Freiheit und Sicherheit in Hobbes "Leviathan"

Erfüllt die Freiheitsaufgabe der Untertanen durch die Unterwerfung unter den Leviathan den Zweck der Sicherheitsgewährung?


Hausarbeit, 2010

14 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2.Der Naturzustand
2.1 Hobbes Menschenbild
2.2 Der Naturzustand als „ Krieg aller gegen alle “
2.3 Der Wert der Freiheit im Naturzustand

3. Der Gesellschaftsvertrag
3.1 Vertragsabschluss durch Unterwerfung
3.2 Das Leben unter dem Souverän
3.3 Die Beschränkungen der individuellen Freiheit im Leviathan
3.4 Erfüllt die Freiheitsaufgabe ihren Zweck?

4.Fazit

1. Einleitung

„Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren“ (Benjamin Franklin). In den meisten westlichen Kulturen ist der Konsens vertretet, dass Freiheit und Sicherheit zwei der wichtigsten Güter sind, nach denen die Menschen streben können. Wie die Aussage des berühmten amerikanischen Staatsmanns Benjamin Franklin zeigt, befindet sich der Mensch oft in dem Dilemma, dass er zwischen Freiheit und Sicherheit wählen muss, da er nicht beide besitzen kann. Diese „Freiheit vs. Sicherheit – Situation“ ist auch bei den aktuellen Diskussion um den „Sicherheits- bzw. Überwachungsstaat“ zu beobachten, in denen debattiert wird, in wie weit die Bürger dem Staat das Recht zugestehen, ihre individuelle Freiheiten einzuschränken, um ein vermeintlich höheres Maß an Sicherheit zu gewährleisten.

Auch der englische Staatstheoretiker Thomas Hobbes hat sich mit der Frage nach der Herstellung von Sicherheit beschäftigt. In seinem Werk „Leviathan“, welches man als ein Gegenstück zur aristotelischen Staatslehre ansehen kann, zeigt Hobbes seine Gedanken zur Legitimation von Herrschaft auf und entwickelt ein fiktives Staatsmodell.

In Hobbes Theorie befinden sich die Menschen auch in dem oben genannten Dilemma. In ihrem vor-staatlichen Leben im Naturzustand verfügen sie über unbegrenzte Freiheit, jedoch ist dieses Leben unsicher. Daher entscheiden sie, diesen Zustand zu verlassen, um sich in einem Staat einem absoluten Herrscher zu unterwerfen. Für die Vergesellschaftung müssen die Menschen ihre absolute Freiheit aufgeben, was sie freiwillig mit der Hoffnung tun, im Staat Sicherheit zu erlangen. Denn nach Hobbes gewährleistet nur ein Staat mit einem Souverän, der als höchste, sanktionierende und alle Macht innehabende Instanz fungiert, den Menschen Frieden und Sicherheit.

Jedoch ist zu hinterfragen, ob der Souveräne wirklich in der Lage dazu ist, Frieden und Sicherheit zu gewähren oder ob nicht Benjamin Franklins Aussage zutrifft und die Menschen sowohl Freiheit als auch Sicherheit verlieren. Aus diesem Grund werde ich in dieser Arbeit die Frage untersuchen, ob die Freiheitsaufgabe ihren Zweck der Sicherheitsherstellung erfüllt.

Dafür werde ich 2.1 zuerst das Menschenbild von Hobbes skizzieren, da Hobbes ganze Argumentation auf der Anthropologie des Menschen aufbaut. In Punkt 2.2 werde ich das Leben im Naturzustand analysieren, um in Punkt 2.3 feststellen zu können, welchen Wert die absolute Freiheit im Naturzustand hat und warum der dazu bereit ist, seine Freiheit aufzugeben.

Der Gesellschaftsvertrag, durch den die Menschen vertraglich auf ihrer Freiheit verzichten, wird in Punkt 3.1 untersucht. In Punkt 3.2 behandele ich das Leben unter dem Souveränen und zeige in Punkt 3.3 auf, in welchem Maße die individuelle Freiheit des Einzelnen beschränkt wird und ob der all seine Freiheiten aufgibt. In Punkt 3.4 werde ich schließlich analysieren, ob der Souveräne dem Menschen Frieden und Sicherheit gewährleisten kann, um eine Antwort auf die Frage geben zu können, ob die Friedensaufgabe den Zweck der Sicherheitsherstellung erfüllt. Anschließend werde ich in Punkt 4 ein Fazit ziehen.

Um die Staatstheorien aus eine gewissen „Zeitlosigkeit“ betrachten zu können, wird auf die geschichtlichen Hintergründe nicht genauer eingegangen.

