Die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG. Empirische Analyse der Angaben ausgewählter HDAX Unternehmen im Zeitraum 2009 bis 2015


Hausarbeit, 2016

41 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG als gesetzliche Verankerung des Deutschen Corporate Governance Kodex
2.1. Entstehung und Zielsetzung des Soft Law
2.2. Aufbau, Inhalt und Entwicklung des Kodex
2.3. Die Stellungnahme zur Unternehmensführung nach § 161 AktG, deren Rolle i.R. der Abschlussprüfung und deren Ausweitung durch das BilMoG
2.4. Die wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen von DCGK und § 161 AktG
2.5. Kritische Betrachtung

3. Empirische Analyse zur Umsetzung des Deutschen Corporate Governance Kodex im Zeitraum 2009 - 2015 am Beispiel ausgewählter HDAX Unternehmen
3.1. Die Kodexakzeptanz im zeitlichen Verlauf
3.2. Kapitel-, ziffer- und empfehlungsspezifische Analyse - Gesetze infolge kritischer Empfehlungen?
3.3. Analyse der Erläuterungen - Gründe für die Abweichungen
3.4. Einfluss von Unternehmenseigenschaften auf die Angaben

4. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) wurde im Jahr 2002 erstmalig von der hierfür eingesetzten Regierungskommission verabschiedet und ging aus einer weltweiten Debatte um die optimale Unternehmensleitung und -überwachung ebendieser Unternehmensleitung (Corporate Governance (CG)) hervor (Schwarz 2004: 1). Mit dem Ziel die entsprechenden CG - Strukturen deutscher (börsennotierter) Unternehmen transparenter darzustellen und zu verbessern, gibt der Kodex dazu einerseits die diesbezüglich wichtigsten Wirtschaftsgesetze wieder und „enthält [andererseits] international und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung“ (Präambel des DCGK idF v. 5. Mai 2015). Mit der Verpflichtung zur Abgabe einer Entsprechenserklärung gemäß § 161 AktG wurde der DCGK ebenfalls 2002 gesetzlich verankert. Seitdem müssen nach dem Comply or Explain Prinzip Abweichungen von den Empfehlungen des Kodex offen gelegt werden. Die Sanktionierung überlässt der Gesetzgeber dabei dem Kapitalmarkt. Diese Entscheidung wurde in Deutschland häufig kritisch gesehen, da dies grundsätzlich einen hohen Investorenschutz voraussetzt, während in Deutschland eher ein relativ hoher Gläubigerschutz besteht. Demnach stellt sich die Frage, inwieweit der DCGK trotz seiner rechtlichen Unverbindlichkeit tatsächlich Wirkung entfalten kann. Dies soll im Rahmen der Untersuchung analysiert werden, deren Ausgangspunkt das Jahr 2009 darstellt, in welchem die Stellungnahme zur Unternehmensführung durch das verabschiedete BilMoG um wesentliche zu veröffentlichende Angaben erweitert wurde. Im Voraus der empirischen Analyse soll nach der Darstellung des DCGK und des § 161 AktG auf die theoretischen wirtschaftlichen und rechtlichen Konsequenzen des Soft Law eingegangen werden, um ein potenzielles Akzeptanzniveau ermitteln zu können. Schließlich soll das Konzept auch kritisch betrachtet werden. Auf Basis der theoretischen Erkenntnisse sollen im Anschluss die Angaben der Entsprechenserklärungen anhand verschiedener Kriterien analysiert und ausgewertet werden. Entgegen der Masse der Studien, welche die Korrelation zwischen der Einhaltung des DCGK von DAX - und MDAX - Gesellschaften und deren Performance untersucht, wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit detailliert die Einhaltung des Kodex von größtenteils kleineren HDAX - Unternehmen analysiert. Im Fokus stehen dabei die Entwicklung der Angaben im Zeitraum 2009 - 2015, die grundsätzlichen Aussagen, die sich im Rahmen der Untersuchung treffen lassen sowie die Erkenntnisse, die daraus gewonnen werden können.

