Institutionentheorie bei Hartmut Esser, John R. Searle und Rainer Lepsius im Vergleich


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

32 Seiten, Note: 1


Leseprobe


1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit drei Theorien über Institutionen. Da der Erkenntnisgegenstand in der Sozialwissenschaft auch durch die Theorie strukturiert wird, ist ein Vergleich hauptsächlich deshalb möglich, weil alle drei den Begriff Institutionen benutzen. Herauszuarbeiten, ob alle drei dasselbe Phänomen untersuchen, ist ein Ziel dieser Arbeit. Es erschien zum Zwecke des Vergleich sinnvoll, zuerst zwei der Theorien vorzustellen. Es sind dies die Theorien von Hartmut Esser und John R. Searle. Erst im dritten Teil, dem eigentlichen Vergleich, wird der dritte Autor, Rainer M. Lepsius, eingeführt. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt dennoch auf den ersten beiden Autoren, denn der Vergleich zwischen ihnen ist am fruchtbarsten. Dies ist insbesondere in der zugrundeliegenden Annahme begründet, dass Lepsius das Verhältnis zwischen Struktur und Handlung anders fasst, als die ersten beiden Autoren.

Nach einer Vorstellung der ersten beiden Theorien, die angesichts des Rahmens der Arbeit sehr knapp ausfällt und besonders die Aspekte hervorhebt, wo sich Vergleichsmöglichkeiten ergeben, wird der Vergleich auf drei Ebenen geführt. Zuerst werden die unterschiedlichen Analyseebenen verglichen, dort zeigen sich grob drei unterschiedliche Ebenen, wobei aber Searle und Esser auch Gemeinsamkeiten aufweisen. Bei der anschließenden Untersuchung des Status von Regeln, ein Kernbegriff in jeder der Theorien, zeigen sich Gemeinsamkeiten zwischen Esser und Lepsius gegenüber Searle. Und in der dritten Ebene, dem Vergleich der Arten der Entstehung von Institutionen, unterscheiden sich insbesondere Searle und Esser gegenüber Lepsius, der dort aus der Analyse ausgeklammert werden muss. Doch Searles und Essers Unterschiede, die erheblich sind, lassen sich in gewisser Weise als komplementär darstellen.

2. Hartmut Esser

Essers Ansatz ist vor dem Hintergrund seiner Theorie sozialen Handelns zu verstehen. Deren Ausgangspunkt ist der methodologische Individualismus, d.h. das Subjekt und seine Handlungen logisch als Ausgangspunkt aller Analysen und prinzipiell als Schöpfer und nicht als Produkt gesellschaftlicher Strukturen zu betrachten. Dazu hat Esser das Bestreben, allgemein gültige Gesetze des Handelns innerhalb der Sozialwissenschaft aufzustellen. Den Kern für solche Gesetze erblickt Esser in der SEU-Theorie[1] des rationalen Handelns. Diese weicht in wichtigen Punkten von der klassischen rational-choice Theorie ab. Demnach handeln Akteure zwar in dem Sinne rational, dass sie ihren Nutzen maximieren. Allerdings sind sie aufgrund vielfältiger Beschränkungen und Vorstrukturierungen „nur“ in der Lage, subjektiv zu beurteilen, welche Handlungen ihnen ihren, subjektiv definierten, maximalen Nutzen bringt. Die Akteure definieren damit die Handlungssituation subjektiv, aber diese Definition ist die entscheidende für die Wahl der Handlung. Dennoch gibt es objektive Umstände in der Situation, die diese Definition mitbestimmen, ja erst ermöglichen.[2] Dies ist eine erste Annäherung an Essers Institutionenbegriff.

2.1. Definition von Institutionen

Esser schickt seinen Ausführungen eine Definition voran. Eine Institution besteht danach aus Erwartungen, über das Einhalten von verbindlich geltenden Regeln.[3] Die Erwartungen sind dabei Überzeugungen der Akteure über das „richtige“ Handeln in einer typischen Situation, die von Anderen erwartet oder an sich selbst gestellt werden. Stimmt dann das Modell der typischen Situation mit der realen Situation überein, was die Akteure durch Symbole[4] erkennen können, wissen sie, welche Ziele und Mittel in dieser Situation erlaubt oder erwünscht sind und auf welche Weise, d.h. mit welcher Einstellung zur Handlung (z.B. emotional oder rational), gehandelt werden soll.[5]

