und Scotson zwischen 1958 und 1959 durchgeführten empirisch-theoretischen Untersuchung einer kleinen Ortschaft bei Leicester. Dort herrschte zum Untersuchungszeitpunkt die Unterscheidung zwischen der Gruppe der altansässigen Familien und der der Neuankömmlinge. Dabei unterschieden sich die Gruppen weder durch Statusoder Klassenunterschiede, sondern einzig durch deren Wohndauer. Aufgrund der Bedrohung, die die alten Familien in den Zugezogenen sahen (Konkurrenz im sozialen Aufstieg), sorgten diese durch das Herausbilden neuer Normen für Distanzierung zu den Neuen. Die längeransässigen Familien schufen neue Richtlinien, wie ein höheres Maß an Umsicht und Ordentlichkeit, an das sie sich als Einheimische bzw. als Etabliertengruppe strikt zu halten hatten. Das erforderte ein hohes Maß an gegenseitiger Kontrolle und Selbstkontrolle mit dem Gruppencharisma als Lohn (vgl. Treibel et al. 2006). Das Abweichen von den Gruppennormen und –regeln wurde mit Statusminderung sanktioniert. Durch solche Maßnahmen wurde die Etabliertengruppe zunehmend kohäsiver und die Zugezogenen wurden von Möglichkeiten des Machtzuwachs ferngehalten und somit diffamiert und ausgegrenzt (vgl. Treibel et al. 2006). Bei dieser gezielten Abwertung der Neuankömmlinge spielten deren wirkliche Eigenschaften nur eine geringe Rolle. Das Verhältnis zwischen langansässigen Familien und den Neuankömmlingen ist für Elias und Scotson aber lediglich eine Variante von einer Grundfiguration menschlicher Beziehungen:

„Man kann Varianten derselben Grundfiguration, Zusammenstöße zwischen Gruppen von Neuankömmlingen, Zuwanderern, Ausländern und Gruppen von Alteingesessenen überall auf der Welt entdecken“ (Elias & Scotson 1990: 229).

Diese Form der Diskriminierung kann folglich für jegliche Beziehungen zwischen Personen entstehen, solange sich diese als Mitglieder ihrer Gruppen unterscheiden (vgl. Treibel et al. 2006: 205).

2.1.4 Deprivationsansätze (u.a. Stouffer et al. 1949)

Deprivation meint den Entzug von etwas Erwartetem, worauf Menschen frustriert oder verärgert reagieren und ein Gefühl von Unzufriedenheit bilden. Von den Deprivationsansätzen wird hier im Speziellen der der relativen Deprivation erläutert. Relative Deprivation beschreibt demnach das subjektive Urteil einer Person darüber, dass die Eigengruppe im Vergleich zu einer – tatsächlich oder vermeintlich – ebenbürtigen Fremdgruppe benachteiligt, d.h. diskriminiert wird. Dadurch entstehen Gefühle wie Ärger, Missgunst, Verbitterung oder Feindseligkeit der Fremdgruppe gegenüber sowie ein Anspruchsdenken über Ressourcen, die diesem subjektiven Urteil nach eigentlich hätten zugestanden werden müssen. Relative Deprivation beinhaltet demnach eine affektive, wie eine kognitive Komponente (vgl. Stouffer et al. 1949; Smith & Pettigrew 2015)[7].

