Rauchen und Sport

Selbstbild und Typologie der rauchenden Sportstudenten an der Universität Landau und Ansichten ihrer Kommilitonen über das Rauchen


Examensarbeit, 2004

108 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung
1.1 Methodik
1.2 Ein gesellschaftlicher Zustand und Standpunkt

2 Ursachen des Rauchens
2.1 Begriffsbestimmung „Genussmittel“
2.2 Zielgruppe: das Jugendalter
2.2.1 Begriffsbestimmung Jugendalter
2.3 Rauchbeginn
2.4 Rauchmotive
2.5 Das soziale Umfeld
2.6 Faktor der genetischen Determination
2.7 Persönlichkeitsmerkmale bei Rauchern
2.7.1 Beschreibung des „Extravertierten“ (Eysenck, 1968, zit. nach Stäcker & Bartmann, 1974, S. 33f.)
2.7.2 Beschreibung des „Introvertierten“ (Eysenck, 1968, zit. nach Stäcker & Bartmann, 1974, S. 35)
2.8 Modelllernen nach Bandura
2.8.1 Haupteffekte der Modelltheorie
2.8.2 Teilprozesse des Beobachtungslernens (vgl. Lopez, 1983, S. 36ff.)
2.8.3 Ziel der sozialen Lerntheorie (vgl. Lopez, 1983, S. 37)
2.9 Einflüsse von rauchenden Eltern – Studie Biener (vgl. Biener, 1981, S. 90ff.)
2.9.1 Bestand der Raucher
2.9.1.1Rauchgewohnheiten der Väter
2.9.1.2Rauchgewohnheiten der Mütter
2.10 Einflüsse von rauchenden Eltern – Studie Walter (vgl. Niederberger 1987, S. 78)
2.11 Das Vorbild – zeitgemäß oder ein Relikt?
2.12 Rauchertypen
2.12.1 Der Genussraucher
2.12.2 Der Konflikt- oder Stressraucher
2.12.2.1 Der Aspekt „Stress“ beim Rauchen
2.12.3 Süchtiges Rauchen
2.12.3.1 Psychische Abhängigkeit im Rauchen
2.12.3.2 Physische Abhängigkeit bzw. Sucht im Rauchen

3 Sport – ein gesundheitsförderndes Kulturgut
3.1 Begriffsbestimmung
3.2 Geschichtliche Darstellung der gesundheitlichen Bedeutung von Bewegung
3.3 Aktuelle Erkenntnisse der Gesunderhaltung durch Sport und Bewegung
3.3.1 Physische Aktivität in Alltagssituationen
3.3.2 Der organleistungsstarke Kreislauf (vgl. Hartung, 1977, S. 26)
3.3.3 Die organleistungsstarke Lunge (vgl. Hartung, 1977, S. 26)
3.3.3.1Anatomie der Lunge
3.3.3.1.1 Nasenhöhlen: Funktion der Atemwege
3.3.3.1.2 Luftröhre
3.3.3.1.3 Bronchien
3.3.3.2 Physiologie der Lunge: Atmungsfunktion (vgl. de Marées, 1992, S. 196f.)
3.3.3.2.1 Funktionsprinzip des Gastransportes
3.3.3.2.2 Funktion von Thorax, Atemmuskulatur und Lunge
3.3.4 Sportliche Betätigung und Gesundheit
3.4 Die Stunde Null des Deutschen Sportbundes (DSB) (vgl. Höfer, 2000, S. 20)
3.5 Begriffsbestimmung „Kultur“
3.5.1 Zusammenhang von Sport und Kultur

4 Tabak: Konsum, Folgen, Pharmakologie und Werbung
4.1 Tabak – Historischer Abriss eines „Massenmörders“
4.2 Umfang des Rauchverhaltens in Deutschland
4.3 Tabakbedingte Krankheiten
4.3.1 Koronare Herzkrankheit
4.3.1.1Arteriosklerose
4.3.1.2Angina pectoris (Enge der Brust)
4.3.1.3Herzinfarkt (Myokardinfarkt)
4.3.2 Risikofaktoren der koronaren Herzkrankheit
4.3.3 Krebs
4.3.3.1Lungen- oder Bronchialkrebs
4.3.3.2Krebsformen oberhalb/bis einschließlich Kehlkopfkrebs
4.3.3.3Harnblasenkrebs und Nierenkrebs
4.3.3.4Bauchspeicheldrüsenkrebs
4.3.3.5Speiseröhrenkrebs
4.3.4 Bronchitis und Lungenblähung
4.3.5 Magenschleimhautentzündung, Magendarmgeschwür
4.3.6 Raucherbein
4.3.7 Gehirnschlag und Schlagadererweiterung
4.3.8 Mortalität durch Rauchen
4.4 Pharmakologie des Rauchens
4.4.1 Wichtige Schadstoffe im Zigarettenrauch
4.5 Tabakwerbung
4.5.1 Strategien der Tabakwerbung
4.5.2 Art der Werbung
4.5.3 Werbung aus Sicht der Industrie
4.5.4 Werbebotschaften
4.5.5 Werbeverbot für Tabakwaren
4.5.6 Auswirkungen von Werbeverboten

5 Passivrauchen
5.1 Passiver Rauchkonsum in Deutschland
5.2 Wirkung des Passivrauches auf das kardiopulmonale System bei Herzpatienten
5.3 Rauchen in der Schwangerschaft
5.4 Beeinträchtigung von Kindern durch Passivrauchen
5.5 Gesundheitsschäden durch Passivrauchen
5.6 Passivrauchen am Arbeitsplatz
5.7 Nichtraucherschutz am Arbeitsplatz/ an der Universität
5.8 Rechtsgrundlagen durch das Arbeitsschutzgesetz
5.8.1 Konfliktbereiche der Universität Landau
5.8.1.1 Aus dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) vom 7. August 1996 (Bundesgesetzblatt [BGBl.] I S. 1246)
5.8.1.2Aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
5.8.1.3 Aus der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) vom 2. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3777)

6 Leistungsfähigkeit und Rauchen
6.1 Physisch
6.2 Psychisch
6.3 Synthese

7 Empirische Untersuchung
7.1 Methode
7.2 Vorstellung des Fragebogens
7.3 Darstellung der Ergebnisse des Fragebogens
7.3.1 Soziodemographische Daten: Das Alter
7.3.1.1Geschlecht
7.3.1.2Wettkampfsport in der Freizeit
7.3.1.3Aufteilung in Raucher und Nichtraucher
7.3.2 Konsumhöhe
7.3.2.1Konsumhöhe der regelmäßigen Raucher
7.3.3 Rauchbeginn
7.3.4 Rauchertypen
7.3.4.1Suchtbedingtes Rauchen
7.3.5 Einfluss der rauchenden Eltern
7.3.6 Appell des Umfeldes und die Reaktion der Raucher
7.3.7 Denkart der Raucher zum Sport und zum Sportlehrerberuf
7.3.8 Fragen an Nichtraucher
7.3.9 Aufforderungen von Nichtrauchern an Raucher
7.3.10 Belästigung durch Raucher – eigene Sichtweise
7.3.11 Allgemeine Meinung zum Rauchen
7.3.12 Der Grund für das Rauchens aus Sicht der Nichtraucher
7.3.13 Orte der größten Rauchbelästigung
7.3.14 Gründe für das Nichtrauchen
7.3.15 Sicht des Rauchverhaltens von Sportlehrern

8 Zusammenfassung, Auswertung der empirischen Untersuchungsergebnisse und Fazit
8.1 Zusammenfassung
8.2 Auswertung der empirischen Untersuchungsergebnisse
8.3 Fazit

9 Literaturverzeichnis
9.1 Internetquellen
9.2 Mündlich überlieferte Quellen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Altersverteilung

Abbildung 2: Geschlechterverteilung

Abbildung 3: Anzahl der Wettkampfsporttreibenden in der Freizeit

Abbildung 4: Wettkampfsport in der Freizeit

Abbildung 5: Kein Wettkampfsport in der Freizeit

Abbildung 6: Raucheranteil

Abbildung 7: Rauchintensität

Abbildung 8: Alter des Rauchbeginns

Abbildung 9: Rauchertypus

Abbildung 10: Fähigkeit, das Rauchen zu unterbrechen

Abbildung 11: Aufforderungen erhalten, weniger/nicht mehr zu rauchen

Abbildung 12: Reaktionen auf die Aufforderungen

Abbildung 13: Einstellung zum Sportlehrerberuf

Abbildung 14: Aufforderungen von Nichtrauchern

Abbildung 15: Belästigung durch Zigarettenrauch

Abbildung 16: Passivrauchen: Stört mich das?

