Der PraenaTest in theologisch-ethischer Perspektive


Masterarbeit, 2015

125 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Medizinische Betrachtungen
2.1 Die Pränataldiagnostik
2.1.1 Der Ultraschall als am häufigsten genutzte Pränataldiagnostik
2.1.2 Die Nackentransparenzmessung
2.1.3 Die Amniozentese als häufigste invasive Methode
2.1.4 Die Chorionzottenbiopsie
2.1.5 Die Kluft zwischen diagnostizierbaren und therapierbaren Möglichkeiten
2.1.6 Der Schwangerschaftsabbruch als Folge der Pränataldiagnostik
2.1.6.1 Die rechtliche Lage
2.1.6.2 Die ärztlichen Pflichten
2.1.6.3 Die psychischen Folgen
2.2 Der PraenaTest als neustes Testverfahren in der
Pränataldiagnostik
2.2.1 Die Diagnosemöglichkeiten des PraenaTests
2.2.2 Die Durchführung des Tests
2.2.3 Für welche Schwangere ist der PraenaTest geeignet
2.2.4 Die Kosten für den PraenaTest
2.2.5 Gibt der PraenaTest Sicherheit?
2.2.6 Die Pflichten des Arztes
2.3 Die unterschiedlichen Chromosomenkrankheiten
2.3.1 Die Trisomie
2.3.1.1 Die unterschiedlichen Arten der Trisomie
2.3.1.2 Die Auswirkungen des Down-Syndroms
2.3.1.3 Die Diagnose des Down-Syndrom
2.3.1.4 Die Therapiemöglichkeiten
2.3.2 Die Trisomie
2.3.3 Die Trisomie
2.3.4 Das Turner-Syndrom
2.3.5 Das Triple-X-Syndrom
2.3.6 Das Klinefelter-Syndrom
2.3.7 Das XYY-Syndrom (Jacobs-Syndrom)

3. Ethische Betrachtungen zum PraenaTests
3.1 Der Begriff der Menschenwürde
3.1.1 Der Begriff der Menschenwürde in dem Verständnis der empirisch geprägten biomedizinischen Ethik
3.1.2 Menschenwürde und Lebensschutz aus christlicher Sicht – das transzendente Verständnis der Menschenwürde
3.1.2.1 Die Gottebenbildlichkeit – der Mensch als das Bild Gottes
3.1.2.2 Der Begriff der Person in christlicher Perspektive
3.1.3 Das christliche Verständnis der Menschenwürde in der säkularen
Gesellschaft
3.1.4 Menschenwürde für das vorgeburtliche Leben
3.1.4.1 Ab wann beginnt das menschliche Leben?
3.1.4.2 Was bedeutet das Setzen der Befruchtung als Lebensbeginn für die Menschenwürde der Embryonen?
3.1.5 Menschenwürde für kranke und behinderte Menschen
3.2 Die Ethische Beurteilung von Abtreibungen
3.2.1 Die Abtreibung aus christlicher Sicht
3.2.1.1 Das Verständnis des Tötungsverbots
3.2.1.2 Der Schwangerschaftsabbruch im Kontext des erweiterten Verständnisses des
Tötungsverbots
3.2.2 Die Spätabtreibung
3.2.3 Die Rolle der Eltern: Entweder Täter oder Opfer?
3.2.3.1 Die Rechte und Pflichten der Eltern
3.2.3.2 Die Mutter zwischen sozialen Druck und emotionaler Belastung
3.2.4 Die Rolle der Ärzte
3.2.5 Zwischenfazit zur Thematik des Schwangerschaftsabbruches
3.3 Die Behinderung als besondere ethische Herausforderung
3.3.1 Die Entscheidung der Mutter für oder gegen ein Down-Syndrom-Kind
3.3.1.1 Die Entscheidung gegen das Kind mit Down-Syndrom – Ein Fallbeispiel
3.3.1.2 Die Entscheidung für das Leben des Kindes mit Down-Syndrom – Ein Fallbeispiel
3.3.2 Die Last eines Down-Syndrom-Kindes
3.3.2.1 Die Familie als erste inklusive Institution
3.3.2.2 Von der Familie in die Eigenständigkeit
3.3.3 Behinderungen aus christlicher Sicht
3.3.4 Zwischenfazit: Das Down-Syndrom als besondere Herausforderung

4. Die kritische Auseinandersetzung mit dem PraenaTests im Verständnis der zuvor erläuterten ethischen Betrach­tungen
4.1 Führt der PraenaTest zu einem Dammbruch in der
Pränataldi­agnostik?
4.2 Das Verhindern von Spätabtreibungen als wichtigstes Argument für den PraenaTest
4.3 Diskriminierung durch den PraenaTest
4.4 Die Sicht der Mutter
4.4.1 Die Familie als therapierbares Objekt
4.4.2 Die Liebe der Eltern
4.5 Hilfe zur Ermutigung: Die Annahme eines Kindes mit Down-Syndrom

5. Schlussfazit

Bibliographie

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

„Wir betreuen viele Kunden mit Behinderungen. Es sind auch sehr viele Menschen dabei, welche das Down-Syndrom besitzen. Das liegt vor allem daran, dass die beiden anderen Friseure bei uns in der Nähe keine Kunden aufnehmen, die nicht in ihr Klientel passen. Sie achten darauf, dass nur gesunde Menschen zu ihnen kommen. Eine Kundin berichtete, dass ihre Tochter weggeschickt wurde mit dem Kommentar ´Es tut uns leid, aber Menschen wie Ihre Tochter nehmen wir nicht bei uns auf.` Uns ist das egal. Wir schneiden allen Menschen die Haare. Insbesondere bei Kunden mit Down-Syndrom merken wir keinen Unterschied. Wir können uns sogar recht gut mit ihnen unterhalten. Es ist traurig, dass ein einfacher Friseurbesuch für Menschen mit Behinderung zu einer Schwierigkeit gemacht wird. Wo ist die Menschlichkeit in unserer Gesellschaft geblieben?“ Dies sind die Worte einer Friseurin bei meinem letzten Friseurbesuch. Im Stress der Masterarbeit habe ich diese mitgenommen, um sie auf Fehler zu untersuchen. So kamen wir ins Gespräch über Behinderungen und auch über das Down-Syndrom.[1] Anhand der Worte der Friseurin wird schnell deutlich, wie die allgemeine Einstellung gegenüber behinderten Menschen ausgeprägt ist. Viele Menschen wollen nichts mit diesen zu tun haben. Sie haben Berührungsängste und befürchten, dass der Umgang mit ihnen ihren persönlichen Ruf gefährdet. So haben Menschen, die an dem Down-Syndrom erkrankt sind, sogar Probleme einen Friseur zu finden.

Die Inhaberin des Friseursalons schließt sich dem Gespräch an: „Meine Schwester war zu einer Hochzeit eingeladen. Sie hat selbst einen Sohn, der mit dem Down-Syndrom lebt. Sie freute sich sehr auf die Feier, auch ihr Sohn war schon aufgeregt und sie hatte ihm extra einen neuen Anzug gekauft. Doch vier Wochen vor der Hochzeit riefen ihre Freunde an und teilten ihr mit, dass sie doch bitte jemanden suchen sollte, der auf ihren Sohn aufpasst. Sie hätten die Befürchtung, dass er nicht positiv von der Hochzeitsgemeinschaft aufgenommen wird.“ Hier werden weitere Ausgrenzungen geschildert. Ihr Sohn darf nicht zur einer Feier gehen, aufgrund seiner Behinderung, dabei könnte auch er dort mitfeiern, tanzen und Spaß haben. Es wird eine Rücksichtnahme auf die Hochzeitsgäste gefordert, doch auf den Jungen mit Down-Syndrom, der selbst gerne ein Teil der Gemeinschaft gewesen wäre, wird keine Rücksicht genommen.

Die beiden kurzen Ausschnitte aus meinem Gespräch im Friseursalon zeigen deutlich, welche Tendenz in unsere heutigen Welt immer mehr aufkeimt. Die Menschen streben nach Perfektion, Leistungen und Ansehen. Die Menschlichkeit verblasst immer mehr. Liebe und Fürsorge für schwächere Mitmenschen scheinen keinen Platz mehr in einer Welt voller Erwartungen und Anforderungen zu haben. Hier setzt die Problematik ein. Durch den Drang nach Perfektion versucht der Mensch eine Welt zu kreieren, die nicht von der Norm abweicht und in der es kaum noch Behinderungen gibt. Es wird versucht durch pränatale Diagnostiken, so viele Behinderungen wie möglich zu vermeiden. Der Glaube an Gott und seine Mächtigkeit rückt immer mehr in den Hintergrund, stattdessen versucht der Mensch selbst Gott zu werden, indem er danach strebt, alles zu beeinflussen und zu kontrollieren.

