Über die persönliche Gottesbeziehung und religiöse Selbsterfahrung zu psychischer Gesundheit

Kann christliche Religiosität ein fördernder Faktor für Resilienz und Salutogenese sein?


Hausarbeit, 2016

21 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1. Einleitung

2. Zentrale Erklärungsmodelle für psychische Gesundheit
2.1. Resilienz
2.2. Salutogenese

3. Religiosität

4. Die Beziehung zu Gott aus religionspsychologischer Perspektive

5. Eine tröstliche Glaubenswahrheit

6. religiöse Selbsterfahrung
6.1. Religiosität als Form der Sinnfindung
6.2. Religiosität und subjektives Wohlbefinden
6.3. christliche Identitätsvermittlung
6.4. Religiosität als fördernder Faktor im Berufsleben

7. Religiosität als Bestandteil der Persönlichkeit
7.1. intrinsische Motive für Religiosität
7.2. ausgewählte Religiositätsmotive im Kontext Resilienz

8. Religiöses Coping

9. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der heutigen sogenannten postmodernen Gesellschaft ist der Mensch nicht nur als Funktionsträger anwesend. Er muss nicht nur leistungsfähig sein, sondern will auch gesund bleiben, sich selbst verwirklichen und befriedigende Beziehungen haben. Die Arbeitsverdichtung, der zunehmende Informationsfluss und komplexer gewordene Privatleben stellen zunehmend höhere Anforderungen. Auch Menschen, die an sich hochmotiviert und leistungsfähig im Leben stehen, können durch eine unselige Verkettung beruflicher und privater Einflussfaktoren an Kraft verlieren. Viele agieren nicht im Vollbesitz ihrer körperlichen, mentalen und emotionalen Stärken. Sie ringen mit ihrer psychischen und physischen Gesundheit am Rande der persönlichen Leistungsfähigkeit. Das Problem ist die einseitige Orientierung nach Außen, die Orientierung nach Leistung und Ergebnis. Die Gesellschaft orientiert sich an wirtschaftlichen und effizienten Werten. Burnout, Depression, Suchterkrankungen und Angstzustände sind das Ende der langen Kette. Die größte Ressource der Welt gerät ins Wanken: Die physische und psychische Gesundheit der Menschen. Der Anstieg psychosozialer Erkrankungen in Deutschland ist ein Anzeichen dafür, dass das Gleichgewicht zwischen Herausforderung und Kompetenz bei vielen Personen aus dem Gleichgewicht geraten ist. Gesellschaftlich gesehen benötigen alle Menschen mehr Wissen und Kompetenzen über Gesundheit und Prävention von Krankheit. Die Themen Resilienz und Salutogenese bergen neben der Betrachtung von Krisenbewältigungen durch Widerstandskraft und Flexibilität auch den Präventionsgedanken in Bezug auf psychische Gesundheit. Es geht darum einzeln und kollektiv zu lernen, ein ausbalanciertes, bewusstes, erfülltes und glückliches Leben zu führen.

In den letzten Jahrzehnten wurde die These entwickelt, religiöser Glaube könne ein wichtiger Bestandteil von Copingprozessen sein. Studien zeigen, dass sich insbesondere kranke Menschen ihrem persönlichen Glauben zuwenden, um Hilfe bei der Verarbeitung krankheitsbedingter Belastungen und Bedrohungen zu finden. Religiosität geht tendenziell auch mit einer geringeren Ausprägung an depressiven Symptomen einher. Der protektive Effekt des Phänomens Religiosität scheint demnach für Menschen mit einem höheren Stressniveau stärker zu sein als für Menschen, die geringen Stress erleben. Das lässt vermuten, dass religiöse Überzeugungen Menschen vor dem Auftreten depressiver Symptome schützen können, indem diese ihnen helfen, die mit kritischen Lebensereignissen assoziierten psychologischen Stressphasen besser von sich abwenden zu können.

Wenn Religiosität einen positiven Einfluss auf Copingprozesse und eine schützende Wirkung vor Depressionen hat, liegt die Vermutung nahe, dass Religiosität ein fördernder bzw. präventiver Faktor für psychische Gesundheit im Sinne der Theorien von Resilienz oder Salutogenese sein könnte. In der vorliegenden Arbeit wird dieser Vermutung nachgegangen. Zunächst werden die Theorien der zwei herangezogenen Modelle psychischer Gesundheit dargestellt. Dann werden in Betrachtung religionspsychologischer und theologischer Aspekte mögliche Förderfaktoren der Religiosität für Resilienz und Salutogenese heraus gearbeitet. Zentraler Aspekt ist hier die persönliche Gottesbeziehung. Behandelt werden zudem der Glaube an ein Leben nach dem Tod, Dimensionen religiöser Selbsterfahrung, Religiosität als Bestandteil der Persönlichkeit und religiöses Coping.

Innerhalb der Religionspsychologie und der Gesundheitswissenschaften wurden, insbesondere im angloamerikanischen Raum, zahlreiche Studien zum wechselseitigen Einfluss von Religiosität oder auch Spiritualität auf Gesundheit und Krankheit und auf die Bewältigung kritischer Lebensereignisse veröffentlicht. Innerhalb der intensiven Recherche für die vorliegende Arbeit konnte jedoch keine spezifische Publikation zur Verbindung von Religiosität mit Resilienz oder Salutogenese gefunden werden.

In Studien, deren Ergebnisse in diese Arbeit mit eingeflossen sind, geht es innerhalb des Konstrukts Religiosität nicht primär um eine bestimmte Form von Glaubensorientierung. In der vorliegenden Arbeit wird der Fokus aber speziell auf den christlichen Glauben gelegt. Zum einen, weil dem christlichen Glauben in Deutschland die wesentliche Mehrheit anhängt und zum anderen, weil sie auf theoretischen Grundlagen der Seminare zur christlichen Theologie begründet ist. Dieser Umstand soll nicht ausschließen, dass andere Religionen über die gleichen oder bessere Potenziale verfügen.

2. Zentrale Erklärungsmodelle für psychische Gesundheit

Zur Erklärung von gesundheitlichen und psychischen Störungen sind Modelle verfügbar, die weniger auf spezifische Krankheiten und die Pathogenese setzen, sondern mehr auf Schutzfaktoren und Widerstandsressourcen, die prominentesten Ansätze sind das Konzept der Resilienz und der Salutogenese.

2.1. Resilienz

Das Resilienzkonzept und die dadurch inspirierte entwicklungspsychologische Forschung gehen von dem empirischen Befund aus Längsschnittstudien aus, dass Kinder und Jugendliche trotz widriger Bedingungen und Risikofaktoren zu Beginn ihres Lebens eine gesunde psychische Entwicklung nehmen können. In der klassischen Studie zur Resilienz von Werner und Smith (1982) wurde der Entwicklungsverlauf einer Geburtskohorte von Kindern auf der Insel Kauai (Hawai-Gruppe) über mehr als 40 Jahren untersucht und dabei gefunden, dass ein Teil der Kinder, bei denen schwerwiegende Risikofaktoren wie z.B. Komplikationen bei der Geburt, extreme Armut der Familie oder ein psychisch erkrankter Elternteil festgestellt wurden, sich trotz dieser Risiken psychisch unauffällig entwickelt haben und gesunde Erwachsene geworden sind. Sie haben nach den Autorinnen eine Resilienz erworben, eine Art psychische Widerstandsfähigkeit, die sie vor negativen Entwicklungen und Störungen geschützt hat. Diese Resilienz äußert sich vor allem in einer effektiven Verarbeitung von psychischen Belastungen, in der Fähigkeit, positive soziale Beziehungen zu Peers und Erwachsenen aufzubauen, und sie war oft mit Familienstrukturen verbunden, die enge und kohäsive Beziehungen, Respekt für die Autonomie des Kindes, aber auch klare Regeln und Grenzen vermittelten. Die Resilienzforschung machte sich in der Folge auf die empirische Suche nach Schutzfaktoren, die zu dieser Resilienz beitragen. In neuerer Zeit wird das Resilienzkonzept zunehmend auf den Lebenslauf von Erwachsenen bezogen und im Hinblick auf die Verhinderung von psychischen Störungen diskutiert. Das Grundkonzept bleibt gleich, nämlich die Vorstellung, dass nach den Kräften gesucht wird, die Menschen trotz traumatischer Erfahrungen (wie Verlustereignisse, Tod von nahen Angehörigen, Missbrauch, Unfälle) oder trotz widriger sozialer Bedingungen (Armut, Krieg) oder trotz biologischer Abbauprozesse des Alterns psychisch gesund bleiben bzw. keine schweren Störungen entwickeln lassen. Die Kriterien für Resilienz sind sehr vielfältig und umfassen die physische und seelische Gesundheit, Lebenszufriedenheit, soziale Kompetenzen, erlebte Selbstwirksamkeit, Kontrolle und moralische Dimensionen.