Abbildung 17: Rücksichtnahme der Raucher

Abbildung 18: Allgemeine Aussagen zum Rauchen

Abbildung 19: Rauchgrund: Angabe der Nichtraucher

Abbildung 20: Orte der Belästigung durch das Rauchen

Abbildung 21: Gründe für das Nichtrauchen

Abbildung 22: Rauchende Sportlehrer

Tabellenverzeichnis Seite

Tabelle 1: Konsumhöhe

Tabelle 2: Rauchverhalten Vater

Tabelle 3: Rauchverhalten Mutter

Tabelle 4: Vergleich Raucher und Nichtraucher

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Vorwort

..., weil es eine Belästigung der Nichtraucher darstellt!

Mit dieser sowohl trivialen als auch zeitlos-treffenden Begründung war das Rauchen bis 1848 in Berlin verboten.

Mein erster Biologielehrer, Herr Dr. Heinz Wind, sorgte im Jahre 1986, als ich zehn Jahre alt war, für meine erste heftige Abneigung gegen das Rauchen: Ein ca. einstündiger Diavortrag mit Originalabbildungen von vom Rauchen veränderten Körperteilen und Organen, bei dem einige meiner Mitschüler den Raum wegen drohendem Brechreiz verlassen mussten, trug dazu bei, unbeeinflussbar Nichtraucher zu bleiben und uneingeschränkt gegen das Rauchen zu sein. Nicht aber allein diese visuelle „Schocktherapie“, sondern auch die Bewusstseinsbildung und das Verlangen nach einer rauchfreien Wohnung führten zu meinem persönlich größten Erfolg auf diesem Gebiet: meine Mutter zur permanenten Nichtraucherin zu machen.

Parallel dazu war ich sehr sport- und bewegungsbegeistert. Neben Judo, Basketball, Badminton, Squash und Tennis wurde Hockey zu meiner Hauptsportart, die ich schließlich 20 Jahre lang ausübte. Diese Zeit hat mich zwischenmenschlich geprägt und offensichtlich charakterlich gegenüber anderen so sehr gestärkt, dass ich in meiner gesamten Jugend weder eine Zigarette angeboten bekam noch zum Probieren einer selbigen aufgefordert wurde. Statt dessen forderte ich Freunde und Bekannte immer wieder auf, das Rauchen sein zu lassen. Dessen wurde ich nie müde – bis heute nicht.

Es gibt wohl kaum eine vergleichbare Angewohnheit, die sich im täglichen Leben so ausgebreitet hat wie das Rauchen. Es begleitet nahezu jede Tätigkeit, außer das Schlafen und das Zähneputzen. So selbstverständlich ist es dann auch, dass zwangsläufig etliche, viele oder sogar alle (?) Nichtraucher belästigt werden, wenn man Johann Wolfgang von Goethe Recht geben mag, der seinem Freund Karl Ludwig Knebel im Jahre 1776 schrieb: „Die Raucher verpesten die Luft weit und breit und ersticken jeden honetten Menschen, der nicht zu seiner Verteidigung zu rauchen vermag. Wer ist denn imstande, in das Zimmer eines Rauchers zu treten, ohne Übelkeit zu empfinden? Wer kann darin verweilen, ohne umzukommen?“

Es mag ein knapp 200 Jahre altes Zitat sein: seine Aussagekraft jedoch behält es für die Ewigkeit, bzw. solange es Zigaretten gibt.

1 Einleitung

„Rauchen und Sport“ - zwei Gegensätze. „Rauchen“ kann als ein Synonym für Krankheit gewählt werden, „Sport“ als eines für Gesundheit. Und obwohl ein gravierender Gegensatz nur allzu offensichtlich ist, gibt es viele Beispiele, bei denen Logik und Verstand offenbar ausgeschaltet werden und Sportler1 ihre Zigaretten rauchen.

„Zigaretten sind die einzigen frei verfügbaren Handelsprodukte, die bei einem Großteil derer, die sie bestimmungsgemäß verwenden, zu Abhängigkeit, schwerwiegenden Gesundheitsschäden und vorzeitigem Tod führen. Dies unterscheidet sie von Alkohol, Medikamenten, Autos und weiteren Produkten, die ebenfalls Schaden anrichten können“ (dkfz, 2002, S. 6).

Jeder erwachsene Mensch ist im Grunde für sich selbst verantwortlich. Wenn jemand rauchen will, darf er es auch tun, wobei es immer mehr Orte gibt, in denen das Rauchen eingeschränkt und verboten wird (z.B. Flugzeug, Restaurant, Bahnhof u.a.).

Nun gibt es jedoch Gefahren, die sowohl aktiv als auch passiv vom Rauchen ausgehen. Ist der Raucher über die schädliche Wirkung des Rauchens aufgeklärt? Ist ihm das Risiko klar, das vom Rauchen ausgeht? Pauschalaussagen wie z.B. „Rauchen ist schädlich!“ sind wohl den allermeisten Rauchern bekannt. Das war auch schon vor dem Etikettieren der Zigarettenpackungen mit unübersehbaren Warnhinweisen, die auf jeder Schachtel seit kurzer Zeit angebracht sein müssen, so.

Ist dem Raucher bewusst, welchen Einfluss er mit dem Rauchen auf seine Umwelt ausübt, vor allem dann, wenn es sich in seinem Umfeld um Minderjährige handelt? Besonders Menschen, die durch ihren Beruf eine Vorbildfunktion einnehmen, tragen eine hohe Verantwortung. Ärzte, Pädagogen, Lehrer u.a. müssten eigentlich die Vorbildfunktion aktiv leben und ihre Positionen nutzen, um mit gutem Beispiel voranzugehen. Wenn dies jedoch nicht möglich ist, sollten sie sehr vorsichtig mit Gewohnheiten wie dem Rauchen umgehen, die einen schlechten Einfluss nach sich ziehen könnten.

Welche Ansicht haben rauchende Sportstudenten, die größtenteils später Lehrer werden, an der Universität Landau über das Rauchen? Welches Rauchverhalten erkennen sie an sich selbst und welche Rauch-eigenschaften sind sie bereit zu offenbaren?

Im Gegensatz dazu: Wie sieht der Nichtraucher die Rauchenden? Inwiefern fühlt er sich vom Rauch und den Rauchgewohnheiten seiner Kommilitonen belästigt? Welche Einstellung vertreten Nichtraucher im Bezug auf die Vorbildfunktion, speziell von rauchenden Lehrern?