2. Die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG als gesetzliche Verankerung des Deutschen Corporate Governance Kodex

2.1. Entstehung und Zielsetzung des Soft Law

Der Deutsche Corporate Governance Kodex und seine gesetzliche Verankerung sind als Ergebnis eines länger andauernden Entwicklungs- und Reformprozesses zu verstehen. Vorläufer finden sich unter anderem im anglo-amerikanischen Raum, da dort auf Grund „spärlicher gesetzlicher Vorgaben für die Satzungen von Kapitalgesellschaften […] schon lange ein Bedarf für gesetzergänzende Richtlinien oder „Codes of Best Practice““ (Schwarz 2004: 23) bestand. Neben die anfangs meist Börsen- oder Pensions- und Indexfondseigenen Kodizes traten mit der Zeit vermehrt staatlich initiierte generische Regelwerke, welche unterhalb des zwingenden Gesetzesrechts einzuordnen waren und den Unternehmen Freiraum für eigene Governance Strukturen ließen (ebd.: 23 f.). Vorreiter in Europa war Großbritannien mit dem Combined Code, dessen Einhaltung nicht verpflichtend war (Nowak et al. 2004: 3 f.). Darüber hinaus war im Gegensatz zum DCGK sogar die Abgabe einer auf den Code bezogenen Entsprechenserklärung gesetzlich nicht vorgeschrieben (Schwarz 2004: 24). Das wachsende Aufkommen staatlicher Regelwerke mündete schließlich 1999 in einem transnationalen vom OECD vorgelegten Corporate Governance Bericht, der wiederum als Basis für den von der „Grundsatzkommission Corporate Governance“ in 2000 vorgelegten „Code of Best Practice“ für Unternehmen in Deutschland diente (ebd.: 24 f.). Gleichzeitig erarbeitete auch der „Berliner“ Initiativkreis mit dem „German Code of Corporate Goverance“ ein entsprechendes Regelwerk bezüglich der Unternehmensführung und -überwachung (ebd.: 25). Diese Entwicklung gipfelte unter anderem auf Grund spektakulärer Unternehmenskrisen wie der Phillip Holzmann - Pleite, des Bilanzskandal des Enron-Konzerns und dem daraufhin verabschiedeten Sarbanes-Oxley-Act sowie des wachsenden ausländischen Drucks hinsichtlich eines einheitlichen Kodex am 29. Mai 2000 in der Gründung der Regierungskommission „Corporate Governance - Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts“ (sog. Baums-Kommission), welche unter der Leitung Theodor Baums die deutsche CG-Struktur analysieren und entsprechende Verbesserungsempfehlungen erarbeiten sollte (ebd.: 24 ff.). Auf Basis dieser Vorschläge wurden das AktG sowie das HGB angepasst und die unabhängige, aus Wissenschaftlern und Wirtschaftsvertretern bestehende Regierungskommission „Deutscher Corporate Governance Kodex“ ins Leben gerufen (Bassen et el. 2004: 375 f.). Diese überreichte am 26. Februar 2002 den von ihr unter der Leitung von Dr. Gerhard Cromme erarbeiteten Kodex dem Bundesjustizministerium (Schwarz 2004: 26). Seit seiner Erstveröffentlichung am 30. August 2002 im elektronischen Bundesanzeiger wird der DCGK nun jährlich überprüft und an etwaige Entwicklungen angepasst. Durch die CG- Debatte in Deutschland erfuhr auch das Aktien- und Kapitalmarktrecht entsprechende Veränderungen. Auf das im Jahr 1994 eingeführte „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“ folgten in kurzer Zeit das KonTraG, das NaStraG, das WpÜG sowie das am 01. August 2002 in Kraft getretene „Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität“ (TransPuG) (ebd.: 74). Letzteres verankerte schließlich den DCGK, welcher grundsätzlich Soft Law darstellt, im Gesetz und verhalf ihm zur breiten Durchsetzung. Dabei wird „[u]nter [dem Begriff] „Soft Law“ […] grundsätzlich die Anbindung eines Rechtssubjektes an eine Norm, die von ihm mitgeschaffen oder unterstützt wurde, die aber tatsächlich keine rechtlich verbindliche Wirkung besitzt“ (ebd.: 6) verstanden. Dementsprechend sind die Unternehmen nach §161 AktG zur Abgabe einer Entsprechenserklärung, jedoch nicht zur Einhaltung des DCGK verpflichtet. Letzteres überlässt der Gesetzgeber der Selbstregulierung des Kapitalmarktes. Die Durchsetzung mittels eines staatlichen Zwangsapparates entfällt. Als Argument für diese Entscheidung wird die „Forderung kapitalmarktorientierter Gesellschaften nach mehr Deregulierung und Flexibilisierung im System des zwingenden deutschen Rechts“ (Nowak et al. 2004: 3) angeführt.

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Abbildung 1: Entstehung von § 161 AktG und DCGK

Der DCGK hat nach seiner eigenen Präambel neben der Formulierung der gegenwärtigen Best Practice der Corporate Governance die Erhöhung der Transparenz und Nachvollziehbarkeit des deutschen CG - Systems zum Ziel und „will das Vertrauen der internationalen und nationalen Anleger, der Kunden, der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit in die Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften fördern“ (Präambel des DCGK idF v. 5. Mai 2015). Daraus lässt sich zunächst eine grundlegende Informationsfunktion ableiten, welche (potentiellen) ausländischen Anlegern und anderen Stakeholdern die Möglichkeit bieten soll, die CG - Strukturen eines Unternehmens nachvollziehen und standardisiert evaluieren zu können. Einerseits versucht der Kodex dazu die Komplexität des deutschen Aktien- und Kapitalmarktrechts zu reduzieren, um die Grundzüge der deutschen CG-Struktur zu vermitteln. Andererseits geht der Kodex über die bestehenden Gesetze hinaus und formuliert, im Rahmen seiner Ordnungsfunktion, „best practice“ - Regeln, die auf die Verbesserung der Unternehmensführung und ihrer Überwachung zielen. Auf Grund der rechtlichen Unverbindlichkeit des DCGK kann und soll jedoch gemäß Abs. 11 Satz 3 der Präambel im Interesse einer guten Unternehmensführung von diesen Leitlinien abgewichen und die CG - Struktur branchenabhängig angepasst werden (Präambel des DCGK idF v. 5. Mai 2015). Eine durch Gesetze geschaffene mögliche Einschränkung der Flexibilität der Unternehmen und eine daraus resultierende suboptimale Struktur unterbleibt somit. Mit den beschriebenen Funktionen wird unter anderem der Konflikt zwischen Unternehmenseignern und -führung angegangen, deren Verhältnis durch Informationsasymmetrie und unterschiedliche Interessen gekennzeichnet ist. Außerdem sind die Akteure gezwungen „[b]ei gegebener Ressourcenknappheit […], Wahlentscheidungen zu treffen, was sie eigennutzorientiert […] auf der Grundlage eingeschränkter Rationalität tun“ (Schwarz 2004: 68). Mit dem Deutschen Corporate Governance Kodex wurde diesbezüglich ein entsprechender Handlungsrahmen guter CG geschaffen, der bereits in seiner Präambel auf die Verpflichtung des Vorstands und Aufsichtsrats „für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen“ (Präambel des DCGK idF v. 5. Mai 2015) hinweist. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der DCGK die Transparenz des deutschen CG - Systems erhöhen und durch die Einbettung nationaler und internationaler Standards eine gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung gewährleisten soll. Im abstrakteren Sinne hilft eine gute Unternehmensführung und -kontrolle den Unternehmen “to achieve their corporate aims and to attract investment” (Fernando 2009: 252).