Jede Familie wünscht sich, dass ihr Kind später einen guten Beruf erlernt und sowohl eigenständig als auch erfolgreich durch das Leben geht. Die Eltern wollen Stolz auf ihr Kind sein und oftmals ist auch das Streben nach sozialem Ansehen ein weiterer wichtiger Faktor, der dafür sorgt, dass die Eltern sich ein gesundes, intelligentes Kind wünschen. Dort haben Behinderungen keinen Platz. Auch wollen die Eltern selbst nicht auf ihre Arbeit und ihr momentanes Leben verzichten. Ein behindertes Kind, so das gängige Meinungsbild, würde viel Arbeit und Aufopferung bedeuten, in manchen Fällen kann eine Familie sogar daran zerbrechen. Durch die ständigen Fortschritte in der modernen Forschung haben die Menschen aber immer höhere Anforderungen. Sie verlieren sich in dem Wahn eine perfekte, leidfreie Welt zu konstruieren. Wenn ein Kind mit einer Behinderung zur Welt kommt heißt es nicht selten: „So etwas muss doch heutzutage nicht mehr sein.“ Was dabei jedoch vergessen wird, ist die Tatsache, dass der Mensch nicht alles beeinflussen kann. Es gibt Dinge im Leben, die nicht in seiner Macht stehen und auf die nur Gott allein Einfluss nehmen kann.

Eine Folge dieses Wahns ist das neue Testverfahren der Pränataldiagnostik. Durch diesen Test ist es möglich, Kinder im Mutterleib insbesondere auf das Down-Syndrom zu überprüfen. Das Neuartige ist nun, dass im Gegensatz zu den früheren Methoden, schon das Blut der Mutter ausreicht, um eine Krankheit zu diagnostizieren. Dadurch ist es zum einen für die Eltern leichter, Informationen über den Gesundheitsstatus ihres Kindes zu erlangen und zum anderen ermöglicht der Test eine sehr einfache Durchführung für den Arzt. Dies ist ein primärer Grund, warum er von vielen Ärzten und auch zukünftigen Eltern sehr positiv angenommen wird.

Was allerdings bei all den Lobpreisungen in den Hintergrund rückt, ist die Tatsache, dass es durch diesen Test zu einer deutlichen Selektion von Menschen mit dem Down-Syndrom kommen kann. Schon jetzt ist die Bereitschaft, ein Kind anzunehmen, welches das Down-Syndrom besitzt, sehr gering. Über 90 % der Frauen würden ein solches Kind sogar abtreiben lassen. Deswegen entscheiden sich immer mehr Familien dafür, ein solches Testverfahren zu benutzen. Oftmals werden hohe Summen bezahlt, da die Krankenkasse nicht alle Untersuchungen finanziert. Doch der Wunsch nach einer absoluten Sicherheit über die Gesundheit ihres Kindes treibt die Eltern an. Noch dazu raten viele Ärzte zu weiteren pränatalen Untersuchungsmethoden. Dabei wird allerdings vergessen, dass es nie eine absolute Sicherheit geben kann.

Hier werden nun mehrere Fragen aufgeworfen: Wird es durch den Test zu einer Diskriminierung von Menschen mit dem Down-Syndrom kommen? Steht einem behinderten Kind die gleiche Menschenwürde zu wie einem gesunden Kind? Ist es ethisch legitim sein behindertes Kind abzutreiben? Handelt es sich zu diesem frühen Zeitpunkt überhaupt schon um menschliches Leben? Und inwiefern stellt ein Down-Syndrom-Kind eine Belastung für die Mutter dar? Diese Fragen münden letztendlich in die Hauptfragestellung, ob der PraenaTest aus christlicher Sicht ethisch zu rechtfertigen ist.

Diese Arbeit versucht all diesen Fragen nachzugehen. So soll zu Beginn ein kurzer Überblick über die unterschiedlichen Möglichkeiten der Pränataldiagnostik geben werden. Dort soll vor allem der Fokus auf dem PraenaTest liegen. Anschließend soll es um die unterschiedlichen Chromosomenstörungen gehen, die durch den PraenaTest aufgedeckt werden können, da durch diese Untersuchung beurteilt werden kann, wie schwerwiegend eine Krankheit ist. Nach dieser sehr medizinischen Betrachtungen widmet sich die Arbeit der ethischen Beurteilung. Dazu ist es zunächst wichtig, alle relevanten Unterthemen, die für den PraenaTest von Relevanz sind, zu betrachten. Dazu gehören die Menschenwürde, die die Grundlage der gesamten ethischen Betrachtung darstellt, die Abtreibung und der Umgang mit behinderten Menschen, welche an dem Down-Syndrom erkrankt sind. So ist es möglich am Ende eine ethische Abwägung des PraenaTests durchzuführen, um zum Schluss ein ausgereiftes Fazit ziehen zu können.

2. Medizinische Betrachtungen

In diesem Kapitel soll es zunächst um die medizinische Betrachtung von zwei großen Hauptthemen gehen. Es widmet sich vor allem der Pränataldiagnostik. Für die Diskussion über den PraenaTest ist es wichtig, auch die weiteren gängigen Methoden der Pränataldiagnostik zu betrachten, da sich so herauskristallisieren kann, inwieweit der PraenaTest sich von diesen abgrenzt. Fragen, die in diesem Zusammenhang beantwortet werden sollen, sind: Was ist überhaupt die Pränataldiagnostik, zu der der PraenaTest zählt und welche unterschiedlichen Methoden gibt es? Was ist der PraenaTest und wie ist dieser einzuordnen? Und wie verläuft ein Schwangerschaftsabbruch und wie ist ein solcher gesetzlich geregelt? Somit wird ein kurzer Überblick über die Pränataldiagnostik und insbesondere über den PraenaTest gegeben.

Zum anderen soll nach der Auseinandersetzung mit der Pränataldiagnostik auf die verschiedenen Trisomien (Chromosomenstörungen) eingegangen werden, welche durch den PraenaTest aufgedeckt werden können. Somit sind der Grad und die Auswirkung der Behinderungen besser zu beurteilen.

2.1 Die Pränataldiagnostik

Das Wort „Pränataldiagnostik“ ist zusammengesetzt aus dem lateinischen Wort „prae“, welches für „vor“ steht und „natal“, was soviel bedeutet wie „geburtlich“ sowie dem Wort Diagnostik. Diese Form der Diagnostik umfasst alle Untersuchungen während der Schwangerschaft, welche dazu beitragen, Risiken und Erkrankungen sowohl bei der Mutter als auch beim Kind zu erkennen. Sie bildet somit die Grundlage für eine eventuell notwendige Therapie.[2]

In den letzten Jahren hat die Pränataldiagnostik durch stetig anwachsende Fortschritte stark an Bedeutung gewonnen, sodass die Erwartungen der werdenden Eltern sehr gestiegen sind. Insbesondere die Schwangerschaft ist eine sehr emotionale Lebensphase. Dies ist der Grund, weshalb oftmals die Grenzen des Sinnvollen und Machbaren verschwimmen. Die Eltern erhoffen sich durch die Pränataldiagnostik Sicherheit bzgl. des Gesundheit des Kindes. So spiegelt sich dieses Bedürfnis in der folgenden Tabelle wider:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[3]

Es ist deutlich zu erkennen, dass der größte Teil der Befragten, sich gegen Behinderungen absichern möchte. Nur bei einem drittel der Befragten lag eine vorangegangene Auffälligkeit vor. Auf der anderen Seite sieht man, dass die meisten Eltern, die eine solche Pränataldiagnostik nicht durchführen lassen, meistens keine Risiken aufwiesen. Nur sieben Prozent gaben an, dass sie moralische Vorbehalte gegenüber Schwangerschaftsabbrüchen hätten und gerade mal vier Prozent sehen keine Belastung in familiären Erkrankungen.