Der erste, theoretische, Teil der Arbeit befasst sich mit den Ursachen des Rauchens, mit Grundlegendem über Sport und dessen positiven gesundheitlichen Auswirkungen, mit dem Rauchen, dessen negativen Folgen und der daraus resultierenden Problematik in der Gesellschaft. Der zweite Teil besteht aus einer empirischen Untersuchung an Landauer Sportstudenten. Das Selbstbild der Raucher sowie im Zusammenhang damit die Sicht ihrer nichtrauchenden Kommilitonen werden untersucht.

Zigaretten machen 90% aller konsumierten Tabakwaren aus (dkfz, 2002, S. 6). Daher beziehen sich die Begriffe „Rauchen“ und „Tabakkonsum“ im weiteren Text auf den Zigarettenkonsum.

1.1 Methodik

Nachdem das Thema bestimmt worden war, bestand der erste Schritt darin, einen Fragebogen zu erstellen.

Als Grundlage des Fragebogens diente der von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung herausgegebene Band 1 „Standardisierung von Fragestellungen zum Rauchen“ der Fachheftreihe „Forschung und Praxis der Gesundheitsförderung“, welcher zum Ziel hat, „das Spektrum möglicher Fragestellungen sinnvoll zu begrenzen und dort, wo es möglich ist, eindeutige Empfehlungen für Frageformulierungen zu geben. .… Gemeinsamer Anspruch ist es, Instrumente zur Qualitätssicherung empirischer Erhebungen im Bereich der Gesundheitserziehung anzubieten“ (BZgA, 2001b, S. 1). Die Fragen 15-19 stammen vom Autor selbst.

Der Fragebogen besteht neben der Ermittlung der soziodemographischen Daten aus 19 Fragen, die in Kapitel 7.2 vorgestellt werden. Die Zielgruppe bestand ausschließlich aus Sportstudenten der Universität Landau.

Die Verteilung der standardisierten Fragebögen erfolgte im Zeitraum zwischen dem 5. und 22. Juli 2004 jeweils vor Beginn verschiedener Sportveranstaltungen. Insgesamt wurden 197 Fragebögen ausgefüllt. Das entspricht einer Quote von knapp über 49% der im Sommersemester 2004 in Landau in Sport eingeschriebenen Studenten.

Die breite Masse der relevanten Literatur ist relativ alt (die für diese Arbeit verwendete fachspezifische Literatur ist durchschnittlich 25 Jahre alt) und meist in englischer Sprache. Dies führt zu vermehrtem Einsatz von Sekundärzitaten.

Die gesichtete Literatur entstammt überwiegend den Fachbereichen Sport, Biologie, Soziologie und Psychologie der Universitätsbibliothek in Landau. Weitere Literatur wurde aus den Universitätsbibliotheken Bielefeld, Bonn, Dortmund, Koblenz, der Zentralbibliothek der Sporthochschule Köln sowie aus neu erworbenem Eigentum und persönlichem Besitz bezogen.

Der Aufbau des theoretischen Teils erfolgt in einer Abhandlung der Themen Ursachen des Rauchens, Tabak, Sport und Gesundheit, Passivrauchen bis hin zur Leistungsfähigkeit im Zusammenhang mit dem Rauchen.

1.2 Ein gesellschaftlicher Zustand und Standpunkt

„Gesundheit ist zwar nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts!“ (http://msd.twoday.net/stories/106269/ schopenhauer, abgerufen aus dem Internet am 13. September 2004).

Das höchste Gut des einzelnen Menschen ist die Gesundheit. Sie entscheidet über die Lebensqualität des Individuums und, bei entsprechend großer Einschränkung derselben, über die Höhe der Lebenserwartung. Das normale Befinden, das normale Aussehen und Verhalten sowie das Fehlen von der Norm abweichender Befunde beschreiben einen anstrebbaren Zustand bzw. einen, den es aufrecht zu erhalten gelten sollte. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fügt einen zu kritisierenden Teil hinzu: den des geistigen und sozialen Wohlbefindens (vgl. Meyers Grosses Taschenlexikon [MGT], 1990, S. 171, Bd. 8). Die Folgerung daraus wäre nämlich, dass zwei Drittel der Menschheit krank sind, weil sie in Armut leben (Vorlesung Hanke, 2004).

Es gibt eine Menge von Faktoren, die nachweisbar die Gesundheit einschränken. Viele können vom Menschen gar nicht beeinflusst werden, z.B. das Ozonloch in Australien, von anderen kennt man die Auswirkungen bzw. die Spätfolgen auf den menschlichen Organismus nicht, z.B. bei genmanipulierten Lebensmitteln.

Wie erklärt man aber das Verhalten im Umgang mit den Faktoren, deren fatale Auswirkungen bekannt sind? Eine Möglichkeit zur Beschreibung dieses soziologischen Problems könnte wie folgt lauten: Soziale Strukturen der Gesellschaft experimentieren mit dem menschlichen Organismus und reizen seine Belastbarkeit aus (vgl. Quell, 1980, S. 14). Die Gesundheit gilt einerseits als höchster Wert, andererseits sind völlig gegensätzliche Handlungsweisen vorzufinden, obwohl besseres Wissen vorhanden ist (Voigt, 1978, S. 27). Der Beweis für das Auseinander-weichen von Wissen und Handeln liege in der Existenz von tödlichen Krankheiten, die sich durch entsprechendes Gesundheitsverhalten vermeiden ließen (vgl. Schäfer, 1977, S. 60ff.).

In den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts ist es zu einer Verschiebung der Krankheitsstatistik gekommen. Es gibt zwar immer weniger Krankheiten, aber immer mehr Menschen sterben daran, so z.B. an koronaren Herzkrankheiten sowie Lungen- und Bronchialkrebs (vgl. Schäfer, 1976, S. 27ff.).

Die Sportwissenschaft und die Sportmedizin sammelten im letzten Jahrhundert, vergleichbar mit der Entwicklung von Technik und Technologie, bahnbrechende Erkenntnisse, vor allem auf dem Gebiet der Prävention bzw. der Gesunderhaltung. Viele Zivilisationskrankheiten könnten allein durch die Umsetzung weniger Erkenntnisse gelindert oder sogar behoben werden.

Die Gesellschaft ab 1970, auch ökonomische Postmoderne genannt, die in Deutschland mittlerweile auch als die so genannte „Spaßgesellschaft“ bezeichnet wird, hat aber unter anderem Probleme, auf Genussmittel wie z.B. das Rauchen zu verzichten, um dem Ideal eines gesunden Lebensstils auch nur annähernd gerecht zu werden. Meist kommt es erst dann zu einem Umdenken, wenn „das Totenglöckchen zu hören ist“ (Massner, 2004) - wenn es also zu spät ist.

Mit Kapitel 2 „Ursachen des Rauchens“ folgt eine soziologische Übersicht über die Raucher. Es werden Punkte wie z.B. „Rauchbeginn“, „Elterneinflüsse“ und „Rauchtypen“ aufgeführt, die in der empirischen Erhebung durch den Fragebogen eine gewichtige Position einnehmen. Die Ergebnisse werden zeigen, ob die im theoretischen Teil ausgeführten Aspekte auf die Studenten in Landau übertragbar sind.

2 Ursachen des Rauchens

Als „Nie-Raucher“ ist es sehr schwierig, sich in jemanden hinein-zuversetzen, der raucht. Zumal bedarf es nur weniger „harmloser“ Informationen wie beispielsweise, dass ein Raucher im Leben durchschnittlich einen Betrag von ca. € 45.000 für Zigaretten ausgibt oder wenn man sich das Kapitel 21 „Die Vorteile des Rauchens“ in Allen Carrs Buch „Endlich Nichtraucher!“ betrachtet (Kapitel 21 ist eine leere Seite!). Die Fakten lassen ein Rauchverhalten so irrational erscheinen, dass es nicht nur schwierig ist, sondern eigentlich unmöglich, es zu verstehen.

