Rationalität bei Rousseau


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

22 Seiten, Note: gut


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Der Begriff der Enzyklopädie

3. Vorinformationen zur Enzyklopädie

4. D´ Alemberts Ausführungen zur Enzyklopädie

5. Artikel aus der Enzyklopädie
5. 1. Anonymer Artikel zum gesunden Menschenverstand (Sens commun)
5. 2. Jaucourts Artikel zur Empfindsamkeit (Moral) (Sensibilité)
5. 3. Abbé Mallets Artikel zur Denkfreiheit (Liberté de penser)

6. Rationalität bei Rousseau

7. Vermittlung von Kenntnissen

8. Fächer bei Rousseau
8.1. Die Sprache
8.2. Fabeln - nach Rousseau kommentiert
8.3. Erd- und Himmelskunde
8.3. Heimatkunde

9. Erläuterung des entwickelten Schaubildes

10. Zusammenfassung

11. Literatur

1. Einleitung

In meiner Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem Thema der Entwicklung der Rationalität bei Rousseau. Ebenso werde ich verschiedene Fächer und Ideen der Wissensvermittlung nach Rousseau skizzieren.

Bevor ich die Ideen Rousseaus in einem selbst entwickelten Schaubild darstelle, möchte ich zunächst einen ersten Überblick über den Rationalitätsgedanken der Aufklärung mit Hilfe d´Alemberts im Discours préliminaire der Encyclopaedia (ou dictionnaire raisonné, des sciences, des artes et des métiers, par une société de gens de lettres) liefern. Ich werde die Bedeutung der Enzyklopädie, deren Aufbau ich mit Hilfe von ein paar Zitaten unterstütze, darstellen und zum Schluss ein paar Artikel aus der besagten Enzyklopädie beschreiben, um den Wissensaufbau, so wie man sich ihn damals vorstellte, bewusst zu machen.

2. Der Begriff Enzyklopädie

Dieses Wort bedeutet „ Verknüpfung der Wissenschaften.“ In anderen Worten zielt die Enzyklopädie darauf ab, „die auf der Erdoberfläche zerstreuten Erkenntnisse zu sammeln und ein System dieser Kenntnisse den Menschen so darzulegen, dass die nächsten Generationen einen Nutzen daraus haben und gleichzeitig glücklicher und tugendhafter werden können.“[1] Der unermessliche Stoff einer Enzyklopädie lässt erkennen, dass das Werk keineswegs das Werk eines einzelnen Menschen sein kann. Ein einzelner Mensch ist nicht in der Lage, in einem kurzen Zeitraum, das universelle System der Natur darzustellen.

Diderot schreibt in seinem Artikel, „dass es nur in einem philosophischen Jahrhundert zustand, eine Enzyklopädie zu wagen, weil dieses Werk geistigen Mut erfordert (…). Man muss alles prüfen, alles ausnahmslos und schonungslos in Frage stellen.“[2] Weiterhin schreibt er:

„ Man muss diesen ganzen Unfug ausrotten, die Schranken umstoßen, die nicht die Vernunft gesetzt hat, den Wissenschaften und Künsten eine Freiheit wiedergeben, die für die so unersetzlich ist. (…)“[3]

Zusammenfassend sei gesagt, dass Diderots Meinung nach, die Enzyklopädie nur in diesem Jahrhundert der Aufklärung denkbar war und hätte geschrieben werden können. Sein Artikel ist geprägt vom Selbstbewusstsein der Aufklärer. Auf der anderen Seite verschweigt der Autor nicht die großen Schwierigkeiten des Unternehmens: Die Neuheit und das Risiko. Die Aufgabe des aktuellen Wissenstandes einer gesamten Nation in systematischer Verknüpfung des Wissens adäquat darzustellen, ist nur eine große Gruppe, nicht ein einzelner, gewachsen und das wichtigste Mittel bildet der Wissensstammbaum, den ich zum späteren Zeitpunkt darstelle und auf ihn näher eingehe.

3. Vorinformationen zur Enzyklopädie

Die Enzyklopädie begann mit dem Plan zu einer Gelegenheitsarbeit. Es ging darum, die englische Encyclopaedia von E. Chambers, die schon 1728 erschienen war, ins Französische zu übersetzen. Diderot, der diesen Auftrag erhielt, brauchte einen namhaften Kollegen, der seinen aufklärerischen Gedanken teilte, dies sollte Jean Le Rond d´Alembert sein. D´Alembert widmet sich, abgeneigt von theologischen Unterweisungen, der Mathematik und Physik. Auch schreibt er gelegentlich literarische und historische Aufsätze, und mit Philosophie beschäftigt er sich auch. D´Alemberts Mitarbeit bestand darin, bedeutende Mitglieder der Französischen Akademie der Wissenschaften für das Projekt der Enzyklopädie produktiv zu interessieren, z.B. Rousseau, der über Musik, aber auch über politische Ökonomie schrieb, Voltaire und andere.