2.2 Ökonomisch orientierte Theorien der Diskriminierung

2.2.1 Signaling Theorie

Spences Signaling Theorie (Spence 1973) , auch genannt Prinzipal-Agent-Theorie, ist eine Diskriminierungstheorie, die speziell für den Arbeitsmarkt entwickelt wurde, weshalb für folgende Erklärungen der Theorie das Beispiel der Arbeitgeber-Arbeitnehmer Beziehung verwendet wird. Vorausgesetzt ist ein Informationsdefizit seitens des Arbeitgebers („Prinzipal“). Dieser hat keinerlei Information über die Qualifikationen des Arbeitnehmers („Agent“) und wird sich folglich nicht zu bevorzugter Einstellung oder besserer Entlohnung „überreden“ lassen. Da qualifiziertere Agenten allerdings an eben diesen interessiert sind und eine im Vergleich zu weniger qualifizierten bessere Entlohnung erstreben, sind sie es, die in dieser Theorie aktiv werden müssen, um das Informationsdefizit bzgl. der Qualifikationen seitens des Prinzipals zu reduzieren. Legt dieser Wert auf bestimmte Eigenschaften, die aber nicht „von außen“ beobachtbar sind, so können diejenigen Agenten, die diese Merkmale besitzen, diese aufdecken und letztlich als Signale für den Prinzipal verwenden, um sich von den weniger qualifizierten Agenten abzuheben. Hierin liegt auch der Anreiz zum Aufdecken und Senden von Signalen[8]. Da der Arbeitgeber nun nicht mit Sicherheit davon ausgehen kann, dass die gesendeten Informationen der Wahrheit entsprechen, beinhalten Signale bestimmte Anforderungen, sodass weniger qualifizierte Agenten nicht durch das bloße Nachahmen von Qualifikationen belohnt werden. Daher ist das Signaling für die verschiedenen Agenten unterschiedlich „teuer“, sodass weniger talentierte Agenten entsprechend höhere Kosten haben, die gewünschte Qualifikation mitzubringen, als talentierte Agenten. Analog hieße das für das Beispiel: Weniger intelligente Arbeitnehmer müssen bspw. mehr Zeit für den Erwerb eines gewissen Zertifikats aufwenden, als intelligente Arbeitnehmer (vgl. Spence 1973). Grundsätzlich gilt es, unveränderbare Signale (beispielsweise Geschlecht, Herkunft, etc.) von veränderbaren Signalen (beispielsweise Bildung) zu unterscheiden. Entscheidet der Arbeitgeber über die Einstellung oder die Höhe der Entlohnung auf Basis von unveränderbaren Signalen (z.B. auf Basis des Geschlechts), die mit der Leistung des Arbeiternehmers assoziiert werden, so spricht man auf Basis der Signaling-Theorie von Benachteiligung bzw. Diskriminierung.

Eine andere Form der Diskriminierung tritt auf, wenn aufgrund von nicht veränderbaren Signalen unterschiedlich hohe veränderbare Signale gefordert werden, z.B. wenn von ausländischen Arbeitnehmern höhere Qualifikationen als von einheimischen Arbeitnehmern verlangt werden.

2.2.2 Der Präferenzansatz

Gemäß des Präferenzansatzes von Gerry Becker, auch bekannt unter dem Namen „A Taste for Discrimination“ (Becker 1971), impliziert Diskriminierung ein Ressentiment gegen bestimmte Personen oder Personengruppen. Beckers Theorie basiert auf einem nicht-monetären Kosten-Nutzen-Modell, in dem die Akteure rational handeln. Dem Modell zufolge weisen Interaktionen mit Individuen oder Gruppen nicht-monetäre Kosten auf[9]. Der Akteur zieht bei einer möglichen Interaktion ein Kosten-Nutzen-Kalkül in Erwägung und entscheidet sich dementsprechend, ob und wie die Interaktion stattfindet.

Ein bevorzugter Arbeiternehmer bspw. verursacht für den Arbeitgeber entsprechende Kosten. Ein nicht-bevorzugter Arbeitnehmer verursacht aber umso höhere Kosten, je höher die persönliche Abneigung des Arbeitgebers gegenüber diesem Arbeitnehmer ist. Dieser sog. Diskriminierungsfaktor ist individuell[10]verschieden, gemäß des persönlichen „Geschmacks“ des diskriminierenden Akteurs. Demzufolge entscheidet einzig dieser persönliche Geschmack letztlich, um beim Beispiel zu bleiben, über die Einstellung oder die Höhe der Entlohnung von Mitarbeitern: Der Einstellungsoder Lohnunterschied steigt mit dem Diskriminierungsfaktor des Arbeitgebers. Die Qualifikation des Arbeitnehmers spielt keine Rolle. So kann ein inländischer einem besser qualifizierten ausländischen Arbeitnehmer vorgezogen werden, wenn dies den Präferenzen des Arbeitgebers entspricht. Auch Arbeitnehmer und Konsumenten können zu Verursachern dieser Form von Diskriminierung werden (vgl. ebd.; Alexis & Medoff 1984).

