"Das Elend der Welt" von Pierre Bourdieu. Der Habitusbegriff im Zusammenhang mit Sozialer Arbeit


Seminararbeit, 2015

10 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhalt

Einleitung

Hintergrund zum Werk „Das Elend der Welt“

Habitus

Habitus und Soziale Arbeit

Einleitung

Diese Seminararbeit handelt von Pierre Bourdieu’s Werk „Das Elend der Welt“. Einleitend wird auf die Hintergrundynamik zu diesem Werk aufmerksam gemacht. Dabei zeigt sich, dass es sich dabei nicht – wie man denken könnte – um Zustände der Dritten Welt handelt, sondern um herrschende europäische Verhältnisse. Dazu zählt das Elend verschiedener Personengruppen, wie „Schüler, Lehrer, Kleinkriminelle, Richter und Polizisten, Gewerkschafter und Angestellte, Mieter und Hausmeister, junge und alte Menschen“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung 1998, o.S.). Nachdem der Aufbau des Werkes geschildert wurde, wird auf den Habitusbegriff aufmerksam gemacht, der in diesem Werk eine zentrale Rolle einnimmt. Im Anschluss daran wird der Zusammenhang zwischen dem Habitus und der Sozialen Arbeit aufgezeigt.

Hintergrund zum Werk „Das Elend der Welt“

Bei dem Begriff „Elend“ denkt man in erster Linie an Zustände in der Dritten Welt. In diesem Fall handelt sich allerdings um herrschende europäische Verhältnisse. Es geht um das Elend verschiedener Personengruppen, wie „Schüler, Lehrer, Kleinkriminelle, Richter und Polizisten, Gewerkschafter und Angestellte, Mieter und Hausmeister, junge und alte Menschen“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung 1998, o.S.).

Das Werk „Das Elend der Welt“ ist eine soziologische Studie über Vororte von Paris. Das Buch ist als Interviewband konzipiert und erschien 1993 im Original „La misère du monde“. Die deutsche Übersetzung erschien im Jahr 1997. Es beinhaltet über 40 Interviews von 20 Autorinnen und Autoren unter der Leitung von Pierre Bourdieu. Die Forscherinnen und Forscher befragten verschiedene Personen zu ihren Lebensverhältnissen, ihren beruflichen und familiären Perspektiven, ihren Erfahrungen und Hoffnungen, ihren Erwartungen und Enttäuschungen. Den Interviews liegt das methodische Konzept des Verstehens zu Grunde (vgl. Bourdieu et al. 2010, S. 10). Das bedeutet, die Interviewerinnen und Interviewer passen sich den befragten Personen an, was dazu führen kann, „deren Sprache anzunehmen und sich ihre Sichtweisen, Gefühle und Gedanken zu eigen zu machen“ (ebd., S. 395).

Es wird „versucht eine Beziehung des aktiven und methodischen Zuhörens zu schaffen (…)“ (Bourdieu et al. 2010, S. 395). Die Befragten werden niemals in ihren Aussagen verbessert oder belehrt, sondern vielmehr bestärkt (vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung 1998, o.S.). Ziel dessen ist es, möglichst viel von den befragten Personen zu erfahren. Diese erzählen von ihren vorherrschenden Situationen. Häufig bedrücken sie finanzielle Sorgen. Aber auch von Katastrophen und private Schicksalsschlägen wird dabei erzählt. Es geht unter anderem dabei um Einwanderer, die sich an den Rand der Gesellschaft gedrängt sehen, Jugendliche, die dem schulischen Druck nicht mehr gewachsen scheinen und Landwirte, die in ihrem Beruf keine Zukunft mehr sehen. (vgl. ebd., S. 8).

Das Werk wird in sieben Abschnitte gegliedert:

1. Position und Perspektive
2. Ortseffekte
3. Die Abdankung des Staates
4. Abstieg und Niedergang
5. Die intern Ausgegrenzten
6. Widersprüche des Erbes
7. Verstehen (vgl. Bourdieu et al. 2010, S. 5-8).

Das Buch dient zudem als Grundlage für diverse Theaterinszenierungen an renommierten Bühnen und für Fernsehdokumentationen (vgl. Bourdieu et al. 2010, S. 9).

Habitus

Sozialisation ist für Bourdieu auch als Habitualisierung zu verstehen. Für ihn ist der Habitus eine Art Vermittlungsglied zwischen den objektiven gesellschaftlichen Bedingungen und dem subjektiven individuellen Handeln oder Verhalten (vgl. Koller 2010, S. 150).

