Löst der Neologizismus die Grundlagenkrise der Mathematik?


Bachelorarbeit, 2004

34 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Die Grundlagenkrise der Mathematik

2 Die klassischen Lösungsversuche
2.1 Der Logizismus
2.2 Der Formalismus
2.3 Der Intuitionismus

3 Neo-Logizismus
3.1 Prädikation
3.2 Beschreibung von O
3.3 Klassische Reduktion
3.4 Die metaphysische Reduktion
3.5 Unterschiede zwischen der klassischen und der metaphysischen Reduktion

4 Ist der Neo-Logizismus ein Logizismus?

5 Probleme
5.1 Der Existenzquantor
5.2 Zur Rolle der Logik
5.3 Was ist ein abstraktes Objekt?
5.4 Finite Mathematik
5.5 Was sind mathematische Theorien?
5.6 Eine Lösung der Grundlagenkrise?

6 Fazit

1 Die Grundlagenkrise der Mathematik

Die Grundlagen der Arithmetik (Fre84) beginnen mit der Frage, was die Zahl 1 sei. Gottlob Frege geht alle ihm bekannten Antwortmöglichkeiten durch und weist jede Einzelne als unzureichend zurück. Das einer der elementarsten Be- gri e der Mathematik zwar benutzt wird, aber nicht genau de niert ist, wächst sich zusammen mit weiteren Unzulänglichkeiten, wie die zu seiner Zeit noch wenig formalisierte und eher intuitiv durchgeführte Beweisführung, zu einer Grundlagenkrise der Mathematik aus. Nur auf den ersten Blick scheint dies ein Problem zu sein, das allein die Mathematiker angeht. Denn betrachtet man die aufgeworfenen Fragestellungen genauer, so zeigt sich, daÿ sie zutiefst philosophisch sind. Die Mathematik durchdringt heute nahezu alle Wissen- schaften nicht nur mehr allein die Naturwissenschaften und muÿ daher dringen darüber Auskunft geben, worin ihre Erkenntnisse gründen. Zum Ende des 19. Jahrhunderts hatten sich bereits viele Philosophen und Mathematiker zu diesem Thema geäuÿert und eine Vielzahl von sich zum Teil widersprechen- den Ansichten produziert. In den Grundlagen setzt sich Frege mit vielen dieser Meinungen auseinander und weist in jeder von ihnen Widersprüche nach. Er orientiert sich bei der Einteilung dieser Ansätze grob am Kantschen Urteils- schema.1 Da er selbst die Mathematik als Tochter der Logik ansieht, als also analytisch, widerspricht er damit zunächst einmal Kant, der die Mathematik als synthetisch apriori ansah. Für eine synthtisch apriorischen Ansatz müÿte aus Freges Sicht als Erkenntnisgrund eine reine Anschauung herhalten, die aber schon nicht mehr geleistet werden kann bei der Zahl 100000, geschweige denn bei Zahl oder Gröÿe allgemein.2 Er vermutet hier bei Kant eine zu enge Auslegung der Urteilskategorie analytisch , denn neben den analytischen Ur- teilen nach Kants De nition, bei denen der Prädikatsbegri im Subjektsbegri enthalten ist, sieht Frege noch weitere Urteile als analytisch an, die Kant nicht berücksichtigt, wie z.B. das Existenzialurteil. Er illustriert dies mit Begri - sumfängen in einer Ebene: der Subjektsbegri ist dann die Schnitt äche aller Bezirke, die die Prädikatsbegri e bilden. Durch die Grenzziehung wird kein neues Wissen produziert. Dem entgegnet Frege, daÿ die wirklich fruchtbaren De nitionen der Mathematik, wie die der Stetigkeit, so nicht funktionieren, sondern im Gegenteil völlig neue Grenzen ziehen, deren Konsequenzen vorher nicht absehbar sind. Da aber derartige Erkenntnisse rein logisch sind, so sind 3 sie auch analytisch.