4. D´Alemberts Ausführungen zur Enzyklopädie

D´Alembert beschreibt, dass das Werk der Enzyklopädie zwei Zwecke verfolgt:

„ (…) Als Enzyklopädie muss es die Ordnung und Verkettung des menschlichen Wissens soweit wie möglich darlegen, als theoretisch begründetes Lexikon der Wissenschaften, der Künste und der Gewerbe muss es über jede Wissenschaft und über jede Kunst, sei sie frei, sei sie mechanisch, allgemeine Grundsätze, die ihre Basis sind, und die wichtigsten Details, die deren Gegenstand und deren Gehalt bilden, enthalten.“[4]

Das Gerüst der Enzyklopädie der Aufklärung liefert uns die Vorrede d´Alemberts und Diderots Artikel und der Wissensstammbaum der gesamtes Werkes.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daraus zieht d´Alembert seine drei Hauptkategorien der Erkenntnis:

1. Die direkte Form der Erkenntnis, die wie eine passive Sammlung von Eindrücken ist, bezieht sich also auf das Gedächtnis. Das ist die Kategorie der Geschichte.
2. Die eigentliche überlegte Form der Erkenntnis bezieht sich auf die Vernunft und begründet die Kategorie der Philosophie.
3. Die überlegte Form der Erkenntnis kann allerdings auch die Gestalt der "Nachahmung der Natur und der Wahrnehmungen" annehmen. In diesem Fall bezieht sie sich auf die Einbildungskraft, mit der eine kreative Absicht verbunden sein muss. Das ist die Kategorie der Künste, die er insgesamt unter dem Begriff der Poesie verzeichnet, denn alle Künste wollen verschiedene Gefühle und Bilder mithilfe verschiedener Mitteln ausdrücken.

Im ersten Schritt möchte d´Alembert die Genealogie und die Verbindung menschlicher Kenntnisse untersuchen, d.h. bis zum Ursprung und Entstehung menschlicher Ideen darstellen.

Der Wissensstammbaum beschreibt die drei grundlegenden Eigenschaften des Wissens: Gedächtnis, Vernunft und Einbildungskraft.

„ (…) Daraus ergibt sich eine allgemeine Verteilung der menschlichen Erkenntnis (…) in die Geschichte, die sich auf die Erinnerung bezieht, in die Philosophie, die aus der Vernunft hervorgeht, und in die Poesie, die der Einbildungskraft entspringt (…)“.[5]

Hier wird auf die Notwendigkeit der Wissenschaftssystematik aufmerksam gemacht, d.h. dass in diesem Stammbaum alle Wissenschaften und Künste den Fähigkeiten zugeordnet werden.

„Zugleich hebt er als die beiden Grundfunktionen des Werkes Wissensvermittlung und Wissenssystematisierung hervor. Dabei entspringt die systematische Verhaftung des Wißbaren nicht mehr einem verborgenen göttlichen Weltplan, sondern ist dem Bauplan der Natur inhärent (Zusammengehören von Ding und Eigenschaft) und von daher menschlicher Erkenntnis zugänglich.“[6]

Ausgangspunkt der Wissensorganisation ist der Mensch mit seinen Fähigkeiten, nicht Gott oder die von Gott eingerichtete Weltordnung.

„In der Hierarchie dieser Fähigkeiten steht das Gedächtnis auf der untersten Stufe, weil es sein Wissen unmittelbar nach seinen Sinnesempfindungen bezieht, während sich dasjenige der Vernunft zusätzlich über Reflexion vermittelt und damit im Zentrum steht. An der Spitze der Einbildungskraft, kann sie doch über die Nachahmung ihrer Gegenstände hinaus sogar Gegenstände schaffen. (…) Diderot und d´Alembert entzaubern die Welt, indem sie die Wunder der Natur nicht mehr göttlichem Eingreifen und Wirken zuschreiben, sondern Göttliches und Weltliches streng voneinander trennen.“[7]

