Oft ist klar, wer der Held oder die Heldin einer Geschichte ist und mit wem der Leser mitfiebert. Manchmal ist das Mitgefühl des Lesers auch auf mehrere Hauptfiguren verteilt. Wodurch wird dieses Mitgefühl hervorgerufen? Ich denke, es ist der Erzähler, der seine Leser bestimmten Figuren mit mehr Anteilnahme folgen lässt als anderen. Auf der Rezipientenseite lassen sich Thesen bezüglich der Identifikationsfiguren methodisch schwer belegen, weil man eine empirische Studie machen müsste, und das liegt meist nicht im Möglichkeitsbereich eines Studenten. Aber die andere Seite kann erforscht werden: der Erzähler der Geschichte. Damit ist nicht der reale Autor gemeint, sondern die Erzählstimme, die die Geschichte wiedergibt, also den eigentlichen Akt der Narration vollbringt.
Der Roman, der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit ist, hat mit der Figur des Daniel Bello einen Helden, wie er heldenhafter kaum sein könnte: Schön, gebildet, gewandt, mutig, liebevoll seinen Freunden gegenüber, seiner Geliebten treu ergeben- und ein bisschen skrupellos, wenn er andere ausnutzt oder erpresst, um seine Ziele zu erreichen. Immer im Dienste der guten Sache natürlich. Es handelt sich um den Roman „Amalia“, geschrieben in den 1850er Jahren von José Marmol unter dem Eindruck der Diktatur von Juan Manuel de Rosas in Argentinien. Die gute Sache ist es, gegen diesen Tyrannen und die Barbarei, die ihn umgeben und stützen, zu kämpfen. Und wer ist Amalia? Laut meiner These ist sie eine wichtige Identifikationsfigur, da der Erzähler sie benutzt, um dem Leser besonders deutlich zu machen, wer „gut“ und „böse“ innerhalb des Wertesystems des Romans ist. Daniel ist dem Leser stets einen Schritt voraus, dieser folgt dem Helden staunend und versteht nicht immer die Intrigen, die Daniel ersinnt. Amalia hingegen fühlt, was der Leser auch fühlt, und bietet ihm daher die Möglichkeit, sich wiederzufinden, sich mit ihr zu identifizieren. Ich möchte in dieser Arbeit versuchen, zu zeigen, wie durch die Sichtweise des Erzählers diese Identifikation geschaffen wird. Ich werde untersuchen, wie die Figur Amalias den Verlauf der Geschichte beeinflusst und wie die Erzählperspektive in Szenen, in deren Mittelpunkt sie steht, konstruiert ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Roman
- Einführung
- Forschungsstand
- Textanalyse
- Einführung
- Theoretische Grundlage der Arbeit
- Der Erzähler
- Die Funktion Amalias für den Fortgang der Geschichte
- Kurze Zusammenfassung und Wiederholung der Fragestellung
- Analyse relevanter Textstellen mit Blick auf die Positionierung des Erzählers
- Schluss
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Identifikationsfigur Amalia in José Marmols Roman „Amalia“ und analysiert, wie der Erzähler die Figur nutzt, um dem Leser das Werte- und Moralverständnis des Romans zu vermitteln. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, wie die Erzählperspektive in Szenen, in denen Amalia im Mittelpunkt steht, konstruiert ist und wie dies zur Identifikation des Lesers mit der Figur beiträgt.
- Die Figur Amalia als Identifikationsfigur im Roman „Amalia“
- Die Rolle des Erzählers bei der Gestaltung der Identifikation des Lesers
- Die Analyse der Erzählperspektive in Szenen, in denen Amalia im Mittelpunkt steht
- Die Konstruktion des Wertesystems im Roman durch die Figur Amalia
- Die Bedeutung des politischen und historischen Kontextes für die Entstehung des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt den Leser in die Thematik der Identifikationsfiguren im Roman ein. Sie diskutiert die Herausforderungen bei der Untersuchung der Identifikation des Lesers und stellt den Erzähler als Untersuchungsgegenstand vor. Der Roman „Amalia“ und die Figur des Daniel Bello werden vorgestellt, und die Bedeutung der Figur Amalia als Identifikationsfigur wird aufgezeigt. Die Einleitung formuliert die Forschungsfrage und die Ziele der Arbeit.
Der Roman
Einführung
Dieser Abschnitt beleuchtet den historischen und politischen Hintergrund des Romans „Amalia“. Es wird auf die Diktatur von Juan Manuel de Rosas in Argentinien und die politische Opposition gegen ihn eingegangen. Die Entstehung des Romans im Kontext der Auseinandersetzung zwischen der Partei der Unitarier und der Föderalisten wird beschrieben, und die Bedeutung des Romantischen Denkens für das Werk wird betont.
Textanalyse
Einführung
Die Textanalyse beginnt mit einer kurzen Einführung in die theoretische Grundlage der Arbeit. Die Arbeit greift auf die Erzählerkonzeption von Gerard Genette zurück, die verschiedene Erzählerpositionen und Sichtweisen definiert.
Theoretische Grundlage der Arbeit
Dieser Abschnitt erklärt die theoretischen Ansätze, die für die Analyse des Romans verwendet werden, insbesondere die Erzählerkonzeption von Gerard Genette. Die Definition der verschiedenen Erzählerpositionen und Sichtweisen wird vorgestellt.
Der Erzähler
Dieser Abschnitt beschreibt die Eigenschaften des Erzählers in dem Roman „Amalia“ und untersucht seine Rolle bei der Gestaltung des Romans. Es wird insbesondere auf die Art und Weise eingegangen, wie der Erzähler die Figur Amalia benutzt, um bestimmte Werturteile zu kommunizieren.
Die Funktion Amalias für den Fortgang der Geschichte
Dieser Abschnitt analysiert die Rolle der Figur Amalia für die Handlung des Romans. Es wird untersucht, wie Amalia das Geschehen beeinflusst und wie ihre Handlungen die Geschichte voranbringen.
Kurze Zusammenfassung und Wiederholung der Fragestellung
Dieser Abschnitt wiederholt kurz die Forschungsfrage und die bisherige Argumentation der Arbeit. Er bereitet den Leser auf die Analyse relevanter Textstellen vor.
Analyse relevanter Textstellen mit Blick auf die Positionierung des Erzählers
Dieser Abschnitt analysiert ausgewählte Textstellen, die Amalia zeigen, im Hinblick auf die Positionierung des Erzählers und seine Funktion bei der Herstellung der Identifikation des Lesers mit Amalia. Es wird untersucht, wie die Erzählperspektive in diesen Szenen konstruiert ist und welche Auswirkungen diese auf das Verständnis des Lesers hat.
Schlüsselwörter
Identifikationsfigur, Erzählperspektive, Fokalisierung, Roman, Amalia, José Marmol, Juan Manuel de Rosas, Diktatur, Unitarier, Föderalisten, Romantisches Denken, Argentinien
- Arbeit zitieren
- Dinah Stratenwerth (Autor:in), 2003, 'Amalia estaba aturdida' - Die Titelheldin in Josè Marmols Roman "Amalia" als Identifikationsfigur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34190