In den vergangenen Jahren gerieten tragische Fälle von Kindeswohlgefährdungen immer stärker in den Fokus der gesellschaftlichen Aufmerksamkeit und der Medien. Das Thema Kinderschutz ist dadurch stärker in das öffentliche Bewusstsein geraten und der Druck auf die Fachkräfte der Jugendämter ist entsprechend gestiegen. Dem Allgemeinen Sozialen Dienst des Jugendamtes wurde durch die Übertragung des staatlichen Wächteramtes eine tragende Rolle im Kinderschutz zugeschrieben. So ist es die Aufgabe des ASD, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen und junge Menschen gemäß § 1 Abs. 2 SGB VIII in ihrer individuellen und sozialen Entwicklung zu fördern und dazu beizutragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen.
Mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz wurde ein neues Verständnis von sozialpädagogischem Schutzhandeln in der Kinder- und Jugendhilfe geschaffen –weg vom obrigkeitsstaatlichen Eingriffsrecht, hin zu einem demokratischen Hilfeverständnis, welches die Kinder und Jugendlichen in den Mittelpunkt der Handlung stellt. Gesetzliche Änderungen auf Bundes- und Landesebenen haben den Handlungsdruck für die Fachkräfte im Jugendamt in diesem Zusammenhang deutlich erhöht. Zwar ist das Jugendamt zum Schutz von Kindern und Jugendlichen verpflichtet, jedoch ist eine direkte Umsetzung des gesetzlich vorgeschriebenen Schutzauftrages in der Praxis oftmals mit Schwierigkeiten verbunden. Für die Fachkräfte der Jugendämter stellt sich immer wieder die Frage, wie die gesetzlichen Verpflichtungen im Kinderschutz in der alltäglichen Praxis aufgrund vorhandener Hindernisse und Problemfelder adäquat umgesetzt werden können, um Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen.
Im Rahmen der folgenden wissenschaftlichen Arbeit soll daher der Fragestellung nachgegangen werden, wie der Kinderschutz im ASD durch den gesetzlich definierten Rahmen umgesetzt werden kann und welche Schwierigkeiten der Umsetzung sich in der Alltagspraxis ergeben können. Ziel dieser Bachelorarbeit soll es sein, Verbesserungsperspektiven für einen gelingenden Kinderschutz im ASD zu entwickeln und darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Begriffsbestimmungen
- 2.1. Der Begriff des Kindeswohls
- 2.2. Der Begriff der Kindeswohlgefährdung
- 2.2.1. Formen von Kindeswohlgefährdung
- 2.2.1.1. Vernachlässigung
- 2.2.1.2. Körperliche Misshandlung
- 2.2.1.3. Psychische bzw. seelische Misshandlung
- 2.2.1.4. Sexueller Missbrauch
- 2.2.2. Grundsätze für die Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen
- 3. Rechtliche Rahmenbedingungen im Kinderschutzverfahren
- 3.1. Kinderschutz
- 3.2. Das Wächteramt des Staates
- 3.3. Kinderschutz im ASD
- 3.3.1. Rechtliches Aufgabenspektrum des Jugendamtes
- 3.3.2. Schutzauftrag der öffentlichen Jugendhilfe nach § 8a SGB VIII bei Kindeswohlgefährdung
- 3.3.2.1. Risikoeinschätzung und Vorgehensweise des Jugendamts bei gewichtigen Anhaltspunkten
- 3.3.2.2. Einschätzung von Gefährdungen am Beispiel des Stuttgarter Kinderschutzbogens
- 3.3.2.2.1. Aufbau des Stuttgarter Kinderschutzbogens
- 3.3.2.3. Möglichkeiten aussagekräftiger Gefährdungseinschätzungen
- 3.3.3. Interventions- und Präventionsmaßnahmen der öffentlichen Jugendhilfe bei Kindeswohlgefährdung
- 3.3.3.1. Hilfe durch Unterstützung und Stärkung der elterlichen Erziehungskompetenz
- 3.3.3.2. Sicherung des Kindesschutzes in der Hilfeplanung
- 3.3.3.3. Die Mitwirkung des Jugendamts im familiengerichtlichen Verfahren bei Kindeswohlgefährdung
- 3.3.3.4. Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII bei dringender Gefahr für das Kindeswohl
- 4. Problemfelder und Hindernisse bei der Ausübung des Schutzauftrages
- 4.1. Begünstigende Faktoren für unzureichendes Schutzhandeln auf der Ebene der Fachkräfte