Aber die Tatsache ist nun mal die, dass leider sehr viele Menschen diesem „Genussmittel“, treffender wäre eigentlich „Suchtmittel“, verfallen sind.

2.1 Begriffsbestimmung „Genussmittel“

Die Begriffe „angenehm“, „Freude“ und „Wohlbehagen“ können als mögliche Folge von „genießen“ oder „Genuss“ angesehen werden. Das Genussmittel ist ein „Produkt, das nicht wegen seines Nährwertes, sondern wegen seines Geschmacks und/oder seiner anregenden Wirkung genossen wird (Gewürze, Kaffee, Tee, Konfekt usw.)“ (MGT, 1990, S. 99, Bd. 8). Logischerweise sind hier weder Tabak noch Alkohol genannt. Hierfür gibt es einen gesonderten bzw. einen untergeordneten Begriff, und zwar den des „Genussgiftes“. Dieses, in der Umgangssprache eher selten verwendete, Wort ist die „Bezeichnung für einige Genussmittel, deren dauernder Genuss zur Sucht bzw. zur Schädigung des Organismus führen kann (z.B. Tabak, Alkohol)“ (MGT, 1990, S. 99, Bd. 8). Vielleicht wird sich dieser Sprachgebrauch auch ändern, wenn die Gesellschaft in Zukunft das Rauchen als das ansieht, was es eigentlich ist: die Sucht mit der höchsten Mortalitätsrate. „Der Genuss war immer eine Illusion; diese Einstellung zerstört die Illusion, und dem Raucher bleibt nichts mehr“ (Carr, 1998, S. 358).

2.2 Zielgruppe: das Jugendalter

Ein Zitat der Pan American Health Organisation formuliert sehr treffend, wer die primäre Zielgruppe der Tabakfirmen darstellt.

Die Botschaft „Rauchen ist Erwachsenensache“ ist vermutlich die effektivste Strategie, um Kinder dazu zu bewegen, mit dem Rauchen anzufangen, und es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass Tabakfirmen solche Aussagen billigen. (Pan American Health Organisation, 1999)

Philip Morris spricht im folgenden Auszug ganz offen die Zielrichtung an:

Der Jugendliche von heute ist der potentielle Kunde von morgen, und die überwältigende Mehrheit aller Raucher fängt im Jugendalter an zu rauchen … die erste Markenwahl wird während der Jugendjahre getroffen … die Rauchgewohnheiten jugendlicher Raucher sind besonders wichtig für Philip Morris. (Philip Morris, 1981)

2.2.1 Begriffsbestimmung Jugendalter

Eine sehr begünstigte Phase für den Rauchbeginn stellt das Jugendalter dar. Eine altersgemäße Bestimmung fällt oft unterschiedlich aus, es ist jedoch in der Regel die Zeit zwischen dem 12. und 25. Lebensjahr. Im biologisch-medizinischen Sinn kann man das Jugendalter als die Entwicklung des Menschen zwischen Geburt und Erwachsenenalter bezeichnen. Teilt man jedoch das Jugendalter in Kindheit und Jugend, dann wird die Jugend als die Zeit der Pubertät angesehen, bei der sowohl hormonelle als auch längen- und breitenwachstumsbedingte Veränder-ungen stattfinden. Parallel zur Entwicklung des Körpers tritt in der Jugendpsychologie die seelisch-geistige Entwicklung ein. In dieser kritischen Phase erwirbt der Heranwachsende sowohl eine Unabhängig-keit von Erwachsenen als auch den Status desselben. Währenddessen treten Schwierigkeiten auf, die sich zum einen in der Veränderung des eigenen Körpers, den von außen einwirkenden gesellschaftlichen Erwartungen als auch in den vorgegebenen Normen der Gesellschaft begründen. In dieser neuen Situation hat der Jugendliche häufig Probleme sich zurecht zu finden (vgl. MGT, 1990, S. 100, Bd. 11).

2.3 Rauchbeginn

Das Rauchen beginnt nachweislich schon oft im Kindesalter. In Deutschland hat bereits jedes zehnte Kind seinen ersten Kontakt mit Zigaretten vor dem Erreichen des Jugendalters, also dem 12. Lebensjahr (vgl. BZgA, 2001a, S. 19). „Systematische Erhebungen zeigten, dass ein Drittel der 12jährigen bereits Erfahrungen mit dem Rauchen hat“ (Deutsche Hauptstelle gegen die Suchtgefahren e.V. [DHS], 1994, S. 11). Unter ihnen sind aber auch nur Probierer, bei denen es nicht zu einem regelmäßigen Rauchverhalten kommt. Das bundesweite Durchschnitts-alter des Rauchbeginns liegt zwischen dem 13. und 14. Lebensjahr, wobei die Jungen etwas früher als die Mädchen mit dem Rauchen beginnen (vgl. DHS, 1994, S. 11). Der Jugendliche festigt zwischen dem 15. und 20. Lebensjahr seine Gewohnheiten, die das Rauchen betreffen. „Wer mit 15 Jahren regelmäßig raucht, ist auch mit 20 Jahren ausnahmslos noch Raucher. Die Zahl der täglich gerauchten Zigaretten nimmt in dieser Zeit zu“ (DHS, 1994, S. 11). Statistisch gesehen wird derjenige, der im Jugendalter mit dem täglichen Rauchen von mindestens einer Zigarette beginnt, für durchschnittlich 30 Jahre Raucher (vgl. DHS, 1994, S. 12).

2.4 Rauchmotive

Häufig werden zunächst „Neugierde“, „Prahlerei“, „Abenteuerlust“ und „Erwachsenwirken“ als Motive genannt. Wenn die Jugendlichen schließlich regelmäßig rauchen, ändern sich die Motive in: „weil es mir Spaß macht“ oder „weil ich es nicht lassen kann“ (DHS, 1994, S. 12).

Obwohl die erste Zigarette alles andere als gut schmeckt, stellt sich die Frage, warum dennoch sehr viele Jugendliche weiteren Versuchen nicht widerstehen können. Nachweise aus Untersuchungen zeigten, dass das soziale Umfeld (sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen) eine große Rolle spielt. Das Rauchen ist „in den unteren Sozialschichten und in den einfacheren Schul- und Ausbildungsgängen mehr verbreitet. Wichtiger aber ist die Erkenntnis, dass frühes Rauchen mit unvollständiger Familie, Heimunterbringung und überhaupt mit mangelhafter Zuwendung und familiären Schwierigkeiten zusammenhängt“ (DHS, 1994, S. 12).

2.5 Das soziale Umfeld

Eine wichtige Rolle spielt das Rauchverhalten von Eltern und Geschwistern. In den Jahren 1974 bis 1978 untersuchte Bewley (vgl. Bewley, 1978, zit. nach Lopez, 1983, S. 17) an 6.000 Kindern im Alter von elf und zwölf Jahren in einer Langzeitstudie die hauptsächlichen Einfüsse.

Die wichtigsten drei waren:

- Rauchende Eltern
- Rauchende Geschwister
- Rauchende Freunde

Sowohl Biener (vgl. Biener, 1977, zit. nach Lopez, 1983, S. 18) als auch Borland & Rudolph (vgl. Borland & Rudolph, 1975, zit. nach Lopez, 1983, S. 18) kamen zu dem Ergebnis, dass das Rauchen der Eltern die häufigste Voraussetzung für das Rauchen der Kinder sei. Merki (vgl. Merki, 1968, zit. nach Lopez, 1983, S. 18) führte dies sogar als direkte Ursache an.