Trotzdem das Potenzial Krankheiten und Risiken während der Schwangerschaft aufzudecken gestiegen ist, bleibt die Frage nach den Möglichkeiten einer Behandlung von Erkrankungen offen. Durch die geringe Aufklärung über die Schwächen der Therapiemöglichkeiten kommt es leicht zu einem Spannungspotenzial. In vielen Fällen können nicht alle Krankheiten erkannt werden und wenn sie diagnostiziert werden, so gibt es nur geringe Heilungschancen.[4]

Man unterscheidet zwischen den nichtinvasiven Untersuchungen, welche außerhalb des Körpers vorgenommen werden und den invasiven, innerhalb des Körpers vorgenommenen Untersuchungen. Zu den nichtinvasiven Möglichkeiten zählen die Ultraschalluntersuchungen (Sonographie)[5], die auch die Möglichkeit der Nackenfaltenmessung beinhaltet und auch die Untersuchungen von Hormonkonzentrationen im mütterlichen Blut (serologische Untersuchungen) wie beispielsweise der Triple-Test und das Erst-Trimester-Screening (ETS). Das neuste Testverfahren, welches nichtinvasiv durchgeführt werden kann, ist der PraenaTest. Im weiteren Verlauf wird allerdings nur auf die Nackenfaltenmessung, die Ultraschalluntersuchungen und den PraenaTest eingegangen, da diese zu den am häufigsten angewandten Methoden zählen. Invasive Untersuchungen der Pränataldiagnostik sind die Chorionzottenbiopsie, die Amniozentese und die Nabelschnurpunktion.[6]

2.1.1 Der Ultraschall als am häufigsten genutzte Pränataldiagnostik

Die Sonographie bzw. der Ultraschall wird heutzutage von fast jeder schwangeren Frau in Deutschland verwendet und ist somit schon selbstverständlich geworden. Insgesamt sind drei Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft vorgesehen. Weitere Untersuchungen werden von den Krankenkassen nicht übernommen, es sei denn, es liegt eine Risikoschwangerschaft vor.[7] Die Eltern erhoffen, dass sie einen Einblick in die Gesundheit des Kindes bekommen, allerdings dienen die Ultraschalluntersuchungen eher einer groben Orientierung. Auch wenn es keinerlei Auffälligkeiten beim Ultraschall gab, finanzieren die Eltern selbst oft weitere Untersuchungen beim Spezialisten, da sie sich dadurch mehr Sicherheit erhoffen.[8]

Es gibt unterschiedliche Marker in der Schwangerschaft, welche beim Ultraschall festgestellt werden und die Höhe der Wahrscheinlichkeit bestimmter Krankheiten indizieren können. Hierbei kann es allerdings zu Abweichungen kommen. „Auch den Fachuntersucher erstaunt teilweise, wie groß die Unterschiede bei der Risikoberechnung in unterschiedlichen Programmen sind.“[9] Die prozentuale Wahrscheinlichkeit nach der das Kind eine Erkrankung besitzt, kann auch fehlerhaft sein.

Diese Tabelle dient der Veranschaulichung der verschiedenen Marker[10]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhand dieser Tabelle merkt man schnell, dass all diese Marker nur einen kleinen Hinweis auf eine eventuelle Erkrankung geben können. Oftmals steckt hinter dem Marker keine Erkrankung und die Mutter versetzt sich selbst sowie ihr Kind, in einen unnötigen Stresszustand. Es gibt viele Gegner der Pränataldiagnostik, die betonen, dass dieses Markerscreening zur Entdeckung einer fetalen Erkrankung und dem damit oftmals verbundenen Schwangerschaftsabbruch eingesetzt wird.[11]

2.1.2 Die Nackentransparenzmessung

Nach den Empfehlungen der gynäkologischen Gesellschaft sollte jeder Frauenarzt eine schwangere Frau über 35 Jahren auf die Möglichkeit der Pränataldiagnostik hinweisen, da in diesem Alter ein ansteigendes Risiko für Chromosomenstörungen vorhanden ist. Diese entsteht durch Verklebungen von Chromosomen, sodass nicht wie üblich zwei, sondern drei Chromosomen in den Zellkern gelangen. Es entsteht eine Trisomie. Dieses Risiko soll anhand der Nackenfaltenmessung oder Nackentransparenzmessung erkannt werden.[12] Die Flüssigkeit kann auf verschiedene Krankheiten hinweisen, wie z.B. Trisomie 21, weitere Chromosomenstörungen, Stoffwechselstörungen oder auch Fehlbildungen.[13]

Alle Feten weisen in der frühen Entwicklungsphase eine Flüssigkeitsansammlung im Bereich des Nackens zwischen der Haut und der Nackenmuskulatur auf. Diese Flüssigkeit bildet sich wieder zurück und ist circa bis zur 15. Schwangerschaftswoche (SSW) nachzuweisen. Daher muss die Nackenfaltenmessung zwischen der 11. und 14. SSW stattfinden. Kranke Feten haben in der Regel einen dickeren Flüssigkeitsraum als gesunde Feten. Es gibt aber auch Fälle, in denen der Fetus eine verdickte Nackenfalte hat und trotzdem gesund ist.[14]

Nach dieser Messung werden das Alter der Mutter und des Kindes sowie die Dicke der Nackenfalte in Bezug zueinander gesetzt und so ein spezifisches Risiko für die Mutter und das Kind berechnet. Allerdings gibt es auch weitere Programme zur Berechnung, die andere Parameter mit einbeziehen und somit kann es vorkommen, dass sich oft unterschiedliche Ergebnisse ergeben. Unabhängig von dem Programm zur Berechnung wird die Sensitivität mit ca. 90 % für die Trisomie 21 angegeben. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass zehn Prozent der Feten, welche eine Krankheit besitzen, unentdeckt bleiben. Eine unbekannte Anzahl an gesunden Kindern wird aber auch als auffällig erachtet.[15] Ähnlich wie bei der Sonographie ist auch hier leicht zu bemerken, dass diese Methode keine garantierte Sicherheit geben kann und eine invasive Methode nötig ist, um das auffällige Krankheitsbild abzuklären.

2.1.3 Die Amniozentese als häufigste invasive Methode

Die Amniozentese wird von den Frauenärzten am häufigsten für eine Abklärung von Auffälligkeiten beim Ultraschall oder einer anderen vorangegangenen nichtinvasiven Methode durchgeführt. Doch zunächst soll an dieser Stelle geklärt werden, was eine invasive Methode ist:

Man versteht unter einer invasiven Diagnostik alle Untersuchungen, die mit dem Gebrauch einer Nadel und dem Eindringen in den Körper der Mutter zu tun haben, wie z.B. Fruchtwasserentnahmen, Entnahmen von Plazentageweben oder fetalem Blut, Entnahme vom Gewebe des Kindes und auch fetale Narkose. In der Phase der Frühschwangerschaft geht es bei den Untersuchungen meistens um die Analyse der Chromosomen, wie es bei der Amniozentese und der Chorionzottenbiopsie der Fall ist.[16]

Im Fruchtwasser sind Zellen des Kindes vorhanden, welche entweder aus dem Harntrakt stammen oder von der Haut abgeschilfert sind. Somit kann man durch die Entnahme des Fruchtwassers, die Zellen des Kindes im Labor untersuchen. Da es nur wenige Zellen sind, müssen sie vor der Auswertung in einer Kultur vermehrt werden, daher kann es zehn bis vierzehn Tage bis zum Vorliegen eines Endergebnisses dauern.[17] Da nur Flüssigkeit entnommen wird, ist die Nadel bei der Punktion sehr dünn, wodurch der Schmerz für die Frau erträglicher ist. Trotzdem kommt es zu leichten Schmerzen und Kreislaufreaktionen. Eine Betäubung ist nicht möglich.[18]

Während der Punktion kann man den Verlauf der Nadel sowie die Lage des Kindes mit Hilfe von Ultraschall gut nachvollziehen, sodass eine Verletzungsgefahr des Kindes recht gering ist. Da ein solcher Eingriff auch für die Mutter sehr anstrengend ist, sollte die Schwangere anschließend noch 30 Minuten liegen und sich die nächsten 24 Stunden zu Hause schonen. Am nächsten Tag wird eine Kontrolluntersuchung durchgeführt. Das größte Risiko bei der Amniozentese ist das Verursachen eines Blasensprungs. Dieser entsteht, wenn das Loch in der Eihaut das Fruchtwasser entweichen lässt. Dadurch kann es beispielsweise zu bleibenden Schäden bei der fetalen Lunge oder zur Versteifung der Gelenke des Kindes, im schlimmsten Fall zur vorzeitigen Wehentätigkeit kommen, sodass ein eventuell völlig gesundes Kind auf diese Weise getötet werden kann.[19]

Ein angemessener Zeitpunkt für die Durchführung dieser Methode ist ab der 16. SSW, da nun die Eihaut an der Gebärmutter anliegt und verklebt. Somit ist die Wahrscheinlichkeit eines Blasensprungs geringer als zuvor. In den früheren Wochen ist es besser, eine Chorionzottenbiopsie durchführen zu lassen.[20]