2.Der Naturzustand

Der erste Teil des „Leviathan“ handelt von der Natur des Menschen. Aus dem anthropologischen Fundament heraus entwickelt Hobbes seine politische Philosophie, indem er eine Analyse der Natur des Menschen vornimmt, die Verweise auf einen Staat enthält als Instanz, der die Mängel des Naturzustandes aufhebt (vgl. Bartuschat 1981: 21). Die menschliche Anthropologie ist die Voraussetzung für die Gültigkeit der politischen Argumentation Hobbes (vgl. Chwaszcza 1996: 83). Von daher wird nun zuerst das Hobbessche Menschenbild dargestellt, um anschießend das Leben und Verhalten der Menschen im Naturzustand zu betrachten.

2.1 Hobbes Menschenbild

Hobbes beschreibt den Menschen als ein egoistisches, von Leidenschaften bewegtes Subjekt, welches ohne souveräne Führung stetig Gefahr läuft, in einem „Krieg aller gegen alle" (Hobbes 1996: 104) zu enden.

Nach Hobbes ist der Mensch ein sprachbegabtes Wesen, das sich durch die Fähigkeit der Ansammlung von Erfahrungen, auf die es auch zurückgreifen kann, als Gattung auszeichnet.

Er ist in der Lage, aus Erfahrungen zu lernen und auf ihrer Grundlage Konsequenzen, die sein Handeln nachziehen, voraussagen. Diese zukunftsorientierte Anwendung von Erfahrungen nennt Hobbes „Klugheit“ (Hobbes 1996: 20).

Neben dieser grundlegenden Intelligenz ist der Mensch geprägt von dem ewigen Streben. Dieses Streben ist eine natürliche Veranlagung und wird beeinflusst von Antrieben, „Leidenschaften“, wie "Trieb, Verlangen, Liebe, Abneigung, Hass, Glücksgefühl und Kummer“ (Hobbes 1996: 44). Das Ziel all seines Strebens ist die Selbsterhaltung, welche Hobbes als das „erste Gut“, das „primum bonnum“ bezeichnet. „ Da das Leben selbst nichts anderes ist als Bewegung ist und deshalb nie ohne Verlangen und Frucht sein kann, ebenso wenig wie ohne Empfindungen“ (Hobbes 1996: 51), muss der Mensch seiner allgegenwärtigen Leidenschaft rastlos nachgehen und kann nie den „letzten Zweck“ (finis ultimus) erreichen, wie es z.B die Lehre des Aristoteles vertritt.

Die Selbsterhaltung hat als primum bonnum die absolute Priorität als Handlungsmotiv, sodass das Ziel aller Handlungen der „ständige Erfolg im Erlangen von Dingen, die man von Zeit zur Zeit begehrt“ (Hobbes 1996: 51) im Gegenzug die Vermeidung des gewaltsamen, unnatürlichen Todes (primmum malum) ist (vgl. Chwaszcza 1996: 96).

Die Bewertung der erstrebten Objekte ist von der subjektiven Auffassung des Individuums abhängig. So strebt es nicht nach einem Objekt, weil es gut ist, sondern weil es nach ihm strebt, ist es gut (vgl. Chwaszcza 1996: 92). „Denn die Wörter gut, böse und verächtlich werden immer in Beziehung zu der Person gebraucht, die sie benützt, denn es gibt nichts, was einfach und an sich so ist“ (Hobbes 1996: 42). Der Mensch ist also nicht an normative Wertevorstellungen gebunden, sondern kann subjektiv entscheiden, welche einzelne Objekte, abhängig von seinen Trieben, er erstrebt.

Zwar ist der Mensch auf Grund seines angeborenen Drangs zur Selbsterhaltung unfrei hinsichtlich der Objekte seiner Verlangens und seiner Abneigung, jedoch frei hinsichtlich seiner Handlungen (vgl. Chwaszcza 1996: 97).

Der Mensch handelt nicht impulsiv, sondern seine Handlungen sind „von einem vorher gedachten Wohin, Wodurch und Was “ (Hobbes 1996: 40) abhängig.

Durch die Fähigkeit, sich an vergangene Handlungen und Handlungskonsequenzen zu erinnern, sammelt der Mensch Erfahrungen (vgl. Chwaszcza 1996: 86). Auf diese Erfahrungen greift er zurück und wägt seine verschiedenen Neigungen und die daraus resultierenden Handlungsoptionen gegeneinander ab und bewertet sie. Die Neigung, welche im Abwägungsprozess dominiert und sich als die aussichtsreichste erweist, bezeichnet Hobbes als Wille.Wille ist also der letzte Trieb beim Überlegen “ (Hobbes 1996: 49).

An dieser Stelle wird die Doppelnatur des Menschen deutlich. „Er ist ein natürliches Wesen und ein reflektierendes Wesen, beides unaufhebbare Bestimmungen“ (Bartuschat 1981: 21).

