Die Kawa-Zeremonie auf Samoa im Vergleich zur Kneipenkultur in Deutschland


Hausarbeit, 2006

16 Seiten, Note: 2+


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Samoa

2. Kawa

3. Die Kawa-Zeremonie

4. Die Kawa-Mythe

5. Die Kneipenkultur in Deutschland

6. Kawa-Zeremonie – Kneipenkultur: Unterschiede, Gemeinsamkeiten

Literaturverzeichnis

Einleitung

In der vorliegenden Hausarbeit möchte ich die Kawa-Zeremonie auf Samoa mit der Kneipenkultur in Deutschland vergleichen. Ich halte diesen Vergleich für angemessen, da sowohl die Kawa-Zeremonie als auch die Kneipe, fester Bestandteil der jeweiligen Kultur sind. In gewisser Weise sind auch beide ein Spiegel ihrer Gesellschaft.

Ich werde ein paar allgemeine Informationen zu Samoa voranstellen um dem Leser einen Eindruck von dieser Inseln zu vermitteln. Im Anschluß folgt eine Erklärung worum es sich bei der Kawa handelt. Nach diesen dem Verständnis dienenden Informationen, werde ich im folgenden eine Kawa-Zeremonie beschreiben. Den Ablauf einer Kawa-Zeremonie habe ich im Wesentlichen der Literatur bzw. Internetquellen entnommen. Ich selbst hatte leider noch nicht das Glück einer Kawa-Zeremonie beizuwohnen. Insofern handelt es bei der Hausarbeit gewissermaßen um eine „semiempirische“ Studie.

Im vierten Punkt der Arbeit möchte ich kurz die Kawa-Mythe vorstellen, die den Ursprung des Kawa-Rituals erzählt.

Im fünften Teil gebe ich eine Beschreibung der hiesigen Kneipenkultur. Diese Beschreibung basiert auf eigenen Beobachtungen, Interviews und Literaturrecherche. Ich habe den Interviews einen relativ großen Raum gegeben. Dies schien mir notwendig, weil ich sie als Quelle für dieses Thema nutzte. Neben meinen eigenen Eindrücken waren die Ergebnisse der Befragungen der wichtigste Grundpfeiler meiner Darstellung. Literatur zu diesem Thema benutzte ich dagegen kaum.

Im letzten Punkt der Arbeit werden die Besonderheiten der zu vergleichenden Kulturen noch einmal aufgelistet und verglichen. Dieser letzte Punkt ist daher als Schlussbetrachtung zu verstehen.

1. Samoa

Samoa ist die drittgrößte Inselgruppe Polynesiens. Sie umfasst vier größere und zehn kleinere Inseln, die alle vulkanischen Ursprungs sind. Heute hat Samoa eine Bevölkerung von etwa 178.000 Menschen, die auf einer Landfläche von 2860 km² lebt. Am dichtesten sind die Küstenregionen besiedelt.

Das Klima ist warm und feucht, dennoch ist die Vegetation und besonders die Fauna artenarm. Die niederschlagsreichen Gebirgslagen werden von tropischen Regenwäldern mit riesigen Baumfarnen und Harthölzern geprägt.

1889 wurde Westsamoa deutsche Kolonie und blieb dies bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Nach dem Krieg wurde Samoa zunächst im Auftrag des Völkerbundes und dann der UNO von Neuseeland verwaltet, bis es schließlich 1962 unabhängig wurde.

Es war bereits die zweite Unabhängigkeit, denn Samoa, 1722 von dem holländischen Seefahrer Jacob Roggeveen entdeckt, wurde schon 1889 selbstständiges Königreich. Doch zehn Jahre später, nach dem Tod des Königs, wurde die Inselgruppe geteilt. Deutschland erhielt den Westteil, die USA den Ostteil.[1]

2. Kawa

Kawa ist seit Jahrhunderten das traditionelle Getränk der Polynesier. Erstmals erwähnt wurde die Pflanze von James Cook auf dessen Weltumsegelung 1768- 1771.

Die botanische Bezeichnung der Kawa-Pflanze lautet Piper methysticum.

Die Einwanderer aus Melanesien brachten die Pflanze mit und bauten sie an.

Während der Christianisierung im Pazifikraum wurde der Gebrauch von Kawa von den Missionaren verboten. Daher wird auf vielen Inseln wie z.B. Hawaii keine Kawa mehr getrunken. Auf Fidschi, Tonga und Samoa jedoch hielt sich der Brauch bis heute.

Das Kawa-Getränk wird aus der Wurzel der Kawa-Pflanze gewonnen, die man zu einem Pulver zerstampft und dann in Wasser gibt. Die Kawa-Wurzel gehört zu den Pfeffergewächsen. Sie enthält einen Inhaltsstoff mit leicht narkotisierender, beruhigender Wirkung, der heute auch in Medikamenten Verwendung findet.