An dieser Stelle sei die Titelseite der Enzyklopädie gezeigt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Laut d’Alembert stand am Anfang die sinnliche Wahrnehmung, in Folge derer der Mensch über sie nachzudenken und Ideen zu produzieren begann. Denn erst durch Wahrnehmungen wird uns unsere Existenz und die der uns umgebenden Welt und der Gegenstände bewusst. Mit der Bewusstwerdung seines Körpers, der zu diesen äußeren Gegenständen gehört, fühlt der Mensch die Notwendigkeit, diesen Körper zu schützen und zu bewahren. Deshalb schließt er sich mit Mitmenschen zusammen, mit denen gemeinsam er Sprachen und Gesellschaften begründet. Da aber jeder aus diesem gegenseitigen Austausch am meisten Vorteile ziehen will, entdeckt der Mensch bald Unterdrückung, Ungerechtigkeit und das Böse. Die Existenz des Bösen lässt ihn aber auch über das Gute nachdenken, und aus der Idee des Guten entsteht sozusagen das Konzept einer Moral. Daraufhin stellt sich der Mensch die Frage nach der Ursache, die ihn handeln lässt, die Körper und Geist verbindet. Die ersten Ideen, die aus den Wahrnehmungen entstehen, sind also die Prinzipien von Laster und Tugend, damit verbunden die Notwendigkeit von Gesetzen, die die Ordnung zwischen Gut und Böse garantieren und auf der anderen Seite die spirituelle Natur des Geistes. Gleichzeitig hat der Körper Bedürfnisse, die erfüllt werden müssen, weshalb der Mensch die Wissenschaften erfindet, darunter zuerst Landwirtschaft und Medizin, die den Körper in Gang halten bzw. reparieren können.

Da man aber nicht immer eine Antwort auf gestellte Fragen findet, sucht man auch nach Kenntnissen, die zumindest Spaß bringen. Dennoch erweisen sich manche dieser Kenntnisse als nützlich. Daher die Idee, dass Neugierde sich lohnt, dass man in alle Richtungen forschen kann.

5. Artikel aus der Enzyklopädie

5. 1. Anonymer Artikel zum gesunden Menschenverstand (Sens commun)

Unter gesundem Menschenverstand versteht der unbekannte Autor die Veranlagung, mit der die Natur alle Menschen bedacht hat, ein einheitliches Urteil über verschiedene Gegenstände ihrer Wahrnehmung fällen zu lassen.

Er unterscheidet Maßstäbe der Wahrheit, z.B. dass es in der Welt andere Menschen gibt, die anders sind als man selbst oder, dass es etwas gibt, das Wahrheit heißt und nicht willkürlich ist oder dass nicht alle Menschen darauf aus sind, jemanden zu täuschen.

Die Aufwertung des gesunden Menschenverstandes seit Beginn des 18. Jahrhunderts auf der sensualistischen Erkenntnistheorie, wonach Erkenntnis zuallererst sinnlicher Wahrnehmung entspringt, über die alle Menschen gleichermaßen verfügen, während nach traditionellen Vorstellungen die kritische Vernunft die einzige Erkenntnisquelle der Elite war.

5. 2. Jaucourts Artikel zur Empfindsamkeit (Moral) (Sensibilité)

Jaucourts Veranlagung der Seele ist zart und leicht erregbar. Sie bringt einen Scharfblick für rechtschaffene Dinge und durchdringt sie tiefer als der Geist allein. Die empfindsamen Seelen haben ein intensiveres Leben als die anderen, denn die guten und die schlechten Taten vervielfachen sich in ihren Augen. Die Überlegung kann einen rechtschaffenen Menschen, die Empfindsamkeit kann einen tugendhaften Menschen heranbilden. Die Empfindsamkeit ist die Mutter der Menschlichkeit nach Jaucourt, sie unterstützt z.B. den Geist und dies hat Überzeugung des Menschen zur Folge.

[...]


[1] D´Alembert, Jean de la Rond: Enzyklopädie. Eine Auswahl. Hrsg. Günter Berger. Frankfurt a. M. 1989. S. 130

[2] ebd. S. 131

[3] ebd. S. 131

[4] D´Alembert, Jean de la Rond: Enzyklopädie. Eine Auswahl. Hrsg. Günter Berger. Frankfurt a. M. 1989. S. 53

[5] D´ Alembert, Jean de la Rond: Enzyklopädie. Eine Auswahl. Hrsg. Günter Berger. Frankfurt a. M. 1989. S. 54

[6] ebd. S. 54

[7] ebd. S. 19

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Rationalität bei Rousseau
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
HS/ UE Der geformte Mensch. Literatur und Pädagogik in der Aufklärung
Note
gut
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V34268
ISBN (eBook)
9783638345422
Dateigröße
1023 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rationalität, Rousseau, Mensch, Literatur, Pädagogik, Aufklärung
Arbeit zitieren
Kamila Urbaniak (Autor:in), 2005, Rationalität bei Rousseau, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34268

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