2.1.4 Die Chorionzottenbiopsie

Bei der Chorionzottenbiopsie wird zur Analyse der Zellen Gewebe anstatt des Fruchtwassers benötigt, da diese nicht nur aus mütterlichen, sondern auch aus kindlichen Anteilen besteht. Um sicherzugehen, dass das kindliche Erbgut untersucht wird, muss parallel das Erbgut der Mutter (meistens in der Form von Blut) analysiert und mit der Probe aus der Plazenta verglichen werden. Durch die Entnahme von Gewebe wird jedoch eine dickere Nadel benötigt, woraus automatisch ein unangenehmer Schmerz resultiert. Wie auch bei der Amniozentese wird der Verlauf der Nadel mit Hilfe vom Ultraschall verfolgt. Nachdem die Nadel in die Plazenta eingeführt wurde, wird diese mehrmals hin und her bewegt, um Gewebe aus der Plazenta abzuschilfern und dieses in eine Spritze zu überführen. Im Normalfall wird die Probe innerhalb der nächsten 24 Stunden mittels eines Mikroskops ausgewertet.[21] Zwar ist das Risiko für einen Blasensprung bei dieser Methode geringer allerdings gibt es noch andere Risiken, wie Blutungen, Komplikationen am Mutterkuchen oder Verletzung von mütterlichen Organen, beispielsweise dem Darm. Die Chorionzottenbiopsie wird im Vergleich zur Amniozentese allerdings eher selten durchgeführt, da sie schmerzhafter und schwieriger in der Durchführung ist. Liegt z.B. die Plazenta ungünstig, ist es bei der Chorionzottenbiopsie sehr kompliziert, eine Probe zu entnehmen.[22]

2.1.5 Die Kluft zwischen diagnostizierbaren und therapierbaren Möglichkeiten

Vergleicht man die Möglichkeiten der generell durchführbaren Diagnose- und Therapieformen beim geborenen und ungeborenen Kind, so sind die Optionen einer Behandlung beim ungeborenen Kind sehr beschränkt. Ein geborenes Kind kann sofort durch Kinderärzte behandelt werden; das Kind im Mutterleib ist für viele Behandlungsmöglichkeiten dagegen nicht zugänglich.

Außerdem sind viele mögliche Behandlungsformen nicht erprobt, da diese eventuell sogar zur Schädigung führen könnten. Beispielsweise ist auf rund 90 % der Packungsbeilagen von Medikamenten, die die Mutter einnehmen könnte, zu finden, dass diese nicht während der Schwangerschaft verwendet werden sollen. Ob tatsächlich eine Schädigung entsteht, ist nicht bekannt, weil das Risiko eines Tests viel zu hoch ist.[23]

Dennoch gibt es eine kleine Anzahl von Therapien, die möglich sind: Die Infektionskrankheit Toxoplasmose ist beispielsweise sehr gefährlich für das Kind. Heutzutage gibt es aber die Möglichkeit, Folgeschäden zu verhindern, indem die Mutter Medikamente einnimmt und über die Plazenta an das Kind weitergibt. Ein weiteres Beispiel für eine Therapie findet man bei Herzrhythmusstörungen wieder. Diese werden mit Herzmedikamenten behandelt, welche die Mutter einnimmt. Auch die sogenannte Lungenreifebehandlung konnte schon viele Kinderleben retten. Hier bekommt die Mutter ein Kortisonpräparat, welches eigentlich für das Kind gedacht ist. Das Kortison führt dazu, dass die Reifevorgänge beim Kind erheblich beschleunigt werden, sodass das Kind viel bessere Chancen hat, im Falle einer Frühgeburt zu überleben. Bei all diesen Therapien muss man berücksichtigen, dass sie nicht nur Nebenwirkungen auf das Kind haben können, sondern auch auf die Mutter. Daher müssen diese mit den Chancen auf eine eventuelle Heilung abgewogen werden und gut durchdacht sein.[24]

Es gibt heutzutage sogar in gewissem Maße die Möglichkeit, das Kind im Mutterleib zu operieren. So werden Kathetereinlagen durch die Haut des Fetus in bestimmte Organe oder in die Atemwege bei Zwerchfellhernien geführt. Sollten Zwillinge über den Blutweg miteinander verbunden sein, kann dies zu beachtlichen Schädigungen der beiden Kinder führen. In bestimmten Fällen kann man jedoch mittels Laser diese Verbindung veröden. Dies ist eine Operation in der Gebärmutter, die mit großem Erfolg durchgeführt wird. Doch die Möglichkeiten zu operieren sind im Verhältnis zu den Krankheiten, die man bei der Pränataldiagnostik aufdeckt, erheblich gering. Oftmals gibt es nach einer Diagnose nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder man nimmt das kranke Kind an, wie es ist oder man entscheidet sich für eine Abtreibung.[25]

2.1.6 Der Schwangerschaftsabbruch als Folge der Pränataldiagnostik

Frauenärzte sowie Kliniken oder Schwerpunktpraxen werden oft mit der Thematik des Schwangerschaftsabbruchs konfrontiert. Meistens gibt es zwei Ursachen für einen solchen Abbruch: Entweder ist der Fetus wegen einer Krankheit oder anderen persönlichen Gründen der Frau, bzw. der Familie, nicht erwünscht oder die Mutter ist durch die Schwangerschaft schweren Risiken ausgesetzt. In keinem Fall ist die Entscheidung für eine Abtreibung leichtsinnig getroffen. Zunächst sollen die rechtlichen Hintergründe beleuchtet werden:[26]

2.1.6.1 Die rechtliche Lage

Grundsätzlich ist die Abtreibung in Deutschland rechtswidrig und steht unter Strafe. Doch diese Strafe betrifft nicht nur die Person, die sich für den Abbruch entscheidet, sondern auch den Arzt. Es gibt allerdings eine Gesetzgebung, die die Abtreibung ermöglicht. In bestimmten Fällen entfällt nicht nur die Strafe, sondern auch die Gesetzeswidrigkeit. Der ausschlaggebende Punkt ist die Möglichkeit des Abbruches mit oder ohne Indikationsstellungen, so beschreibt es das Strafgesetzbuch im § 218. Es werden hierbei verbindliche Kriterien festgelegt, die unbedingt erfüllt werden müssen.[27]

In Deutschland geht man davon aus, dass das Kind am besten im Einvernehmen mit der Mutter und nicht gegen ihren Willen geschützt werden kann. Bei schweren persönlichen Problemen, finanzieller Notlage oder grundsätzlicher Ablehnung hat die Schwangere daher das Recht zum Abbruch in der Frühschwangerschaft. Es müssen trotzdem einige Kriterien erfüllt sein:

So darf die Schwangerschaft nicht länger als zwölf Wochen andauern (14. Woche nach der letzten Periode) und die Frau muss den Abbruch definitiv wollen und verlangen. Des Weiteren muss eine Schwangerschaftskonfliktberatung an einer staatlich anerkannten Stelle durch eine Bescheinigung nachgewiesen werden und erst vier Tage nach dieser Beratung darf eine Abtreibung von einem Arzt durchgeführt werden. Die Kosten bei einem solchen Abbruch trägt die Frau selbst.[28]

Nach einer Straftat, wie z.B. einer Vergewaltigung, ist ein Abbruch rechtskonform, wenn dieser innerhalb der ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis durchgeführt wird. Man spricht hierbei von einer „kriminologischen Indikation“. Es gibt jedoch noch weitere Gründe, die einen Abbruch legalisieren, z.B. wenn das Leben der Mutter durch das Kind gefährdet wird. Dies gilt sowohl für das körperliche als auch für das seelische Wohl der Schwangeren. Das bedeutet, dass eine Abtreibung bei einem behinderten Kind ebenfalls rechtskonform ist, sollte die Schwangere angeben, dass diese Situation eine psychische Belastung für sie darstellt. Eine derartige Situationen wird als „medizinische Indikation“ bezeichnet. Es gibt hierbei keinerlei Zeitlimit, somit kann der Abbruch zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft durchgeführt werden, also grundsätzlich auch einen Tag bevor das Kind zur Welt kommen soll. Bei beiden Indikationsstellungen wird eine ärztliche Bescheinigung benötigt. Hierbei gibt es allerdings keine Pflicht für ein Konfliktberatungsgespräch. Die Kosten eines Abbruches mit einer Indikationsstellung werden von den Krankenkassen übernommen.[29]

2.1.6.2 Die ärztlichen Pflichten

Auch die Ärzte haben laut Gesetzgebung einige Pflichten. So sollen sie ausführliche Informationen über medizinische, psychische und soziale Aspekte eines eventuellen Befundes (z.B. Fehlbildung) bereitstellen. Im Gegenzug muss aber auch über Unterstützungsmöglichkeiten aufgeklärt werden, die die seelische und körperliche Belastung der Schwangeren auffangen können. Auch dazu muss Informationsmaterial ausgehändigt werden.