Das Rauchverhalten der Eltern nimmt geschlechtsspezifisch Einfluss auf die Kinder; Söhne orientieren sich mehr an dem Verhalten der Väter, Töchter vermehrt an dem der Mütter.

Einen noch wichtigeren Einfluss als die Eltern nimmt das Vorbild von älteren Geschwistern, die auch rauchen, ein . Am meisten motiviert das Zigarettenrauchen von gleichgesinnten Freunden, mit denen die Jugend-lichen ein enges Verbundenheitsgefühl teilen. „Demgegenüber wird der Einfluss der weiteren Umgebung eher überschätzt“ (DHS, 1994, S. 13). Zusammenfassend lässt sich sagen:

Das soziale Umfeld hat einen wesentlichen Einfluß darauf, ob jemand zu rauchen beginnt oder nicht. In epidemiologischen Untersuchungen wurde festgestellt: Wo alle Bezugspersonen rauchen und das Rauchen allgemein gebilligt wird, rauchen nahezu alle 15jährigen; wo keiner raucht und das Rauchen auch unerwünscht ist, raucht kaum einer der 15jährigen. (DHS, 1994, S. 13)

2.6 Faktor der genetischen Determination

Zunächst klingt es abwegig, das Rauchverhalten ebenso wie die Augen- oder Haarfarbe als genetische Determinante zu sehen. Dafür, dass es aber trotzdem eine genetisch bedingte Vorherbestimmung geben könnte, würden einige Forschungen sprechen, die sich mit dem Verhalten von Zwillingspaaren beschäftigt hatten. Als erster untersuchte Fisher (vgl. Fisher, 1958a, zit. nach Niederberger, 1987, S. 7) im Jahre 1958 sowohl eineiige als auch zweieiige Zwillingspaare. „Von den eineiigen Paaren zeigten nur 24% verschiedenartiges Verhalten, von den zweieiigen dagegen 51%“ (Niederberger, 1987, S. 7).

Weitere Studien wie z.B. die von Shields (vgl. Shields, 1962, zit. nach Niederberger, 1987, S. 7) zeigten ähnliche Resultate. Ein neues wichtiges Resultat war jedoch der große Unterschied zwischen den ein- und zweieiigen Paaren, was die Konsummenge betraf.

Eine weitere Studie wurde an 1261 Zwillingspaaren von Eysenck & Eaves (vgl. Eysenck, 1980, zit. nach Niederberger, 1987, S. 7) durchgeführt. Das Ergebnis besagte, dass die unterschiedlichen Gesichtspunkte des Rauchens nicht isoliert betrachtet werden können. Bei der Konsum-Intensität gingen sie davon aus, dass sich Raucher und Nichtraucher genetisch differenzierter unterscheiden als Raucher untereinander. Außerdem ergaben sich Hinweise darauf, „dass die beobachtbare Ähnlichkeit zwischen Zwillingen nicht nur auf genetische Überein-stimmung, sondern … auch auf die Übereinstimmung hinsichtlich ihrer Umwelt zurückzuführen ist“ (vgl. Niederberger, 1987, S. 8).

Eysenck & Eaves (vgl. Eysenck, 1980, zit. nach Niederberger, 1987, S. 8) befassten sich außerdem mit dem „Rauch-Eintrittsalter“ und der Konsummenge und setzten diese Werte in Korrelation.

Beim Eintrittsalter ergaben die Untersuchungen, dass jeweils bei den ein- und zweieiigen Zwillingspaaren der Umweltfaktor eine größere Rolle spielte als bei der Konsummenge; hier war auf eine stärkere genetische Vorherbestimmung zu schließen.

Es ist zu beachten, dass die genetisch ausgerichtete Raucherforschung nicht darauf abzielt, das Verhalten als „genetisch vorprogrammiert“ anzusehen. „Vielmehr nimmt man das Vorhandensein eines vermittelnden Faktors, bzw. eines Bündels solcher Faktoren an, und diese werden in Persönlichkeitsmerkmalen gesucht“ (Niederberger, 1987, S. 9).

2.7 Persönlichkeitsmerkmale bei Rauchern

Auch Karl-Heinz Stäcker und Ulrich Bartmann (Stäcker & Bartmann, 1974, S. 33) weisen auf Indizien für eine Beteiligung genetischer Komponenten bei der Bestimmung des Rauchbeginns hin. Ihre Ausführungen jedoch konzentrieren sich an Persönlichkeitsmerkmalen von Rauchern. „Unter den festgestellten korrelativen Persönlichkeitsmerkmalen sind ins-besondere Extraversion und Transgression hervorzuheben“ (Stäcker & Bartmann, 1974, S. 105).

2.7.1 Beschreibung des „Extravertierten“ (Eysenck, 1968, zit. nach Stäcker & Bartmann, 1974, S. 33f.)

… der typische Extravertierte ist gesellig, liebt Gesellschaften, er braucht jemanden [ sic ] zu dem er sprechen kann, er liest und arbeitet ungern allein. Er sucht Anregungen, riskiert etwas, handelt spontan und ist allgemein eine impulsive Natur … . Gern ist er unterwegs und geschäftig. Auch neigt er zur Aggressivität, verliert schnell die Geduld, und wird leicht ärgerlich. Seine Gefühle hält er nicht in Zaum ist auch nicht immer zuverlässig.

2.7.2 Beschreibung des „Introvertierten“ (Eysenck, 1968, zit. nach Stäcker & Bartmann, 1974, S. 35)

Der typisch Introvertierte dagegen ist ruhig, verschlossen und nach innen gewandt. Er liebt eher Bücher als menschliche Gesellschaft. Er ist zurückhaltend und verschwiegen, außer gegenüber vertrauten Freunden. Er plant gern im voraus [sic], ist vorsichtig und mißtraut der augenblicklichen Eingebung. Aufregungen liebt er nicht, nimmt alltägliches [sic] recht ernst, und schätzt eine wohlgeordnete Lebensführung. Er ist stets Herr seiner Gefühle, verliert nicht leicht die Geduld, und selten zeigt er Angriffslust. Er ist zuverlässig, etwas pessimistisch und legt großen Wert auf ethische Grundsätze.

In einer umfangreichen Untersuchung (vgl. Eysenck, 1964, zit. nach Stäcker & Bartmann, 1974, S. 33) wurden Daten von 2.360 Männern gewonnen. Daraus war ein eindeutiger Zusammenhang von Zigarettenrauchen und Extraversion zu erkennen: Zigaretten-Raucher haben höhere Extraversionswerte als Nicht-Raucher, starke Raucher sind außerdem extravertierter als Raucher mit niedrigem Konsum. Folgerung: „Je extravertierter, um so höher der Zigarettenkonsum.“

2.8 Modelllernen nach Bandura

Da es ausgeschlossen werden kann, dass ein Mensch als Raucher geboren wird, sondern Umweltfaktoren (siehe Kapitel 2.4), für seine Rauchgewohnheiten verantwortlich sind, ist es sinnvoll, solche Theorien heranzuziehen, die den Erwerb von neu auftretendem Verhalten erklären.

Neben den klassischen instrumentellen Lerntheorien wie z.B. der Skinners, scheint die Modelltheorie von Bandura am besten geeignet, um den Grund für den Rauchbeginn zu erkären (vgl. Lopez, 1983, 34ff.).

Nach Bandura (vgl. Bandura, 1971, zit. nach Lopez, 1983, S. 35) laufen Lernvorgänge nicht etwa „automatisch“ oder „mechanistisch“ wie bei den Konditionierungstheorien ab, sondern zielen auf den „starken Einfluss von Denk- und Entscheidungsprozessen in Zusammenhang mit menschlichen Verhaltensänderungen.“ Beim Beobachtungslernen sind kognitive Bestandteile unerlässlich, weil beim Lernen Modelleinflüsse eine informative Aufgabe einnehmen.

