Zur Erklärung industrieller Standorte


Seminararbeit, 2004

21 Seiten, Note: 1,6


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlegende Begriffe
2.1 Industrie
2.2 Standort
2.3 Industrieller Standort

3. Standorterklärungen und Theorien
3.1 Industriegeographische Standorterklärungen
3.1.1 Die Industriestandorttheorie von ALFRED WEBER
3.1.2 Das Modell von LÖSCH
3.2 Zyklisch-dynamische Erklärungsansätze
3.2.1 Die Theorie der Langen Wellen
3.2.2 Die Produktlebenszyklustheorie
3.3 Dynamisch-evolutionäre Ansätze

4. Standortfaktoren
4.1 Standortfaktoren im Wandel

5. Agglomerationseffekte

6. Statistische Verfahren zur Bestimmung von optimalen Standorten
6.1 Die Shift Analyse

7. Schluss

8. Literaturverzeichnis

9. Abbildung

1. Einleitung

Zu den zentralen Themen in der Industriegeographie gehört die Betrachtung der Standortwahl von Unternehmen, die von vielen verschiedenen Faktoren beeinflusst wird. Die Standortentscheidungen können die Entwicklung einer Region sehr stark bestimmen.

Der Bereich der Standorttheorien und der Standorterklärungen mit Hilfe von Modellen, der Empirie oder auch anderer Methoden spielt in der für ein Unternehmen nicht alltäglichen Gründung eines Zweigwerks oder der Verlegung des Hauptsitzes in eine andere Region eine große Rolle.

Trotz der De-Industrialisierung werden in den Industrieländern noch immer viele Unternehmen neu gegründet, von denen nach zwei Jahren immer noch 80% bestehen. Dabei gibt bei diesen Neugründungen oft der Wohnort des Firmengründers den Ausschlag für die Standortentscheidung. Spätere Standortentscheidungen werden jedoch oft auf Grund von Untersuchungen auf stark selektiver, rationaler Basis begründet. In diesem Prozess der Standortfindung kommen sowohl die alteingesessenen „klassischen“ Industrie- standorttheorien zum Zug, als auch andere Methoden und Überlegungen. Diese Hausarbeit soll einen Überblick über das Thema „Zur Erklärung industrieller Standorte“ liefern, wobei die im Text vorgestellten Theorien und Methoden der Standortfindung längst nicht alle verschiedenen Erklärungsansätze aufzeigen.

2. Grundlegende Begriffe

Um die in dieser Hausarbeit am häufigsten vorkommenden Begrifflichkeiten zu erläutern, will ich diese im folgenden Kapitel durch einige Definitionen klären, so dass keine unterschiedlichen Begriffdefinitionen im Raum stehen. Die folgenden Definitionen sind alle dem DIERCKE Wörterbuch für Allgemeine Geographie entnommen, das von HARTMUT LESER herausgegeben wurde und im DTV Verlag erschienen ist.

2.1 Industrie

„Die Industrie ist der Teilbereich des produzierenden Gewerbes (sekundärer Sektor), in dem arbeitsteilig unter Einsatz technischer Produktionseinrichtungen und Energie relativ gleichförmig und in großer Menge (Stückzahl) Halb- und Fertigprodukte für einen überregionalen Markt erzeugt werden. Durch den technischen Fortschritt (Automatisierung) sinkt bei zunehmender Leistungsfähigkeit der Bedarf an gering qualifizierten Arbeitskräften. Als produzierendes Gewerbe wird hierbei derjenige Teil des Gewerbes bezeichnet, der Sachgüter herstellt. Laut Statistik gehören in der BRD zum produzierenden Gewerbe neben der Industrie und dem Handwerk die Energie und Wasserwirtschaft, der Bergbau und das Baugewerbe, wobei alle Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten erfasst werden.“

(vgl. DIERCKE Wörterbuch Allgemeine Geographie, H.Leser, 1998)