2.2.3 Statistische Diskriminierung

Im Gegensatz zu Beckers Präferenzmodell werden hier Einschätzungen über die Produktivität vorgenommen. Bei dieser Theorie werden all diejenigen Personen diskriminiert, die eigentlich leistungsfähiger oder qualifizierter als der Gruppendurchschnitt sind. Zur Veranschaulichung dient als Beispiel wie eben das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Ausgangslage ist ein Defizit an Information für den Arbeitgeber bzgl. der Produktivität oder der Qualifikationen der Arbeitnehmer. Folglich bildet dieser auf der Grundlage von persönlichen oder allgemein geteilten Erwartungen, Einschätzungen oder Erfahrungen Annahmen über die Durchschnittsproduktivität derjenigen Gruppe, zu der er den Arbeitnehmer zählt. Schätzt der Arbeitgeber Gruppe A im Vergleich zu Gruppe B als weniger qualifiziert ein, werden Mitglieder der Gruppe A vom Arbeitgeber als potenzielle Angestellte entweder nicht in Erwägung gezogen oder geringer für ihre Arbeit bezahlt als Mitglieder der Gruppe B, auch bei gleichen Qualifikationen (vgl. Phelps 1972). Das Resultat ist folglich Diskriminierung als “ökologischer Fehlschluss”, d.h. der Schluss vom kollektiven Durchschnittswert auf den Einzelnen. Wie bereits in Punkt 2.1.1 erwähnt, kann statistische Diskriminierung eine selbsterfüllende Prophezeiung nach sich ziehen und umgekehrt. Indem gemäß der statistischen Diskriminierungstheorie von dem Urteil über eine Gruppe auf ein Individuum dieser Gruppe geschlossen wird und nun, gemäß Mertons Theorie derself-fulfilling prophecy, dem Urteil entsprechende Verhaltenserwartungen an diese Person gerichtet werden (ungeachtet der individuellen Leistungen), wird diese ihr Verhalten letztlich entsprechend der an sie gerichteten Erwartung verändern und das (Vor-)Urteil über die Gruppe und deren Mitglieder bestärken und damit einhergehend auch statistische Diskriminierung.

3 Aufarbeitung des bisherigen Forschungsstandes

Der Alltagsbereich dieser Arbeit, zusammen mit ihrem speziellen Forschungsdesign, hat die Besonderheit, dass er kaum erforscht ist, sowohl aufgrund der, wie bereits erwähnt, noch jungen Geschichte der Diskriminierungsforschung in Deutschland, als auch wegen der Fokussierung der Diskriminierungsforschung auf den Bildungs-, Wohnund Arbeitsmarkt (vgl. Gestring et al. 2006; Kalter 2006; Kaas & Manger 2010; Auspurg et al. 2011). Dies bedeutet zwar, dass diese Forschungsarbeit Pionierarbeit leistet, und die Ergebnisse daher von besonderem Interesse sein können, allerdings gibt es keine Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Arbeiten, die sich mit diesem partikularen Thema beschäftigen.

Um einen Überblick über Diskriminierungsforschung zu haben, wird im Folgenden der bisherige Forschungsstand zum Thema „Diskriminierung von Personen ausländischer Herkunft im Alltag“ aufgearbeitet werden. Dieser wird exemplarisch anhand von drei Studien dargestellt. An erster Stelle sei die aktuellste der drei Untersuchungen genannt „Wie fremdenfeindlich ist die Schweiz? – Fünf Feldexperimente über prosoziales Verhalten und die Diskriminierung von Ausländern in der Stadt Zürich und in der Deutschschweiz“, in der Diekmann, Jann und Näf (2014) soziale Experimente durchführen, um herauszufinden, ob sich im schweizer Alltag Diskriminierung Deutschen und anderen Ausländern gegenüber zeigt, und wenn ja, in welchem Ausmaß diese zu Tage tritt.

Im Anschluss wird die Studie „Ethnic discrimination in Germany’s labour market: a field experiment“ von Kaas und Manger (2012) vorgestellt, die in einem Bewerbungsexperiment die Anstellungschancen von einheimischen Deutschen mit denen türkischer Migranten vergleicht.