Der Kawastrauch wird über Stecklinge vermehrt. Nachdem ein Kawastrauch ausgegraben worden ist, schneidet der Bauer Stecklinge. Hat er das aus der geernteten Pflanze gewonnene Getränk gekostet, entscheidet er, ob er die Stecklinge pflanzt oder verrotten lässt. Handelt es sich um ein Exemplar mit besonderen psychoaktiven Eigenschaften, gibt er Stecklinge an seine Verwandten und Nachbarn weiter.

Kawa wächst im feuchten, tropischen Klima mit gleichmäßig verteilten Regenfällen. Obwohl die Pflanze sumpfigen Boden bevorzugt, kann sie auch auf steinigem Untergrund wachsen. Oft wird Kawa in gemischten Gärten, z.B. unter Bananenstauden, angebaut.

Nach etwa vier Jahren kann Kawa geerntet werden.

Die wirksamen Bestandteile der Kawa sind die Kavalactone. Sie sind vor allem im Wurzelstock und den Wurzeln der Pflanze zu finden. Die wirksamsten der fünfzehn aus Kawa isolierten Lactone sind Kavain, Dihydrokavain und Dihydromethysticin.[2]

Beim Kawatrinken werden die Zunge und die Mundhöhle leicht taub, was insofern angenehm ist, als es den bitteren Geschmack des Getränkes erträglicher macht. Der Kawagenuß führt nach einer Weile zu einer Entspannung der Muskeln, ohne jedoch die Konzentration zu beeinträchtigen. Im Gegensatz zu Alkoholkonsum führt Kawatrinken nicht zu erhöhter Aggressivität.

3. Die Kawa-Zeremonie

Bei allen gesellschaftlichen Anlässen, seien dies Hochzeiten, Begräbnisse oder ähnliches wird Kawa getrunken.

Eine Kawa-Zeremonie im 18. Jahrhundert (vor dem Eindringen der Missionare) sah wie folgt aus:

Es gab eine Sitzordnung, bei der die Männer in einem ovalen Kreis saßen, der aus drei Teilen bestand. Dem „Höchsten Kreis“, dem „Niederen Kreis“ und dem „Äußeren Kreis“. Im „Höchsten Kreis“ saß der ranghöchste Häuptling, der den Vorsitz der Kawa- Runde hatte. Neben ihm saßen die leitenden matapule (Ratgeber). Sie organisierten und überwachten die Zubereitung des Kawa- Getränkes. Neben diesen saßen andere Häuptlinge und matapule von geringerem Rang. Je höher der Rang des Einzelnen war, desto näher saß er beim ranghöchsten Häuptling. Der „Höchsten Kreis“ machte etwa zwei drittel des gesamten Ovals aus. An ihn schloß sich der „Niedere Kreis“ an, bestehend aus den jüngeren Häuptlingen und Söhnen der matapule. Neben dem „Niederen Kreis“, dem ranghöchsten Häuptling gegenüber, saß die Person, die die Kawa in der Kawa- Schale zubereitete. In der samoanischen Tradition war die taupou (Dorfjungfrau) die einzige, die bei zeremoniellen Anlässen die Kawa zubereiten und den Häuptlingen servieren durfte.[3] Aus diesen Personen bestand der eigentliche Kawa-Ring. Hinter dem „Niederen Kreis“ saßen dann Personen, die ebenfalls an der Kawa- Runde teilnahmen. Sie saßen in Reihen hintereinander mit dem Gesicht zum vorsitzenden Häuptling. Sie formten den „Äußeren Kreis“, in dem auch Frauen saßen.

War die Runde auf diese Weise arrangiert, so wurde die Kawa-Wurzel geholt und vor dem vorsitzenden Häuptling niedergelegt.

Auch ein kleines Essen gehört zu jeder Kawa-Runde, um einer durch den Kawa- Genuß verursachten Übelkeit vorzubeugen.

Die Kawa-Wurzeln wurden mit einer Axt in kleine Stücke gehauen und mit scharfen Muscheln gesäubert. Danach wurden die Stücke im „Niederen“ und „Äußeren Kreis“ zum zerkauen verteilt. Zerkauen durften die Wurzeln freilich nur junge Menschen mit guten Zähnen, sauberem Mund und ohne Erkältung.

Nachdem alle mit dem Kauen fertig waren, was man an der wiederkehrenden Stille bemerkte, wurden die zerkauten und zu einer Kugel geformten Kawa- Stücke, nach vorne gereicht.

Die einzelnen Kugeln wurden jede für sich in die Schale gelegt. Dies diente dem Zweck, die Menge Kawa, die sich nun in der Schale befand, besser einschätzen zu können. Hatte der vorsitzende Häuptling entschieden, dass genug Kawa in der Schale war, wurde es von dem „Kawa-Mixer“ zerstampft.