2.2. Salutogenese

Das Modell der Salutogenese ist historisch nahezu parallel in den 1970er Jahren von dem israelischen Gesundheitsforscher Aaron Antonovsky entwickelt und international sehr bekannt geworden (vgl. für die deutschsprachige Rezeption Faltermaier, 2005). Die Frage der Salutogenese ist noch stärker als die Resilienz auf Gesundheit bezogen, nämlich zu erklären, warum Menschen trotz einschneidender Risiken und Belastungen gesund bleiben. Zu den salutogenen Bedingungen des Modells zählen erstens psychosoziale, physikalische und biochemische Stressoren und darauf bezogene Bewältigungsprozesse (coping). Das Modell sagt vorher, dass Stressoren sowohl pathogen als auch salutogen wirken können. Entscheidend ist, wie effektiv sie von den Betroffenen bewältigt werden. Ein erfolgreiches Coping bewegt Menschen in die gesunde Richtung, nicht erfolgreiches Coping in die negative Richtung, bei zusätzlichen Verwundbarkeiten können Krankheiten entstehen. Erfolgreiche Bewältigung von Stressoren hängt im Modell zweitens von der Verfügbarkeit von genetisch-konstitutionell und psychosozialen Widerstandsressourcen ab. Je ausgeprägter und vielfältiger diese Ressourcen sind, umso besser gelingt die Bewältigung von Stressoren und umso günstiger wird Gesundheit auf dem Kontinuum beeinflusst. Widerstandsressourcen sind somit für die Gesundheit wesentliche Merkmale und Kräfte der Person, der sozialen Umwelt, Kultur und Gesellschaft, wie z.B. hohes Selbstwertgefühl, hohe Kontroll- und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, soziale Kompetenzen und Unterstützungsmöglichkeiten, kulturelle Stabilität und materielle Ressourcen. Diese Ressourcen entwickeln sich im Laufe des Lebens durch biographische Einflüsse (in Familie und Erziehung) und über das Aufwachsen in einem spezifischen soziokulturellen und historischen Kontext. Es sind Potentiale, die in konkreten Belastungssituationen wirksam werden können und die insgesamt zu Lebenserfahrungen führen, die Menschen Konsistenz erleben lassen, Teilhabe am Leben ermöglichen und eine Balance von Anforderungen. Machen Menschen auf der Basis ihrer Widerstandsressourcen derartige Lebenserfahrungen, so entwickeln sie im Laufe von Kindheit, Jugend und frühem Erwachsenenalter drittens eine umfassende Lebensorientierung, die Antonovsky als Kohärenzgefühl („sense of coherence“) bezeichnet hat. Es besteht aus drei Komponenten, dem Gefühl der Verstehbarkeit (die eigene Lebenswelt wird als weitgehend verstehbar und erklärbar wahrgenommen), dem Gefühl der Bewältigbarkeit (Menschen sind zuversichtlich, dass sie die Anforderungen und Ereignisse im Leben im Prinzip bewältigen können) und dem Gefühl der Sinnhaftigkeit (sie betrachten Anforderungen im Leben als sinnvolle Herausforderungen, die es wert sind, sich dafür einzusetzen). Viele Studien fanden starke Zusammenhänge zwischen Kohärenzgefühl und psychischer Gesundheit, auch die Rolle des Kohärenzgefühls und von vielen Widerstandsressourcen in der Bewältigung wurde bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Stresssituationen bestätigt. Das Resilienzkonzept und das Modell der Salutogenese stimmen also darin überein, dass sie mit Ressourcen bzw. Schutzfaktoren positiv-förderliche Bedingungen von Gesundheit betonen und nicht ausschließlich auf Risikofaktoren und pathogene Faktoren setzen (vgl. Faltermaier, 2005).

3. Religiosität

Angesichts der zahlreichen unterschiedlichen und stark individuellen Erscheinungsformen der Phänomene Religiosität und Spiritualität ist es schwierig, diese beiden zu definieren und eindeutig voneinander abzugrenzen. Im Allgemeinen wird Spiritualität als breiteres und der Religiosität übergeordnetes Konstrukt aufgefasst.