Im Falle einer Indikationsstellung hat der Arzt weitere Pflichten: Er muss die Schwangere über alle Aspekte des Abbruches aufklären, Informationen über eine Schwangerschaftskonfliktberatung geben und die medizinische Indikation schriftlich festhalten. Diese darf aber erst drei Tage später ausgehändigt werden, um der Schwangeren Bedenkzeit einzuräumen.[30]

Ein wichtiger Punkt ist, dass der Arzt durchaus das Recht hat, die Durchführung des Schwangerschaftsabbruches aus persönlichen Gründen abzulehnen. Dies passiert häufig bei konfessionell geführten Krankenhäusern. Je später der Abbruch durchgeführt werden soll, desto weniger Ärzte erklären sich dafür bereit. Daher kann es dazu kommen, dass selbst Schwangere mit Indikation große Probleme haben, einen Arzt oder ein Krankenhaus zu finden.[31]

2.1.6.3 Die psychischen Folgen

Eine Abtreibung oder Fehlgeburt ist im Leben der Frau und ihrer Familie ein unauslöschliches Ereignis. Die Frauen erinnern sich immer wieder daran zurück. Solche Einschnitte im Leben hinterlassen Narben. Selbst bei Fehlgeburten, die in einem sehr frühen Stadium der Schwangerschaft stattfinden, kann es zu einem langen Trauerprozess kommen. Dabei ist es irrelevant, wann die Fehlgeburt passiert.[32]

Bei einer Abtreibung verschärfen sich diese Probleme. Der Unterschied zur Fehlgeburt ist, dass sich die Frau, bzw. die Familie, bewusst gegen das Kind entschieden hat. So kann es oft zu schweren Schuldgefühlen kommen. Häufig leidet die Psyche der Frau derart, dass professionelle Hilfe eingeholt werden muss. In manchen Fällen sind auch die Partnerschaften gefährdet, insbesondere wenn die beiden Partner sich uneinig waren. Etwa 40 % aller Frauen benötigen nach einer Abtreibung psychologische Hilfe und in manchen Fällen auch eine Ehe- oder Paarberatung.

Im Gegenteil zur Fehlgeburt ist der Zeitpunkt der Abtreibung von Bedeutung. Viele Frauen machen sich größere Schuldgefühle, wenn sie das Kind bereits gespürt haben. Wahrscheinlich liegt dies daran, dass das Kind nun aus der Anonymität herausgetreten ist. Auch die Behinderung eines Kindes schützt die Eltern nicht vor der Trauer und den Schuldgefühlen. Es ist lediglich zu beobachten, dass je gravierender die Krankheit ist, das Umfeld umso mehr Verständnis für die Abtreibung hat.[33]

Die Paare, die sich für eine Abtreibung entschieden haben, stoßen oft zusätzlich auf Ablehnung und in manchen Fällen auch auf deutliche Kritik vom sozialen Umfeld. Diese Kritik, besonders wenn sie unbedacht vorgetragen wurde, kann den psychischen Konflikt erheblich verstärken.[34]

Letztendlich muss eine betroffene Frau in einem Netz von seelischer Betreuung und Ärzten eingebunden sein. Die Aufgaben dieses Netzes bestehen darin, alle Facetten des Schwangerschaftsabbruches sowie die möglichen Hilfen zu erörtern. Nur so kann die Frau eine nachhaltige Entscheidung treffen.

2.2 Der PraenaTest als neustes Testverfahren in der Pränataldiagnostik

Seit Juni 2012 ist es möglich, das Genom eines menschlichen Embryos aus Blut und Speichel der Mutter zu entziffern, ohne dass dafür eine Fruchtwasseruntersuchung notwendig ist. Diese molekulargenetische Methode haben Wissenschaftler in Seattle erforscht und entdeckt. Sie ist unter dem Namen PraenaTest bekannt. Er beruht auf dem Einsatz von „next generation sequencing“ Technologien und kann aus dem Blut der Mutter verschiedene Trisomien sowie Veränderungen der Anzahl der Geschlechtschromosomen (gonosomale Aneuploidien) identifizieren. Somit beinhaltet der Test keinerlei Risiken im Gegensatz zu den invasiven Methoden, bei denen es möglicherweise zu Fehlgeburten kommen kann.[35] Insbesondere kurz vor der Legalisierung der Methode kam es zu einer Vielzahl von Diskussionen in Deutschland. Kritiker sind der Meinung, dass der Test die absolute Diskriminierung für Menschen mit Down-Syndrom bedeuten würde. Verfechter hingegen sehen einen weiteren großen Schritt in der Forschung der vorgeburtlichen Diagnostik-Verfahren.

Der Test wird von der LifeCodex AG, welche den größte Anbieter Europas für den PraenaTest darstellt, in Abgrenzung zu anderen pränatalen Verfahren wie folgt gelobt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es ist eindeutig zu erkennen, dass dieser Test scheinbar nur noch die beiden positiven Aspekte der invasiven und nichtinvasiven Methoden vereint. Negative Aspekte von den vorherigen Methoden sind nach LifeCodexx nun nicht mehr vorhanden.

2.2.1 Die Diagnosemöglichkeiten des PraenaTests

Der PraenaTest ist in der Lage, Veränderungen der Chromosomen festzustellen und somit Chromosomenstörungen aufzudecken. Dazu gehören Trisomie 21, 18 und 13. Weitere Syndrome, die der Test erkennt, sind das Klinefelter-Syndrom, das Turner-Syndrom, das Triple-X-Syndrom und das XYY-Syndrom.[36] Die Frau trifft jedoch selbst zuvor die Entscheidung, auf welche Chromosomenstörung sie das Kind untersuchen lassen möchte. So kann sie es auch beispielsweise nur auf Trisomie 21 testen lassen. Außerdem ist der Test in der Lage, das Geschlecht des Embryos zu bestimmen.[37]

Die Symptome bei einer Chromosomenstörung können sehr unterschiedlich sein und somit auch verschiedene Auswirkungen auf die geistige sowie körperliche Entwicklung des Fetus haben. Viele Chromosomenstörungen verursachen aber auch eine frühe Fehlgeburt. Der PraenaTest untersucht nun Veränderungen der Chromosomenzahl in den kindlichen Zellen. Zum besseren Verständnis werden die Störungen im nächsten Kapitel näher erläutert.

Aber wie die anderen pränatalen Methoden, hat auch der PraenaTest seine Grenzen. Es können durch den Test keine strukturellen Veränderungen an Chromosomen entdeckt werden und auch die sogenannten „Mosaike“ bleiben unerkannt. In dem Fall eines Mosaiks tragen Zellen eines Gewebes oder des gesamten Organismus des Fetus eine unterschiedliche genetische Information. Analog zu den anderen Testverfahren kann es auch hier zu keinem oder einem unklaren Testergebnis kommen.[38]

2.2.2 Die Durchführung des Tests

Zunächst wird die Schwangere vom Arzt genaustens informiert und genetisch beraten. Erst danach erfolgt eine Auftragsgebung von ihrer Seite aus. In dieser muss geklärt sein, auf welche Chromosomenstörungen das Kind untersucht werden soll. Außerdem muss sie eine Einverständniserklärung unterschreiben. Anschließend wird der Schwangeren Blut mittels eines besonderen Blutabnahmesets entnommen und dieses per Kurierdienst an ein Diagnostiklabor, wo es nun analysiert und ausgewertet werden kann, geschickt. In der Zeit zwischen der Abnahme und dem Versand wird das Blut im Kühlschrank aufbewahrt.[39] Die Daten dieser Auswertung sind geschützt. So erhalten nur der Arzt oder ggf. dessen Vertreter das Testergebnis.