2.2. Aufbau, Inhalt und Entwicklung des Kodex

Der DCGK ist auf Basis dreier Regelungstypen aufgebaut, welche in zwei Bereiche unterteilt werden können. Zum einen gibt er den von dem Aktiengesetz (AktG), dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG), dem Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) und anderen wichtigen Wirtschaftsgesetzen vorgegebenen rechtlichen Rahmen der Corporate Governance sinngemäß wieder, was durch die Verwendung des Wortes „muss“ gekennzeichnet wird (Prengel 2002: 58). Zum anderen enthält er „best practice“ - Regeln guter Corporate Governance in Form von Empfehlungen und Anregungen, welche freiwilligen Charakter haben. Diese werden durch die Formulierungen „soll“ beziehungsweise „sollte“ symbolisiert und sind als „proaktive Anstöße für die weitere Entwicklung der Corporate Governance zu verstehen“ (Prengel 2002: 59).

Inhaltlich wurde der DCGK in Anlehnung an den Bericht der Regierungskommission „Corporate Governance - Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts“ in die sechs Bereiche Aktionäre und Hauptversammlung, Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat, Vorstand, Aufsichtsrat, Transparenz sowie Rechnungslegung und Abschlussprüfung gegliedert. Zum Zwecke der Komplexitätsreduktion wurde auf die Klärung tiefergehender Fragen sowie auf komplizierte Formulierungen verzichtet (Prengel 2002: 59). Daraus wird deutlich, dass mit dem DCGK ein Regelwerk für die Wirtschaft und weniger für die Rechtswissenschaft entworfen wurde.

Auf Grund der jährlichen Überprüfung des Kodex durch die Regierungskommission haben sich sowohl die Anzahl als auch der Inhalt der Leitlinien aber auch der Wiedergaben CG - relevanter Gesetze über die Jahre verändert. Um die Ergebnisse der empirischen Analyse in Kapitel 3 besser deuten und nachvollziehen zu können, gibt Abbildung 2 einen Überblick über die in dem untersuchungsrelevanten Zeitraum erfolgten Kodexanpassungen, wobei auf die entfallenen Empfehlungen auf Grund der Übersichtlichkeit verzichtet wird. Im folgenden Abschnitt wird lediglich auf deren Anzahl eingegangen. Unter der Annahme, dass eine negative Korrelation

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Abbildung 2: Entwicklung des DCGK von 2009 bis 2015

zwischen der Anzahl der (neu) aufgenommenen substantiellen Empfehlungen und der Entsprechensquote herrscht, lassen sich außerdem Aussagen hinsichtlich der vermutlichen Akzeptanzentwicklung ableiten, wodurch ein grundsätzlicher Trend vorausgesagt und die Plausibilität späterer Ergebnisse geprüft werden kann. Die Einhaltung einer Regelung ist jedoch auch von der Regelung selbst und weiteren Faktoren abhängig. So werden vermutlich kleinere Unternehmen verstärkt Kosten - Nutzen - Analysen durchführen und infolgedessen bestimmten Empfehlungen, deren Kosten den Nutzen übersteigen, nicht entsprechen.