Pargament (1997) definiert Religion „as a search for significance related to the sacred“ (S. 32). Der Ausdruck Religiosität kennzeichnet nach Möller und Reimann (vgl. 2003) ein auf das jeweilige Glaubenssystem bezogenes Bewusstsein, Erleben und Verhalten. Es wird hierunter die Übernahme von Glaubensüberzeugungen sowie die Teilnahme an Aktivitäten und Ritualen einer organisierten Religionsgemeinschaft mit ihrem spezifischen Normen- und Wertesystem verstanden. Dabei haben nach Huber (vgl. 2003) Angaben zur Religionszugehörigkeit nur eine begrenzte Aussagekraft über die persönliche Bedeutung von Religiosität, welche daher keine Rückschlüsse auf individuelle Inhalte religiöser Überzeugungen, Aktivitäten und Erfahrungen zulassen.

Allport und Ross (vgl. 1967) unterscheiden im Rahmen ihres zweidimensionalen Motivationskonzeptes religiöser Orientierung zwischen intrinsisch und extrinsisch motivierter Religiosität, d.h. zwischen verinnerlichter Religiosität und religiösen Verhaltensweisen, die sich primär an gesellschaftlichen Normen orientieren. Als extrinsisch gläubig werden Personen charakterisiert, deren Glauben eine instrumentalisierte Funktion erfüllt (z.B. die Sicherung sozialer Kontakte, das Erleben von sozialer Anerkennung). Intrinsisch motivierte Gläubige führen dagegen ein verinnerlichtes Glaubensleben, das weitgehend alle ihre Lebensbereiche umfasst. Murken (vgl. 1998) weist jedoch kritisch daraufhin, dass dieses Konzept nicht einfach auf die deutsche Situation übertragen werden kann, da in Deutschland eine geringere Anzahl an extrinsisch motivierten Gläubigen existiere.

Mit dem Begriff der Spiritualität wird ein als subjektiv erlebter Sinnhorizont beschrieben, der sich sowohl innerhalb als auch außerhalb traditioneller Religiosität befinden kann. Dieser Horizont umfasst Einstellungen, Verhaltensweisen und eine Lebensführung, durch welche die transzendente Erfahrung des „All-Einen“ angestrebt wird (vgl. Möller & Reimann 2003).

4. Die Beziehung zu Gott aus religionspsychologischer Perspektive

Man kann Religion auch als Beziehungsprozess verstehen. Diese Perspektive ist allerdings nicht neu. Sie entspricht sowohl dem Selbstverständnis einzelner Religionen als auch dem Verständnis von Theologen und religionsphilosophischen Ansätzen (vgl. Murken 1998, S. 18).

In jüngerer Zeit ist das Interesse an der Religion insbesondere in der Tiefenpsychologie gewachsen. Theoretiker der Objektbeziehungstherapie beschäftigen sich mit Fragen der Religiosität. Merkmal der Objektbeziehungstheorie ist die Sicht auf die durch frühkindliche Beziehungserfahrungen und deren Konsequenzen motivierte menschliche Psychodynamik. Mit Objekt sind vor allem Menschen, aber auch alle anderen Formen von Gegenüber gemeint, zu denen eine Beziehung möglich ist. Nach der Objektbeziehungstheorie ist das Bedürfnis nach befriedigenden Beziehungen primär und universell. Mit diesem Theoriegebäude ist es möglich Religion im Gegensatz zu Freuds Triebtheorie positiv zu psychologisieren. Nach Winnicott (1953/ 1989) bauen Menschen bereits als Säuglinge eine Beziehung auch zu Dingen in ihrer Umwelt auf. Diese Dinge sind dann weder ganz Objekt noch ganz Subjekt. Er bezeichnete diese Dinge als „Übergangsphänomene“ in einem intermediären Raum. Diesem intermediären Raum ordnet er auch Handlungen und Erfahrungen zu, die gleichermaßen die innere Realität und das äußere Leben beeinflussen. Bei gesunder Entwicklung bleibt dieser Grenzbereich im Erwachsenenalter bestehen und findet im Bereich der Kultur und der Religion seinen Ausdruck (vgl. Winnicott zit. nach Murken 1998, S. 23). Durch den Status dieser illusionistischen Welt zwischen der inneren und der äußeren Welt wird die Bedeutung sozialer Wirklichkeit in Form von Tradition, Symbolwert und Religion deutlich. Religion wird auf diese Weise als Beziehungsprozess in einem intermediären Raum dargestellt. So ist es möglich die menschliche Seite der Gottesbeziehung zu betrachten ohne über die Seite Gottes Aussagen machen zu müssen (vgl. Murken 1998, S. 24- 25).