Die Untersuchung basiert auf einer Analyse dieser cffDNA im Blut der Schwangeren. Diese DNA ist nicht von Zellen ummantelt und liegt in Bruchstücken vor. Sie bewegt sich frei im Blut der Mutter und enthält neben der DNA der Mutter auch die DNA des Fetus (die sogenannte cell free fetal DNA). Bei dieser DNA handelt es sich um abgestorbene Zellen der Plazenta, welche in den Blutkreislauf der Mutter abgegeben werden. Einige Stunden nach der Geburt des Kindes ist die cffDNA nicht mehr im Blut zu finden. Mit dem Test wird nun festgestellt, ob die cffDNA für ein bestimmtes Chromosom zu hoch ist und so ausgewertet, ob eine entsprechende Chromosomenstörung beim Kind vorliegt.[40]

Sollte der Gehalt der zellfreien fetalen DNA im Blut der Mutter für eine Analyse nicht genügen, so werden die Ärzte innerhalb der nächsten 24 Stunden informiert. Die Voraussetzung des cffDNA-Gehalts im Gemisch mit der DNA der Mutter liegen bei mindestens 4 % und bei einer Schwangerschaft mit Zwillingen sogar bei 8 %.[41] Die folgende Abbildung soll die Verteilung der DNA nochmals verbildlichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten [42]

Ein Beispiel soll das Mengenverhältnis der zellfreien DNA verdeutlichen:

Die Plasma-Probe einer Mutter kann beispielsweise 100 Chromosom 21-spezifische Fragmente enthalten. Dann wären bei einem euploiden Fetus ca. zehn der Fragmente dem Fetus zuzuordnen und die restlichen 90 würden von der Mutter stammen. Bei einem Fetus, welches Trisomie 21 aufweist, wären von 105 Chromosom 21-spezifsche Fragmente vom Fetus und 90 von der Mutter. Das heißt also, dass der PraenaTest in der Lage ist, diesen Unterschied von 1:1,05 zuverlässig nachzuweisen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach dieser Auswertung erhält zunächst der Arzt das Testergebnis innerhalb der nächsten acht bis zehn Werktage. Im Expressversand dauert es nur vier bis sechs Werktage. Er hat nun die Pflicht, das Testergebnis den Eltern zu verkünden.[43]

Sollte der Test keinerlei Auffälligkeiten entdeckt haben, so kann davon ausgegangen werden, dass das Kind mit großer Sicherheit keine der getesteten Chromosomenstörungen aufweist. Trotzdem kann durch den Test nicht jede Krankheit ausgeschlossen werden. Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, die gar nicht im Mutterleib nachweisbar sind.

Wenn das Testergebnis allerdings positiv ist, bedeutet dies, dass das Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer Chromosomenkrankheit leidet. Nun sollte dieser Befund ein weiteres Mal durch eine invasive Methode abgesichert werden. Dies ist auch nötig, da es vorkommen kann, dass eine Chromosomenstörung im Mutterkuchen vorliegt, das Kind davon jedoch nicht betroffen ist.[44]

2.2.3 Für welche Schwangere ist der PraenaTest geeignet

Allgemein wird die Durchführung des Tests als primäre Diagnostik von nationalen und internationalen Fachgesellschaften bei schwangeren Frauen, die ein erhöhtes Risiko für fetale Aneuploidien aufweisen, empfohlen. Der Test eignet sich aber auch bei Risikoschwangerschaften, welche das Ersttrimester Screening (ETS) bereits durchgeführt haben. Normalerweise sollte die Schwangere eine der folgenden Indikationen aufweisen, um den PraenaTest durchzuführen:

- älter als 35 Jahre
- erhöhtes Risiko für eine Aneuploidie
- Auffälligkeiten beim Ultraschall
- vorherige fetale Aneuploidien.
- andere medizinische Gründe (zuvor mit dem Arzt abgesprochen)[45]

Ob der PraenaTest für eine Frau geeignet ist und durchgeführt werden soll, entscheiden die Patientin und der Arzt gemeinsam. Mittlerweile haben mehr als 20.000 Schwangere den Test durchführen lassen. Dies geschah entweder aufgrund ihres hohen Alters oder weil sie durch andere Untersuchungsmethoden auffällige Ergebnisse erhalten hatten und diese abklären wollten. Aber es gibt auch viele Frauen, die gar keine richtigen Indikatoren aufweisen und den PraenaTest trotzdem durchführen lassen, nur um somit mehr Sicherheit zu erlangen. So sind nur 54 % der Frauen, die den Test durchführen lassen über 35 Jahre alt. 29 % hingegen machen den Test, da es zuvor zu Auffälligkeiten gekommen war und 13 % der Schwangeren haben keinerlei Indikationen und wollen durch den Test eine absolute Sicherheit erlangen, die aber auch diese pränatale Diagnostik ihnen nicht vollends geben kann.[46]

Allgemein ist der Test ab der vollendeten neunten SSW durchführbar. In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt, dass er meist zusammen mit einem Ultraschall gemacht wird und es dadurch oft erst in der zwölften SSW zur Durchführung kommt.

Diese Graphik verdeutlicht, zu welchen Zeitpunkten der PraenaTest vermehrt durchgeführt wird:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Test lässt sich nicht nur bei Einzelschwangerschaften anwenden, sondern ist auch bei einer Zwillingsschwangerschaft durchführbar. Auch der Preis dafür ändert sich nicht. Des Weiteren ist er auch nach einer Kinderwunschbehandlung beispielsweise der In-vitro-Fertilisation, der Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) oder nach einer Eizellspende anwendbar.

Doktor Markus Weber, ein Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Steinfurt, äußerte sich wie folgt zum PraenaTest: „Der PraenaTest bietet daher besonders bei Mehrlingsschwangerschaften eine wertvolle Verbesserung für die Schwangere durch die Senkung der FPR auf erwartungsgemäß unter ein Prozent, im Vergleich zum Ersttrimesterscreening, bei dem die FPR für Gemini bei 10–15 % liegt. Dadurch kann vielen Schwangeren mit Gemini eine invasive Diagnostik und das damit verbundene eingriffsbedingte Risiko erspart werden.“[47]

An dieser Aussage wird deutlich, wie positiv der PraenaTest von vielen Ärzten angenommen und bewertet wird.

2.2.4 Die Kosten für den PraenaTest

Insgesamt hängen die Kosten des PraenaTests von dem Umfang der gewählten Untersuchungen ab. Die Bezahlung erfolgt allgemein im Lastschriftverfahren und die Summe ist erst nach der Übermittlung der Testergebnisse zu bezahlen. Die folgende Tabelle stellt eine kurze Übersicht der Kosten dar:

Momentan ist der Test noch eine Selbstleistung und kann nicht mit der Krankenkasse abgerechnet werden. Somit sind alle Leistungen privat zu bezahlen. Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Bislang haben über 50 private und gesetzliche Krankenkassen schon die Kosten oder zumindest einen Teil getragen, da sie es in Einzelfällen als gerechtfertigt empfunden haben.[48]

Nun wird erwartet, dass 2015 der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen der „Erprobungsregelung“ gem. § 137e Abs. / SGB V den Test zur Bestimmung von Trisomie 21 in die Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkassen aufnehmen wird. Als einzige Voraussetzung gilt bislang der Einsatz der PraenaTest-Software als CE-gekennzeichnetes Medizinprodukt.[49]

2.2.5 Gibt der PraenaTest Sicherheit?

Wenn man sich Studien bezüglich der Sicherheit des Testergebnisses anschaut, so stellt man fest, dass bei 99,8 % aller Blutproben, bei denen eine Einlingsschwangerschaft vorlag, eine exakte Aussage gemacht werden konnte. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass von 1000 Untersuchungen insgesamt bei zwei Blutproben ein falsches Testergebnis herauskam. Bei Zwillingsschwangerschaften hingegen waren bislang alle Ergebnisse korrekt. Allerdings kann man noch nichts über die Chromosomenkrankheiten Trisomie 13 und Trisomie 18 aussagen, da zu diesen noch keine Tests durchgeführt worden sind.[50]

Zu der Aussagekraft eines Ergebnisses mit dem Untersuchungsschwerpunkt der Fehlverteilungen der X und Y Chromosomen wird keine genaue Zahl genannt, sondern lediglich darauf hingewiesen, dass es zu Schwankungen der Aussagekraft je nach Untersuchung kommen kann, sowie dass diese Ergebnisse eine niedrigere Aussagekraft besitzen als die Resultate bei der Untersuchung auf die verschiedenen Trisomien.[51]

Fragwürdig ist jedoch, warum der neue, nichtinvasive Test bei einem positiven Testergebnis trotzdem durch eine invasive Methode abgesichert werden muss. Aus diesem Grund ist es nachvollziehbar, dass kritische Fragen aufkeimen, wie, ob der Test dann doch nicht so sicher ist, wie es die LifeCodex AG auf ihrer Internetseite behauptet? Und ergibt sich nicht eine Überflüssigkeit des Tests, wenn er sowieso nochmals durch verhältnismäßig risikoreiche Methoden bestätigt werden muss? Ist der Test also letztendlich doch nur eine weitere Methode, die auf wirtschaftlichen Denken basiert und dabei in Kauf nimmt, schwangere Mütter zu verunsichern?

