„Die Welt hinterm Stacheldraht war eine Welt für sich. Sie hatte ihre eigenen Lebensgesetze und eigene Ehrbegriffe. Auch ihre eigene Sprache ... Diese Sprache war ursprünglich, bunt und drastisch. Sie entbehrte nicht eines grimmigen Humors ... Häftlingssprache und Galgenhumor - Zeugnisse einer geistigen Überlegenheit, die die Gefangenen weit über ihre Peiniger stellten." (Karl Schnog, 1945)* Daß es in extremen menschlichen Bedrohungslagen wie namentlich in deutschen Konzentrationslagern nicht zuletzt immer auch ums Überleben und den - sei es individuellen, sei es kollektiven - Kampf gegen drohende, nicht selten aktuelle und faßliche Vernichtung humaner Existenz ging, ist bekannt. Und daß dieser Kampf, dessen weltliterarisch bedeutsame Ausdrucksversuche Überlebende erst nach Jahrzehnten des Abstands von Vernichtungsdrohung, Grauen und Scham unternehmen konnten, auch eine bis heute verschwiegene furchtbare Wahrheit infolge von Überlebensnotwendigkeiten derer, die nicht in den sicheren Tod gebracht werden wollten, enthält, scheint mir unbestreitbar; auch wenn es möglicherweise weitere Jahrzehnte dauern mag, bis auch diese erfahrene Erschütterung literarisch ausgesprochen werden kann. Beim Überlebenskampf in deutschen Konzentrationslagern spielte nun auch - was auf den ersten Blick vielleicht erstaunen mag, jedoch nicht wegzuleugnen ist - der Witz zur Bewältigung der neuen Lage und ihrer Bedrohlichkeiten eine nicht zu unterschätzende Rolle. Genauer: auch mit Hilfe von Witzen versuchten, noch im Jahr 1933 in einem neueingerichteten staatlich-preußischen Konzentrationslager, nämlich im KZ
Börgermoor/Papenburg, bedrohte politische Gefangene im „dritten Reich" ihre Überlebenschancen zu sichern: indem sie sich mit dem Witz als Medium und im Medium des Witzes Handlungsspielräume gegenüber ihren SS-Wächtern als Vertretung der faschistischen Staatsmaschinerie sicherten.
Inhaltsverzeichnis
- Daß es in extremen menschlichen Bedrohungslagen wie namentlich in deutschen Konzentrationslagern' nicht zuletzt immer auch ums Überleben und den - sei es individuellen, sei es kollektiven - Kampf gegen drohende, nicht selten aktuelle und faßliche Vernichtung humaner Existenz ging, ist bekannt.
- Beim Überlebenskampf in deutschen Konzentrationslagern spielte nun auch was auf den ersten Blick vielleicht erstaunen mag, jedoch nicht wegzuleugnen ist der Witz zur Bewältigung der neuen Lage und ihrer Bedrohlichkeiten eine nicht zu unterschätzende Rolle.
- Diese authentische Situation mag, gerade infolge ihrer Verkehrung zur Kenntlichkeit im Sinne des Philosophen Ernst Bloch (1885-1977), als Modellfall untersucht werden.
- Wolfgang Langhoffs Kapitel „Zirkus Konzentrazani\"² beschreibt Vorbereitungen, Durchführung und Wirkungen der makabren Zirkusvorstellung im KZ Börgermoor/Pa-penburg im Herbst 1933.
- Der Ablauf der Vorstellung des „Zirkus Konzentrazani\" fand an einem Sonntagnachmittag im Herbst 1933 statt und war, soweit unter den Extrembedingungen überhaupt einzurichten, auch mit Blick auf die moralisch-politischen Bedenken der politischen Gefangenen gesichert.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert Wolfgang Langhoffs Kapitel "Zirkus Konzentrazani" aus seinem Werk "Die Moorsoldaten" und untersucht den Einsatz von Witz als Überlebensmechanismus in einem deutschen Konzentrationslager im Jahr 1933. Die Analyse betrachtet den Witz als Kommunikationsform und beleuchtet die spezifischen Muster und Erkenntnisse, die sich aus dieser extremen Situation ableiten lassen.
- Der Einsatz von Witz als Überlebensmechanismus in einem Konzentrationslager.
- Kommunikations- und verhaltenswissenschaftliche Muster im Zusammenhang mit Witz im KZ.
- Die Rolle von „Humor“ und seine Funktion(en) in der beschriebenen existentiellen Extremsituation.
- Die Gemeinschaftsfähigkeit des Witzes unter den Lagerbedingungen und seine mögliche Bedeutung für die Kommunikationssoziologie.
- Der kontrastierende Vergleich der Lebenswelt der SS-Wachen und der politischen Gefangenen, insbesondere im Hinblick auf ihren Humor.
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel des Textes befasst sich mit der Bedeutung des Überlebenskampfes und dem Einsatz von Witz als Mittel zur Bewältigung der Bedrohungen in deutschen Konzentrationslagern. Der zweite Teil analysiert das Kapitel "Zirkus Konzentrazani" aus Wolfgang Langhoffs "Die Moorsoldaten". Dieses Kapitel beschreibt die Planung und Durchführung einer Zirkusvorstellung im KZ Börgermoor/Papenburg im Herbst 1933 und die Reaktionen der SS-Wachen. Es wird die Rolle von Witz als Form von Widerstand und Protest gegen die faschistische Herrschaft dargestellt. Abschließend wird die besondere Situation des KZ-Zirkus als Modellfall für die Analyse von Witz als Kommunikationsform und die daraus ableitbaren Erkenntnisse behandelt.
Schlüsselwörter
Konzentrationslager, Witz, Überlebensmechanismus, Kommunikation, Humor, Modellanalyse, "Zirkus Konzentrazani", Wolfgang Langhoff, "Die Moorsoldaten", SS, faschistische Herrschaft, gesellschaftliche Anomie, Kommunikationssoziologie, Ästhetik des Lachens.
- Quote paper
- Dr. Richard Albrecht (Author), 2005, "Zirkus Konzentrazani" - eine Modellanalyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34907