Eine innere Gottesrepräsentation setzt sich aus einer sehr individuellen Mischung von realen oder gewünschten bzw. befürchteten Eltern und anderen primär prägenden Beziehungen zusammen. Rizzuto (1979) belegte, dass Gottesbilder mehrfach biografisch und dynamisch determiniert sind (vgl. Rizzuto zit. nach Murken 1998, S. 26).

Auch die Bindungstheorie nach Bowlby und Ainsworth kann auf religiöse Erfahrungen angewendet werden. Die Bindungstheorie postuliert ein evolutionär bedingtes soziales Verhaltenssystem des Kindes. Dieses motivationale System sei entstanden, um die Nähe zur versorgenden Person aufrechtzuerhalten. Wenn das System gut funktioniert, entwickelt das Kind eine sichere Bindung zur versorgenden Person, die damit als Quelle von Schutz und Sicherheit erlebt wird. Ist das System gestört, entwickeln sich gestörte Bindungsformen. Vorherrschende Bindungserfahrungen werden verinnerlicht und bestimmen Beziehungen im weiteren Leben (vgl. Murken 1998, S.27-28). Innerhalb der Bindungstheorie könnte der christliche Gott als eine Figur verstanden werden, die sichere Bindung vermitteln kann und somit als Quelle von Schutz und Sicherheit fungiert. Kirkpatrick (1992) benennt zur Anwendung der Bindungstheorie auf religiöse Erfahrung zwei Hypothesen. Die Gottesbeziehung könnte zum einen zur Kompensation defizitärer menschlicher Beziehungserfahrungen dienen. Zum anderen kann die Qualität der Gottesbeziehung durch Bindungserfahrungen bestimmt werden. Positive Erfahrungen und sichere Bindungen ermöglichen ein positives Gottesbild. Gestörte Bindungsformen führen zu einer Gottesbeziehung, in der das Bild des strafenden und fordernden Gottes vorherrscht (vgl. Kirkpatrick 1992, S. 3-28).

Nach Murken (1998) enthält das religiöse Gebot „Du sollst Gott, deinen Herrn lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von dem ganzen Gemüte, und deinen Nächsten, wie dich selbst“ (Luk. 10,27) paradigmatisch alle durch Religion vermittelten Beziehungen. In der Beziehung zu religiösen Spezialisten und Lehrern lernt das Individuum emotional, kognitiv und behavioral. Das Erlernte findet seinen Ausdruck in der Beziehung zu Gott, zum sozialen und biologischen Umfeld und zum eigenen Selbst. Die Religion vermittelt also Beziehungen zu Gott, zu religiösen Spezialisten, zu religiösen Gemeinschaften, zu Mitmenschen, zur Umwelt und zum eigenen Selbst (vgl. Murken 1998, S. 28).

Nach Guntern (1981) scheinen Gottesvorstellungen eher Ausdruck innerpsychischer Unterschiede zu sein als durch verschiedene Sozialisationen entstanden. Er untersuchte das Gottesbild einer homogenen Gruppe von fünfzehn Missionaren und konnte sieben unterschiedliche Konzepte von Gottesbeziehungen ausmachen:

[...]

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Details

Titel
Über die persönliche Gottesbeziehung und religiöse Selbsterfahrung zu psychischer Gesundheit
Untertitel
Kann christliche Religiosität ein fördernder Faktor für Resilienz und Salutogenese sein?
Hochschule
Universität Vechta; früher Hochschule Vechta  (ISBS)
Veranstaltung
Theologie im Kontext Sozialer Dienste
Note
1,0
Jahr
2016
Seiten
21
Katalognummer
V342967
ISBN (eBook)
9783668328419
ISBN (Buch)
9783668328426
Dateigröße
593 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Religiosität, Copingstrategie, psychische Gesundheit, Burnout, Burn Out, Psychosoziale Erkrankungen
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Über die persönliche Gottesbeziehung und religiöse Selbsterfahrung zu psychischer Gesundheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/342967

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