Nun wurde Wasser hinzugegeben, bis der vorsitzende Häuptling meinte, es sei genug. Nachdem das Gemisch gut verrührt war, wurde es gefiltert. Um die Wurzelstücke aus dem Wasser herauszufiltern, wurde ein Stück Rinde in einzelne Fibern zerrupft. Dieses Sieb tauchte der Kawa-Mixer in die Schale und zog es hindurch, so dass sich die Wurzelreste darin verfangen konnten. Aus dem Gebräu herausgezogen, wurde das Bündel kräftig ausgewrungen, bis die gewünschte Stärke erreicht war.

Nun wurde das Essen verteilt. Die Zubereitungszeit der Kawa betrug 15- 20 Minuten.

Die Kawa wurde je nach Anlaß unterschiedlich verteilt. War sie ein Geschenk von einem der anwesenden Männer, so erhielt dieser die erste Tasse, die zweite erhielt der ranghöchste matapule, die dritte Tasse schließlich stand dem vorsitzenden Häuptling zu.

War sie kein Geschenk und wurde z.B. vom Häuptling zur Verfügung gestellt, oder war die Person, die die Kawa schenkte, nicht anwesend, dafür aber ein ranghoher Besucher, so erhielt dieser die erste Tasse, die zweite erhielt auch in diesem Fall der ranghöchste matapule und die dritte Tasse endlich erhielt der vorsitzende Häuptling.

Bei mehreren Besuchern mit gleichhohem Rang erhielt der vorsitzende Häuptling die erste Tasse, die zweite bekam der ranghöchste matapule und die dritte der Häuptling mit dem zweithöchsten Rang. Dies wurde auf diese Weise arrangiert, um keinen der Besucher zu kränken.

War kein Besucher anwesend, so war die erste Tasse für den ranghöchsten matapule bestimmt, die zweite für den Häuptling mit dem zweithöchsten Rang und die dritte für den vorsitzenden Häuptling ( der den höchsten Rang inne hat).

Waren die ersten drei Tassen verteilt, so wurde die verbliebene Kawa im „Höchsten Kreis“ nach Rangfolge verteilt. War die erste Kawa- Schale geleert, so wurde eine weitere zubereitet. Keiner der anwesenden erhielt zwei Tassen aus derselben Schale.[4]

Die Kawa wurde aus Kokosschalen getrunken, dies wird auch heute noch so getan, weil die Kawa aus ihnen angeblich besser schmeckt.

Die Kawa-Zeremonie ist im wesentlichen Heute dieselbe, die wichtigsten Regeln, die Sitzordnung und die Beachtung der Rangfolge beim Austeilen des Getränkes, gelten auch heute noch. Es gibt allerdings einige Änderungen technischer Natur. Die Kawa- Wurzeln werden heute nicht mehr zerkaut. Das Getränk wird heute nicht mehr in der traditionellen Kawa- Schale zubereitet, sondern in 10 Liter- Eimern aus Plastik, diese weisen dann nach mehrmaligem Gebrauch grau- gelbe Verfärbungen auf: den Kawa- Spiegel.

Die Kawa- Zeremonie diente mehreren Zwecken. Zum einen der Bestätigung des eigenen sozialen Ranges.

„ Die Samoaner sind wie gesagt ein Volk, das außerordentlich viel auf äußere Form gibt, das eine Etikette hat, die oft weit über das hinausgeht, was wir bei europäischen Fürstenhöfen gewöhnt sind. So darf sich ein Niedergeborener einem Häuptling nur kriechend nahen, ganz genau sind die Rang- und Standesunterschiede in der Anrede festgelegt, und wehe dem, der dagegen verstößt.“[5]

[...]


[1] Vgl.: http://www.erdkunde-wissen.de/erdkunde/land/australien/samoa/index.html, Stand 09.07.2006

[2] Vgl.: M.Balick: Drogen, Kräuter und Kulturen. Heidelberg 1996 S.179

[3] Vgl.: M.Balick: Drogen, Kräuter und Kulturen. Heidelberg 1996 S.180

[4] Vgl.: Rügemer, Kerstin Kerry: Kawa-Zeremonie und Kauthaha als Kommunikative Orte in Tonga, Marburg 1990

[5] Siehe: Berger, A.: Sturm- und Sonnentage auf Samoa, München 1923

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Kawa-Zeremonie auf Samoa im Vergleich zur Kneipenkultur in Deutschland
Hochschule
Philipps-Universität Marburg  (Fachgebiet Völkerkunde)
Veranstaltung
Kulturvergleich
Note
2+
Autor
Jahr
2006
Seiten
16
Katalognummer
V344849
ISBN (eBook)
9783668345423
ISBN (Buch)
9783668345430
Dateigröße
454 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kulturvergleich, Kawa-Zeremonie, Kneipenkultur
Arbeit zitieren
Magister Artium Markus Schüßler (Autor:in), 2006, Die Kawa-Zeremonie auf Samoa im Vergleich zur Kneipenkultur in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/344849

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Kawa-Zeremonie auf Samoa im Vergleich zur Kneipenkultur in Deutschland



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden