Alojzije Stepinac (1898–1960) – sein Leben und Wirken im Zweiten Weltkrieg – sorgt bis zum heutigen Tag für heftige Diskussionen. Zur Person des Kardinals, der in der Zeit von 1937 bis 1960 als Erzbischof von Zagreb wirkte, bestehen unterschiedlichste Interpretationen. Auslöser der verstärkten Diskussionen waren die Seligsprechung Stepinacs im Jahr 1998 durch Papst Johannes Paul II., der Verdacht kroatischer Kirchenkreise, dass der Erzbischof und Kardinal vergiftet wurde als auch die Annahme, dass Alojzije Stepinacs Leichnam ohne Herz beigesetzt wurde. Bis heute ist die Forschung von gegensätzlichen als auch vereinfachten Darstellungen der Sachverhalte geprägt.
Da ich selbst aus Kroatien stamme, war ich im Rahmen meines Slawistikstudiums an der Kulturgeschichte des südslawischen Sprachraumes besonders interessiert. Während meines Studiums hatte ich die Möglichkeit, einen guten Einblick in den vielfältigen Kulturraum zu gewinnen. Seit Jahrhunderten sind hier Katholizismus und Orthodoxie, später auch der Islam vertreten. Die Länder des ehemaligen Jugoslawiens befinden sich an der Schnittstelle zwischen dem lateinischen Westen und dem orthodoxen Osten. Hier stießen und stoßen Interessen der weltlichen und kirchlichen Mächte aufeinander. Die Beziehungen zwischen Kirche und der staatlichen Macht änderten sich im Laufe der Geschichte immer wieder (Zerfall des Römischen Reiches, Kirchenspaltung, Osmanenzeit, Balkankrise, Erster und Zweiter Weltkrieg u. a.). Viele ungelöste Fragen führten in diesem Raum zu Unruhen und kriegerischen Auseinandersetzungen.
Diese historischen Tatsachen stellten mich vor die Frage, wo die eigentlichen Ursachen des dauerhaften Konflikts zwischen den Serben und Kroaten liegen könnten. Die Gründe dafür sind in Machtinteressen von Staat und Kirche zwischen Ost und West zu suchen. Ihr Konkurrenzkampf lässt sich bis in die byzantinische und osmanische Zeit zurückverfolgen. Wie in der älteren Geschichte, gab es auch in der Zeit der Zugehörigkeit dieser Gebiete zur Österreichisch-ungarischen Monarchie bzw. dem Königreich Serbien auf beiden Seiten ständige Bestrebungen nach weltlicher und kirchlicher Macht. Diese Thematik und die Frage rund um Alojzije Stepinac wurden letztlich zum Thema meiner Masterarbeit. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Ausgangspunkt und Zielsetzung der Arbeit
- 1.2 Zum Inhalt
- 2 Theoretisches
- 2.1 Begriffserklärung 'objektiv' vs. 'subjektiv'
- 2.2 Datenerhebungsformen
- 3 Interviews im Rahmen eigener Feldforschung
- 3.1 Interviews mit zwei Gewährspersonen.
- 3.2 Eigene Beobachtungen in der Zagreber Kathedrale
- 4 Zur Forschungslage
- 4.1 Wissenschaftliche Erkenntnisse anhand neu zugänglicher Quellen
- 4.2 Kroatische und serbische Historiographie und Werke über Alojzije Stepinac
- 5 Historischer Einblick in die Beziehungen von Kirche und Staat
- 5.1 Kirche vs. Staat - Ziele zur Konfliktvermeidung
- 5.2 Kirche und Staat in der südslawischen und kroatischen Geschichte
- 6 Alojezije Stepinac: Leben und Wirken
- 6.1 Kindheit, Ausbildung und Studienjahre
- 6.2 Priesterdienst und Kandidatur als Kodajutor
- 6.3 Stepinac als Erzbischof-Kodajutor und als Diözesan-Erzbischof
- 7 Alojzije Stepinac im Zwiespalt der historischen Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg
- 7.1 Geschichtliche Eckdaten
- 7.1.1 Die Zeit des Nazismus, Faschismus und Kommunismus
- 7.1.2 Kriegerische Geschehnisse im Zweiten Weltkrieg
- 7.1.3 Der Unabhängige Staat Kroatien (NDH) (1941–1945) und seine staatliche Stellung
- 7.1.4 Beziehungen des Heiligen Stuhls zur deutschen Reichsregierung und zum Unabhängigen Staat Kroatien
- 7.2 Stepinac in der Kriegszeit.
- 7.2.1 Stepinacs Einstellung zum Kommunismus .
- 7.2.2 Stepinacs Verhältnis zu den katholischen Slowenen und den Orthodoxen
- 7.2.3 Kirchenübertritte der Orthodoxen zum Katholizismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit befasst sich mit der Person Alojzije Stepinac, Erzbischof von Zagreb, und seiner Rolle im Spannungsfeld zwischen Kirche und Staat im 20. Jahrhundert. Der Fokus liegt auf der Analyse der historischen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs und deren Auswirkungen auf Stepinacs Leben und Wirken, sowie auf dem Prozess seiner Kanonisation.
- Stepinacs Leben und Wirken im Kontext der historischen Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs
- Stepinacs Verhältnis zum Kommunismus und zum Unabhängigen Staat Kroatien
- Die Rolle der Kirche im Kontext der politischen und gesellschaftlichen Veränderungen im 20. Jahrhundert
- Der Prozess der Kanonisation von Alojzije Stepinac
- Die Kontroversen und Debatten um Stepinacs Person und seine Rolle in der Geschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt und die Zielsetzung der Arbeit vor und erläutert den Inhalt der Masterarbeit. Das Kapitel "Theoretisches" befasst sich mit den Begriffen "objektiv" und "subjektiv" sowie mit Datenerhebungsformen, die für die Forschung relevant sind. Kapitel 3 behandelt die eigenen Feldforschungen, die Interviews mit zwei Gewährspersonen und eigene Beobachtungen in der Zagreber Kathedrale beinhalten. In Kapitel 4 wird die Forschungslage zum Thema Stepinac und die relevanten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus neu zugänglichen Quellen sowie aus der kroatischen und serbischen Historiographie vorgestellt. Kapitel 5 gibt einen historischen Einblick in die Beziehungen zwischen Kirche und Staat in der südslawischen und kroatischen Geschichte. Kapitel 6 beleuchtet Stepinacs Leben und Wirken, seine Kindheit, Ausbildung, seine Zeit als Priester und seine Ernennung zum Erzbischof von Zagreb. Schließlich widmet sich Kapitel 7 Stepinacs Rolle im Zweiten Weltkrieg, untersucht seine Einstellung zum Kommunismus, sein Verhältnis zu den katholischen Slowenen und den Orthodoxen, und beleuchtet den Prozess der Kirchenübertritte der Orthodoxen zum Katholizismus.
Schlüsselwörter
Alojzije Stepinac, Erzbischof von Zagreb, Kirche und Staat, Zweiter Weltkrieg, Kommunismus, Unabhängiger Staat Kroatien (NDH), Kanonisation, Historiographie, Südslawen, Kroatien, Serbien, Katholizismus, Orthodoxie.
- Quote paper
- Diana Stanic (Author), 2016, Alojzije Stepinac (1898–1960) Erzbischof von Zagreb. Im Zwiespalt zwischen Kirche und Staat und der Prozess seiner Kanonisation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341795