2.2 Standort

„In der allgemeinen Bedeutung ist der Standort der räumlich begrenzte Bereich des Vorkommens eines geo- oder biowissenschaftlichen Phänomens, das in der Regel von eben diesem Standort und seinem „Angebot“ bedingt oder abhängig ist bzw. Beziehungen zum Standort aufbaut. In der Humangeographie wird „Standort“ als die vom Menschen für bestimmte Nutzungen gewählte Raumstelle bzw. der Platz definiert, an denen verschiedene soziale, wirtschaftliche und/oder politische Gruppen im Raum interagieren. In der Wirtschaftsgeographie ist es der Ort, an welchem ein Wirtschaftsbetrieb tätig ist.“ (vgl. DIERCKE Wörterbuch Allgemeine Geographie, H.LESER, 1998)

2.3 Industrieller Standort

„Ein industrieller Standort ist der Ort der industriellen Güterproduktion. Dabei kann es sich um ein oder mehrere (selbstständige) industrielle Fertigungsstätten handeln. Theoretisch lässt sich jeder Industriestandort rational durch Abwägen der am jeweiligen standortwirksamen Standortfaktoren festlegen. Die wissenschaftlichen Grundlagen liefert die Industriestandortlehre.“ (vgl. DIERCKE Wörterbuch Allgemeine Geographie, H.LESER, 1998)

3. Standorterklärungen und Theorien

Mit den Standorterklärungen und Theorien im Bereich der Industriegeographie wurde in der Vergangenheit, aber auch in der Gegenwart versucht, durch die Betrachtung von betrieblichen Standortfaktoren, die für die Standortentscheidungen der jeweiligen Industriezweige wichtig sind, auf Modelle oder Theorien zu schließen, die die Standortwahl der Unternehmen erklären und gewisse Regelmäßigkeiten darin aufdecken sollten. Die Geographie lehnte sich hierbei in weiten Bereichen an die betriebswirtschaftliche bzw. die aus der Volkswirtschaft kommende Standortlehre an. Bis in die Gegenwart spielen diese elementaren Standorttheorien in der Forschung eine große Rolle, da die heute herausgearbeiteten Modelle und Erklärungen von Industriestandorten die klassischen Theorien zum Vorbild haben.

3.1 Industriegeographische Standorttheorien

Mit dem industriegeographischen Forschungsansatz wird die fachspezifische Sichtweise bezeichnet, bei der Geographen z.B. Industriestandorte und Verflechtungen zwischen diesen Standorten beschreiben und erklären. (GAEBE in Wirtschaftsgeographie Deutschlands S.88) Innerhalb dieses Forschungszweigs lassen sich verschiedene Forschungsrichtungen unterscheiden: Es gibt auf der einen Seite die Theorien, die auf die Analyse individueller Unternehmen ausgerichtet sind und den sogenannten „Mikroanalytischen Ansatz“ verfolgen. Sie betrachten die inner- und zwischenbetrieblichen Verflechtungen eines Betriebes. Zu dieser Gruppe gehören die normativ-deduktiven Theorien, die die Ermittlung des optimalen Standorts für Betriebe als Ziel haben, die verhaltenswissenschaftlichen Theorien, die versuchen, die Entscheidungen von Unternehmen auf Grund von Informationen zu begründen, die Handlungstheorien, die sich mit der Erklärung ziel- und zweckgeleiteter Handlungen befassen und die Produktlebenszyklustheorie, die Entscheidungen auf Grund von Standortanforderungen und Standortqualität trifft. Auf der anderen Seite gibt es die Theorien, die sich mit der gesamten Industrie befassen und hierfür überbetriebliche und für alle geltende Modelle erstellen. Diesen Ansatz nennt man den „Makroanalytischen Ansatz“, zu dem auch die Struktur- und Verflechtungstheorien gehören, die versuchen die Standortwahl auf Grund von Verteilungsmustern und interregionalen Verflechtungen zu erklären.

Diese Forschungsansätze werden durch inhaltliche, vor allem aus den Wirtschaftwissenschaften kommende, Diskussionen geprägt und nicht durch wissenschaftstheoretische oder methodologische Diskussionen. Diese unterschiedlichen Forschungsrichtungen haben verschiedene wissenschaftliche Grundpositionen: explizit formulierte Hypothesen sowie interpretative, dem Untersuchungsfeld gegenüber offene Fragestellungen, repräsentative Daten oder Einzelfälle, die mit quantitativen wie qualitativen Verfahren ausgewertet werden. (vgl. GAEBE in Wirtschaftsgeographie Deutschlands S.88) Es gibt auch Versuche die verschiedenen Forschungsansätze miteinander zu verknüpfen.