2.2.6 Die Pflichten des Arztes

Auch der Arzt muss bei der Durchführung des PraenaTests einiges beachten. Dies wird an dieser Stelle kurz ausgeführt:

Der Arzt ist in jedem Fall verpflichtet, der Schwangeren Informationen zum Thema des neuen nichtinvasiven Pränataltests bereitzustellen. Dies geschieht in Deutschland im Rahmen der Richtlinien zur pränatalen Diagnostik von Krankheiten und Krankheitsdispositionen.[52] Da eine invasive Methode bei weitem ein größeres Risiko birgt, ist der Arzt dazu berechtigt, die Möglichkeiten der nichtinvasiven Methoden vollends zu gebrauchen. Die Richtlinien zur Humangenetischen Diagnostik und genetischer Beratung der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik und des Berufsverbandes Deutscher Humangenetiker beinhalten in Punkt 10.12 die folgenden Verpflichtungen: „Alle zur Verfügung stehenden und zu medizinischen Zwecken erhobenen Informationen und Befunde, welche dem Patienten eine selbstständige Entscheidungsfindung ermöglichen, müssen zugänglich gemacht werden.“[53]

Nach § 10 des Gendiagnostikgesetztes (GenDG) muss sowohl vor als auch nach dem PraenaTest eine ergebnisoffene Beratung erfolgen. Dies ist ein Grund, warum der Test nur von Ärzten durchgeführt werden kann, die nach § 7 Abs. 1 und 3 des GenDG alle Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören Fachärzte für Humangenetik oder andere Ärzte, die ihren Schwerpunkt auf genetische Untersuchungen gesetzt haben.[54]

Doch der Arzt muss laut den Richtlinien der Bundesärztekammer nicht nur über die nichtinvasiven Methoden aufklären, sondern er ist auch dazu verpflichtet, der Mutter die invasiven Methoden näherzubringen. Sollte die Schwangere den PraenaTest durchführen lassen wollen, so kann der Arzt wie folgt handeln: Er hat die Möglichkeit die Mutter an ein spezialisiertes Zentrum für Pränataldiagnostik zu überweisen. Außerdem kann er sie an einen Facharzt für Humangenetik verweisen, damit sie dort das Aufklärungsgespräch absolvieren und anschließend jedoch den Test bei der zuvorigen Praxis durchführen lassen kann. Zum Schluss bleibt es dem Arzt auch überlassen, sowohl die Beratung als auch die Durchführung des Tests in seiner eigenen Praxis vorzunehmen, sofern er die dafür benötigten Voraussetzungen erfüllt.[55]

Das Geschlecht des Babys, welches auch durch den PraenaTest bestimmt werden kann, darf in Deutschland allerdings erst nach der zwölften SSW und nur mit Einwilligung der Schwangeren preisgegeben werden (gemäß § 15 Abs. 1 GenDG).[56]

Nachdem nun sehr ausführlich auf den PraenaTest eingegangen und bereits angeschnitten worden ist, welche Störungen durch diesen aufgedeckt werden können, sollen diese Anomalien im nächsten Kapitel näher erläutert werden.

2.3 Die unterschiedlichen Chromosomenkrankheiten

Da der PraenaTest in der Lage ist, unterschiedliche Chromosomenkrankheiten aufzudecken, ist es im Folgenden wichtig, diese näher zu betrachten, um ein Urteil über die Schwere dieser Krankheit und die Last der betroffenen Personen ziehen zu können. Hierbei wird besonders auf die Trisomie 21 eingegangen, da dieser im Laufe der Arbeit eine hohe Priorität eingeräumt wird, weil sie die häufigste Chromosomenanomalie bildet, die durch den PraenaTest diagnostiziert werden kann. Die übrigen Chromosomenstörungen werden weniger ausführlich dargestellt und dienen der Vollständigkeit. Allerdings wird auf diese im Verlauf der Arbeit auch nur ein kurzer Rückbezug genommen.

2.3.1 Die Trisomie 21

Trisomie 21, welche auch bekannt ist unter dem Synonym „Down-Syndrom“, ist die wohl bekannteste Chromosomenanomalie und tritt am häufigsten auf. Etwa eins von 700 Kindern wird mit dieser Krankheit geboren.[57] Bei diesen Kinder ist das Chromosom 21 dreifach, anstatt wie es sonst der Fall ist, zweifach in jeder einzelnen Zelle vorhanden. In den meisten Fällen ist das komplette Chromosom dreifach vorhanden. Es kann aber auch vorkommen, dass nur ein Teil des Chromosoms dreifach vorliegt.

Das Down-Syndrom kann nur mit einer Untersuchung der Chromosomen sicher festgestellt werden. So gibt es in der Schwangerschaft unterschiedliche Methoden, Trisomie 21 beim Kind zu diagnostizieren. Dazu gehören die Chorionzottenbiopsie, die Amniozentese oder nun seit 2012 auch der PraenaTest. Eine Analyse der Chromosomen wird in Deutschland allen Frauen ab 35 Jahren empfohlen.

2.3.1.1 Die unterschiedlichen Arten der Trisomie 21

Es existieren unterschiedliche Arten der Trisomie 21: In den meisten Fällen (über 90 %) liegt eine freie Trisomie vor. Hierbei besitzen die Menschen insgesamt 47 anstatt den üblichen 46 Chromosomen. Die meisten Fälle der freien Trisomie 21 beruhen auf einer Nondisjunktion während der Meiose auf der mütterlichen Seite. Sie entsteht also, wenn bei der Bildung der Eizellen oder Samenzellen das Chromosomenpaar 21 nicht getrennt wird. Dies ist auch der Grund, warum das Risiko, ein Kind mit Down-Syndrom zu gebären, ab dem 35. Lebensjahr der Frau erheblich ansteigt. In einigen seltenen Fällen kann es auch vorkommen, dass die Anomalie auf eine Störung der Spermatogenese seitens des Vaters zurückzuführen ist (sehr selten, nur bei 5 %).[58] Das Alter des Vaters ist hierbei nicht sehr ausschlaggebend. So ist das Risiko bei Frauen unter 35 Jahren lediglich bei 0,3 %, während es bei einer Frau über 40 zunimmt und bei 45 Jahren bereits 4,5 % beträgt. Eine Erblichkeit der freien Trisomie 21 ist normalerweise auszuschließen, denn ein solches Ereignis tritt in der Regel zufällig auf.[59]

Eine weitere Art der Trisomie 21 ist die sogenannte Translokations-Trisomie. Diese ist viel seltener und tritt nur bei etwa 5 % der Frauen auf. In diesem Fall existiert außer den zwei freien Chromosomen 21 noch ein drittes Chromosom 21. Dies heftet sich an ein anderes Chromosom (zentrische Fusion). Häufig sind hierbei die Chromosomen 14, 21 oder 22 betroffen. Es kann aber auch vorkommen, dass es sich an das Chromosom 13 oder 15 haftet. Somit bleibt die Gesamtzahl der Chromosomen bei 46. Anders als bei der freien Trisomie 21 geht man hier von einer erblichen Übertragbarkeit aus. Somit ist das Risiko bei einer Translokations-Trisomie 21, wieder ein Kind zu bekommen, welches vom Down-Syndrom betroffen ist, erhöht. Besitzt ein Elternteil diese Art der Trisomie, so liegt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind auch von der Translokation des Chromosoms 21 betroffen ist, theoretisch bei 25 %. Bisher wurde allerdings festgestellt, dass Mütter dies in 10-15 % vererben und Väter nur in 1-2 %. Tritt jedoch der Fall auf, dass das überzählige Chromosom 21 an ein anderes Chromosom 21 angeheftet ist, so tritt eine Vererbung zu 100 % ein. Solche Kinder werden dann entweder mit dem Down-Syndrom geboren oder es kommt zu einer Fehlgeburt.[60]

Der dritte Typ von Trisomie ist die sogenannte Mosaik-Trisomie 21. Sie ist am seltensten und tritt nur in etwa 2 % der Fälle auf. Die Entstehung der Mosaik-Trisomie 21 ist ähnlich zu der Entstehung der freien Trisomie. Sie ereignet sich jedoch erst nach der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Manche Zellen verlieren während der ersten Zellteilungen das überflüssige Chromosom 21 und besitzen somit die üblichen 46 Chromosomen. Alle weiteren Zellen, welche aus diesen Zellen entstehen, weisen ebenfalls 46 Chromosomen auf. So setzt sich der Körper des Betroffenen aus zwei Arten von Zellen zusammen: Es existieren Zellen, welche die normale Chromosomenzahl 46 besitzen und welche, die 47 Chromosomen haben. Oftmals ist dies auch der Grund, warum die Symptome einer Trisomie 21 hier nicht so stark ausgeprägt sind.[61]

Die letzte Art der Trisomie 21 ist die sogenannte partielle Trisomie. Weltweit sind nur wenige 100 Fälle bekannt. Bei dieser Art sind nur zwei Chromosomen 21 in einer Zelle vorhanden, wobei bei einem Chromosom ein Teil verdoppelt vorliegt. Über die Auswirkungen ist noch nichts genaues bekannt.[62]

2.3.1.2 Die Auswirkungen des Down-Syndroms

Die Auswirkungen des Down-Syndroms sind sehr unterschiedlich. So kann es, wie oben erwähnt, vorkommen, dass die Symptome bei einer Mosaik-Trisomie nur sehr schwach sind. Hauptauffälligkeiten sind beispielsweise die mandelförmigen Augen oder auch eine geringere Intelligenz. Die geistigen Fähigkeiten, welche Menschen mit Down-Syndrom aufbringen, sind aber von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt.[63]

Durch die neuen Möglichkeiten einer Behandlung der Folgeeinschränkungen der Trisomie 21 hat sich die Einstellung zu Trisomie zwar leicht verbessert, ist aber immer noch recht negativ besetzt.

Hier sind die häufigsten äußeren, körperlichen Merkmale zusammengefasst:

- Minderwuchs
- vorverlagerte, verdickte, große Zunge
- ein flaches Gesicht
- schräge Lidachsen
- eine Hautfalte am inneren Augenwinkel
- große Lücke zwischen erstem und zweitem Zeh (Sandalenlücke)
- Ohrentiefstand
- breite Hände mit kurzen Fingern
- das Mittelglied des kleinen Fingers ist verkürzt, wodurch dieser besonders klein ist
- eine durchgehende Handfurche[64]

[...]


[1] Mir ist durchaus bewusst, dass eine solche Einleitung nicht typisch ist für eine wissenschaftliche Arbeit, allerdings wird an diesem Beispiel sehr deutlich, dass die Problematik der Annahme von Behinderungen in unserer ganzen Gesellschaft omnipräsent ist.

[2] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, Wissen, was stimmt, Freiburg in Breisgau 2011, 7. ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, Hannover 2014, 3.

[3] Krones: Invasive Pränataldiagnostik und Spätabbrüche: Bioethische Diskussionen und lebensweltliche Ansichten, in: Wewetzer, Christa / Wernstedt, Thela (Hg.): Spätabbrüche der Schwangerschaft. Praktische, ethische und rechtliche Aspekte eines moralischen Konflikts, Frankfurt am Main 2008, 154.

[4] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 8-10.

[5] zu denen der Feinultraschall, die Doppler-Sonographie, der 3D-Ultraschall und der 4D-Ultraschall gehören.

[6] Auf die ausführliche Erklärung der Nabelschnurpunktion wird allerdings verzichtet, da sie keinen wichtigen Bestandteil der Arbeit darstellt.

[7] Vgl. Karven / Schweiger / Schulte / Bode / Eme>

[8] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 14-15.

[9] A.a.O., 30.

[10] Die Tabelle ist entnommen von Pagels: Pränataldiagnostik, S. 30-31.

[11] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 32.

[12] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 50-51.

[13] Vgl. a.a.O., 52-53 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 6-7.

[14] Vgl. Karven / Schweiger / Schulte / Bode / Eme>

[15] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 53-55.

[16] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 64. ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 8.

[17] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 64.

[18] Vgl. a.a.O., 64-65.

[19] Vgl. a.a.O., 65-66.

[20] Vgl. a.a.O., 67-68.

[21] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 69.

[22] Vgl. a.a.O., 68.

[23] Vgl. a.a.O., 81-82.

[24] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 82-84 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 11-12.

[25] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, S. 85 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 12.

[26] Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 12.

[27] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 98 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 12.

[28] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 98-99 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 13.

[29] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 99-101 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 13.

[30] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 100-101 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 13-14.

[31] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 105 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 14.

[32] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 102 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß

[33] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 102-103 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 14.

[34] Vgl. Pagels: Pränataldiagnostik, 105-106 ; Jollet: Die ethische Beurteilung der Pränataldiagnostik nach Ulrich Eibach und Hartmut Kreß, 14-15.

[35] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/praenatest/ (abgerufen am 4.7.2015)

[36] Die einzelnen Chromosomenstörungen werden in Kapitel 2.3 ausführlich erörtert.

[37] Vgl http://lifecodexx.com/fuer-schwangere/praenatest/ (abgerufen am 2.7.2015).

[38] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-schwangere/praenatest/ (abgerufen am 2.7.2015).

[39] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-schwangere/testablauf/ (abgerufen am 4.7.2015).

[40] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/methode-technik/ (abgerufen am 10.7.2015)

[41] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/methode-technik/laborprozess/ (abgerufen am 10.7.2015)

[42] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/methode-technik/ (abgerufen am 10.7.2015).

[43] Vgl. http://lifecodexx.com/faq/ (abgerufen am 10.7.2015).

[44] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-schwangere/testergebnis/ (abgerufen am 8.7.2015).

[45] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/patientenbild/ (abgerufen am 31.7.2015).

[46] Im Kapitel werde ich näher auf die Sicherheit eingehen.

[47] http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/patientenbild/ (abgerufen am 11.7.2015).

[48] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-schwangere/kosten/ (abgerufen am 11.7.2015).

[49] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/vorteile-in-der-praxis/ (abgerufen am 11.7.2015).

[50] Vgl. http://lifecodexx.com/faq/ (abgerufen am 11.7.2015).

[51] Vgl. ebd (abgerufen am 11.7.2015).

[52] Vgl. Deutsches Ärzteblatt 100, Heft 9, S. A583.

[53] http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/gesetzliche-vorgaben-in-deutschland/ (abgerufen am 11.7.2015).

[54] Vgl. http://lifecodexx.com/fuer-aerzte/gesetzliche-vorgaben-in-deutschland/ (abgerufen am 11.7.2015).

[55] Vgl. ebd (abgerufen am 11.7.2015).

[56] Vgl. ebd (abgerufen am 11.7.2015).

[57] Vgl. Hinkel: Humangenetik, in: Speer / Gahr: Pädiatrie, 2. Auflage, Heidelberg 2005, 39.

[58] Vgl. Schlehe: Sonografische Hinweiszeichen auf fetale Chromosomenstörungen im 2. Trimenon, in: Sohn, Christoph / Holzgreve, Wolfgang: Ultraschall in Gynäkologie und Geburtshilfe, 3. Auflage, Stuttgart 2013, 362.

[59] Vgl. Eppinger / Müller : Pädiatrie für Studium und Praxis, Breisach am Rhein 2013, 29.

[60] Vgl. Hinkel: Humangenetik, 40-42. ; Vgl. Eppinger / Müller : Pädiatrie, 29.

[61] Vgl. Wilken: Sprachförderung bei Kindern mit Down-Syndrom. Mit ausführlicher Darstellung des GuK-Systems, 12. Auflage, Stuttgart 2014, 14.

[62] Vgl. Eppinger /Müller: Pädiatrie, 29.

[63] Vgl. Murken / Grimm: Medizinische Genetik in der Pädiatrie, in: Koletzko: Kinder- und Jugendmedizin, 13. Auflage, Heidelberg 2007, 24.

[64] Vgl. Kerbl / Kurz / Roos / Wessel: Checkliste Pädiatrie, 3. Auflage, Stuttgart 2007, 224. ; vgl. Storm: Das Down-Syndrom. Medizinische Betreuung vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter, Stuttgart 1995, 20, 39, 71, 202. ; Wilken: Sprachförderung bei Kindern mit Down-Syndrom, 26. ; vgl. Eppinger / Müller: Pädiatrie, 29.

Ende der Leseprobe aus 125 Seiten

Details

Titel
Der PraenaTest in theologisch-ethischer Perspektive
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover
Note
1,3
Autor
Jahr
2015
Seiten
125
Katalognummer
V345300
ISBN (eBook)
9783668355583
ISBN (Buch)
9783668355590
Dateigröße
3216 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
praenatest, perspektive
Arbeit zitieren
Jennifer Jollet (Autor:in), 2015, Der PraenaTest in theologisch-ethischer Perspektive, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/345300

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