Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Einleitung
Geschlechterunterschiede im Selbstvertrauen im Wettbewerb
Sozialkonstruktivistische Erklärungsansätze
Konflikte mit dem traditionellen Rollenbild der Frau
Verhaltensbestätigung
Attribuierungsstil
Furcht vor Erfolg
Befürwortung von Stereotypen
Evolutionspsychologische Erklärungsansätze
Vorteil von hohem Selbstvertrauen für Männer
Vorteil von niedrigem Selbstvertrauen für Frauen
Diskussion
Literaturverzeichnis
Abstract
Geschlechterunterschiede und die Erklärung deren Ursachen sind bekannte Gebiete psychologischer Forschung. In dieser Arbeit werden Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Selbstvertrauen im Wettbewerb betrachtet. Vorerst wird festgestellt, dass tendenziell bei Männern mehr Selbstvertrauen in Wettbewerbssituationen beobachtet wird. Daraufhin wird dieser Unterschied aus der sozialkonstruktivistischen und evolutionspsychologischen Perspektive untersucht. Während ersterer Ansatz den Einfluss des sozialen Umfeldes auf Geschlechterunterschiede betont, begründet letzterer diesen durch adaptive Vorteile durch verschiedenartige Veranlagung beider Geschlechter. Aus sozialkonstruktivistischer Perspektive finden sich beispielsweise auf der Seite der Frauen ein unvorteilhafter Attribuierungsstil, Furcht vor Erfolg und dessen negativen Konsequenzen sowie die Befürwortung von Stereotypen über Wettbewerbsfähigkeit. Die Evolutionspsychologie erklärt den Unterschied dadurch, dass Männer einen Vorteil durch hohes Selbstvertrauen im Wettbewerb hatten. Für Frauen hingegen überwogen die Risiken gegenüber den möglichen Gewinnen im Wettbewerb, weshalb für sie ein niedriges Selbstvertrauen in Wettbewerben von Vorteil war, was zur Vermeidung von ebendiesen führte. Um den Grad des Einflusses von Veranlagung und sozialer Umwelt festzustellen, können Kulturunterschiede erforscht werden. Weiterführend wird ein Kulturvergleich von Geschlechterunterschieden im Selbstvertrauen im Wettbewerb in Bezug auf weitgehende Ähnlichkeiten und Abweichung empfohlen.
Einleitung
Seitjeher wird in der Psychologie über Geschlechterunterschiede geforscht. Während in frühen Jahren vorrangig die Unterschiedshypothese populär war, kam in den letzten Jahrzehnten vermehrt Forschung über Ähnlichkeiten zwischen beiden Geschlechtern auf. Bisher erforschte Gebiete erfassen Unterschiede und Ähnlichkeiten sowohl in kognitiven, wie verbale Fähigkeiten, als auch in psychologischen Merkmalen, wie Aggressivität (Hyde, 2005).
Populäre Ansätze für die Erklärung von Geschlechterunterschieden sind die sozialkonstruktivistische und die evolutionspsychologische Perspektive. Ersterer Ansatz sieht gesellschaftliche Einflüsse als Ursache, während letzterer die Entwicklung unterschiedlicher Dispositionen aufgrund von Selektion voraussetzt (Wood & Eagly, 2002). Die vorliegende Arbeit befasst sich hierbei mit dem Merkmal „Selbstvertrauen im Wettbewerb“ und Erklärungsansätzen für gegebenenfalls bestehende Geschlechterunterschiede.
Selbstvertrauen wird hierbei als Leistungserwartung einer Person gemessen sowie die Selbstevaluationen eigener Fähigkeiten und vollbrachter Leistungen (Lenney, 1981). Dies hat eine entscheidende Auswirkung auf die Leistung der Person, da geringes Selbstvertrauen zu Entmutigung und schlechten Leistungen führen kann (Nieva & Gutek, 1981 nach Chusmir, Koberg & Stecher, 1992). In der Definition von Selbstvertrauen wird spezifisches und generelles Selbstvertrauen unterschieden. Spezifisches Selbstvertrauen bezieht sich auf wiederholte Tätigkeiten und ist für verschiedene Tätigkeiten unterschiedlich (Oney & Oksuzoglu-Guven, 2015). Der Zusammenhang zwischen spezifischem und generellem Selbstvertrauen ist noch nicht vollständig geklärt. Oney und Oksuzoglu-Guven (2015) nehmen hierbei an, dass evolutionär betrachtet generelles im Gegensatz zu spezifischem Selbstvertrauen für unbekannte Situationen nützlich gewesen ist. Somit kann es ebenfalls als „spezifisch“ für neue Situationen angesehen und nicht aus anderen Bereichen erschlossen werden. In dieser Arbeit soll das spezifische Selbstvertrauen in Wettbewerbssituationen betrachtet werden.
