Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Zwangsehen heute in Deutschland
2.1 Was können Sozialarbeiter/innen tun
2.2 Der Unterschied zwischen Zwangsehen und arrangierten Ehen
2.3 Historische Entwicklungen
2.4 Menschenrechte
2.5 Ethische Grundsätze in der S.A. im Umgang mit Zwangsehen
3. Fazit
Quellenangaben
1. Einleitung
Auf den folgenden Seiten werde ich das Thema „Ethische Konzepte und ihre Bedeutung im Rahmen der Sozialen Arbeit“ am Beispiel von Zwangsehen im Bezug auf Menschenrechte behandeln. Hierbei werde ich besonders auf die für Sozialarbeiter in der Praxis sehr relevante ethische Reflektionskompetenz eingehen. Das Thema Zwangsehen und Ehrenmord ist im Frühjahr 2005 in den Blick der Öffentlichkeit gerückt. Trauriger Anlass hierfür war der Tod einer jungen Frau, die aus einer kurdischen Familie stammte. Die junge Frau aus Berlin hatte sich aus ihrer Zwangsehe befreit, und wurde daraufhin erneut Opfer ihrer eigenen Familie. Anschließend berichteten die Medien über den Ehrenmord, patriarchalische Vorstellungen von Geschlechterehre und autoritären Familienstrukturen. Mit Blick auf Migrantenmilieus diskutierte die Öffentlichkeit nicht immer sachlich korrekt über die Lebensweise der Migrantenfamilien in Deutschland und den schrecklichen Tod der jungen Frau. Diese Debatte war längst überfällig, handelt es sich bei Zwangsehen doch um Menschenrechtsverletzung, und dies in einer freien Gesellschaft. Die Vereinten Nationen haben erklärt, dass Zwangsverheiratung gegen das Recht auf Freiheit der Eheschließung verstößt. ( vgl. Essay, Zwangsheirat und multikulturelle Gesellschaft; Heiner Bielefeld, S. 4 - 5) Die Profession der Sozialen Arbeit befasst sich mit diesem Problem schon länger, hierbei stellen sie sich immer die Frage nach dem richtigen Handeln. Es ist nicht einfach richtig zu Handeln, da es für diese Probleme keine General Lösung gibt, auch existiert kein Bauplan nach dem Motto, wenn sie Brett A mit Schraube B fixieren wird alles gut. Die Sozialarbeiter/innen sind darauf angewiesen, Ihr Handeln immer wieder zu reflektieren. Bei der Arbeit mit Migranten ist es wichtig zu wissen, dass wir Sozialarbeiter von den Klienten oft mit Skepsis betrachtet werden, da wir dem System angehören und teilweise als Bedrohung wahrgenommen werden. Dieses Wissen eröffnet uns die Chance, ethisch verantwortlich zu handeln, unser Handeln kritisch zu reflektieren und uns mit den ethischen Dilemmata unserer alltäglichen Arbeit auseinander zu setzen. (Ethische Konflikte in der Sozialarbeit; Peter Pantucek, Bratislava 2001) Auf den nächsten Seiten wird dies ausführlich behandelt und auch der Kulturelle Hintergrund beleuchtet. Warum zwingen die Eltern ihre Kinder zu heiraten? Was sind ihre Beweggründe?
Was ist wichtig für die Arbeitsweise von Sozialarbeitern? Warum gibt es in Deutschland Zwangsehen? Wie können wir mit ethischen Konflikten in der Sozialen Arbeit umgehen? Diese Fragen werde ich versuchen hier zu klären.