Die genannten Erwartungen beruhen auf einer überindividuellen Geltung der Regel innerhalb einer Gruppe von Menschen. Auch wenn einzelne Akteure dieser Gruppe bestimmten Regeln nicht folgen, gelten diese Regeln dennoch. Dies zeigt sich daran, dass die Abweichung von der Regel (prinzipiell) nicht toleriert, sondern sanktioniert wird. Sanktionen sind also ein Mittel, Regelübertretungen zu verhindern oder zu strafen und damit ihre Geltung zu symbolisieren.[6] Doch dieser Begriff von Geltung ist teilweise irreführend, da dann auch eine empirisch festgestellte Regelbefolgung als Geltung gedeutet werden kann, ohne dass dieselben Akteure der Regel folgen würden, wenn sie nicht sanktioniert wäre.

Bei diesem Aspekt der Geltung bezieht sich Esser auf Max Weber. Für Weber kann ein anderer Grund der Geltung von Institutionen in deren Legitimität gesehen werden. Dabei wird die Geltung in der Beziehung der Akteure zu der Regel an sich, nicht zu den Folgen der Nichtbefolgung, gesehen. Die Akteure sind, wenn Legitimität vorliegt, überzeugt, dass die Regel, an Maßstäben gemessen, die diese Regel transzendieren, angemessen ist.[7]

Das Konzept der Legitimität besagt aber nicht, dass solch ein Maßstab nur das je eigene Interesse der Akteure ist. Denn gerade die Institutionen können sich den Interessen der Akteure gegenüberstellen. Dennoch hat auch die Legitimität ihren Ursprung z.T. in den Interessen der Akteure, denn nur gegen die Interessen der Akteure könne keine Institution bestehen.[8]

2.2. Funktionen von Institutionen

Institutionen existieren, um Probleme zu lösen. Neben der konkreten Problemlösungsfunktion der je einzelnen Institutionen gibt es zwei allgemeine Funktionen: Institutionen ermöglichen individuelle Orientierung und schaffen eine kollektive Ordnung.[9]

2.2.1. Orientierungsfunktion

Diese, auf Arnold Gehlen zurückgehende Funktion, kann auch als Reduktion der Komplexität der den Mensch umgebenden Welt bezeichnet werden. Denn der Mensch ist der ihm in einer „Reizüberflutung“ gegenübertretenden Welt nicht gewachsen, er fühlt sich überfordert. Alles ist unvorhersehbar und kann auch anders sein. Institutionen bieten da Orientierung, indem sie für nahezu alle Situationen die Anzahl der möglichen Handlungen eingrenzen.[10] Insofern wird Komplexität nicht reduziert, aber ausgeblendet.

Institutionen können aber gerade dadurch auch neue Möglichkeiten für das Handeln eröffnen. Eine Option, die ein Akteur, auf sich allein gestellt, niemals gewählt hätte, wählt er eher, wenn die Handlung und ihre Folgen durch eine Institution abgesichert sind. Und wenn die Situation als Modell anerkannt wurde, kann der Akteur innerhalb des vorgegebenen Rahmens neue Möglichkeiten ausprobieren.

„Schutz vor Unvernunft“ bezeichnet Esser eine weitere Funktion von Institutionen. Die Menschen seien geneigt, kurzfristige Vorteile gegenüber langfristigen zu bevorzugen, auch wenn jene objektiv schädlich sind. Institutionen helfen, indem sie solche Neigungen unterbinden oder deren Folgen kompensieren..[11]

2.2.2. Ordnungsfunktion

Soziale Ordnung entsteht nicht von allein, sie muss gestiftet werden.[12] Warum das so ist und dass dabei Institutionen notwendig sind, will Esser zeigen. Er beginnt mit der Kritik am Marktmodell der klassischen Ökonomie, die davon ausging, dass die frei in Interaktion tretenden Individuen mit der Verfolgung ihrer Interessen ein Gleichgewicht, d.h. einen Zustand in dem keiner der Akteure einen anderen Zustand anstrebt, und damit eine Ordnung schaffen würden. Theoretisch subtiler findet sich dieser Gedanke im sog. Coase-Theorem. Dieses Theorem geht von dem Problem negativer externer Effekte aus. Diese stellen sich ein, wenn das Handeln eines Akteurs negative Folgen für die Allgemeinheit hat. Coase argumentiert, dass dieser Akteur aber meistens nicht nur negative sondern auch positive externe Effekte produziert. Die Unterbindung des Handelns dieses Akteurs verhindert aber beide Effekte. Deshalb wäre es nach Coase besser, wenn sich die Geschädigten und der Verursacher auf eine Mischung von Produktion, Schädigung und Produktionsbegrenzung einigen würden. Und in der Welt dieser Denkmodelle einigen sich die Akteure auch, da diese Einigung allen zu ihrem Vorteil gereicht.[13]

