Es ist der Neurowissenschaftler und Philosoph Antonio Damasio (2000), der die Frage nach den Verdiensten des Bewusstseins stellt: „Wozu ist das Bewusstsein eigentlich gut, wenn denn ein so großer Teil der Lebensregulation problemlos ohne bewusste Verarbeitung geleistet wird?“ (ebd. S. 362f.). Seine einfache Antwort: Es dient der Erweiterung des geistigen Horizonts, es findet neue Mittel zur Lösung von neuen Problemen, es kann eine Verbindung herstellen zwischen unbewussten Prozessen und sich selbst, es kann Sinneswahrnehmungen zu neuen Vorstellungen zusammenfügen (Kreativität), es kann planen, entwerfen und vorhersagen, es kann für das Eigeninteresse sorgen, und neue Reaktionen auf die Umwelt und zu sich selbst entwickeln.
Vermutlich haben Geist oder Bewusstsein eine gemeinsame physiologische Grundlage. Dies angenommen, dann wäre der physiologische Prozess und der Bewusstseinsinhalt immer noch zwei verschiedene Dinge. So wie eine elektromagnetische Welle und eine Farbe verschiedene Dinge sind. Es ist durchaus denkbar, dass der Geist ab einer bestimmten Entwicklungsstufe eine zumindest partielle Autonomie gegenüber den physiologischen Prozessen gewinnt oder diese beeinflusst. Das könnte dazu führen, dass nicht nur physiologische Prozesse psychische Prozesse verursachen, sondern psychische Prozesse auch physiologische Prozesse beeinflussen. Dabei würde die echte individuelle Freiheit entstehen, weil Kognition und Handlung in den Dienst der Selbsterhaltung gestellt werden könnte. Um diese gewagte Annahme einzulösen sind noch erhebliche gemeinsame Bemühungen von Neurowissenschaft, Psychologie und Philosophie notwendig.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung
- Diskussion der zentralen Begriffe und Anspruch der Arbeit
- Der freie Wille und neuronaler Determinismus
- Die philosophische Perspektive
- Die neurowissenschaftliche Perspektive
- Ausgewählte Experimente der Neurowissenschaften
- Die Libet Experimente
- Die Experimente von Haggard & Eimer
- Die Experimente der Forschergruppe um John-Dylan Haynes
- Der Punkt ohne Wiederkehr
- Die Interdependenz von bewussten und unbewussten Prozessen
- Die Beeinflussung unbewusster Prozesse durch bewusste Intentionen und Vorsätze: Freiheit im Gehirn!
- Ausgewählte Experimente der Neurowissenschaften
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, wie der menschliche Wille im Spannungsfeld zwischen Determinismus und Freiheit betrachtet werden kann. Dazu werden Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften, der Psychologie und der Philosophie in Beziehung gesetzt, um die Interdependenz von bewussten und unbewussten Prozessen zu beleuchten.
- Die Verbindung von freiem Willen und neuronalem Determinismus
- Die Rolle von bewussten und unbewussten Prozessen bei der Willensbildung
- Die philosophischen Konzepte von Freiheit und Willensfreiheit
- Die Bedeutung von Experimenten der Neurowissenschaften für die Erforschung des Willens
- Die Frage nach der Freiheit im Gehirn im Kontext von bewussten Intentionen und Vorsätzen
Zusammenfassung der Kapitel
- Vorbemerkung: Die Arbeit setzt sich mit dem Begriff des freien Willens und seiner Bedeutung für das menschliche Selbstbild auseinander, wobei die Interdependenz von bewussten und unbewussten Prozessen im Vordergrund steht.
- Diskussion der zentralen Begriffe und Anspruch der Arbeit: Die Arbeit grenzt die Begriffe "Wille" und "Freiheit" voneinander ab und stellt den Anspruch, verschiedene Ansätze und Forschungsergebnisse aus den Neurowissenschaften darzustellen, um die Interdependenz von bewussten und unbewussten Prozessen zu beleuchten.
- Der freie Wille und neuronaler Determinismus: Die Arbeit diskutiert die neurowissenschaftliche Sichtweise auf den freien Willen, die ihn als Illusion darstellt, da unbewusste Prozesse bereits aktiv sind, bevor eine bewusste Entscheidung getroffen wird.
- Die philosophische Perspektive: Die Arbeit stellt das naturalistische Konzept von John Searle vor, das Bewusstsein als eine höherstufige biologische Eigenschaft des Gehirns begreift, ohne es auf seine neuronalen Grundlagen zu reduzieren.
- Die neurowissenschaftliche Perspektive: Die Arbeit präsentiert ausgewählte Experimente der Neurowissenschaften, wie die Libet-Experimente, die Haggard & Eimer-Experimente und die Experimente der Forschergruppe um John-Dylan Haynes. Diese Experimente untersuchen die Rolle unbewusster Prozesse bei der Willensbildung.
- Die Interdependenz von bewussten und unbewussten Prozessen: Die Arbeit beleuchtet die Interaktion zwischen bewussten Intentionen und unbewussten Prozessen im Gehirn und untersucht, wie bewusste Entscheidungen durch unbewusste Prozesse beeinflusst werden können.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Schlüsselbegriffe "freier Wille", "neuronaler Determinismus", "bewusste und unbewusste Prozesse", "Neurowissenschaften", "Philosophie", "Selbstbild", "Selbstbestimmung", "Handlungssteuerung" und "Interdependenz". Die Arbeit untersucht die Interdependenz von bewussten und unbewussten Prozessen in Bezug auf den freien Willen und bezieht sich dabei auf Experimente und Theorien aus den Neurowissenschaften, der Psychologie und der Philosophie.
- Arbeit zitieren
- Svetlana Reinert (Autor:in), 2016, Der menschliche Wille. Frei, determiniert und „befreit“ durch das Zusammenwirken von Neurowissenschaft, Psychologie und Philosophie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/342597