Nachhaltiger Konsum. Ein Lernbereich für die Grundschule?


Hausarbeit, 2016

31 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1 Theoretische Grundlagen
2.1.1 Nachhaltiger Konsum – Definition und Bedeutung
2.1.2 Kinder als Konsumenten
2.1.3 Didaktischer Wert des Lernbereichs
2.1.4 Anforderungen des Teilrahmenplans Sachunterricht
2.1.5 Ziele einer Beschäftigung mit nachhaltigem Konsum in der Grundschule
2.1.6 Schule als Lebensraum
2.2 Praktische Umsetzung
2.2.1 Vorwort zum Praxisteil
2.2.2 Rolle der Lehrkraft
2.2.3 Weitere wichtige Akteure
2.2.4 Methoden
2.2.5 Ziele
2.2.6 Modul 1 – Einführung und Problemstellung
2.2.7 Modul 2 – Vom Vorwissen zum Wissen
2.2.8 Modul 3 – Sammeln von Informationen
2.2.9 Modul 4 – Festigen des erworbenen Wissens
2.2.10 Modul 5 – Integration in andere Fächer

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Spricht man von den Schlüsselproblemen unserer Zeit, kommt man nicht umhin, den Themenkomplex Nachhaltigkeit zu betrachten. Seit Jahrzehnten bestimmt er weltweit politische Diskussionen[1]. Ein Wirrwarr aus politischem Handeln, wirtschaftlichen Interessen und persönlicher Verantwortung sorgt für die Komplexität des Themas.

So vielfältig wie die Einflussfaktoren sind auch die Folgen der Nichtbeachtung von Nachhaltigkeitsgrundsätzen. So kann die Entstehung von Armut, Hunger, Kriegen und wirtschaftlichen Krisen unter anderem auf diese Problematik zurückgeführt werden. Überbevölkerung, Treibhauseffekt, Überbelastung und Vernichtung von Ökosystemen und viele weitere Probleme sind Produkte der Missachtung von Nachhaltigkeitsprinzipien[2].

Lebewesen, die die Welt bevölkern leiden dadurch auf unterschiedlichste Art und Weise. Daraus erwächst die Frage wie man dem entgegenwirken kann. Politische Ansätze wie Gesetze und Regulierungen bilden nur einige von vielen Möglichkeiten, die Welt nach Prinzipien der Nachhaltigkeit in eine bessere umzugestalten. Wenn jedoch die Politik alleine für die Herbeiführung für Veränderungen zuständig ist reicht das nicht aus. Zum einen stehen Politiker oft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Wirtschaftsvertretern mit gegenläufigen Interessen, zum anderen liegt viel Handlungsspielraum in den Händen der Bevölkerung. Würde man die Verantwortung alleine an die Politik abtreten verschenkt man großes Potential zum Umgestalten unseres Zusammenlebens.

Genau hier wird die Bedeutung von nachhaltigem Konsum deutlich. Konsum ist nämlich nicht nur eines, der in diesem Zusammenhang wichtigsten Handlungsfelder, sondern es bietet auch großes Potential für eine Umsetzung im Alltag, da jeder Mensch, der Teil unserer Gesellschaft ist, konsumiert. Es besteht die Möglichkeit mit kleinen Änderungen im alltäglichen Leben die Bedingungen des Zusammenlebens auf dem Planeten Erde zu verbessern.

Trotz des Wissens um die Gefahren, die aus der modernen westlichen Art zu konsumieren entstehen, schreitet ein Wandel in Konsummustern, wenn überhaupt, nur sehr zögerlich voran. Daher stellt sich die Frage, wie man das alltägliche Handeln der Bevölkerung hin zu einer verantwortungsbewussteren und somit nachhaltigeren Lebensweise beeinflussen kann. Dazu scheint der Ansatzpunkt Grundschule geeignet. Sie hat die Funktion der Vermittlung grundlegender Bildung, also unter anderem gesellschaftlich als positiv bewerteter Normen und Lebensweisen.