2. Zwangsehen heute in Deutschland
Wie kann das sein, Zwangsehen mitten in Deutschland, hier wo wir emanzipiert, frei und demokratisch leben. In einem Land in dem alle Menschen die gleichen Bildungschancen haben sollen. In unserer Multikulturellen Gesellschaft, in der nach der Idealvorstellung jeder frei und selbstbestimmt leben kann. Seit 2005 weiß es ganz Deutschland, es gibt hier Zwangsehen und Ehrenmorde. Warum ist dies so? Die Migrantenfamilien leben häufig schon seit Generationen in Deutschland. Manche von Ihnen sehr westlich, andere in ihrer eigenen Kultur mit teils alt hergebrachten Werten und Traditionen. Diese traditionsbewusste Lebensweise wirkt selbst auf Besucher aus der alten Heimat häufig befremdlich. Dieses Phänomen ist ganz leicht erklärbar. In den 50ern kamen diese Familien als Gastarbeiter nach Deutschland. Am Beispiel der Türkei; die Männer kamen aus ihren türkischen Dörfern der 50er/60er Jahre zum Arbeiten nach Deutschland. Bald holten Sie ihre Familien nach, und lebten zusammen mit anderen Gastarbeitern aus Italien, Jugoslawien und anderen Ländern in Mietkasernen. Um sich ein Stück Heimat zu bewahren, verbrachten Sie häufig die meiste Zeit mit ihren Landsleuten. Da die meisten auch kaum deutsch sprachen, hielten sie sich vorzugsweiße in ihrem Kulturkreis auf. Sie pflegten die Werte und Traditionen aus ihrer Heimat der 50er/60er Jahre. Die heutige Generation der türkischen „Gastarbeiterkinder“ ist in zweiter oder dritter Generation in Deutschland, ihre Heimat ist zum Urlaubsland geworden. Einige dieser Familien pflegen ihre alten Traditionen besonders stark, ihr Werte Bild und ihre Ethik beruhen auf der Sozialisation die ihnen ihre Eltern und Großeltern mitgaben, es sind die Werte Vorstellungen der 50er/60er Jahre. In der Islamischen Subkultur ist die Familienehre von enorm großer Bedeutung. Diese Gesellschaft ist patriarchalisch geprägt, es herrscht ein vollkommen anderes Frauenbild als in der westlichen Welt. Die autoritär geprägten Familien pflegen einen patriarchalischen Ehrenkodex, unter den überspitzten Ansprüchen ihrer Familien leiden vor allem Frauen. Als Kinder wird in extremen Fällen ihre Freizeitgestaltung eingeschränkt, wenn sie dann im Teenager alter sind, werden sie zwangsverheiratet und erleben die Ehe als Gefängnis mit einer Serie von Vergewaltigungen. (vgl. S.6 ff. Essay, Zwangsheirat und multikulturelle Gesellschaft, Heiner Bielefeld) Warum tun Eltern ihren Töchtern so etwas an? Die Antwort ist, sie haben Angst um ihre Töchter und die Familienehre. Die Jungfräulichkeit ist das kostbarste Gut für diese Familien, diese gilt es unter allen Umständen zu erhalten. Daher werden die jungen Frauen so früh wie möglich verheiratet. Besonders wenn die Mädchen für die ethischen Ansprüche der Eltern einen zu westlichen Lebensstill führen, greifen diese aus Hilflosigkeit zur Zwangsehe. Durch dieses Handeln beschneiden die Eltern häufig auch das Bildungsrecht der Mädchen. Diesen Kreislauf aus Rechte Entzug und Missbrauch gilt es zu beenden.
2.1 Was können Sozialarbeiter/innen tun
Die Sozialarbeiterische Intervention in diesem Milieu wirft für die Sozialarbeiter/innen ethische Konflikte auf. Die häufig westlich geprägten Sozialarbeiter/innen haben selbst ein vollkommen anderes Frauenbild, Ihre Sozialisation ist meist eine gleichberechtigte. Es ist äußerst schwierig bei der Analyse und der Erstellung eines Handlungskonzeptes die subjektive Wirklichkeitswahrnehmung angemessen zu verarbeiten und somit im Interesse der Klienten zu handeln. Denn wir sind eine Art Dienstleister, beauftragt von unseren Klienten oder dem Staat, die Klienten nehmen unsere Hilfsangebote meist freiwillig an. Soziale Arbeit sollte nicht bestimmte Lebensweisen einreden oder gar aufzwingen. Mit einer solchen Handlungsweise treibt man die Klienten nur weg. Wertschätzung und Anerkennung der Kompetenzen sind wichtig, nur so können die Klienten Hilfe zur Selbsthilfe annehmen. Sozialarbeiter sollten anerkennen dass die Klienten Experten ihrer Lebenswelt und ihrer Kultur sind. Sozialarbeiter/innen teilen die Regeln und Normen der westlichen Gesellschaft von der sie beauftragt werden. Unsere Gesellschaft hat genaue Vorstellungen von Menschenwürde und gutem Leben. Es existieren Normen und Gesetze die wir für wichtig erachten, zum Beispiel ist die Schulpflicht und der Zugang zu Bildung für alle ein wichtiger Punkt in unserer Kultur. Unverständnis und Empörung ist die verbreitete Reaktion, wenn Mädchen oder auch Jungen aus bestimmten Kulturkreisen nicht zur Schule gehen. Häufig haben die Eltern Angst, dass ihre Töchter im gemeinsamen Unterricht mit den Jungs besonders im Sport oder beim Schwimmen in Gefahr sein könnten. Natürlich haben die Migrantenfamilien ein Anrecht auf das Ausleben ihrer Religion und Kultur, dies steht sogar im Grundgesetz. Aber ihre Kinder und Frauen haben auch ein Recht auf Bildung und Wahrung ihrer Menschenwürde, auch dies steht im Grundgesetz. Genau hier liegt die Schwierigkeit für Soziale Arbeit, die richtige Balance zwischen Achtung der Kultur und der Wahrung der Menschenwürde also die richtige Umsetzung des Grundgesetzes zu finden. Wo liegt also das Ziel der Sozialen Arbeit in dieser Multikulturellen Gesellschaft? Das Ziel ist es die Menschenrechte zu schützen und zu fördern, um hierdurch die Lebensqualität der Klienten zu verbessern. Um dies erreichen zu können, bedarf es guter wissenschaftlich fundierter Arbeitsweisen. In dem Text „Soziale Arbeit als wissenschaftlich fundierte Praxis“ von Hildruth v. Spiegel macht diese deutlich, dass wissenschaftlich fundierte Praxis in erster Linie fundiertes Fachwissen bedarf. Durch das Kennen einflussreicher Theorien der verschiedensten Bezugsdisziplinen der Sozialen Arbeit und das systematische Anwenden dieser kann der Sozialarbeiter in der Praxis wissenschaftlich fundiert arbeiten. Der Sozialarbeiter muss in der Lage sein, Theorien mit einer Aufgabe oder einem Problem in Verbindung zu setzen und hier raus einen Nutzen zu ziehen. Da die Klienten von der guten Arbeit der Sozialarbeiter abhängig sind und auf deren Fachwissen vertrauen, ist es wichtig, dass die Sozialarbeiter sich nicht von ihrer subjektiven Wahrnehmung leiten lassen, sondern ihre im Gespräch mit dem Klienten gewonnenen Erkenntnisse durch eine systematische Vorgehensweise so neutral wie möglich halten. Indem sie verschiedene Konzepte anwenden und bei ihren Fallanalysen wissenschaftlich vorgehen, erreichen sie eine Distanzierung und Objektivierung und können so Probleme und Situationen unterschiedlich wahrnehmen und somit andere Zusammenhänge und Lösungsmöglichkeiten erkennen. Durch diese wissenschaftlichen Arbeitsweisen erreichen die Sozialarbeiter ihre Professionalität, durch die sich ihre Arbeit auszeichnet. Diese Wissenschaftliche Arbeitsweise ermöglicht eine ethisch fundierte Arbeit auf Augenhöhe mit den Klienten. Johannes Herbig-Lampp vertritt in seinem Text „Welche Theorie braucht Soziale Arbeit?“ den Standpunkt dass die subjektiven Wirklichkeitskonstruktionen der beteiligten und die Auseinandersetzung mit diesen einen elementaren Grundstein für die Soziale Arbeit darstellt.
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