In Deutschland aber auch europaweit ist in den letzten Jahrzehnten ein rapider Rückgang der Wahlbeteiligung zu beobachten. Bei der Europawahl gingen nicht einmal 50% der Wahlberechtigten ins Wahllokal. Dabei ist die Teilnahme an einer Wahl die kosten- und zeitgünstigste Möglichkeit, Einfluss auf den politischen Prozess zu nehmen. Demokratie beruht auf einer Gesellschaft, die gewillt ist, am politischen Prozess mitzuwirken. Eine niedrige Wahlbeteiligung führt zu Instabilität, einer geringeren politischen Legitimation der Regierung und zu einer ungleichen Repräsentation der sozialen Schichten in den Parlamenten.
Viele Politiker, aber auch Wissenschaftler, machen sich Gedanken, wie wieder mehr Menschen den Weg ins Wahllokal finden. Einige Wissenschaftler, wie Armin Schäfer oder Kristel Lundell, halten die Einführung einer Wahlpflicht für wirksames Instrument, um die Wahlbeteiligung anzuheben. Die australische Wahlforscherin Jill Sheppard unterstellt einen Zusammenhang zwischen einer hohen Wahlbeteiligung und politischem Interesse. So sei ein gesetzlicher Zwang zu wählen auch ein effektives Mittel, um das politische Interesse und Engagement der Bürger zu fördern. Sie vertritt die These, wer sich einmal am politischen Prozess beteiligt hat, nutzt vielleicht weitere Möglichkeiten politisch aktiv zu werden. Auch der viel zitierte Arend Lijphart sieht in einer Stimmpflicht die Möglichkeit, die politische Beteiligung zu stärken.
In dieser Hausarbeit soll die Frage, ob eine Wahlpflicht zu einem erhöhten politischen Interesse und größerer politischer Partizipation führt, beantwortet werden. Dazu wird ein Ländervergleich durchgeführt. Verglichen werden zwei Länder, die eine Wahlpflicht haben, mit zwei Ländern, die aktuell keine haben. Die Rede ist von Luxemburg und Belgien auf der einen Seite und Deutschland und die Niederlande auf der anderen Seite. Zuerst soll untersucht werden, ob eine Wahlpflicht tatsächlich zu einer signifikant höheren Wahlbeteiligung führt, wie von eben genannten Wissenschaftlern behauptet wird. Danach werden die vier westeuropäischen Staaten bezüglich des Interesses an Politik ihrer Bürger und das politische Engagement untersucht. Zu den Partizipationsformen zählen neben dem Gang zur Wahlurne, die Teilnahme an Demonstrationen und Petitionen sowie der Kontakt zu Politikern. Demnach soll in Kapitel 4 die These von Arend Lijphard empirisch bestätigt oder widerlegt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Fallbeispiele
- 2.1 Die Wahlpflicht in Belgien
- 2.2 Die Wahlpflicht in Luxemburg
- 2.3 Die Wahlpflicht in den Niederlanden
- 2.4 Die Wahlpflicht-Debatte in Deutschland
- 3. Wahlen als Form politischer Partizipation
- 3.1 Wahlbeteiligung
- 3.2 Vertrauen in Wahlen
- 4. Das politische Interesse
- 5. Politisches Engagement
- 5.1 Passives Engagement
- 5.1.1 Teilnahme an Petitionen
- 5.1.2 Teilnahme an Demonstrationen
- 5.2 Aktives politisches Engagement
- 5.2.1 Kontakt zu Politikern
- 5.2.2 Parteimitgliedschaft
- 6. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Zusammenhang zwischen Wahlpflicht und erhöhtem politischem Interesse und Engagement. Durch einen Ländervergleich zwischen Belgien und Luxemburg (mit Wahlpflicht) und Deutschland und den Niederlanden (ohne Wahlpflicht) wird analysiert, ob die Wahlpflicht einen signifikanten Einfluss auf die Wahlbeteiligung, das politische Interesse und verschiedene Formen politischen Engagements hat.