So muss er auf der einen Seite seinem natürlichen Drang des rastlosen Strebens nach Objekten der Begierde oder der Ablehnung zur Selbsterhaltung nachgehen. Auf der anderen Seite ist er diesen Trieben nicht vollkommen wehrlos ausgesetzt, sondern kann reflektieren und überlegen, welche Handlungsweise für ihn als die beste erscheint. So besitzt die Vernunft des Menschen einen mittelbaren Einfluss auf seine Handlungen (vgl. Chwaszcza 1996: 98).

Die Doppelnatur ist auch der Grund für das unaufhörliche Machtstreben des Menschen. Laut Hobbes sind alle Menschen hinsichtlich ihrer physischen und psychischen Fähigkeiten gleich. Da die Menschen in einer Knappheitswirtschaft leben und jeder über das gleiche Potenzial zur Güteraneignung verfügt, sieht der Mensch rational ein, dass er sich immer mehr Macht aneignen muss, um sich gegen seine Konkurrenz zu behaupten. Er strebt also nicht um der Macht willen, sondern auf Grund der Selbsterhaltung. Denn „die gegenwärtige Macht und die Mittel... [können] ohne den Erwerb zusätzlicher Macht“ (Hobbes in: Chwaszcza 1996: 105) ein angenehmes Leben nicht sicherstellen. Dieses Machtstreben eskaliert im Naturzustand und führt zum „Krieg aller gegen alle“

(Hobbes 1996 : 104).

2.2 Der Naturzustand als „ Krieg aller gegen alle “

Der Naturzustand ist ein hypothetisches Konstrukt, das das Leben und das Verhalten der Menschen außerhalb der bürgerlichen Gesellschaft und ohne eine höhere, machtbesitzende Instanz aufzeigen soll.

Im Naturzustand treffen nun die Menschen, die auf Grund ihrer Anthropologie gleich hinsichtlich ihrer physischen und psychischen Fähigkeiten geschaffen sind und rastlos danach streben, ihr eigenes Dasein zu erhalten, aufeinander (vgl. Zerb 1988: 17).

Jeder ist in erster Linie um die Erhaltung seines eigenen Lebens und die Beschaffung der dazu nötigen Güter bemüht. Jedoch sind die Güter im Naturzustand nur knapp bemessen und die Menschen müssen untereinander darum konkurrieren. Da jedoch das Gleichheitspostulat das Ausbilden einer natürlichen Herrschaftsordnung unmöglich macht, führt die Konkurrenz nicht zu einer Über- bzw. Unterlegenheit, sondern zur Feindschaft. „Und wenn daher zwei Menschen das gleiche verlangen, in dessen Genuss sie dennoch beide nicht kommen können, werden sie Feinde“ (Hobbes 1996 : 103).

Das Wissen um die natürliche Gleichheit löst bei dem Individuum eine generelle Unsicherheit aus, da es immer damit rechnen muss, von seinen Feinden angegriffen und ggf. getötet zu werden. Um dem zuvor zukommen, greift es seine Gegner präventiv an (vgl. Schmidt/Zintl 2006: 35).

Die konfliktreiche Situation im Naturzustand wird durch das menschliche Streben nach sozialer Anerkennung noch verstärkt. Erfährt der Mensch Verachtung oder Geringschätzung, so wird von dem Verletzten Gewalt eingesetzt, um dem Kränkenden bzw. anderen Unbeteiligten vor Augen zu führen, welche Folgen eine Missachtung seiner Person mit sich bringt (vgl. Schmidt/Zintl 2006: 35).

Aus den oben aufgeführten Punkten ergibt sich, dass aus der natürlichen Gleichheit Unsicherheit entsteht und aus der Unsicherheit Krieg. So sind auch eigentlich friedlich gesinnte Personen gezwungen aggressiv und präventiv zu agieren, was im „Krieg aller gegen alle“ (Hobbes 1996: 104) endet.

Das von den oben genannten Gesichtspunkten geprägte Leben im Naturzustand beschreibt Hobbes als “einsam, armselig, vertiert und kurz“ (Hobbes 1996: 105).

Die Menschen befinden sich in dem Dilemma, dass rationales Verhalten nur zur Verschlimmerung der Lage führt. Je mehr sie versuchen, sich rational um die Erhaltung ihrer selbst zu bemühen, desto mehr nimmt die Unsicherheit und das Konfliktpotenzial zu (vgl. Garmaier 2009: 32).

[...]

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Freiheit und Sicherheit in Hobbes "Leviathan"
Untertitel
Erfüllt die Freiheitsaufgabe der Untertanen durch die Unterwerfung unter den Leviathan den Zweck der Sicherheitsgewährung?
Note
1,0
Jahr
2010
Seiten
14
Katalognummer
V341479
ISBN (eBook)
9783668312326
ISBN (Buch)
9783668312333
Dateigröße
414 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
freiheit, sicherheit, hobbes, leviathan, erfüllt, freiheitsaufgabe, untertanen, unterwerfung, zweck, sicherheitsgewährung
Arbeit zitieren
Anonym, 2010, Freiheit und Sicherheit in Hobbes "Leviathan", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341479

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