Letztlich wird die zwar älteste, jedoch umfangreichste Studie von Klink und Wagner aus dem Jahr 1999 vorgestellt. In „Discrimination Against Ethnic Minorities in Germany: Going Back to the Field“ gehen die Forscher anhand von 14 Experimente, die verschiedene Alltagssituationen untersuchen, der Frage nach, ob Ausländer in Deutschland im alltäglichen Leben von einheimischen Deutschen diskriminierend behandelt werden.

3.1 „Wie fremdenfeindlich ist die Schweiz? – Fünf Feldexperimente über prosoziales Verhalten und die Diskriminierung von Ausländern in der Stadt Zürich und in der Deutschschweiz“

In Ihrer Studie setzten sich Diekmann et al. das Ziel, anhand von Experimenten zu erforschen, ob in der Schweiz Deutsche und andere Ausländer im alltäglichen Leben diskriminiert werden, und falls ja, in welchem Ausmaß. Dafür wurden 2010 fünf Feldexperimente durchgeführt. Zwei davon untersuchten, ob sich diskriminierendes Verhalten Deutschen gegenüber zeigt, die übrigen Tests dienten der Untersuchung von möglicher Diskriminierung muslimischer Migranten, sowie Ausländern aus dem ehemaligen Jugoslawien. Vergleichsgruppe waren stets die Einheimischen (vgl. Diekmann et al. 2014: 189).

Im ersten Experiment wurde abwechselnd auf Schweizerdeutsch und auf Hochdeutsch um einen fehlenden Geldbetrag für den Kauf eines Tramtickets gebeten. Bei diesem Test variierte alleine der Akzent der um Hilfe Bittenden. Die Forscher konnten in diesem Experiment keinen signifikanten Effekt der Sprache und somit der Herkunft auf das Nachkommen der Bitte nachweisen (vgl. ebd.). Experiment zwei bedient sich der Technik der verlorenen Briefe. Hierbei werden Briefe mit unterschiedlichen Empfängernamen im öffentlichen Raum verteilt bzw. „verloren“, um anhand der Rücksendequoten auf Sympathieunterschiede für den jeweiligen Empfänger zu testen: Eine Anschrift lag in der Deutschschweiz, eine in der Westschweiz und die letzte in Deutschland. Der Name des Adressaten war stets der gleiche. Auch hier zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Empfängeradresse (vgl. ebd.: 191). Im dritten Experiment bat jeweils eine Studentin mit Kopftuch in Abwechslung mit einer Studentin ohne Kopftuch um Unterstützung bei einer politischen Aktion. Untersucht wurde, wie oft sich die Angesprochenen auf ein Gespräch mit der jeweiligen Studentin einließen. Auch dieses Experiment zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen den Reaktionen auf die einheimische und die ausländischen Studentin (vgl. ebd.: 193). Für Experiment vier bedienten sich die Forscher ein weiteres Mal der Technik der verlorenen Briefe, um die Einstellung der Schweizer gegenüber türkischen Migranten zu testen. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bzgl. der Rücklaufquoten der Briefe (vgl. ebd. : 194). Im letzten Experiment wurde auf Benachteiligung bei Bewerbungsverfahren getestet. Auf die Frage, ob Bewerber aus Ex-Jugoslawien im Vergleich zu schweizer Bewerbern bei der Jobsuche benachteiligt sind, wurden zwei fast identische Bewerbungen konstruiert, die sich lediglich in Merkmalen wie z.B. dem Namen unterschieden. In diesem Experiment zeigten sich signifikante Unterschiede: 78% der Firmen antworten dem Schweizer, hingegen nur 65% dem Migranten. Auch signalisierten 9 Firmen tatsächliches Interesse an dem Schweizer, im Vergleich zu 2 Firmen, die den Migranten bevorzugten (vgl. ebd.: 196).