Zwei Prozesse werden bei der Modelltheorie von Bandura unterschieden: zum einen der Erwerb von Verhalten und zum anderen die Ausführung.

2.8.1 Haupteffekte der Modelltheorie

Außerdem können drei Haupteffekte beim Beobachter auftreten:

- Lerneffekte, d.h. der Beobachter erwirbt neue Reaktionen und Reaktionsmuster.
- Reaktionserleichternde Effekte, d.h. das Verhalten des Vorbildes dient dem Beobachter als ‚Auslöser‘.
- Hemmende oder enthemmende Effekte, d.h. durch die Beobachtung erfolgt eine Stärkung oder Schwächung von Reaktionen oder Reaktionsmustern.

Im Prinzip können alle drei Effekte des Beobachtungslernens bei der Übernahme bzw. Ausübung des Rauchens auftreten (vgl. Lopez, 1983, S. 36).

2.8.2 Teilprozesse des Beobachtungslernen s (vgl. Lopez, 1983, S. 36ff.)

Das Beobachtungslernen wird in vier Teilprozesse untergliedert:

- Aufmerksamkeitsprozesse:

Wichtig sind die Prozesse, die vom Beobachter betrachtet werden.

- Gedächtnisprozesse:

Die Symbolisierung des Modells bestimmten diese Prozesse.

- Motorische Reproduktionsprozesse:

Diese Prozesse bestimmen die Quantität des übernommenen Verhaltens. Wie viel vom Beobachteten jedoch übernommen wird hängt von seinen motorischen Fertigkeiten ab.

- Motivationale Prozesse:

Durch diese Prozesse werden Reaktionen aussortiert, da nicht alles umgesetzt wird. Positive Auswirkungen in der Umgebung können beim Beobachter als Anreiz dienen, um ein Verhalten zu übernehmen.

Diese vier Prozesse wirken zwischen dem Modell und der Nachahmung. Raucht ein Kind zum ersten Mal, so kann das in dieser Sichtweise auf die oben beschriebenen Bedingungen zurückzuführen sein:

- Es hat die entsprechende Verhaltensweise selektiv beobachtet.
- Es hat sie angemessen verinnerlicht.
- Es hat die motorischen Fähigkeiten.
- Es empfindet genügend Anreize zu rauchen.

Das Rauchen selbst ist eine einfache Verhaltensweise. Daher wird den Aufmerksamkeits- und Motivationsprozessen eine höhere Bedeutung beigemessen. Die Gedächtnisprozesse und motorischen Fähigkeiten dagegen bleiben beim Rauchverhalten bedeutungslos.

2.8.3 Ziel der sozialen Lerntheorie (vgl. Lopez, 1983, S. 37)

Es soll untersucht werden, inwiefern die Beobachtung Einfluss auf die Imitation einnimmt. Außerdem wird versucht herauszufinden, ob sich der Rauchende mit dem Rauchverhalten identifiziert.

Der Beobachter bezieht seine Identifikation in der Regel nicht ausschließlich von einer Person, sondern übernimmt Verhaltensweisen (dazu gehören auch Einstellung und Persönlichkeit) von mehreren Bezugsquellen. Neben der Identifikation kann auch die Selbstbekräftigung Grund für das Beibehalten des Rauchverhaltens sein, wenn es als ein positiver Wert angesehen wird. „Auch die Selbstverstärkung ist ein durch Imitation lernbares Verhalten. Zudem bietet das wiederholte Rauchen unmittelbar Bekräftigungseffekte, die physiologischer Art sind und dadurch das Verhalten und die Identifikation als ‚Rauchertyp‘ nachdrücklich aufrechterhalten“ (Lopez, 1983, S. 37). Dass das Rauchen schädlich ist, wird lange Jahre ignoriert und erst nach Jahren wahrgenommen.

Eine wohl naheliegende Bezugsquelle sind die Eltern, woran die folgenden Studien anknüpfen.

2.9 Einflüsse von rauchenden Eltern – Studie Biener (vgl. Biener, 1981, S. 90ff.)

Biener untersuchte Rauchgewohnheiten an 648 Jugendlichen. Ziel dieser Untersuchung lag darin herauszufinden, welche Einflüsse rauchende Eltern auf ihre Kinder ausüben. Die Schüler waren zwischen 16 und 20 Jahren alt.

2.9.1 Bestand der Raucher

Ein Drittel der Schüler insgesamt rauchten; 33% der Jungen und 32% der Mädchen. Bei den männlichen Schülern rauchte täglich je ein Drittel zehn Zigaretten und mehr, das zweite Drittel weniger als zehn Zigaretten und das letzte Drittel waren unregelmäßige Raucher mit weniger als einer Zigarette am Tag.

Bei den weiblichen Schülerinnen rauchten täglich 25% zehn Zigaretten und mehr, 50% weniger als zehn Zigaretten und ein Viertel unregelmäßig.

2.9.1.1 Rauchgewohnheiten der Väter

Waren die Schüler Raucher, so rauchten in 58% der Fälle auch die Väter. Rauchten die Schüler nicht, waren auch 53% der Väter Nichtraucher.

2.9.1.2 Rauchgewohnheiten der Mütter

29% der Mütter, deren Kinder rauchten, taten dies auch. Bei nichtrauchenden Kindern gab es nur 20% der Mütter, die rauchten.

2.10 Einflüsse von rauchenden Eltern – Studie Walter (vgl. Niederberger 1987, S. 78)

Die Studie orientierte sich an Jugendlichen im Alter von 16 und 18 Jahren.

Walter fand eindeutig heraus, dass das Rauchverhalten des Vaters auf die Jugendlichen einen nicht so großen Einfluss ausübte wie das der Mutter. Rauchte die Mutter, so rauchten auch knapp 48% der Kinder. Wenn aber der Vater rauchte, so rauchten im Vergleich nur knapp 41% der Kinder.

Walter verweist auf die Beziehung des Rauchverhaltens der Eltern untereinander. „In Familien, in denen die Mutter Raucherin ist, sind 63% der Väter ebenfalls Raucher; ist die Mutter Nichtraucherin, so sind allerdings immer noch 43% der Väter Raucher“ (Niederberger 1987, S. 78).

Eltern nehmen Einfluss auf ihre Kinder und sind zunächst auch ihre Vorbilder. Ein Aspekt, der im Folgenden beschrieben wird.

2.11 Das Vorbild – zeitgemäß oder ein Relikt?

„Das Vorbild ist ein an bestimmte Personen gebundenes konkretes Bild, das einem Heranwachsenden bei der Verhaltensorientierung behilflich ist“ (MGT, 1990, S. 265, Bd. 23).

Nach den Shell-Jugendstudien zwischen 1955 und 1996 sank der Anteil derjenigen, die sich zu einem oder mehreren Vorbildern bekannten, von 44% auf 16% der 15- bis 24-jährigen. In den 50er Jahren bezogen die Jugendlichen noch drei Viertel ihrer Vorbilder aus dem persönlichen Umfeld. Darunter fielen Eltern, erwachsene Bekannte, Verwandte und auch Vorgesetzte. Am Ende des 20. Jahrhunderts wurden die Vorbilder bei zwei Dritteln der Jugendlichen aus dem Bereich der Medien gesucht. Dabei handelte es sich in der Regel um medienbekannte Schauspieler, Musikstars und Sportler (vgl. BZgA, 2001a, S. 38f).