Zum Habitusbegriff existieren verschiedene kontextabhängige Definitionen, je nachdem in welchem Bereich er angewendet wird. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird unter dem lateinischen Begriff „Habitus“ eine äußere Erscheinung beziehungsweise das Gesamterscheinungsbild einer Person verstanden (vgl. Lenger/Schneickert/Schumacher 2013, S. 13f.). So wird der Begriff beispielsweise in der Philosophie als ein aristotelisch-scholastischer Begriff für eine erworbene Verhaltensdisposition oder Gewohnheit verstanden, die als ‚zweite Natur‘ des Menschen mit moralischen Einstellungen verbunden ist (vgl. Prechtl/Burkard 1999, S. 223f., S. 14 zit.n. Lenger/Schneickert/Schumacher 2013). In diesem Sinne kann unter dem Habitus eine Haltung bezeichnet werden. Soziologisch gesehen wird unter dem Habitusbegriff eine äußere Erscheinung von Menschen verstanden, von welcher aus auf die Gesamtheit der Gewohnheiten und Einstellungen geschlossen werden kann (vgl. Fuchs-Heinritz et al. 2007, S. 259 zit.n. Lenger/Schneickert/Schumacher 2013, S. 14). Dabei wird das gesamte Aussehen und die Haltung sowie das Erscheinungsbild wie beispielsweise der Kleidungsstil oder die Sprache miteinbezogen (vgl. Reinhold/Lamnek/Recker 1997, S. 249 zit.n. Lenger/Schneickert/Schumacher 2013, S. 14).

Bourdieu selbst versteht unter dem Habitus „Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata“ eines Menschen, in dem die inkorporierten, früheren Erfahrungen zum Ausdruck kommen. Der Habitus wird durch die spezifische gesellschaftliche Position geprägt, die Angehörige einer sozialen Gruppe innerhalb einer Sozialstruktur einnehmen. Dabei kann zwischen einer Subjekt-Ebene und einer Struktur-Ebene unterschieden werden. Während Erstere von der Vermittlung individueller Dispositionen handelt, geht es bei Zweiterer um gesellschaftliche Möglichkeiten. Bei Bourdieu ist das Subjekt, im Gegensatz zu Foucault, weniger diszipliniert, sondern als Träger eines Habitus zu verstehen (vgl. Lenger/Schneickert/Schumacher 2013, S. 14). Der Habitus eines Menschen oder einer Gruppe ist ein System von Schemata oder Mustern der Wahrnehmung, des Denkens und des Handelns, das von den objektiven Existenzbedingungen, den ökonomischen und sozialen Notwendigkeiten erzeugt wird (vgl. Koller 2010, S. 151).

Das Habituskonzept soll zur Überwindung des Gegensatzes zwischen Individuum und Gesellschaft, Theorie und Praxis, Struktur und Handlung dienen. Bourdieu versteht unter dem Habitusbegriff „Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata“ von Menschen, in denen sämtliche inkorporierte frühere soziale Erfahrungen zum Ausdruck kommen (vgl. Lenger/Schneickert/Schumacher S. 19).

Es bestehen drei miteinander verbundene Eigenschaften: die Unbewusstheit, die Regelhaftigkeit und die Kollektivität des Habitus.

Unbewusstheit bedeutet, dass der Habitus wie das inkorporierte kulturelle Kapital dem Körper eingeschrieben ist. Regelhaftigkeit meint, dass vom Habitus erzeugte Praktiken und Vorstellungen nicht zufällig entstehen und nicht auf die bewusste Befolgung explizit formulierter Normen zurückzuführen sind, sondern auf die Geltung implizierter Regeln, die nur von einem soziologischen Beobachtungsstandpunkt aus rekonstruiert werden können.

Die kollektive Dimension des Habitus bedeutet, dass er kein individuelles Phänomen darstellt, sondern stets einer Gruppe von Menschen gemeinsam ist, die unter den selben objektiven Existenzbedingungen leben (vgl. Koller 2010, S. 151).

„Der Habitus einer Person oder einer sozialen Gruppe legt also Bourdieu zufolge deren Verhalten nicht bis in alle Einzelheiten hinein fest, sondern markiert nur Grenzen, die nicht überschritten werden können, innerhalb derer aber sehr wohl individuelle Variationen möglich sind“ (Koller 2010, S. 152).

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Ende der Leseprobe aus 10 Seiten

Details

Titel
"Das Elend der Welt" von Pierre Bourdieu. Der Habitusbegriff im Zusammenhang mit Sozialer Arbeit
Hochschule
Karl-Franzens-Universität Graz
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
10
Katalognummer
V345575
ISBN (eBook)
9783668354487
ISBN (Buch)
9783668354494
Dateigröße
913 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
elend, welt, pierre, bourdieu, habitusbegriff, zusammenhang, sozialer, arbeit
Arbeit zitieren
Astrid Pusch (Autor:in), 2015, "Das Elend der Welt" von Pierre Bourdieu. Der Habitusbegriff im Zusammenhang mit Sozialer Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/345575

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