3.1.1 Die Industriestandorttheorie von ALFRED WEBER

ALFRED WEBER kann mit seiner 1909 veröffentlichten Industriestandorttheorie „Über den Standort von Industrien“ als Gründervater der klassischen Standorttheorien bezeichnet werden. Diese Abhandlung über den Standort von Industrien war von ähnlicher innovatorischer Bedeutung wie diejenige von THÜNENS für die Agrarwissenschaften. (vgl. HEINEMANN in Einführung in die Anthropogeographie/Humangeographie S.158) Die Standorttheorie von ALFRED WEBER steht für die normativ-deduktiven Theorien, deren Ziel es ist, den optimalen Standort eines Industriebetriebs zu ermitteln. W.GAEBE zählt die Theorie von WEBER zu den normativ-deduktiven Erklärungsansätzen, weil sie auf bestimmten Annahmen zu den Unternehmerzielen beruhen (deduktiv), und weil sie unterstellen, dass eine optimale Lösung für Unternehmer bei genau spezifizierten Bedingungen, die die Realität sehr stark vereinfachen, gefunden werden kann (normativ). (W.GAEBE in Wirtschaftsgeographie Deutschlands S.89)

ALFRED WEBER beruht in seiner Standorttheorie auf der Prämisse, dass der kostenminimale Standort eines Industriebetriebs der optimale sei. Dafür setzt er in seiner Theorie folgende, die Realität vereinfachende Annahmen voraus und bestimmt dann auf deduktivem Weg den optimalen Standort für Industrieunternehmen:

- „Die Fundorte der Rohmaterialien sind bekannt“
- „Die Konsumorte sind bekannt wobei festgelegt wird, dass das hergestellte Gut nur an einem, dem Unternehmen bekannten Absatzort nachgefragt wird und die Menge des Gutes bekannt ist.“
- „Die auftretenden Transportkosten werden auf Grund des Gewichts der Rohmaterialien bzw. des hergestellten Erzeugnisses und der Entfernung vom Fund- bzw. Produktionsort berechnet.“

(MAIER/BECK in Allgemeine Industriegeographie S. 84)

Außerdem wurden weitere allgemeine Annahmen festgelegt, um WEBERs Ziel einer reinen Industriestandorttheorie, die nicht abhängig von einzelnen Wirtschaftszweigen oder Wirtschaftsarten war, zu verfolgen. Dafür wurden sämtliche gesellschaftlich-kulturellen sowie naturgegebenen speziellen Standortfaktoren aus der Betrachtung ausgeschlossen.

- Diese waren die homo oeconomicus-Prämisse, die sich auf das Verhalten der Handlungssubjekte bezog.
- Die Annahme eines Betriebs, der nur ein Produkt an einem fest vorgegebenen Absatzmarkt vertreibt und dabei ebenfalls nur zwei Beschaffungsmärkte für Rohstoffe hat, die bekannt sind.
- Die Annahme von nur drei Standortfaktoren, den Transportkosten, die in seiner Theorie die entscheidende Größe sind, die Arbeitskosten und die sogenannten Agglomerationsfaktoren wie z. B. Kostenvorteile durch die räumliche Konzentration von Produkten.
- Es gibt keine Transportkostenunterschiede, das bedeutet, die Transportkosten hängen nur vom Gewicht des Gutes und der zu überwindenden Entfernung ab.
- Außerdem ist das wirtschaftliche und politische System im Betrachtungsraum homogen.
- Darüberhinaus ist die räumliche Verteilung der Arbeitskräfte bekannt, und es sind solche bei gegebener Lohnhöhe unbegrenzt verfügbar.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Zur Erklärung industrieller Standorte
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Veranstaltung
Seminar
Note
1,6
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V34530
ISBN (eBook)
9783638347242
Dateigröße
2218 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erklärung, Standorte, Seminar
Arbeit zitieren
Markus Wagner (Autor:in), 2004, Zur Erklärung industrieller Standorte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34530

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