Zusammenfassend konnten die Forscher für vier der fünf Experimente keine Anzeichen für Diskriminierung von Ausländern in der Schweiz und in der Deutschschweiz ausmachen. Lediglich das Bewerbungsexperiment deutet auf Diskriminierung von Personen ausländischer Herkunft hin. Zu diesem Ergebnis gelangte auch folgende Studie von Kaas und Manger 2012.

3.2 “Ethnic discrimination in Germany’s labour market: a field experiment”

Kaas und Manger untersuchten 2012 anhand eines Bewerbungsexperiments, ob sich Unterschiede bzgl. des Antwortverhaltens von Firmen auf deutsche im Vergleich zu türkischen Bewerbungen zeigen. Hierfür verglichen die zwei Forscher die Chancen auf eine Praktikumsstelle für Studenten deutscher und türkischer Herkunft. Dafür versendeten sie je zwei verschiedene, fiktive Bewerbungen auf 528 Stellenausschreibungen. Die Bewerbungen unterschieden sich lediglich im Namen, der den einzigen Rückschluss auf einen eventuellen Migrationshintergrund lieferte; die Lebensläufe der Bewerber sowie ihre universitäre Leistungen waren identisch. Zusätzlich wurden einigen Bewerbungen Zusatzinformationen wie Empfehlungsschreiben beigelegt, die Einblicke in die Persönlichkeitsmerkmale des Kandidaten gewähren sollten (Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, usw.), um Effekte von statistischer Diskriminierung mit derer des Präferenzansatzes von Becker vergleichen zu können.

Für das Bewerbungsexperiment zeigten sich folgende Ergebnisse: 39,6% der Firmen reagierten positiv auf den deutschen Kandidaten, im Vergleich zu 34,7%, die sich für den türkischen Bewerber entschieden. Diese Unterschiede sind signifikant (vgl. ebd.: 9). Wurden Firmeneigenschaften berücksichtigt, so zeigt sich: Kleinere Firmen (unter 50 Angestellte) bevorzugen signifikant häufiger den deutschen Kandidaten im Vergleich zum türkischen (12 Firmen pro deutsch vs. 4 Firmen pro türkisch). Kaas und Manger vermuteten daraufhin, dass sich kleinere Firmen durch weniger standardisierte Verfahren auszeichnen und so mehr Raum für persönliche Präferenzen beim Einstellungsverfahren existiert (vgl. ebd. : 10). Beim Vergleich der Bewerbungsschreiben ohne zusätzlich hinzugefügte Empfehlungsschreiben mit den Bewerbungen mit eben dieser Zusatzinformation konnten die Forscher zeigen, dass für Bewerbungen, die ohne zusätzliche Information versendet wurden, signifikante Unterschiede bzgl. der Anzahl an positiven Antworten für einheimische Deutsche im Vergleich zu Deutschen mit Migrationshintergrund nachzuweisen sind (41,8% pro deutsch vs. 32,5% pro türkisch). Versahen die Forscher die Bewerbung mit zusätzlichen Empfehlungsschreiben, so konnten keine signifikanten Unterschiede mehr nachgewiesen werden. Kaas und Manger unterstellten nach diesem Ergebnis vorsichtig statistische Diskriminierung (vgl. ebd.: 11). Letztlich zeigten sich signifikant längere Wartezeiten für den Bewerber mit Migrationshintergrund im Vergleich zum einheimischen deutschen Bewerber (vgl. ebd.: 14f).

Durch ihr Experiment konnten Kaas und Manger beobachten, dass zusätzliche Information wie Empfehlungsschreiben statistische Diskriminierung senken können. In vielen Ländern ist es ungewöhnlich, Zusatzinformationen beizulegen; dieser Feldversuch legt nun offen dar, dass sich ein Weglassen solcher Information negativ für Bewerber mit Migrationshintergrund auswirken kann (vgl. ebd.: 19).

[...]


[1] Es werden die maskulinen Formen im Sinne des herkömmlichen Sprachgebrauchs auch da verwendet, wo beide Geschlechter gemeint sind. Ebenso wie „Person“ und „Persönlichkeit“ auch dann als weibliche Nomina verwendet werden, wenn die damit angesprochene allgemeine Vorstellung Männer oder andere Geschlechteroder Genderkategorien miteinschließt.