Um die Aufnahme eines Lernbereichs in den Unterricht zu rechtfertigen, reicht es jedoch nicht, dass das Thema von Bedeutung ist. Weitere Kriterien, wie die Zugänglichkeit spielen gerade in der Grundschule eine große Rolle. Aufgrund der Komplexität ist das Themengebiet selbst für Erwachsene schwer zu überblicken. Es gilt also zu überprüfen, ob man ein vielschichtiges globales Problem so aufbereiten kann, dass es selbst Kindern im Grundschulalter ermöglicht wird, einen Zugang zu finden.

Diese Hausarbeit ist in zwei Teile gegliedert. Im Theorieteil wird der Frage nachgegangen, worauf eine Beschäftigung mit dem Lernbereich zielt, welche Anforderungen an diese Beschäftigung gestellt werden und ob das Thema zielgruppengerecht ausgearbeitet werden kann. Der Praxisteil geht aus dem Theorieteil hervor, indem er einen beispielhaften Ablauf einer möglichen Unterrichtseinheit vorstellt, die den Schülerinnen und Schülern[3] eine Basis für die Entwicklung eines Leitbildes bietet. Dieser selbst entwickelte Ablauf erhält seine Legitimation durch die Erfüllung der Anforderungen, die im Theorieteil gestellt werden.

2. Hauptteil

2.1 Theoretische Grundlagen

2.1.1 Nachhaltiger Konsum – Definition und Bedeutung

2.1.1.1 Konsum

Das Langenscheidt Fremdwörterbuch liefert zwei verschiedene Definitionen für das Wort Konsum, aus denen auch zwei verschiedene Blickwinkel erwachsen. Zum einen wird Konsum als der „Verbrauch/Inanspruchnahme von Gütern“[4] verstanden. Hier liegt ein allgemeines Verständnis zugrunde. Die zweite Beschreibung deutet Konsum als „Kauf, Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen, die über die bloße Lebenserhaltung und den normalen täglichen Bedarf hinausgehen“[5]. Aus dem Vergleich dieser Begriffe gehen zwei völlig unterschiedliche Betrachtungsweisen hervor. Während die allgemeine Definition auch den Erwerb lebensnotwendiger Güter einschließt, beschränkt sich die engere Definition auf alles was darüber hinausgeht. Aus dieser Diskrepanz geht eine zentrale Frage hervor: „Ist nachhaltiger Konsum gleichbedeutend mit Verzicht?“

2.1.1.2 Nachhaltigkeit

Der wohl wichtigste Grund für die Verbreitung des Nachhaltigkeitsgedankens und dessen Terminologie, war der wegweisende Brundtland-Bericht. 1987 veröffentlicht, liefert er die bis heute gängigste Definition für „sustainable developement“, was im Deutschen mit nachhaltiger Entwicklung übersetzt wurde: Eine Entwicklung, die es schafft, dass „Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden können, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“[6].

Bereits zuvor wurde der Begriff Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Umweltdebatte verwendet, verstanden als „ein natürliches System ausschließlich so zu nutzen, dass es in seinen wesentlichen Charakteristika langfristig erhalten bleibt“[7]. Entgegen des Alltagsverständnisses ist das Konzept der Nachhaltigkeit nicht auf die ökologische Komponente beschränkbar. Es ist ein Zusammenspiel von mehreren Dimensionen[8]. Am weitesten verbreitet ist in diesem Zusammenhang das Säulenmodell, welches das Konzept in ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit unterteilt. Dieses Modell ist zwar umstritten und bietet außerdem keine Antwort auf die Frage der Gewichtung, dennoch geht aus ihm hervor, dass eine alleinige Konzentrierung auf einen Aspekt nicht zielführend sein kann.

2.1.1.3 Nachhaltiger Konsum

Verbindet man diese beiden Definitionen erwächst das dieser Hausarbeit zu Grunde liegende Verständnis von nachhaltigem Konsum als Inanspruchnahme von Gütern, die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt und gleichzeitig die Voraussetzung liefert, dass diese Bedürfnisse auch in Zukunft befriedigt werden können.

