Hans Blumenberg und die Trostbedürftigkeit des Menschen. Warum ist der Mensch untröstlich?


Hausarbeit, 2016

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Einleitung: Warum braucht der Mensch Trost?

Kapitel 2: Die Trostbedürftigkeit des Menschen
2.1. Was ist überhaupt Trost? - Eine Begriffsbestimmung
2.2. Kann dem Menschen überhaupt geholfen werden? - Der Begriff der Hilfe

Kapitel 3: Die Untröstlichkeit des Menschen
3.1. Wieso ist der Mensch untröstlich? Blumenbergs Kritik an der platonischen Gottheit
3.2. Doch nicht die beste aller möglichen Welten? - Leibniz Weltbegriff und Blumenbergs Kritik

Kapitel 4: Das Fazit: Hat der Mensch überhaupt die Wahl nicht trostbedürftig zu sein?

Literaturverzeichnis

Kapitel 1: Einleitung: Warum braucht der Mensch Trost?

Trost beschreibt die innere Festigkeit des Menschen 1 und seine Standhaftigkeit gegenüber Krankheiten und Rückschlägen im Leben, wie der Verlust eines Angehörigen oder das Loslassen eines geliebten Menschen. Kinder benötigen öfters Trost, wenn sie sich verletzt haben und weinen. Der Trost hilft ihnen ihren Schmerz zu verarbeiten. Im Erwachsenenalter ist die Trostbedürftigkeit nicht mehr so stark wie als Kind. Der Erwachsene versucht selbst mit seinem Schmerz umzugehen und ihn zu verarbeiten. Der Erwachsene würde seinen Schmerz nicht so stark mit seinem Umfeld teilen, so wie es Kinder tun. Aber warum benötigt der Mensch überhaupt Trost? Der Trost verschleiert die Wirklichkeit so wie sie wirklich ist und lässt den Menschen die schmerzhaften Tatsachen verdrängen. So werden emotionale Rückschläge, wie der Tod eines Angehörigen, mit beispielsweisen religiösen Überzeugungen überlagert, in dem man der Person sagt, dass der Angehörige an einem „besseren Ort“ angekommen sei und dort an Gottes Seite seinen Frieden finden kann. Diese Handlungen in denen Trost eine entscheidende Position hat, überbrücken den realen Schmerz des Menschen. Daher ist Trost stark an Konventionen einer Gesellschaft gebunden und wird auch von jedem (westlichen) Menschen erwartet. Trost kann als eine Ritualisierung, die an soziale Konventionen gebunden ist, verstanden werden.

Ein Philosoph der sich genauer mit der Trostbedürftigkeit und seiner späterer resultierenden Untröstlichkeit des Menschen auseinander gesetzt hat ist Hans Blumenberg (1920-1996). Diese Arbeit soll sich genauer mit seiner anthropologisch- philosophischen Fragestellung beschäftigen und zeigen, dass der Mensch nichts anderes ist als untröstlich. Hierzu wird ein Kapitel aus seinem, posthumen erschienen, Buch von 2006 „Die Beschreibung des Menschen“ genauer untersucht. Dazu wird diese Arbeit in zwei Teile geteilt, der erste Teil setzt sich mit der Trostbedürftigkeit, und den Begriffen Trost und Hilfe nach Blumenberg auseinander und der zweite Teil analysiert die Untröstlichkeit des Menschen, dazu vollzieht Blumenberg eine starke Kritik an dem Konzept von Leibniz dem „Der besten aller möglichen Welten“. Über diese Kritik an Leibniz soll gezeigt werden, dass der Mensch nicht zu trösten ist.

Kapitel 2: Die Trostbedürftigkeit des Menschen

2.1. Was ist überhaupt Trost? - Eine Begriffsbestimmung

Der Begriff Trost bedeutet so viel wie innere Festigkeit. Doch was ist Trost überhaupt? Die Philosophie selbst sieht den Trost als ein argumentatives Mittel zum „gut zu reden“. Der Trost scheint nicht als Gegenstand selbst in der Welt vorzuliegen, sondern ein metaphysisches Gut zu sein, das als Werkzeug verwendet wird, um den mangelnden Realismus zu stützen. Er zeigt nichts Anderes, als dass die Wirklichkeit nicht geändert werden kann.2 Somit wird laut Blumenberg auch darauf verzichtet irgendetwas zu ändern:

„Trost zu suchen oder anzubieten ist zweitweise verächtlich. Es erscheint als eine Einstellung des mangelnden Realismus, da Trost doch gerade darin zu bestehen scheint, daß an der Wirklichkeit nichts geändert werden kann, folglich darauf verzichtet wird, an ihr etwas zu ändern“3

Nun soll nicht im Vordergrund stehen, wann Trost gespendet und wann angenommen werden soll, dies ist nicht im Blumenbergs Sinne, sondern seine eigentliche Fragestellung thematisiert, wie der Mensch überhaupt in der Lage ist getröstet zu werden und ob er überhaupt ein tröstungsfähiges Wesen ist.

„Trost ist eine Kategorie, deren Eigentümlichkeiten auf das engste mit Merkmalen der Spezies Mensch zusammenhängen“4

Doch ist vorerst auch zu klären, wie der Mensch dazu kommt getröstet zu werden. Blumenberg macht die Wirkung von Trost an dem Beispiel Schmerz klar, in dem er sagt, dass durch die Minderung von Emotionen durch Expression, eine Abfuhr von emotionaler angestauter Energie frei wird.5 Auf der phänomenologischen Ebene ist diese Handlung nur schwer zu erklären, da durch das Trösten, der Schmerz gelindert wird, obwohl er physisch immer noch der gleiche Schmerz empfunden wird. Aber warum wird von dem Schmerzerleidenen erwartet, dass er getröstet wird, dass er selbstverständlich Mitgefühl erwartet? Der Mensch selbst wirbt um seine Trostbedürftigkeit. Er sucht sich einen Adressaten der ihm Mitgefühl spendet. Diese Bedürftigkeit des Menschen scheint recht ungewöhnlich zu sein, da der Mensch bei anderen Emotionen, nicht so einen großen Anteil in der Öffentlichkeit sucht, wie bei Schmerz oder Verlust. Hier wird sogar der Trost von völlig fremden Menschen, die, die Lebenswelt des Betroffenen überhaupt nicht kennen, angenommen.

„[…] der Trostbedürftigkeit, wenn sie in der Öffentlichkeit geschieht, sie sogar völlig fremde Menschen zu wenden […]. Das Verhalten gegenüber Weinenden noch den Fremdesten, ist erstaunlich typisiert.“6

Nur wenige Erwachsene würde ein weinendes Kind, welches sich beim Spielen verletzt hat und alleine am Straßenrand sitzt, dort ignorant sitzen lassen, sondern versuchen in jeder Weise Trost zu spenden, auch wenn man das Kind nicht kennt. Doch werben Kinder genauso um Mitgefühl und Trost, wie Erwachsene. Hierzu hat Blumenberg keine Antwort gegeben, dennoch stellt sich die Frage, nach der Trostbedürftigkeit von Kinder und dessen Institutionalisierung von Trost. Spenden Kindern, anderen Kinder oder auch Erwachsenen Trost weil, es durch gesellschaftliche Konventionen von ihnen verlangt wird? Vielleicht spenden Kindern anderen Trost, weil es durch Sozialisation anerzogen wurde. Erst, wenn sie junge Erwachsene geworden, sind verstehen sie, dass Trost ein gesellschaftlich Ritualisiertes Gut ist, dass von jedem Menschen erwartet wird, dass es genutzt wird.

Die ritualisierten und an gesellschaftlichen Konventionen gebunden Eigenschaften von Trost wurden jetzt erörtert, doch wie Trost begrifflich definiert, welche Begriffsintention hat Trost und lässt er sich als einheitlicher Begriff überhaupt definieren? Hierzu bezieht sich Blumenberg in seinem Essay auf den deutschen Philosophen und Soziologen Georg Simmel (1858-1918), der versucht den Begriff des Trostes in seinen fragmentarischen Tagebüchern zu erfassen. Dieser schreibt:

„Der Mensch ist ein trostsuchendes Wesen. Trost ist etwas [A]nderes als Hilfe- sie sucht auch das Tier, aber der Trost ist das merkwürdige Erlebnis, das zwar das Leiden bestehen läßt, aber sozusagen das Leiden am Leiden aufhebt, er betrifft nicht das Übel selbst, sondern dessen Reflex in der tiefsten Instanz der Seele.“7

Somit sei die psychologische Ebene durch Simmel abgedeckt. Sie zeigt, dass das Leid nicht nur reell von anderen beeinflusst werden kann, sondern auch durch ihre Hilfeleistung. Dennoch schafft es der Trost nicht das Leid zu nehmen, dies kann nur die Hilfe. Der Trost hilft nur Anteil an etwas zu nehmen, woran der Mensch aber nicht reell teilnehmen kann. Er kann nur erahnen, ähnlich wie bei der Frage nach dem Bewusstsein, was für ein Leid der zu tröstende Mensch durchfährt, aber das gleiche fühlen kann der Mensch nicht.

„Der Trost beruht auf der allgemeinen Fähigkeit des Menschen zu delegieren, nicht selbst und allein alles tun und tragen zu müssen, was ihm obliegt und zufällt.“8

D.h. der Mensch muss sein Leid nicht allein ertragen, sondern kann es auf die Gesellschaft, die ja in der institutionalisierten Pflicht steht ihn zu trösten, verteilen. Der Mensch handelt eher egoistisch, in dem er andere Individuen der Gesellschaft seinen Schmerz zwanghaft zukommen lässt, statt diesen Schmerz allein zu ertragen. Blumenberg kommt zu dem Schluss, dass dem Menschen mit dem Trost nicht geholfen werden kann. Er [der Trost] ist nur ein freiwilliger Verzicht auf die Änderung der Realität. So werden die Möglichkeiten und die Bereitschaft vermindert irgendetwas an der bestehenden Wirklichkeit zu ändern und so die Trostbedürftigkeit des Menschen zu verringern9. Es entsteht mehr der Anschein, dass Trostbedürftigkeit und Trostfähigkeit nur Korrelate eines Tatbestandes sind, die zeigen, dass dem Menschen eigentlich überhaupt nicht geholfen werden kann.10

2.2. Kann dem Menschen überhaupt geholfen werden? - Der Begriff der Hilfe

Der Begriff der Hilfe hat viele unterschiedliche Definitionen der sich in den verschiedenen wissenschaftlichen Ansichten wiederspiegelt. So betrachten religiöse Glaubenseinrichtungen die Hilfe nicht nur als ihre natürliche Pflicht, sondern sehen sich auch in der Aufgabe, diese Hilfe zu jedem Menschen zu bringen der sie benötigt.11 Manche religiösen Splittergruppen oder Sekten wie Scientology instrumentalisieren die Hilfe um neue Mitglieder zu werben.

[...]


1 Vgl. http://www.wissen.de/wortherkunft/trost

2 Vgl. Blumenberg, 2006, S.623 f.

3 Blumenberg, 2006, S.623 Z.20f. 4 E.d

5 Vgl. Blumenberg 2006, S624 f.

6 Blumenberg, 2006, S624 Z.30f.

7 Georg Simmel, Fragmente und Aufsätze aus dem Nachlaß. München,1923, 17 in Blumenberg, 2006, S625f.

8 Blumenberg, 2006, S.625

9 Vgl. Blumenberg, 2006 S. 626

10 E.d

11 https://de.wikipedia.org/wiki/Hilfe

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Hans Blumenberg und die Trostbedürftigkeit des Menschen. Warum ist der Mensch untröstlich?
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Fakultät für Humanwissenschaften und Theologie)
Veranstaltung
Hans Blumenberg Klassiker 20. Jahrhundert
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
18
Katalognummer
V343143
ISBN (eBook)
9783668329720
ISBN (Buch)
9783668329737
Dateigröße
905 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hans Blumenberg, Trost, Leibniz, Religionsphilosophie, Gott, Welt, Mensch, Philosophische Anthropologie
Arbeit zitieren
Ann-Kathrin Limpert (Autor:in), 2016, Hans Blumenberg und die Trostbedürftigkeit des Menschen. Warum ist der Mensch untröstlich?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343143

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