Ungeachtet der Verlagerung der Vorbilder in die Medienwelt behalten die Mitmenschen in der näheren Umgebung einen gewissen Einfluss auf das Verhalten der Jugendlichen – sei es auf das Rauchen bezogen oder auf die Mode oder Sonstiges. Dies gilt besonders während der Pubertät – als einer Zeit der Unsicherheit und des Suchens nach neuen Werten. „Diesen Aspekt der sozialen Verstärkung sollten insbesondere auch Erzieher, Lehrer und Ärzte im Umgang mit ihren Schülern bzw. Patienten beachten und ggf. entsprechende Konsequenzen für das eigene Verhalten ziehen“ (Portheine, 1980, S. 66f).

2.12 Rauchertypen

Bisher wurde ausschließlich und allgemein vom ‚Raucher‘ gesprochen. Betrachtet man jedoch die einzelnen Charaktere von Rauchenden, so lassen sich zweifelsfrei Unterschiede erkennen.

Es gibt mindestens drei Typen von Rauchern, die sich deutlich von einander unterscheiden:

- Der Genussraucher
- Der Konflikt- oder Stressraucher
- Der abhängige Raucher

2.12.1 Der Genussraucher

Charakterisiert wird das Genussrauchen durch die Freude am Rauchen. Diese Raucher, die relativ spät mit dem Rauchen angefingen, verspüren wenige gesundheitliche Auswirkungen und haben deswegen keinen Grund damit aufzuhören (vgl. DHS, 1994, S. 15).

Langen (Langen, 1980, S. 23) fügt hinzu, dass man unter Zigaretten-rauchern selten Genussraucher findet. Häufiger sind solche Typen bei Zigarren- und Pfeifenrauchern anzutreffen.

2.12.2 Der Konflikt- oder Stressraucher

Dieser Typ beginnt das Rauchen, wenn er in schwierige Situationen oder in Krisen gerät, wenn er nervös wird oder bei Verstimmungen. Das Rauchen soll konzentrationsfördernd, beruhigend und auch angst- und spannungslösend wirken. Außerdem soll das Hungergefühl gezügelt werden. Typen dieses Verhaltens sind öfter bei Frauen anzutreffen (DHS, 1994, S. 15).

2.12.2.1 Der Aspekt „Stress“ beim Rauchen

Im Kapitel 2.12.2, ‚Der Konflikt- oder Stressraucher‘, wurde dieser Rauchertyp vorgestellt. Nun folgt ein pharmakologischer Erklärungs-ansatz, der in der Suchttheorie des Psychologen Stanley Schachter (vgl. Schachter, 1980, zit. nach Niederberger, 1987, S. 28ff.) zu finden ist.

Dass eine Affinität von Rauchen und Stress besteht, wird sowohl in der Alltagstheorie als auch in der Wissenschaft behauptet. Um diese These zu belegen, führte Schachter zwei unabhängige Experimente an einer Gruppe von ausschließlich rauchenden Personen durch. Er ließ die Versuchspersonen eine beliebige Tätigkeit ausführen und fügte ihnen währenddessen elektrische Schocks zu. Es gab kein Rauchverbot, so dass jeder nach Belieben rauchen konnte. In beiden Experimenten war das Ergebnis dasselbe: bei hohem Stress, der durch starke Stromstöße hervorgerufen wurde, griffen die Probanden häufiger zur Zigarette als bei schwachen Stromstößen.

Nun wollte Schachter klären, ob das Rauchen auch Stress reduziert.

Für diesen Versuch wurde die Verabreichung der Stromstöße verändert. Die Elektrostöße wurden den Probanden langsam und ansteigend gesetzt, bis von ihnen angegeben wurde, keine Steigerung mehr ertragen zu können. Bei diesem Versuch gab es eine Einteilung in vier verschiedene Gruppen. Die erste Gruppe beinhaltete Raucher, die stark nikotinhaltige Zigaretten rauchten, die zweite bestand aus Rauchern, die schwache Zigaretten konsumierten, die dritte durfte nicht rauchen und die vierte Gruppe war aus Nichtrauchern zusammengestellt.

Die Auswertung dieses Versuches zeigte, dass Raucher, die stark nikotinhaltige Zigaretten rauchten, im Vergleich stärkere Elektrostöße aushielten als diejenigen, die schwach nikotinhaltige rauchten. Die Raucher, die nicht rauchen durften, ertrugen am wenigsten, und die Nichtraucher hatten die gleich hohe Toleranz, Stromstöße zu ertragen wie die starken Raucher. Das Ergebnis der Nichtraucher widerspricht der stressreduzierenden Wirkung des Rauchens. Das Gesamtergebnis dieses Experimentes zeigt nur, dass die Belastungsfähigkeit von Rauchern abnimmt, sobald die gewohnte Zufuhr des Nikotins verringert wird.

Schachter fasst diese Studie zusammen und kommt zu folgendem Ergebnis: Rauchen beruhigt nicht und hebt unter Stress die Leistungsfähigkeit nicht an.

Nach diesem Resümee ist aber die Frage noch nicht geklärt, warum Raucher unter Stress mehr rauchen, wenn es weder beruhigt noch leistungssteigernd wirkt.

Um diese Unbekannte zu klären, musste ein innerer Mechanismus definiert werden, der den Nikotinspiegel kontrolliert und bei Absinken desselben das Rauchbedürfnis anregt. Ein Teil dieses Mechanismus ist bekannt: Nikotin wird mit dem Urin ausgeschieden und die chemische Beschaffenheit des Urins bestimmt die Quantität des Nikotins; saurer Urin scheidet viermal so viel Nikotin aus wie alkalischer.

Um diese These zu beweisen, wurde an Studenten der Einfluss von Stress auf den Säuregrad des Urins gemessen. Ergebnis dieser Untersuchung war, dass der Körper durch Stress tatsächlich vermehrt sauren Urin produziert und ausscheidet.

Die letzte Frage stellte sich, nachdem bekannt war, dass Nikotin durch Urin ausgeschieden wird und Stress sauren Urin hervorruft, nämlich wie der Raucher vom eigenen Organismus ‚informiert‘ wird, dass der Nikotinspiegel absinkt. Schachter beantwortet die Frage nicht, sondern „äußert statt dessen den bekannt gewordenen Satz, dass des Rauchers Verstand in der Blase sitze“ (Niederberger, 1987, S. 28ff.).

2.12.3 Süchtiges Rauchen

Die Raucher dieses Verhaltens unterscheiden sich deutlich von den Genuss- und den Konflikt- bzw. Stressrauchern. Dies macht sich alleine schon an dem erhöhten Zigarettenkonsum sowie den vermehrten Raucherbeschwerden bemerkbar. Diese, dem Typus zugeschriebenen, Raucher beschreiben ihr eigenes Verhalten als Gewohnheit bzw. als Sucht. Sie sind sich bewusst, dass das Rauchen gesundheitsschädlich ist, können ihr Verhalten aber nicht ändern. Bei Versuchen, das Rauchen einzustellen, werden sie schnell wieder rückfällig und leiden unter starken Entzugserscheinungen wie z.B. Unruhe und Spannungsgefühl (vgl. DHS, 1994, S. 15).

2.12.3.1 Psychische Abhängigkeit im Rauchen

Die psychische Abhängigkeit wird so beschrieben, dass es weder zu einer Dosissteigerung kommt noch zu Entzugserscheinungen beim Absetzen der auf die Psyche wirkenden Mitteln (vgl. Thews et al., 1999, S. 697).

Kennzeichnend für diesen Typus ist der konstante Zigarettenkonsum, der sich über die Jahre einspielte. Dabei wird von ihnen keiner körperlich abhängig, auch wenn dieser Zustand das ganze Raucherleben anhält.