Somit wird nachhaltiges Konsumieren ausdrücklich nicht mit Verzicht gleichgestellt. Tatsächlich orientiert sich gerade dieses reflektierte Konsumverhalten an den eigenen Bedürfnissen. Die Definition ist aber zugleich eine Aufforderung an das Individuum, sich über die eigenen Bedürfnisse bewusst zu werden. In einer Gesellschaft, in der man ernsthaft „Nichts – Für die Person, die alles hat“ im Internet bestellten kann[9] und es weitere vergleichbar unbrauchbare Produkte gibt, die sich an den Mann oder die Frau bringen lassen, während in anderen Teilen der Welt Armut und Ausbeutung herrscht, ist es höchste Zeit darüber nachzudenken, ob man konsumiert, weil man muss oder zumindest möchte, oder nur um des Konsumierens Willen. Ein mündiger Konsument erkennt die Manipulation seiner Wünsche.

Aus dieser Betrachtung geht hervor, dass es nicht möglich ist allgemeingültige Richtlinien festzulegen, nach denen sich jeder richtet. Vielmehr muss ein Leitbild geschaffen werden, an dem sich jeder orientiert und in Folge dessen die eigenen Bedürfnisse überprüft. Dies setzt jedoch einen „tiefgreifenden Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft [, basierend] auf dem Prinzip der Selbstorganisation“[10] voraus.

2.1.2 Kinder als Konsumenten

Für die Beantwortung der Frage, ob der Lernbereich „nachhaltiger Konsum“ bedeutsam für die Grundschule ist, gilt zu klären, inwieweit Schüler bereits in jungen Jahren als Konsumenten fungieren.

Als Wirtschaftsfaktor haben Kinder im Alter von sechs bis dreizehn Jahren ein monatliches Budget von durchschnittlich 26,35 Euro[11]. Dazu kommen Bargeschenke zu Anlässen wie Geburtstag und Weihnachten, die zusätzlich knapp 200 Euro jährlich ausmachen[12].

Aus der KIM-Studie 2014, die sich mit dem Medienbenutzungsverhalten von Kindern im Alter von sechs bis dreizehn beschäftigt, geht hervor, dass computer-, smartphone- und konsolenbezogene Themen bei beiden Geschlechtern zu den reizvollsten Themenfeldern gehören. Auch andere konsumbezogene Gebiete, wie Musik und Mode, interessieren stark. Circa die Hälfte aller Kinder besitzen CD-Player, Spielkonsolen, Handys und/oder MP3-Player. Das gibt einen Hinweis, in welchem Umfang, alleine in Bezug auf Medien, Kinder im Grundschulalter und darüber hinaus als Konsumenten fungieren.

Dazu kommen Ausgaben von „durchschnittlich 123 Euro pro Jahr für klassische Spielwaren“[13], die von den Eltern ohne offensichtlichen Anlass gestemmt werden. Die Industrie hat Kinder längst als Konsumenten und damit als Zielgruppe erkannt und mit vielfältigen Angeboten reagiert.

Auch in Bereichen wie Lebensmitteleinkäufe (78% der Kinder haben Mitentscheidungsrecht)[14], Familienausflüge (90%)[15], bis hin zur Einrichtung des Kinderzimmers (71%)[16] sind die Sprösslinge ein zentraler Einflussfaktor. Sie fungieren also nicht nur als Konsumenten, sondern in hohem Maß auch als Konsumentenbeeinflusser. Hier können sie auf ihre Eltern oder andere Erwachsene in ihrem Umfeld auch konsumentenbildend wirken.

Es ist also legitim anzunehmen, dass Kinder im Grundschulalter ein enormer Wirtschaftsfaktor sind. Die Industrie hat das längst erkannt und vielfältige Angebote, sowie Nachfrage erschaffen. Je älter die kindliche Zielgruppe wird, desto größer ist die Rolle, die sie in der kapitalistischen Konsumgesellschaft einnimmt. Umso wichtiger ist es, in jungen Jahren die Basis für bewussten und reflektierten Konsum zu schaffen.