Im Jahr 2009 kam es neben einer Erweiterung der Präambel zu einer substantiellen Weiterentwicklung des Kodex. Die umfangreiche Überarbeitung legt eine entsprechend niedrige Kodexakzeptanz nahe, die im Folgejahr auf Grund von weiteren bedeutsamen Anpassungen nur geringfügig steigen wird. Dementsprechend wurde der Verzicht auf eine Überarbeitung des Kodex in 2011 damit begründet, dass die Unternehmen nach der raschen Weiterentwicklung des DCGK genügend Zeit zu dessen Realisierung haben sollten, wodurch von steigenden Entsprechensquoten in 2011 auszugehen ist. Nachdem der Kodex im Jahr 2012 wieder stark erweitert worden und die Akzeptanz vermutlich wieder gesunken war, standen in der elften Fassung den fünf neuen Empfehlungen eine entfallene Anregung und sechs entfallene Empfehlungen gegenüber. Schließlich wurden 2015, nachdem es 2014 zu keiner weiteren Anpassung innerhalb der sieben Kodexkapitel kam, vier Empfehlungen gestrichen und drei substantielle Regelungen neu aufgenommen. Auf Grund der materiellen Weiterentwicklung des Kodex in den ersten beiden Jahren, den Verschlankungen in 2013 und 2015 sowie der marginalen Änderung in 2014 ist für den untersuchungsrelevanten Zeitraum insgesamt mit einer ansteigenden Trendlinie bezüglich der Kodexakzeptenz zu rechnen. Für diese Entwicklung spricht auch, dass einige Empfehlungen, die vor 2009 in den DCGK aufgenommen wurden, im betrachteten Zeitraum unter anderem auf Grund von auslaufenden Verträgen umgesetzt worden sein könnten.

2.3. Die Stellungnahme zur Unternehmensführung nach § 161 AktG, deren Rolle i.R. der Abschlussprüfung und deren Ausweitung durch das BilMoG

Unter den gesetzlichen Vorschriften, die den Kodex flankieren, kommt der Verpflichtung zur Abgabe einer Entsprechenserklärung nach § 161 AktG besondere Bedeutung zu. Diese stellt ein zentrales Instrument zur Implementierung des DCGK dar und soll zur weiteren Analyse im Folgenden wiedergegeben werden.

(1) Vorstand und Aufsichtsrat der b ö rsennotierten Gesellschaft erkl ä ren j ä hrlich, dass den vom Bundesministerium der Justiz und f ü r Verbraucherschutz im amtlichen Teil des Bundesanzeigers bekannt gemachten Empfehlungen der "Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex" entsprochen wurde und wird oder welche Empfehlungen nicht angewendet wurden oder werden und warum nicht. Gleiches gilt f ü r Vorstand und Aufsichtsrat einer Gesellschaft, die ausschlie ß lich andere Wertpapiere als Aktien zum Handel an einem organisierten Markt im Sinn des § 2 Abs. 5 des Wertpapierhandelsgesetzes ausgegeben hat und deren ausgegebene Aktien auf eigene Veranlassung ü ber ein multilaterales Handelssystem im Sinn des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 des Wertpapierhandelsgesetzes gehandelt werden.

(2) Die Erkl ä rung ist auf der Internetseite der Gesellschaft dauerhaft ö ffentlich zug ä nglich zu machen.

(§ 161 AktG Erklärung zum Corporate Governance Kodex)