- Einfluss der Wahlpflicht auf die Wahlbeteiligung
- Zusammenhang zwischen Wahlpflicht und politischem Interesse
- Auswirkungen der Wahlpflicht auf verschiedene Formen politischen Engagements (z.B. Teilnahme an Demonstrationen, Petitionen, Kontakt zu Politikern)
- Ländervergleich der politischen Partizipation
- Empirische Überprüfung der These von Arend Lijphart bezüglich Stimmpflicht und politischer Beteiligung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt den Rückgang der Wahlbeteiligung in Europa und diskutiert die These, dass Wahlpflicht ein wirksames Mittel zur Steigerung der Wahlbeteiligung und des politischen Interesses und Engagements sein könnte. Sie benennt die Forschungsfrage und die Methodik der Arbeit, die auf Daten aus dem European Social Survey, der European Values Study, dem Eurobarometer und dem ISSP basiert. Die Einleitung legt die Grundlage für den Ländervergleich zwischen Belgien und Luxemburg (mit Wahlpflicht) und Deutschland und den Niederlanden (ohne Wahlpflicht).
2. Die Fallbeispiele: Dieses Kapitel präsentiert die vier ausgewählten Länder (Belgien, Luxemburg, Niederlande, Deutschland) und ihre jeweiligen Wahlsysteme und -regelungen. Es beschreibt die Einführung der Wahlpflicht in Belgien und Luxemburg und deren historischen Hintergründe. Der Vergleich der Länder auf Basis ihrer geographischen Nähe und ähnlichen politischen Systeme wird begründet. Das Kapitel bildet die Grundlage für den anschließenden Vergleich der politischen Partizipation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Wahlpflicht und Politische Partizipation
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht den Zusammenhang zwischen Wahlpflicht und erhöhtem politischem Interesse und Engagement. Der Fokus liegt auf einem Ländervergleich, um den Einfluss der Wahlpflicht auf verschiedene Aspekte der politischen Partizipation zu analysieren.
Welche Länder werden im Ländervergleich untersucht?
Die Arbeit vergleicht Belgien und Luxemburg (mit Wahlpflicht) mit Deutschland und den Niederlanden (ohne Wahlpflicht). Die Auswahl basiert auf geographischer Nähe und ähnlichen politischen Systemen.
Welche Aspekte der politischen Partizipation werden untersucht?
Die Arbeit analysiert den Einfluss der Wahlpflicht auf die Wahlbeteiligung, das politische Interesse und verschiedene Formen des politischen Engagements. Dies umfasst passives Engagement (z.B. Teilnahme an Petitionen und Demonstrationen) und aktives Engagement (z.B. Kontakt zu Politikern und Parteimitgliedschaft).
Welche Datenquellen werden verwendet?
Die Analyse basiert auf Daten aus dem European Social Survey, der European Values Study, dem Eurobarometer und dem ISSP.
Welche Forschungsfrage wird gestellt?
Die zentrale Forschungsfrage untersucht, ob die Wahlpflicht einen signifikanten Einfluss auf die Wahlbeteiligung, das politische Interesse und verschiedene Formen politischen Engagements hat.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, ein Kapitel mit Fallbeispielen (Belgien, Luxemburg, Niederlande, Deutschland), ein Kapitel über Wahlen als Form politischer Partizipation (Wahlbeteiligung und Vertrauen in Wahlen), ein Kapitel zum politischen Interesse, ein Kapitel zum politischen Engagement (passiv und aktiv) und abschließend ein Fazit.
Welche These wird empirisch überprüft?
Die Arbeit überprüft empirisch die These von Arend Lijphart bezüglich Stimmpflicht und politischer Beteiligung.
Was wird in der Einleitung beschrieben?
Die Einleitung beschreibt den Rückgang der Wahlbeteiligung in Europa, diskutiert die These der Wahlpflicht als Mittel zur Steigerung der Wahlbeteiligung und des politischen Interesses, benennt die Forschungsfrage und die Methodik und legt die Grundlage für den Ländervergleich.
Was wird im Kapitel "Die Fallbeispiele" dargestellt?
Dieses Kapitel präsentiert die vier ausgewählten Länder und ihre Wahlsysteme, beschreibt die Einführung der Wahlpflicht in Belgien und Luxemburg und deren historische Hintergründe, und begründet den Vergleich der Länder.
- Arbeit zitieren
- Johannes Ludwig (Autor:in), 2016, Führt eine Wahlpflicht zu einem erhöhten politischen Interesse und Engagement?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343300