2.1.3 Didaktischer Wert des Lernbereichs

Die Institution Schule unterliegt spätestens seit Durchführung der PISA-Studie einem immer schneller voranschreitenden Wandel. Sie ist nicht mehr nur als Ort der Wissensvermittlung zu betrachten, sondern vielmehr als Lebensraum, in dem möglichst alle Kompetenzen erworben werden sollen, die für ein erfolgreiches Leben in unserer Gesellschaft wichtig sind. Aus diesem Grund wachsen die Anforderungen an den Lebensraum Schule ständig. Darum muss jede neue Forderung auf den Prüfstand und sich gegen viele andere durchsetzen. Vertreter der geisteswissenschaftlichen Lehrplantheorie vertreten die Grundannahme, Inhalte des Curriculums würden durch einen Kampf „miteinander ringender Interessen und Interpretationen“[17] bestimmt. Die in diesem Zusammenhang unumgängliche Frage lautet: Ist der Kompetenzgewinn im Bereich nachhaltiger Konsum wichtig genug, um bereits in der Grundschule Thema zu sein?

Zur Beantwortung dieser Frage soll der Begründungszusammenhang aus Klafkis Modell der Didaktischen Analyse zugrunde gelegt werden, die sich aus den drei folgenden Komponenten zusammensetzt[18]:

1. Gegenwartsbedeutung
2. Zukunftsbedeutung
3. Exemplarische Bedeutung

Sowohl Gegenwartsbedeutung, als auch Zukunftsbedeutung gehen aus der Definition von Nachhaltigkeit, wie sie im richtungsweisenden Brundtland-Bericht verstanden wird, hervor. Wie bereits erwähnt, wird dort unter nachhaltiger Entwicklung verstanden, dass „Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt werden können, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“[19].

Beide Aspekte deckt die alleinige Auseinandersetzung mit dem Thema bereits ab, da ein Zusammenspiel gegenwärtiger und zukünftiger Generationen in der Definition enthalten ist.

Um die Bedeutsamkeit von nachhaltigem Konsum für eine nachhaltige Entwicklung deutlich zu machen, ist die Benennung der Grenzen des Konsumsystems von Baudrillard hilfreich. Er beschreibt, dass in einer konsumorientierten Gesellschaft keine Grenzen von außen festgelegt seien. „Grenzen erfährt es allenfalls von innen her, abhängig von der inhärenten Kreativität und den zur Verfügung stehenden Ressourcen“[20]. Die ökonomischen Konsequenzen einer Ausschöpfung der Ressourcen wären verheerend. Ein grundlegendes Manko dieses Systems ist also, dass es sich früher oder später selbst zerstören wird. Das hat ebenso vernichtende Folgen für das soziale und ökologische System. Dem muss also entgegengewirkt werden, bevor es kollabiert.

Die Frage nach der exemplarischen Bedeutung muss bei jeder Aktion, sei es eine unterrichtliche oder eine Aktion im Rahmen eines Projektes, neu gestellt und beantwortet werden. Man kann davon ausgehen, dass der Lernbereich nachhaltiger Konsum exemplarisch für andere Arten der nachhaltigen Entwicklung steht.

Im Abschnitt Konsumerziehung wird die These vertreten, dass jeder Schüler während seiner Schulzeit auch ohne Zutun der Schule einer Konsumerziehung ausgesetzt ist. Daraus ergibt sich die grundlegende Frage, ob man diese weiterhin einer einzigen Interessengruppe überlassen will, oder durch die Integration in Curricula, den Unterricht oder die Schule im Allgemeinen den Input erweitern möchte und dem Thema eine nachhaltige Komponente verleihen sollte. In einer Gesellschaft, die dermaßen stark auf Konsum ausgerichtet ist und in der das Leitbild Schule als Lebensraum gilt, stellt sich demnach nicht die Frage ob, sondern wie Konsumerziehung stattfindet.

2.1.4 Anforderungen des Teilrahmenplans Sachunterricht

Da der Schutz unserer Umwelt und damit die Umsetzung von nachhaltigen Lebensweisen zu den Schlüsselproblemen unserer und der darauffolgenden Generationen zählen, liegt die Annahme nahe, dass dieses Themengebiet einen großen Teil des Rahmenplans Sachunterricht einnimmt.