[2] Es liegt die Vermutung nahe, dass einige Befragte ihre wahren Antworten nicht preisgegeben haben, da die soziale Erwünschtheit bei der Thematik Ausländer und Ausländerfeindlichkeit eine große Rolle spielt und ausländerfeindliche Menschen durchaus mit sozialen oder gar rechtlichen Sanktionen rechnen müssen. Der wahre Anteil an Befragten, die den ausländerfeindlichen Aussagen zugestimmt hätte, könnte daher auch höher sein.

[3] Genaueres unter Punkt 2.2.3.

[4] Genau definiert Tajfel eine Gruppe als “a collection of individuals who perceive themselves to be members of the same social category, share some emotional involvement in this common definition of themselves, and achieve some degree of social consensus about the evaluation of their group and of their membership in it” (Tajfel & Turner 1986: 15).

[5] Kategorien sind Bezeichnungen einer sozialen Gruppe. Es kann zwischen Selbstkategorien (aus der eigenen Perspektive betrachtet) oder soziologischen Kategorien (aus einer Außenperspektive betrachtet) unterschieden werden (vgl. Jonas & Beelmann 2009: 22).

[6] Als letzte Option bleibt das Verlassen der Eigengruppe, durch Beenden der Mitgliedschaft und durch den Anschluss an statushöhere Gruppen, die nun wieder die Möglichkeit bieten, die Vergleichsgruppen abzuwerten, um ein positives Selbstwertgefühl durch das Favorisieren der Ingroup herzustellen (vgl. Schaupp 2011: 116f).

[7] Bei der Wahrnehmung dieses Missverhältnisses unterscheiden sich zwei Formen von relativer Deprivation: Die individuelle relative Deprivation und die fraternale Deprivation. Erstere beschreibt den Vergleich der eigenen Lage mit der Situation der anderen Gruppenmitglieder innerhalb der Eigengruppe. Schneidet die persönliche Situation im Verhältnis schlechter ab, so stellt sich das Gefühl der individuellen relativen Deprivation ein. Von fraternaler Deprivation wird dann gesprochen, wird die Situation der ganzen Eigengruppe mit der von Fremdgruppen verglichen und die eigene Gruppe als diskriminiert angesehen. Sowohl individuelle wie fraternale Deprivation äußern sich durch die eben beschriebenen Merkmale relativer Deprivation (vgl. Schmidt et al. 2008).

[8] Im Beispiel Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Verhältnis wären das eventuell besondere Weiterbildungen, die durch Zeugnisse aufgedeckt und somit als Signal für den Arbeitgeber herangezogen werden können. Das Senden dieser Information über latente Eigenschaften beschreibt Spence als „signaling“ (vgl. Spence 1973).

[9] Dabei ist zu beachten, dass die Kosten nicht aus der Produktivität oder der Leistung der jeweiligen Gruppe resultieren. Die Kosten, die für die Interaktion aufgewendet werden müssen, entstehen auch bei gleicher Produktivität zwischen den Gruppen. Diese nicht-monetäre Kosten können zum Beispiel durch Minderheiten verursacht werden.

[10] Das bedeutet allerdings nicht, dass diese individuelle Präferenz nicht gesellschaftlich akzeptiert oder gar etabliert sein kann.

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Details

Titel
Alltagssituationen in Deutschland. Ort der Diskriminierung von Personen ausländischer Herkunft?
Untertitel
Quantitative Analyse eines Feldexperiments
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Diskriminierung im Alltag
Note
1,3
Autoren
Jahr
2015
Seiten
61
Katalognummer
V340118
ISBN (eBook)
9783668300347
ISBN (Buch)
9783668300354
Dateigröße
2053 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rassismus, Diskriminierung, Experiment, Empirische Sozialforschung, Quantitative Sozialforschung, Alltag, Fremdenfeindlichkeit, PEGIDA
Arbeit zitieren
Claudio Salvati (Autor:in)Julia Katharina Zuber (Autor:in), 2015, Alltagssituationen in Deutschland. Ort der Diskriminierung von Personen ausländischer Herkunft?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340118

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Titel: Alltagssituationen in Deutschland. Ort der Diskriminierung von Personen ausländischer Herkunft?



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