- 4.1.1. Unzureichende fachliche Qualifikationen und Kompetenz
- 4.1.2. Abhandenkommen des fachlichen Überblicks durch personelle Engpässe
- 4.1.3. Fehlerhafte oder unzureichende Anwendung der Schutzinstrumentarien
- 4.2. Begünstigende Faktoren für unzureichendes Schutzhandeln auf der Ebene der Organisationseinheit
- 4.2.1. Mangelnde oder fehlerbehaftete formale Strukturen in der Organisation
- 4.2.2. Mangelnde Verbindlichkeit und mangelnde Beachtung der Prozesshaftigkeit von Strukturen
- 4.3. Zunehmende Angebotsengpässe bei freien Jugendhilfeträgern
- 4.4. Herausforderungen und Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit im Kinderschutz
- 4.4.1. Unklare Rollenerwartungen und Rollenwahrnehmungen der Fachkräfte
- 4.4.2. Hindernisse bei der kooperativen Zusammenführung von Gefährdungseinschätzungen
- 4.4.3. Kindeswohlgefährdung und Datenschutz
- 5. Chancen und Anregungen zur Stärkung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes im ASD
- 5.1. Anforderungen an die Organisationsstruktur im ASD
- 5.1.1. Stärkung und Qualifizierung der Fachkräfte
- 5.1.2. Angemessene Personalausstattung zur Gewährleistung der Handlungsfähigkeit der Fachkräfte
- 5.1.3. Verbindliche Verfahrensabläufe und eine angemessene Ausstattung an Schutzinstrumentarien
- 5.1.4. Qualitätssteigerung durch sinnvoll strukturierte Teamberatungen
- 5.2. Kinderschutz stärken durch interdisziplinäre Kooperation
- 6. Abschließende Stellungnahme
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit befasst sich mit der Umsetzung des Kinderschutzes im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) des Jugendamtes. Sie analysiert die Spannungsfelder zwischen den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Alltagspraxis im Kinderschutz und untersucht die Herausforderungen, die sich für die Fachkräfte des ASD ergeben.
- Rechtliche Rahmenbedingungen des Kinderschutzes
- Schutzauftrag des Jugendamtes und die Umsetzung in der Praxis
- Problemfelder und Hindernisse bei der Ausübung des Schutzauftrages
- Chancen und Anregungen zur Stärkung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes im ASD
- Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Kinderschutz
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Relevanz des Themas Kinderschutz und die Herausforderungen für die Fachkräfte im ASD beleuchtet. Im zweiten Kapitel werden die Begriffe Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung definiert und verschiedene Formen der Kindeswohlgefährdung erläutert. Kapitel 3 widmet sich den rechtlichen Rahmenbedingungen im Kinderschutzverfahren, insbesondere dem Schutzauftrag des Jugendamtes nach § 8a SGB VIII. Hier werden die Aufgaben des Jugendamtes, die Risikoeinschätzung und die Interventionsmaßnahmen im Detail betrachtet. Kapitel 4 analysiert Problemfelder und Hindernisse bei der Ausübung des Schutzauftrages, sowohl auf der Ebene der Fachkräfte als auch auf der Ebene der Organisationseinheit. Kapitel 5 schließlich beleuchtet Chancen und Anregungen zur Stärkung und Weiterentwicklung des Kinderschutzes im ASD, insbesondere durch die Stärkung der Fachkräfte, die Verbesserung der Organisationsstruktur und die Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Schlüsselwörter
Kinderschutz, ASD, Jugendamt, Kindeswohlgefährdung, Schutzauftrag, Rechtliche Rahmenbedingungen, Problemfelder, Hindernisse, Chancen, Weiterentwicklung, Interdisziplinäre Kooperation, Fachkräfte, Organisationsstruktur, Hilfeplanung, Risikoeinschätzung, Interventionsmaßnahmen, Präventionsmaßnahmen, Zusammenarbeit, Datenschutz.
- Arbeit zitieren
- Miriam Sonder (Autor:in), 2016, Kinderschutz im Allgemeinen Sozialen Dienst. Das Spannungsfeld zwischen rechtlichen Rahmenbedingungen und Alltagspraxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340962