Im Leistungsprofil mit dem Satz „Sie kennen und beachten die Erfordernisse von Naturschutz und Nachhaltigkeit“[21] zusammengefasst, fehlt eine Präzisierung. Der eingangs dargestellten Bedeutsamkeit für das Leben der nachfolgenden Generationen wird diese Formulierung nicht gerecht.

Ein weiteres Mal tritt der Begriff Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit nachhaltigen, also stabilen Lernprozessen auf und ein letztes Mal im Zusammenhang mit dem verantwortungsbewussten Umgang mit der Umwelt. Im Erfahrungsbereich „Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft – Perspektive Zeit“[22] findet das Konzept Berücksichtigung in der Kompetenz „Über den Einfluss gegenwärtiger Entscheidungen und Handlungen auf zukünftige Lebensumstände nachdenken und die möglichen Folgen abwägen“[23]. Präzisiert heißt es: „Sich der Verantwortung gegenüber Risiken und Gefahren bewusst werden (Nachhaltigkeit; Umweltverschmutzung, Gewalt, Süchte)“[24]. Die Forderung nach einer speziellen Kompetenz im Bereich nachhaltiger Konsum bleibt unerfüllt. Dies mag der Tatsache geschuldet sein, dass die als Antwort auf die PISA-Ergebnisse erstellten Rahmenpläne eben nur einen Rahmen bieten wollen, anstelle eines inhaltlichen Gerüsts, wie es in den vorhergehenden Lehrplänen vorgegeben wurde. So sinnvoll diese Neuorientierung ist, schafft es der Rahmenplan unter diesen Bedingungen nicht, die Relevanz und Dringlichkeit des Themas deutlich zu machen. Auch sind Forderungen an die Lehrkräfte nach Bildung im Bereich nachhaltige Entwicklung nicht deutlich genug formuliert. Somit trägt der Rahmenplan eine Mitschuld am Bildungsvakuum, das in diesem Themenkomplex existiert. Eine Aufnahme würde dazu beitragen, den Lernbereich in die Grundschule zu integrieren und somit auch in die Lehrerausbildung. Unterbleibt eine angemessene Berücksichtigung in der Ausbildung der Lehrkräfte, wird die Integration dieses wichtigen Themas in den Unterricht behindert.

2.1.5 Ziele einer Beschäftigung mit nachhaltigem Konsum in der Grundschule

2.1.5.1 Konsumentenerziehung

Wolfgang Brezinka definiert Erziehung als „Soziale Handlungen […], durch die Menschen versuchen, das Gefüge der psychischen Dispositionen anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht dauerhaft zu verbessern oder seine als wertvoll beurteilten Komponenten zu erhalten oder die Entstehung von Dispositionen, die als schlecht bewertet werden, zu verhüten.“[25] Besonders wichtig im Zusammenhang mit der Konsumentenerziehung ist die Tatsache, dass die als wertvoll beurteilten Komponenten abhängig vom Beurteiler und somit subjektiv sind. Nach diesem Verständnis ist Werbung ein Akt der Erziehung. Relevant für das Thema „Nachhaltiger Konsum – ein Lernbereich für die Grundschule?“ ist dies aus zwei Gründen:

1. Kinder im Grundschulalter sind bereits ständig von Werbung umgeben. Drei Viertel aller Kinder im Alter zwischen sechs und 13 Jahren sehen täglich fern[26], wobei der Anteil der Werbung laut Gesetz bis zu 20% der Sendezeit einnehmen darf (siehe Rundfunkstaatsvertrag §45 Abs. 1)[27]. Dazu kommen Einflüsse von Plakatwänden, Flyern, Internetwerbung und Schulsponsoring. Ein Ignorieren ist allein durch die Masse an Eindrücken nicht mehr möglich. Verstärkend wirkt die Eindringlichkeit, durch die sich Werbung per Definitionem auszeichnet.