Im Folgenden sollen zu Beginn Geschlechterunterschiede im Selbstvertrauen im Wettbewerb untersucht werden. Dazu werden Studien zu Selbstvertrauen, zu Wettbewerb und deren Kombination betrachtet, um festzustellen, ob hierbei Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen bestehen. Anschließend werden Erklärungsmöglichkeiten für eventuelle Unterschiede beschrieben. Dazu werden die Herangehensweisen sozialkonstruktivistischer und evolutionspsychologischer Ansätze erläutert und aus beiden Perspektiven Erklärungen für Geschlechterunterschiede dargelegt. Schließlich werden beide Ansätze verglichen und weiteres Vorgehen vorgeschlagen.
Geschlechterunterschiede im Selbstvertrauen im Wettbewerb
In Bezug auf Geschlechterunterschiede im Selbstvertrauen in nicht-wettbewerbsbezogenen Aufgaben finden sich verschiedene Befunde. Während Maccoby und Jacklin (1974, nach Lenney, 1977) davon ausgehen, dass Frauen generell weniger Leistung von sich erwarten und ihre Leistungen im Nachhinein schlechter einschätzen als Männer, zeigen neuere Studien vor allem Ergebnisse, die auf situative Einflüsse bei Frauen hinweisen. In den meisten Fällen zeigen hierbei Frauen gleich hohes Selbstvertrauen wie Männer, dasjeweils in bestimmten Kontexten abfällt. Befunde von Daubman, Heatherington und Ahn (1992) ergeben, dass Frauen im akademischen Bereich weniger Selbstvertrauen haben als Männer. Bedeutsam ist hierbei jedoch, dass sie in der Untersuchung ihre Leistung nur als schlechter vorhersagten, als ihre Einschätzung öffentlich war, sowie wenn die Testleitung weniger begabt war als sie selbst. Beyer (1990) fand zudem, dass Frauen, die von sich eine geringe Leistung in männlichen Tätigkeiten erwarten, sich auch im Nachhinein schlechter evaluieren. Im nichtaufgabenbezogenen Selbstvertrauen schneiden Frauen jedoch gleich hoch ab wie Männer (Chusmir et al., 1992).
Forschung, die das Verhalten von Frauen im Wettbewerb, nicht aber ihr Selbstvertrauen betrachtete, zeigte folgende Ergebnisse: Buss (2005, S. 268) besagt, dass Frauen weniger zu Wettbewerben neigen als Männer. Bezüglich Leistungen in diesen schätzt Weisfeld (1986) die Wettbewerbsfähigkeit von Frauen niedriger ein, wenn diese mit Männern konkurrieren. Funde dazu stammen beispielsweise von Cronin (1980 nach Bischof-Köhler, 2006, S. 246). Sie stellte fest, dass Mädchen sich beim Buchstabierwettbewerb nur meldeten, wenn sie wussten, dass sie besser als die Konkurrentin waren, während Jungen gegen andere Jungen fast immer aufzeigten. Im Wettbewerb mit Jungen meldeten die Mädchen sich gar nicht mehr, was folglich zu schlechteren Ergebnissen führte. Dies zeigte sich, obwohl Mädchen eher besser im Buchstabieren abschneiden (Hyde, 2005). Letzterer Befund zeigt Hemmung von Mädchen bei Konkurrenz mit Jungen, während ersterer eine generelle Leistungsminderung in Wettbewerbssituationen vermuten lässt.
Bisher wurde selten die Überschneidung der beiden Variablen „Selbstvertrauen“ und „Wettbewerb“ in Bezug auf Geschlechterunterschiede untersucht. Lenney (1977) vermutet in ihren Untersuchungen, dass Frauen weniger Selbstvertrauen haben, wenn ihre Leistungen mit anderen verglichen und evaluiert werden. Da dies besonders bei Wettbewerben der Fall ist, wird angenommen, dass Frauen in Wettbewerben weniger Leistungserwartung zeigen. Eine Studie von Alagna (1982) zeigt hierbei, dass die Unterschiede in der Geschlechtsidentität der Personen liegen. So erwarten Personen mit einer maskulinen oder androgynen Identität mehr Leistung von sich selbst als Personen mit femininer oder undifferenzierter Identität. Da die Geschlechtsidentität jedoch sehr stark mit dem Geschlecht der Person zusammenhängt (Helmreich, Spence & Wilhelm, 1981), wird im Folgenden angenommen, dass Frauen in Wettbewerbssituationen weniger Selbstvertrauen haben als Männer. Dieser Geschlechterunterschied soll daraufhin durch sozialkonstruktivistische und evolutionspsychologische Ansätze erläutert werden.