Eine synthetisch aposteriorische Begründung der Mathematik hält Frege für besonders unsinnig. Dies macht er besonders am Beispiel des Psychologis- mus deutlich, der auf der Annahme basiert, daÿ die Denkgesetze der Logik analog zu den Naturgesetzen funktionieren und seelische Vorgänge beschrei- ben. Damit würde die Logik zu einem Teil der Psychologie. Da auf diese Weise aber der Urteilende selbst im Urteil eine Rolle spielt, reduziert sich der Begri der Wahrheit auf ein bloÿes für-wahr-halten. Daÿ sich daraus ohne Schwie- rigkeiten fatale Widersprüche konstruieren lassen, zeigt Frege ebenfalls in den Grundgesetzen. Als Grundlage für die Mathematik jedenfalls wäre eine der- artig aufgefasste Logik untauglich, denn sie wäre etwas persönliches, das bei jedem anders aussehen könnte und würde durch die sich daraus ergebenden Widersprüche jeden Sinn verlieren.4

Parallel zum Logizismus entwickelte David Hilbert den Formalismus, der zwar ebenfalls streng analytisch ist, aber nach Freges Meinung völlig in- haltsleer ist:

Zuweilen scheint man die Zahlzeichen wie Schach guren anzusehen und die sogenannten De nitionen als Spielregeln. Das Zeichen be- zeichnet dann nichts, sondern ist die Sache selbst. (Fre93, S.XIII.)

Dagegen setzt Frege, daÿ selbst eine so triviale Aussage wie 32 + 42 = 52 einen Gedanken bezeichnet und nicht nur eine leere Regelanwendung darstellt. Für ihn ist der Mathematiker jemand, der etwas Vorhandenes erforscht und kein Er nder; De nitionen erscha en ebensowenig ein mathematisches Objekt, wie Geographen ein Meer erscha en indem sie es benennen und seine Grenzen festlegen. Der Mathematiker soll also ein Forscher sein, der neues Wissen allein mit den Mitteln der Logik ndet. Aber Frege scheiterte mit seinem Programm und die von ihm ausgerufene Grudlagenkrise wurde nicht beigelegt.

Zwar entwickelte sich in den Jahrzehnten danach die Logik und die Metamathematik erheblich weiter, so daÿ beispielsweise Beweise heute nur noch dann Geltung beanspruchen können, wenn sie streng formal und nicht intuitiv geführt werden, aber die Frage nach der Grundlagen der Mathematik bleiben nach wie vor umstritten. So spricht auch noch 1921 der Formalist Weyl von einer Krise. Und trotz noch weiterer im Laufe der Jahre vorgeschlagenen Antworten, sind nach wie vor nicht nur die ontologischen und epistemischen Grundlagen der Mathematik umstritten.

Ein neuerer Beitrag zu dieser Debatte stammt von Edward Zalta, der versucht mathematische Systeme ontologisch auf Metaphysik zu reduzieren (Zal00). Das dazu von ihm entwickelte philosophische System nennt er al- lerdings mit einem Fragezeichen versehen Neo-Logizismus.

In diesem Text werde ich versuchen den Ansatz von Zalta in zweierlei Hinsicht zu bewerten. Zunächst stellt sich die Frage, inwieweit es sich tatsäch- lich noch um ein logizistisches Projekt handelt. An zweiter Stelle steht dann die weitergehende Beurteilung, ob dieser Neo-Logizismus tatsächlich die Grundla- genkrise lösen kann oder doch wenigsten einen Teil der Grundlagenproblematik lösen kann.

Um zu diesen Beurteilungen kommen zu können und die zu lösenden Probleme genauer herauszuarbeiten, werde ich zunächst in Abschnitt 2 die drei klassischen Lösungsversuche und ihr Scheitern skizzieren.

Darauf folgt in Abschnitt 3 eine Darstellung von Zaltas Ansatz. Den Schluÿ bilden in Abschnitt 4 und 5 die oben geschilderten Bewertungen und Einschätzungen.

2 Die klassischen Lösungsversuche

2.1 Der Logizismus

5 Einen Teil der von Frege aufgeworfenen Fragen konnten von ihm selbst gelöst, bzw. ihre Beantwortung wesentlich weiter getrieben werden. So hat er durch den Aufbau des Prädikatencalculus die formale Beweisführung einen wesent- lichen Schritt voran bringen können. Die Arithmetik war im 19. Jahrhundert zwar auf den ersten Blick schon recht weit entwickelt, aber ihre Beweisfüh- rungen basierten eher auf Intuition und gefühlter Evidenz. Ihre Grundlagen interessierten nur wenige Mathematiker. Einer von ihnen war Gottlob Frege. Als Leitbild schwebte ihm die Geometrie vor, die sich seit Euklid nur weniger Axiome bediente um aus diesen ihr gesamtes Satzgebäude zu entwickeln. Da als Axiome die Sätze gelten, die eines Beweises weder fähig noch bedürftig sind, würde ein axiomatisches System eine unerschütterliche Grundlage auch für die Arithmetik bilden. Aber Frege geht noch über Euklid hinaus indem er in den Grundgesetzen (Fre93) fordert, daÿ auch die Schluÿ und Folgerungsweisen vor einer Ableitung aufgeführt werden.