Als charakteristisches Merkmal für psychische Abhängigkeit im Rauchen führt Langen Situationen an, in denen das Rauchen entweder verboten, nicht geduldet oder unmöglich ist. Psychisch abhängige Raucher können mit solchen Situationen gut umgehen und haben keine größeren Probleme, in der Zeit auf das Rauchen zu verzichten (vgl. Langen, 1980, S. 23f.).

2.12.3.2 Physische Abhängigkeit bzw. Sucht im Rauchen

„Sucht ist definiert als ein Zustand periodischer oder chronischer Vergiftung, schädlich für den Einzelnen oder/und die Gesellschaft, der durch den wiederholten Genuss eines natürlichen oder synthetischen Suchtstoffes hervorgerufen wird. Zur Sucht gehört die Tendenz, die Dosis zu steigern“ (Thews et al., 1999, S. 697).

Für diesen Typus sind in erster Linie Persönlichkeitsmerkmale verantwortlich, die auch im Zusammenhang mit psychischen Belastungssituationen auftreten können. Am süchtigen Raucher ist zum einen die Gebundenheit an das Suchtmittel sowie eine eindeutige Dosissteigerung erkennbar. Bei Versuchen des Aufhörens sind deutliche Entzugserscheinungen zu erkennen.

Auch bei dieser Abhängigkeit zeigen sich charakteristische Merkmale in der Gesellschaft. Dem Raucher ist es gleichgültig, ob sich jemand im näheren Umfeld vom Rauch gestört fühlt. Er verspürt einen unbändigen Drang, sich das Suchtmittel zu verschaffen und einzunehmen, unabhängig davon, ob er der Gesellschaft mit dem Rauchen schadet oder nicht. Mit diesem Wesen ist die oben genannte Definition der Sucht erfüllt. „Man merkt dieses Symptom an der zunehmenden Unruhe und Ungeselligkeit dieses Rauchertypus, wenn er einmal gezwungen ist, über längere Zeit nicht zu rauchen“ (Langen, 1980, S. 25).

In einem weitaus gesünderen und gegensätzlichen Bereich der Soziologie befindet sich das Thema „Sport“. Einen Überblick über den Stellenwert von Sport im Allgemeinen, im Zusammenhang mit Sportstudenten und in Bezug auf die Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts soll das folgende Kapitel liefern.

3 Sport – ein gesundheitsförderndes Kulturgut

Nach der Begriffsbestimmung folgen verschiede Ansätze, die den Begriff „Sport“ von seiner Ursprungsbedeutung bis zu einer soziologischen Sichtweise darstellen.

3.1 Begriffsbestimmung

Der Begriff „Sport“ ist die Kurzform des englischen Wortes „disport“, übersetzt „Vergnügen“ (vgl. MGT, 1990, S. 15, Bd. 21). Die Wortgeschichte führt weiter zurück. Der mittellateinische Begriff „disportare“ hat die Bedeutung „sich zerstreuen“.

Eine moderne Definition beschreibt Sport als eine Sammelbezeichnung für die an spielerischer Selbstentfaltung und am Leistungsstreben orientierten Formen menschlicher Betätigung, die der körperlichen und geistigen Beweglichkeit dienen, besonders auf dem Gebiet der Leibesübungen (vgl. Röthig, 2003, S. 493).

Die Deutung des Sports, speziell im Amateurbereich, wird „durch gesundheitliche und sozialpädagogische Rechtfertigung für Sporttreiben und –pflege ergänzt“ (MGT, 1990, S. 15, Bd. 21).

Hier anzuschließen sei der Aspekt, dass

der Sport, der sich als soziales Handeln vollzieht, ... [sich] wie folgt definiert: Sport meint alle Tätigkeiten, die vorwiegend körperliche Bewegungen (motorische Aktivitäten) sind; die zielgerichtet nach körperlicher Leistung streben, d.h. auf bestimmte Gütestandards bezogen sind; bei denen die Beherrschung der leiblichen Motorik ausdrücklich thematisiert und zu einer Fertigkeit gemacht wird, die man lernen und einüben kann; die kein Produkt (Werk) im engeren Sinne (im Rahmen von Gewerbe, Kunst, Wissenschaft etc.) fertigen und von hier her gesteuert werden und ihren Sinn erfahren; die in einer Sportart, also nach spezifischen, sozial definierten Mustern stattfinden. (Grieswelle, 1978, S. 29)

3.2 Geschichtliche Darstellung der gesundheitlichen Bedeutung von Bewegung

Vor ca. 4600 Jahren war in China die Bewegung schon als therapeutisches Mittel bekannt. Damals wurde eine Form der Heilgymnastik eingeführt. Seit ca. 3000 Jahren wird die aus Indien stammende Yogalehre betrieben.

In Europa sind Ansätze der Bewegungstherapie als therapeutisches Mittel seit der griechischen Antike bekannt. Um 400 vor Christus empfahl Hippokrates z.B. Bewegungsübungen als Therapie für verschiedene Krankheiten (vgl. Vogt, 1926, zit. nach Lagerstrøm, 1987, S. 20).

Der deutsche Arzt Christoph Wilhelm von Hufeland (1762-1836) war Professor in Jena, an der Berliner Charité und königlicher Leibarzt. Zu seinen Patienten zählten auch Goethe, Schiller und Herder. Er verfasste weit verbreitete und lang nachwirkende Schriften. Die bekannteste war sein Hauptwerk „Makrobiotik oder die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern“, welches 1796 erschien (vgl. MGT, 1990, S. 108, Bd. 10). Hufeland behauptete, „die Kunst, das Leben zu verlängern, bestünde [sic] vor allem darin, es nicht durch schädigende Einwirkungen zu verkürzen.“ Wer also gesundheitsbewusst leben wolle, dürfe nicht rauchen, nicht oder nur mäßig trinken und weder zuviel noch zu fettig essen usw. (vgl. Joch, 1989, S. 13). Dieser passiven Gesundheitslehre folgte die vielleicht erste aktive Gesundheitsfürsorge:

Ende des 19. Jahrhunderts wurde von Oertel (vgl. Oertel, 1891, zit. nach Lagerstrøm, 1987, S. 20) die Bewegung, als spezifische therapeutische Maßnahme in der Herz-Kreislauf-Rehabilitation, aufgrund empirischer Arbeiten eingesetzt. Daraus entwickelte sich später die berühmte Terrain-Kur. Die belegbare Erkenntnis wurde aber nicht sofort mit einer großen praktischen Bedeutung behaftet, sondern benötigte dafür ein halbes Jahrhundert. Beckmann (vgl. Beckmann, 1972, zit. nach Lagerstrøm, 1987, S. 20) versucht diesen Zustand damit zu begründen, dass die damalige schnelle medizinische Entwicklung mit immer besser wirkenden Medikamenten, die Industrialisierung, die Mechanisierung und die Automatisierung mit den resultierenden Veränderungen des Lebensstils, die Erkenntnisse Oertels zunächst verdrängten.

[...]


1 Im gesamten Text wird zur einfacheren Lesbarkeit ausschließlich die männliche Form gewählt. Die weibliche Form ist hierbei immer mitgemeint.

Ende der Leseprobe aus 108 Seiten

Details

Titel
Rauchen und Sport
Untertitel
Selbstbild und Typologie der rauchenden Sportstudenten an der Universität Landau und Ansichten ihrer Kommilitonen über das Rauchen
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Sportwissenschaft)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
108
Katalognummer
V34599
ISBN (eBook)
9783638347761
ISBN (Buch)
9783656068754
Dateigröße
789 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Rauchen, Sport
Arbeit zitieren
Joern Grosselfinger (Autor:in), 2004, Rauchen und Sport, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34599

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