Was haben Schulen mit dem Gefängnis oder dem Militär gemeinsam? - Diese Frage zu stellen, gleicht im ersten Augenblick einer Provokation oder Zuspitzung, doch beim zweiten Blick auf die Frage und nach der Meinung von Foucault, der gerne in diesem Zusammenhang auch mit Blickwinkel auf die Schule beispielsweise von Holzkamp, ebenso wie von Nonnenmacher, zitiert wird, hat Schule sehr viel damit gemeinsam. Um die Frage daher nicht sogleich scharf formulieren zu müssen, sollte wohl eher zunächst die folgenden Fragen gestellt werden, die ebenso das zu projizierende Problem offenbaren: Was soll Schule überhaupt bezwecken, anstreben und weitergeben? Wie soll Lernen in dieser Institution organisiert und verstanden werden? Welche Rollen haben die Akteure in der Schule einzunehmen? Und was denken und erwarten Gesellschaft und Politik?
Die Pädagogen sind hierbei wohl die Unschuldigsten, obwohl das die Politiker, Eltern, Schüler und die Gesellschaft vermutlich anders sehen würden. Der Konflikt, der eigentlich ausschlaggebend ist, wird nur zumeist auf den Rücken der Pädagogen ausgetragen, die sich ja im Grunde genommen genau darüber bewusst sind, was schief läuft, sich jedoch nicht selbstständig aus dem nahezu unvermeidbaren Widerspruch befreien können: Es geht hierbei nämlich vielmehr um die sehr hohe Diskrepanz zwischen dem Schulzweck, wie ihn die Gesellschaft und Politik in seiner Umsetzung fordert, und dem pädagogischen Auftrag in Bezug auf das wirkliche Lernen, den Erkenntnisgewinn eines jeden Kindes für sich und das weiterführende Leben.
Inhaltsverzeichnis
- Verwahrloste, undemokratische Lernkultur an deutschen Schulen?
- Das Subjekt schulischer Lernprozesse
- Die Schule und ihr gesellschaftlicher Auftrag
- Der unaufhebbare Widerspruch zwischen gesellschaftlichem und pädagogischem Auftrag
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich kritisch mit der Situation der Lernkultur an deutschen Schulen und hinterfragt, inwiefern die institutionelle Struktur und der gesellschaftliche Auftrag der Schule eine "verwahrloste, undemokratische Lernkultur" fördern. Dabei werden die zentralen Themen der Lehrerzentrierung, der Fokus auf Leistungsbewertung und die Diskrepanz zwischen pädagogischem Auftrag und gesellschaftlichen Erwartungen beleuchtet.
- Kritik an der Lehrerzentrierung und dem "Lehrlernen" als dominierendes Lernverständnis
- Die Rolle von Leistungsbewertung und Notenvergabe als Mittel der Kontrolle und Selektion
- Der Widerspruch zwischen dem gesellschaftlichen Auftrag der Schule und dem pädagogischen Anspruch auf individuelles, expansives Lernen
- Die Auswirkungen von Disziplinarmaßnahmen und der Fokus auf Leistung auf die Schülermotivation und das Lernverhalten
- Die Bedeutung von expansiven und eigenständigem Lernen für die Entwicklung der Schüler
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil des Textes stellt die zentrale Frage nach der verwahrlosten Lernkultur an deutschen Schulen und beleuchtet die Kritik von Klaus Holzkamp an der Dominanz des administrativen Schulzwecks über den pädagogischen Auftrag. Es werden die zentralen Kritikpunkte an der Lehrerzentrierung, der Leistungsbewertung und der Diskrepanz zwischen gesellschaftlicher und pädagogischer Erwartungshaltung aufgezeigt.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit dem Subjekt schulischer Lernprozesse und argumentiert, dass der Schüler als Lernender im traditionellen Schulsystem oft ignoriert wird. Der Fokus liegt auf der Analyse des "Lehrlernens" und der damit verbundenen Bequemlichkeit und mangelnden Berücksichtigung individueller Lernbedürfnisse.
Der dritte Teil untersucht die Rolle des gesellschaftlichen Auftrags der Schule und die Disziplinarmacht, die sie im Sinne von Foucault ausübt. Es wird deutlich, dass die Schule ihren gesellschaftlichen Auftrag, der auf Selektion und Chancengleichheit basiert, über den pädagogischen Auftrag stellt.
Der vierte Teil beleuchtet den unaufhebbaren Widerspruch zwischen gesellschaftlichem und pädagogischem Auftrag. Es wird gezeigt, wie die Leistungsbewertung und die damit verbundene Disziplinarmacht den Fokus auf defensives Lernen lenken und expansives Lernen behindern.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter des Textes sind: Lehrerzentrierung, Lehrlernen, Leistungsbewertung, Disziplinarmacht, gesellschaftlicher Auftrag, pädagogischer Auftrag, expansives Lernen, defensives Lernen, Selektion, Chancengleichheit, Lernkultur, Schulsystem.
- Arbeit zitieren
- Cindy Dülfer (Autor:in), 2016, Von dem administrativen, schuloffiziellen, gesellschaftlich anerkannten Schulzweck und der Sache mit dem Lernen. Verwahrloste, undemokratische Lernkultur an deutschen Schulen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340973