Programm

Der Logizismus geht davon aus daÿ die Logik die allgemeinste Wissenschaft ist und somit auch nur sie als absolut sicher angesehen werden kann. Nach Frege ist es die Aufgabe der Logik die Gesetze des Wahrseins zu erkennen. Dies un- terscheidet er strikt von einem bloÿen für-wahr-halten, was er wie oben bereits angesprochen als Aufgabe der Psychologie zuweist. Für die Grundlegung der Mathematik bedarf es dagegen der unveränderlichen Gesetze des Wahrseins, die allein die Logik liefern kann. Sie gibt dem Forscher die Hilfsmittel an die Hand, mit deren Hilfe er über die Anerkennung der Wahrheit von Behauptun- gen entscheidet. Behauptungen wiederum sind das Ergebnis von Urteilen, die ihrerseits dem Denken entspringen. Fazit dieser Argumentationskette ist, daÿ Gedanken etwas sind, bei dem Wahrheit in Frage kommt.

Aber Frege geht bei der Charakterisierung des Begri s Gedanke noch erheblich weiter. Nach seiner Au assung sind sie auch etwas vom Subjekt unabhängiges, etwas, das durch das Denken erfasst und nicht erzeugt wird. Gedanken kommt schon allein dadurch eine Wirklichkeit zu, daÿ sie unser Handeln beein ussen. Sie können daher nicht zur Innenwelt gehören. Da sie nicht sinnlich wahrnehmbar sind, können sie allerdings auch nicht zu Aussen- welt gehören. Letztlich postuliert Frege für den Ort der Gedanken ein drittes Reich .

Diese epistemische und ontologische Einordnung von Gedanken ist von weitreichender Bedeutung, da auch die Mathematik in Gedanken vollzogen wird. Ein Beispiel dafür ist der Satz des Pythagoras, der zeitlose Geltung besitzt und weder der Innen-, noch der Aussenwelt zuzuordnen ist. Für die Prüfung der Behauptungen, die der Satz des Pythagoras aufstellt, wird genauso wie allgemeineren Fall bei der Prüfung der Sätze der Arithmetik die Logik gebraucht.

Die Ableitbarkeit der Arithmetik aus der Logik meint also nicht, daÿ die Arithmetik analytisch im Sinne von Inhaltsleer ist. Gemeint ist vielmehr, daÿ die einfachst möglichen mathematischen Objekte und Axiome benutzt werden und daraus allein mit logischen Mitteln die Arithmetik hergeleitet wird. Als alleinige Erkenntnisquelle wird nur das vernünftige Denken anerkannt. Sobald also die Grundlagen gewählt sind, werden nur noch analytische also tauto- logische Umformungen zugelassen.

Humes Prinzip6

Wie oben schon erwähnt hatte Frege alle bisherigen De nitionsversuche des Begri s Zahl verworfen. Nachdem er also festgestellt hat, daÿ Zahlen weder ge- wöhnliche Dinge, noch Anschauungen oder Vorstellungen sind, wählt er einen völlig neuen Ansatz: Zahlen, oder genauer Anzahlen werden als Begri e be- trachten, die erst im Kontext eines Satzes ihren Sinn erhalten. Mit einem mo- dernen Begri lieÿe sich dieses Verfahren auch als linguistic turn7 bezeichnen.

Dazu unterscheidet er zwischen Funktionen und Objekten. Für die Funk- tionen erweitert er die aus der Mathematik bekannte Methodik, bei der eine Funktion ein Argument aus der Wertemenge in die Bildmenge abbildet. Als Werte, bzw. Argumente werden beliebige Objekte benutzt und die Funktion f(x) bezeichnet dann einen komplexen Namen. So lässt sich beispielsweise Paris auch als komplexer Name schreiben, indem die Funktion Hauptstadt(x) mit dem Argument Frankreich instanziert wird. Als Begri e de niert Frege nun die Untermenge der Funktionen, die entweder auf das Wahre oder das Falsche abbilden.