Der DCGK verfügt wie in Kapitel 2.2 beschrieben neben gesetzlichen Vorschriften, die von den Unternehmen grundsätzlich beachtet werden müssen, auch über „best - practice“ - Regelungen in Form von Empfehlungen und Anregungen, zu deren Einhaltung keine gesetzliche Verpflichtung beseht. Nach § 161 AktG ist jedoch im Rahmen einer Entsprechenserklärung zur Einhaltung der „soll - Vorschriften“ zwingend Stellung zu nehmen, wobei Empfehlungsabweichungen zu begründen sind (Comply or Explain - Prinzip). Die Entsprechenserklärung macht folglich Abweichungen transparent. Bezüglich der „sollte - Vorschriften“ besteht hingegen lediglich eine Anregung (Ziffer 3.10 Abs. 1 S. 2 DCGK idF v. 5. Mai 2015) zur Stellungnahme und keine Verpflichtung, womit diese Vorschriften den schwächsten Regelungstyp darstellen. Obwohl gemäß dem Wortlaut von § 161 AktG grundsätzlich jede Abweichung von einer Empfehlung berücksichtigt werden müsste, ist der Regierungsbegründung zu § 161 AktG zu entnehmen, dass von einer gewissen Wesentlichkeitsschwelle ausgegangen werden kann, unter anderem um den Markt durch geringfügige Abweichungen nicht zu verwirren (Schwarz 2004: 36). Des Weiteren ist zu erwähnen, dass nur Untererfüllungen erklärungspflichtig sind (ebd.: 36). Der Anreiz positiver Markteffekte bei Übererfüllung sowie bei Erfüllung der Anregungen sollte die Unternehmen jedoch dazu animieren weitere Angaben zu machen. Aus der Formulierung „Vorstand und Aufsichtsrat der börsennotierten Gesellschaft“ (§ 161 Abs. 1 S. 1 AktG) ergibt sich der primäre Adressatenkreis des § 161 AktG, wobei deutlich wird, dass es sich bei der Verpflichtung zur Abgabe einer Entsprechenserklärung „nicht um eine Pflicht der Gesellschaft selbst“ (Schwarz 2004: 36), sondern der Organe handelt. Diese könnten im Falle unterschiedlicher Auffassungen auch divergierende Erklärungen abgeben, was in der Praxis jedoch selten vorkommen wird. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Aufsichtsrat durch entsprechende Festlegungen unter anderem in den Verträgen großen Einfluss auf die Umsetzung des Kodex durch den Vorstand hat, die Einhaltung durch den Aufsichtsrat wiederum nur begrenzt vom Vorstand beeinflusst werden kann. Mit dem Ziel, dass sich die Erklärungsverpflichteten regelmäßig mit den Fragen guter Unternehmensführung beschäftigen, wurde in § 161 AktG ein Erklärungsintervall von einem Jahr festgelegt. Der erstmalige Erklärungszeitpunkt steht „im Belieben der Gesellschaft“ (ebd.: 37). Da es sich gemäß § 325 HGB bei der Erklärung um Unterlagen handelt, welche offenzulegen sind, müssen diese an das Handelsregister und den Bundesanzeiger eingereicht werden. Nach § 161 AktG muss die Erklärung außerdem auf der Internetseite des Unternehmens veröffentlicht werden und dauerhaft zugänglich sein. Des Weiteren ist gemäß § 314 HGB beziehungsweise § 285 HGB im (Konzern-) Anhang des Jahresabschlusses über die Abgabe zu berichten. Entsprechend der Formulierung „wurde und wird“ (§ 161 AktG) bezieht sich die Erklärung auf das zurückliegende und gegenwärtige Verhalten sowie die zukünftige Absicht bezüglich der Einhaltung beziehungsweise Nicht- Einhaltung der Verhaltensregeln (ebd.: 38). Dies hat zur Folge, dass ein Unternehmen dem DCGK erst dann vollumfänglich entsprechen kann, wenn es über den kompletten erklärungsrelevanten Zeitraum von keiner Empfehlung abweicht. Während der vergangenheits- beziehungsweise gegenwartsbezogene Part des Berichts eine Tatsachenerklärung darstellt, kann die ex ante - Erklärung als eine reine Absichtserklärung verstanden werden (ebd.: 38). Weicht ein Unternehmen von der Zukunftserklärung ab oder war die Erklärung für die Vergangenheit fehlerhaft, muss dies im Rahmen einer neuen Entsprechenserklärung angegeben werden, wodurch sichergestellt ist, dass die Stakeholder zeitnah über Änderungen informiert werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG. Empirische Analyse der Angaben ausgewählter HDAX Unternehmen im Zeitraum 2009 bis 2015
Hochschule
Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin
Note
1,5
Autor
Jahr
2016
Seiten
41
Katalognummer
V345109
ISBN (eBook)
9783668351059
ISBN (Buch)
9783668351066
Dateigröße
3787 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Corporate Governance, DCGK, Deutscher Corporate Governance Kodex, Corporate Governance Kodex, Entsprechenserklärung, §161 AktG, § 161 AktG
Arbeit zitieren
Alexander Rochlitzer (Autor:in), 2016, Die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG. Empirische Analyse der Angaben ausgewählter HDAX Unternehmen im Zeitraum 2009 bis 2015, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/345109

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