Sozialkonstruktivistische Erklärungsansätze
Sozialkonstruktivistische Erklärungen für Geschlechterunterschiede beruhen auf dem Ansatz, dass diese durch Konstruktion seitens der Umwelt entstehen. In diesen Theorien wird besonders die Variation von geschlechtstypischem Verhalten in verschiedenen kulturellen Kontexten und Situationen betont, was auf eine Abhängigkeit dessen von äußerlichen Gegebenheiten hinweist. Es wird dabei wenig Übereinstimmung zwischen diesen Kontexten erwartet. (Wood & Eagly, 2002). Des Weiteren nehmen West und Zimmerman (1987) an, dass geschlechtstypisches Verhalten ein Ergebnis sozialer Interaktionen ist und erlernt wird, indem Reaktionen auf geschlechtstypisches und -atypisches Verhalten beobachtet werden. Im Folgenden soll durch diesen Ansatz von Lernen und Einfluss des sozialen Umfelds der Geschlechterunterschied bezüglich Selbstvertrauen in Wettbewerbssituationen erklärt werden. Als Gründe für die vorhandenen Geschlechterunterschiede können Konflikte zwischen guten Leistungen und dem Rollenbild der Frau genannt werden, sowie Verhaltensbestätigung, ein unvorteilhafter Attribuierungsstil, Furcht vor Erfolg bzw. vor negativen Konsequenzen durch Erfolg und eine Befürwortung der Stereotype.
Konflikte mit dem traditionellen Rollenbild der Frau
Das traditionellen Rollenbild der Frau weist Inkompetenz (Fiske, 1998) und Sorge um das Wohlbefinden anderer als Inhalte auf, während Wettbewerbsfähigkeit fehlt, bzw. dem männlichen Geschlecht zugeschrieben wird (Bern, 1974 nach Witt & Wood, 2010). Diesem widersprechen gute Leistungen im Wettbewerb, da diese Kompetenz und Wettbewerbsfähigkeit aussagen, und Verlieren beim Gegenüber negative Gefühle auslösen kann. Das Nichtentsprechen eigener Geschlechtsstandards verursacht unangenehme Emotionen (Witt & Wood, 2010; Bem & Lenney, 1976), weshalb Menschen eine Konformität mit diesen anstreben. Laut Hogg und Vaughan (2011, S. 361) schränken Rollen durch ihre Rollenanforderungen das mögliche Verhaltensspektrum so ein, dass vorrangig das erwartete Verhalten gezeigt wird. Dies hat primär Folgen auf die Leistungsfähigkeit von Frauen in Wettbewerben, jedoch nicht unmittelbar auf ihr Selbstvertrauen. Es bleibt offen, ob das Rollenbild neben Leistungsminderung auch Auswirkungen auf das Selbstvertrauen der Frauen hat.
Zudem ist eine weitere Möglichkeit mit dem Konflikt aus guten Leistungen und der Rolle als Frau umzugehen, bei Wettbewerben nicht vorhanden. Diese wäre bspw. im akademischen Kontext, die guten Leistungen zu verstecken. (Helgeson, 2012, S. 186). Da in offen ausgetragenen Wettbewerben die Ergebnisse der teilnehmenden Personen bekannt sind, ist diese Möglichkeit hier nicht möglich.
Laut Alagna (1982) können durch das Gutheißen von Wettbewerb durch Peers („peer approval“) bessere Leistungen, höherer wahrgenommener Erfolg, mehr Attribuierung von Leistung zu eigenem Können und positiverer Affekt gegenüber der Wettbewerbssituation hervorgerufen werden. Diese Studie lässt vermuten, dass durch dieses Gutheißen die Bewilligung von Wettbewerbsverhalten für Frauen salient vor eigenen Geschlechtsstandards werdne.
Verhaltensbestätigung
Laut Snyer (2015) kann die Überzeugung, dass ein bestimmtes Verhalten bei einer Person auftreten wird, genau dieses Verhalten hervorrufen. Dieses Phänomen, das beispielsweise durch Stereotype angeregt wird, betitelt er „Verhaltensbestätigung“. Es kann bei erwarteter schlechter Leistung auftreten, die Frauen durch ihr Verhalten bestätigen.
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