Die Anwendung auf Anzahlen zeigt sehr gut ein Beispiel von Frege selbst8: Bei der Wagen des Kaisers wird von vier Pferden gezogen ist Pferde, die den Wagen des Kaisers ziehen der Begri und die Anzahl vier das Argument, mit dem die Funktion auf das Wahre abbildet. Von Zahlen redet Frege also in dem Sinne von Die Anzahl x kommt dem Begri F zu . Er beantwortet also die Frage nach dem epistemischen Zugang zu Zahlen mit einer Erklärung des Sinns des Gebrauchs von Zahlwörtern. Um die Anzahl und damit den Begri der Zahl zu de nieren, muÿ zunächst ein Identitätskriterium gefunden werden, das klärt unter welchen Voraussetzungen

die Anzahl der F = die Anzahl der G

Frege tut dies, indem er die Aquivalenz des obigen Satzes zu dem Folgenden postuliert:

die F sind ein-eindeutig den G zuordenbar

Diese Äquivalenz ist auch als Humes Prinzip bekannt. Das Problem an Humes Prinzip steckt im Identitätskriterium. Um die Identität der Anzahlen links und rechts des Gleichheitszeichens festzustellen, müssen sie bereits als Anzahlen bekannt sein. Oder wie es Frege illustriert: es muss bekannt sein, daÿ Julius Cäsar keine Anzahl ist. Die Antwort auf dieser in der Literatur unter dem Namen Cäsar-Problem geführten Frage versucht Frege zu geben, indem er die Begri sumfänge und die Wertverläufe von Funktionen einführt.

Wertverläufe halten in Form von geordnete Paaren fest, auf welchen Wert eine Funktion jeweils ein bestimmtes Argument abbildet. Betrachtet man nur die Wertverläufe, die von Funktionen gebildet werden, die auf das Wahre oder das Falsche abbilden, so spricht man von Begri sumfängen. Einfacher gesagt ist ein Begri sumfang die Menge all der Objekte, die unter einen Begri fällt.

Ersetzt man mit Frege ein-eindeutig zuordenbar durch gleichzahlig , so ergibt sich damit :

Die Anzahl der F ≡ Umfang des Begri s Gleichzahlig mit F

Das wegen seiner zerstörerischen Wirkung auf Freges Werk berüchtigte Grundgesetz V besagt nun, daÿ der Wertverlauf einer Funktion f dann und nur dann identisch mit dem Wertverlauf einer Funktion g ist, wenn f und g alle Objekte auf dieselben Werte abbilden.

Anders gesagt wird die Anzahl der Gegenständen in einer Menge M de- niert als das, was alle andern möglichen Mengen mit M gemeinsam haben. Die Gleichzahligkeit wird demgemäÿ als ein-eindeutige Abbildung verstanden. Wie Russell bemerkte, lässt sich daraus ein Widerspruch ableiten. Dazu konstru- ierte er die Menge all der Mengen, die sich selbst nicht als Element enthalten. Die Frage, ob diese Menge sich selbst als Element enthält oder nicht, führt zu einer Kontradiktion.

Statt dem Wort Menge kann hier natürlich auch mit Frege von Be- gri sumfängen gesprochen werden; das Ergebnis bleibt dasselbe. Da er sich ausserstande sah sein logizistisches Programm ohne die Verwendung von Be- gri sumfängen durchzuführen, muÿte er seinen Ansatz als gescheitert ansehen.

Auch Frege war schon klar, was spätere Analysen bestätigten: Star- tet man bei Humes Prinzip, so lassen sich die Dedekind-Peano-Grundgesetze ohne Rückgri auf Begri sumfänge und Wertverläufe herleiten. Dieser als Fre- ges Theorem bekannte Teil seines Werkes gilt heute als unstrittig, da er das Grundgesetz V nicht mehr benötigt und tatsächlich mit rein logischen Mitteln durchgeführt werden kann. Die dabei vollbrachte Leistung ist allerdings eher eine mathematische als eine philosophische. Denn der wesentlich gröÿere Teil des philosophischen Gehalts liegt in der Herleitung eben dieses Humeschen Gesetzes. Denn hier geht es um die eigentlichen Grundlagen der Mathematik. Frege hatte geho t mit den Begri sumfängen die Lücke zwischen Aussagen über Gegenstände (die mit Begri en verknüpft sind) und Aussagen über Be- gri e auf rein logischen Weg zu schlieÿen. An dieser Stelle ist er gescheitert.