Diese Einigung, so kritisiert Esser, stellt sich aber nur unter der Annahme ein, dass ihr Zustandekommen keinerlei Kosten verursacht. Dies ist aber normalerweise der Fall. Esser nennt diese Kosten Transaktionskosten. Er versteht darunter, mit Coase, z.B. die Kosten, die bei der Suche nach Informationen, bei der Verhandlung und Vertragsschließung und der Überwachung und Durchsetzung der Einigung anfallen.[14] Diese Kosten fallen umso wahrscheinlicher an, da nach Esser das unmoralische Ausnutzen von günstigen Situationen genauso zur conditio humana gehört, wie das immer begrenzte Wissen. Denn aus diesen Bedingungen ergeben sich Informationsasymmetrien, die ausgenutzt werden können und, da nicht alle zukünftigen Entwicklungen vorhersehbar sind, eine strukturelle Unterbestimmtheit von Verträgen, die ebenso ausgenutzt werden kann.[15]

Eine Lösung für diese Probleme sieht Esser in Institutionen. Sie schaffen die Möglichkeit Transaktionskosten zu verringern, da sie feste Erwartungen schaffen, die Geltung beanspruchen, auch über Interessen hinweg. Indem sie z.B. die Möglichkeit, Verträge bei Vorteil einseitig aufzukünden als Möglichkeit ausschließen, schaffen sie für die Akteure neue Möglichkeiten miteinander zu verhandeln.[16]

Doch diese Institutionen entstehen nicht einfach, weil Bedarf nach ihnen besteht. Da ihre Schaffung immer ein „Dilemmaproblem kollektiven Handelns“ ist (was später ausführlich erklärt werden soll), ist ihre Genese selbst dann, wenn der antizipierte Nutzen die Kosten der Erschaffung der Institution überwiegt, nicht selbstverständlich.

2.2.3. Sinnstiftungsfunktion

Doch wie erfüllen Institutionen ihre Ordnungs- und Orientierungsfunktionen? Indem sie dem Handeln einen Sinn geben.

Sie erfüllen die beiden Funktionen erst dann, wenn dem Akteur selbst verständlich ist, warum er eine Handlung ausführt.[17] Allein mit dem Hinweis, dass er bei der Befolgung einer Regel der Komplexität der Welt entgeht oder eine Ordnung schafft bzw. aufrechterhält, ist ihm nicht geholfen. Er muss einen Sinn mit seiner Handlung verbinden. Sinn bedeutet dabei bei Esser, dass das Handeln des Akteurs in einen größeren Zusammenhang gestellt wird, es nicht nur für sich selbst steht, sondern z.B. auch für die Erfüllung des moralisch Gebotenen, wirtschaftlich billigen usw.[18] Institutionen erfüllen genau diesen Zweck, sie binden mögliche und wirkliche Handlungen in Sinnzusammenhänge ein. Subjektiven Sinn erhält eine Handlung schon, wenn sie sich irgendwie auf die Absichten eines Akteurs bezieht. Objektiven Sinn erhält eine Handlung, wenn sie sich auf Regeln einer überindividuell vorgestellten Ordnung bezieht.[19] Und nur wenn Regeln dem Handeln einen objektiven Sinn zuweisen können, entsteht Ordnung.

Hat ein Akteur begonnen, einer Regel gemäß zu handeln, können die anderen Akteure davon ausgehen, dass jener Akteur auch im weiteren Verlauf der Handlung dem Sinn der Regel folgen wird.[20] Erst, wenn eine Institution einen solchen Sinn und damit verbundene Erwartungen bei den Akteuren erzeugt, kann sie die beiden allgemeinen Funktionen der Orientierung und Ordnungsstiftung wirklich erfüllen.[21]

Institutionen wirken aber gerade durch ihre Fähigkeit, Möglichkeiten auszuschließen, nicht nur ermöglichend, sondern auch einschränkend bis repressiv. Gibt es in einer Gruppe von Menschen Institutionen, werden diese die Interessen einzelner bevorzugen und anderer einschränken. Und da der Sinn einer Institution gefährdet ist, wenn die Regelbefolgung zu stark gegen die Interessen der Akteure gerichtet ist, wird eben den Akteuren, deren Interessen durch die Institution eingeschränkt werden, deren Sinn immer weniger verständlich.[22] Darin liegt die logische Achillesferse der Institutionen.

2.3. Die Entstehung von Institutionen

Problematisch an Essers Ansatz ist die Unschärfe seiner Terminologie.. Er benutzt den Begriff Institutionen eigentlich eher nebenbei, vielmehr greift er meist auf den Begriff der Regel, den Kern einer Institution[23], zurück und behandelt auch hauptsächlich Normen, als den „wichtigste[n] Spezialfall einer Institution“,[24] in seinem Werk. Doch eine genaue Klassifikation nimmt er nur nach der Art, des ihnen zugrundeliegenden Problem kollektiven Handelns vor. Die verschiedenen Arten sollen im folgenden vorgestellt werden.

Gibt es ein Problem der Koordination, müssen die Akteure ihr Handeln koordinieren, um ein für jeden optimales Ergebnis zu erlangen. Die Akteure müssen wissen, was die jeweils Anderen tun, um ihr Handeln darauf einzustellen. Eine erfolgreiche Lösung setzt daher gemeinsame Orientierungen verschiedenster Art voraus. Institutionen stellen nun als Lösung Erwartungen bereit. Solche Institutionen nennt Esser konventionelle Institutionen. Während diese Lösungen darauf beruhen, dass der individuelle Nutzen und der kollektive Nutzen zusammenfallen, ist das bei der Dilemmasituation nicht mehr der Fall.

Hier würden zwar alle Akteure einen Vorteil aus einer erfolgreichen Kooperation haben, aber die vorteilhafteste Strategie für jeden einzelnen Akteur ist eben die Nicht-Kooperation, die Defektion. Der Grund dafür ist, dass sich jeder Einzelne nicht sicher sein kann, ob die anderen nicht die von ihm vorgenommene, einseitige Kooperation ausnutzen (Vorbehaltsproblem[25] ), da dies für die Anderen die vorteilhafteste Option ist (Opportunitätsproblem). Da dies für jeden gilt, kommt die Kooperation nicht ohne weitere Bedingungen zustande.[26] Die Lösungen dafür, die Esser als essentielle bezeichnet, sollen weiter unten erläutert werden.

Ein weiteres Problem kollektiven Handelns, das des Konfliktes, tritt dann auf, wenn die Interessen der Akteure unvereinbar sind und jede Lösung einen der Akteure benachteiligt. Dann ist die Lösung nur eine willkürliche, nicht kooperative, Festlegung des status quo, gegen die Interessen einer Gruppe, um wenigstens die als noch schlimmer empfundene Ungewissheit zu beseitigen. Da dies notwendig Unterdrückung bedeutet, nennt Esser die Lösungen dafür repressive.[27]

[...]


[1] Subjective Expected Utility Theorie, dt.: Theorie des subjektiv erwarteten Nutzens

[2] Vgl. EsserK, S. 6.

[3] Vgl. Esser5, S. 2.

[4] Diese Symbole sind, auch wenn hier nur kurz abgehandelt, dennoch bedeutsam für Esser. Er versteht sie als Bindeglieder zwischen der objektiven (überindividuellen) Seinsweise der Institutionen und den subjektiven Einstellungen der Akteure dazu. Vgl. Esser5, S. 12.

[5] Vgl. Esser5, S. 11.

[6] Vgl. Esser5, S. 8.

[7] Vgl. Esser5, S. 8f.

[8] Vgl. Esser5, S. 9. Wie noch gezeigt wird, sind für Esser nur die Interessen der Ursprung für Legitimität. Vgl. Abschnitt 2. 3. Legitimität von Institutionen

[9] Vgl. Esser5, S. 14.

[10] Vgl. Esser5, S. 15f.

[11] Vgl. Esser5, S. 18f.

[12] Vgl. Esser5, S. 20.

[13] Vgl. Esser5, S. 24. Esser paraphrasiert hier Coase´s Beispielrechnung, die zeigt, dass diese Lösung die optimale wäre.

[14] Vgl. Esser5, S. 26.

[15] Vgl. Esser5, S. 27f.

[16] Vgl. Esser5, S. 26ff.

[17] Doch welches Handeln meint Esser? Ein Handeln, das ohnehin schon vorliegt, oder ein Handeln, dass erst durch die Institution ermöglicht wird? Der erste Fall trifft, wenn überhaupt, nur sehr selten zu. Ein Handeln, mit einem ausschließlich subjektiv definierten Sinn ist schwer vorstellbar. Selbst Robinson sucht die Freundschaft mit Feitag, die er als Verhaltensmuster in England kennen gelernt hatte. Eigentlich ermöglichen Institutionen erst die meisten Arten von Handeln (bspw. bezahlen, mieten, geloben). Doch wenn sie die Handlungen erst ermöglichen, bieten sie nur Handlungen an, die per definitionem schon mit objektiven Sinn ausgestattet sind. Wenn sie allerdings Handlungen erst ermöglichen, ist zu vermuten, dass ihre Wirkung auf die Definition der Situation stärker ist als Esser angenommen hat. Sie definieren nämlich dann die Situation.

[18] Vgl. Esser5, S. 34.

[19] Vgl. Esser5, S. 34.

[20] Vgl. Esser5, S. 35f. Esser erwähnt nicht, weshalb der Akteur daran gebunden sei. In dem von ihm angeführten Beispiel ist es das Interesse, dass die erwarteten Folgen der Regelbefolgung eintreten, was ihn hindert, die Regelbefolgung abzubrechen. Würde sich dieses Interesse aber anders erreichen lassen, könnte der Akteur die Regelbefolgung doch abbrechen.

[21] Leider kann ich a.a.O. keine rechte Begründung für diese These finden. Esser führt zwar (hier!) an, dass eine, rein auf Interessen gegründete Institution, nur zufällige und temporäre Ausgleiche darstellt, die keine interessen-unabhängige Geltung beanspruchen können und eine nur auf Sanktionen gegründete Institution keine innerliche Bindung zu dieser Institution herstellt. Aber er vergisst zu erwähnen, warum eine innerliche Bindung notwendig für die Geltung ist. Ebenso erwähnt er nicht, warum die Leistung der Institution, meiner Handlung objektiven Sinn zu geben, zu größerer Geltungskraft der Institution führen soll. Die meisten Handlungen sind ja ohnehin nur innerhalb von Institutionen möglich. Dann werde ich aber erst die Institution akzeptieren, bevor ich eine Handlung innerhalb ihrer ausführe.

[22] Vgl. Esser5, S. 36f.

[23] Vgl. Esser5, S. 57.

[24] Vgl. Esser5, S. 51. Normen sind für Esser Standards des Handelns die unbedingt und erfolgsunabhängig gelten. Im Gegensatz zu technischen Normen etwa, kann ihre Geltung für Akteure auch emotionale Züge aufweisen.

[25] Diese Bezeichnung nutzt Esser nicht, aber sie sind m.E. sprechender als Essers Bezeichnungen.

[26] Ein äußerst drastisches Beispiel, dass den Sachverhalt aber sehr klar darstellt, ist folgendes. Zwei Menschen bedrohen sich mit einer Schusswaffe. Die optimalste Lösung wäre, wenn beide ihre Schusswaffe niederlegen. Doch würde derjenige, der sich einseitig zu diesem Schritt entschließt einen übergroßen Nachteil davon tragen, da der Andere nun in einer überlegenen Position wäre. (Opportunitätsproblem) Und jeder Beteiligte wird dies dem Anderen unterstellen, dies ist das Vorbehaltsproblem. Somit richten beide, tritt nicht eine weitere Bedingung hinzu, weiterhin ihre Waffen aufeinander, was nur die suboptimalste Lösung darstellt.

[27] Vgl. insgesamt zu den Typen von Problemen des kollektiven Handelns, Esser3, S. 109ff. Der Vollständigkeit halber erwähnt Esser eine Form des kollektiven Handelns, die eigentlich kein Problem beinhaltet, die der Übereinstimmung der Interessen, die sich einfach durch Koordination löst. Doch eigentlich gibt es solch eine Form überhaupt nicht, jede Form des sozialen Handelns ist mindestens ein Problem der Koordination. Denn selbst die Verständigung darüber, das mehrere Menschen gemeinsame Interessen haben erfordert eine gemeinsame Orientierung, z.B. Sprache und ego kann sich nie sicher sein, ob alter ihn nicht betrügt und ganz andere Interessen hat.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Institutionentheorie bei Hartmut Esser, John R. Searle und Rainer Lepsius im Vergleich
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1
Autor
Jahr
2004
Seiten
32
Katalognummer
V34642
ISBN (eBook)
9783638348072
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Institutionentheorie, Hartmut, Esser, John, Searle, Rainer, Lepsius, Vergleich
Arbeit zitieren
Lars Vogel (Autor:in), 2004, Institutionentheorie bei Hartmut Esser, John R. Searle und Rainer Lepsius im Vergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34642

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