2. In den meisten Fällen widerspricht der Nachhaltigkeitsgedanke dem Ökonomiegedanken und Wachstumsstreben der Industrie. Nachhaltig zu produzieren ist für gewöhnlich die teurere Variante, da angemessene Gehälter bezahlt und Umweltstandards umgesetzt werden müssen. Lange Lebensdauer und Reparaturfreundlichkeit der Produkte erhöhen die für die Herstellung anfallenden Kosten und reduzieren die Nachfrage. Da das Ziel fast aller Unternehmen maximaler Gewinn bei minimalen Produktionskosten ist, entsteht hier ein Konflikt.

Kinder sind folglich ständig Konsumentenerziehung ausgesetzt. Diese legt aber nicht nur keinen Wert auf Nachhaltigkeit, sondern widerspricht diesem Ziel in vielen Fällen.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten den Nachhaltigkeitsgedanken in unserer Gesellschaft stärker zu verankern. Eine Möglichkeit stellt staatliche Regulierung dar. Indem Umweltstandards und Mindestlöhne festgelegt werden kann die Nachhaltigkeit der Produkte, die in Deutschland hergestellt werden erhöht werden. Da politische Entscheidungen allerdings in hohem Maße von der Wirtschaft abhängig und damit beeinflusst sind, und große Konzerne alles daransetzen, die Produktionskosten zu drücken, ist dieses Handlungsmittel nur begrenzt erfolgreich einsetzbar. Auf die Produktion von Importware haben deutsche Gesetze noch weniger Einfluss. Ein Zeichen für die unzureichende Fähigkeit der Politik sich gegen Wirtschaftskräfte durchzusetzen, ist die mangelnde Berücksichtigung des Nachhaltigkeitsgedankens im Schulgesetz und den Rahmenplänen.

[...]


[1] Gardizi 2009

[2] Randers 2012

[3] Hinweis im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes: Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung, wie z.B. Schüler/Innen, verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung für beide Geschlechter.

[4] Langenscheidt (Hg.) 29.2.16

[5] Langenscheidt (Hg.) 29.2.16

[6] Hauff (Hg.) 1987, S. 51

[7] Storm 1998, S. 4

[8] Grunwald 2012

[9] Amazon (Hg.) 16.2.16

[10] Storm 1998, S. 4

[11] https://www.ehapa.de/pressemitteilungen/kidsverbraucheranalyse2015/ 23.2.16

[12] https://www.ehapa.de/pressemitteilungen/kidsverbraucheranalyse2015/ 23.2.16

[13] Egmont Ehapa Media 29.2.16

[14] Egmont Ehapa Media 29.2.16

[15] Egmont Ehapa Media 29.2.16

[16] Egmont Ehapa Media 29.2.16

[17] Klafki 2007, S.50

[18] Wiechmann 2006

[19] Hauff (Hg.) 1987, S. 51

[20] Baudrillard (Hg.) 2015, S.13

[21] Kleinschnieder (Hg.) 2006, S. 8

[22] Kleinschnieder (Hg.) 2006, S. 28

[23] Kleinschnieder (Hg.) 2006, S. 28

[24] Kleinschnieder (Hg.) 2006, S. 28

[25] Brezinka 1990, S. 95

[26] Feierabend 2015

[27] Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland 2015

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Nachhaltiger Konsum. Ein Lernbereich für die Grundschule?
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Bildung im Kindes- und Jugendalter)
Veranstaltung
Dimensionen des Sachunterrichts
Note
1,3
Autor
Jahr
2016
Seiten
31
Katalognummer
V340997
ISBN (eBook)
9783668349520
ISBN (Buch)
9783668349537
Dateigröße
607 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachhaltigkeit, Konsum, Nachhaltiger Konsum, Grundschule, Sachunterricht, Konsumentenbildung, Konsumentenerziehung, Konsumkompetenz, Kinder, Lebensraum
Arbeit zitieren
Yannick Koch (Autor:in), 2016, Nachhaltiger Konsum. Ein Lernbereich für die Grundschule?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/340997

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