2.2 Der Formalismus

Eine Reaktion auf das logizistische Programm ist der Formalismus, der maÿ- geblich durch David Hilbert vertreten wird.9 Er entwickelt seinen Ansatz aus der Au assung, daÿ die Objekte der Mathematik intuitiv der unmittelbaren Anschauung gegeben sind und als solche sogar ausserhalb der Logik stehen. Sie sind weder Begri e, wie es der Logizismus behauptet, noch platonische Objekte. Aber sie sind auch nicht und damit wird dem etwa zeitgleich ent- wickelten Intuitionismus widersprochen lediglich geistige Konstruktionen.

Die aus diesen Objekten abgeleitete Mathematik sollte aufgrund des ausserlogischen Status ihrer Objekte darüber hinaus auch garantiert widerspruchsfrei sein, denn damit ein Widerspruch entstehen kann, muÿ ja zunächst einmal die Logik Geltung besitzen.

Indem Hilbert diese unmittelbar gegebenen Objekte als Zeichen identi- ziert, entwarf er eine Interpretation des Formalismus, die bis heute vorherr- schend ist. Mit den Zeichen, beispielsweise einfache Striche, lassen sich primi- tive Operationen wie Verketten oder Vergleichen durchführen. Diese Opera- tionen wiederum sind als (natürlich widerspruchsfreies) axiomatisches System formuliert. Eine wichtige Aufgabe der Metamathematik besteht dann darin, die Widerspruchsfreiheit dieses Axiomensystems nachzuweisen. Dazu müssen nicht nur die bekannten Paradoxa ausgeschlossen werden, sondern es muss ge- zeigt werden, daÿ Widersprüche in dem untersuchten Axiomensystem generell ausgeschlossen sind.

Die Widerspruchsfreiheit hat natürlich nicht nur wegen Russells Para- dox und seine desaströse Wirkung auf den Logizismus einen hohen Stellenwert, sondern auch allein dadurch, daÿ aus einer widersprüchlichen Theorie jede Aus- sage ableitbar ist und sie damit nutzlos wird. Die Schlüsselrolle, die Hilbert ihr zuweist, wird bereits 1899 deutlich, als in einem Brief an Frege eine der grundlegenden Positionen des Formalismus formuliert: Wenn sich die willkür- lich gesetzten Axiome nicht einander widersprechen mit sämtlichen Folgen, so sind sie wahr, so existieren die durch die Axiome de nirten Dinge. Das ist für mich das Criterium der Wahrheit und Existenz.10 Hilbert war also der Überzeugung, daÿ der Beweis der Widerspruchsfreiheit eines mathematischen Systems ausreichend ist um sowohl seine Existenz, als auch seine Wahrheit zu beweisen.

Da der unmittelbaren Anschauung nur endliche Entitäten zur Verfü- gung stehen, nahm Hilbert einen nitistischen Standpunkt ein 11: Es sind ins- besondere bei den Beweisen nur Verfahren zulässig, deren Endlichkeit klar ist. Eine Behauptung wie n + 1 = 1 + n wird auf diese Weise problematisch, da sie nicht für alle natürlichen Zahlen geprüft werden kann.

[...]


1 Siehe (Fre84, S.10 f.)

2 Siehe (Fre84, S.17 f.)

3 Siehe (Fre84, S. 55 f.)

4 Siehe (Fre93, S. XV .)

5 Siehe (Ste01; Fre84; Fre18; Zal04).

6 Stepanians gibt in (Ste01) im 4. Kapitel in 10 bis 15 eine Einführung in Humes Prinzip und die Konsequenzen für Freges Theorie. Ich folge hier grob seiner Darstellung, greife bei der Beschreibung von Begri sumfängen und Wertverläufen auf (Zal04) und (Fre84) zurück.

7 Siehe (Ste01, S. 76.)

8 Siehe (Fre84)

9 Für die folgende Darstellung siehe hauptsächlich (Zac03) und (Raa03b, Abschnitt 1).

10 Zitiert nach (Pec02).

11 Siehe (Zac03, Abschnitt 2)

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Löst der Neologizismus die Grundlagenkrise der Mathematik?
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1,1
Autor
Jahr
2004
Seiten
34
Katalognummer
V34140
ISBN (eBook)
9783638344470
ISBN (Buch)
9783638652612
Dateigröße
653 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Löst, Neologizismus, Grundlagenkrise, Mathematik
Arbeit zitieren
BA Rolf Strathewerd (Autor:in), 2004, Löst der Neologizismus die Grundlagenkrise der Mathematik?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34140

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