Operative Aufklärung der HVA in der BRD

Struktur und Aufbau der tätigen Abteilungen


Hausarbeit, 2005

19 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Die Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit
1.1 Die HVA unter Markus Wolf

2. Die Guillaume- Affäre
2.1 Konsequenzen der Guillaume- Affäre

3. Spezielle Einsatzkommandos des MfS
3.1 Struktur der Einsatzkommandos
3.2 Ziele der „ Einsatzgruppen“
3.3 „ Stasi- Spezialkämpfer“
3.4 Export in die „ sozialistischen Bruderstaaten“

Resümee

Literatur

Einleitung

Seit den Sechziger Jahren betrieb die „ Hauptverwaltung Aufklärung“ des Ministeriums für Staatssicherheit eine umfassende, auf eine Infiltrierung der Bundesrepublik Deutschland abzielende Aufklärungsarbeit. Hatte die Aufdeckung der Guillaume- Affäre einen gut organisierten und langfristig vorbereiteten Spionage- Coup zutage gebracht, beschränkten sich die Aktionen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) aber nicht nur auf eine ausschließliche Durchdringung des Bonner Staatsapparates: Neben Planungen für Sabotage- und Terrorakte auf dem Gebiet der BRD, ausgeführt von speziellen Einsatzgruppen, sollten durch Mitarbeiter der Stasi „ sensible“ Ziele, wie Verwaltungen, Wirtschaft und Nachrichtendienste ausgekundschaftet werden. Ein großes Interesse hatte die SED- Führung jedoch auch an persönlichen, intimen Details über wichtige Persönlichkeiten der Bundesrepublik.

Grundlegend werden Struktur und Aufbau der einzelnen in der Außenaufklärung tätigen Abteilungen näher erläutert.

1. Die Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit

Das Ministerium für Staatssicherheit unterhielt neben den Arbeitsbereichen „ Spionageabwehr“, „ Personenschutz“, Terrorabwehr“ und etlichen anderen Abteilungen ( ca. 43)[1] die Hauptverwaltung Aufklärung ( HVA), deren vornehmliches Ziel die Auslandsspionage darstellte. Hatte Kanzleramtschef Horst Ehmke die drei wichtigsten Spionageprioritäten des BND mit den Worten: „ DDR, DDR, DDR“ bezeichnet, so galt dies umgekehrt auch für die Gegenseite: Interessante Ziele für die Spionagetätigkeit der HVA waren beinahe ausschließlich die Bundesrepublik Deutschland- nur die beiden Abteilungen XI und XII beschäftigten sich mit Nordamerika sowie der NATO und der Europäischen Gemeinschaft.

In der HVA wurde zur Leistungsoptimierung und zur besseren Verwaltung nach dem „ Prinzip des demokratischen Zentralismus“[2] gearbeitet. In einer streng militärischen Hierarchie wurden die verschiedenen Abteilungen von Referatsleitern befehligt und koordiniert. Bei der Arbeit der HVA wurde das Linien- und Territorialprinzip eingehalten- man unterteilte den Apparat geographisch in Bezirke und Kreise. Das HVA setzte sich mit dem „ Zielkomplex“ BRD in folgenden Tätigkeitsbereichen auseinander: Operative Diensteinheiten ( DE )waren für das Sammeln von „ verfügbaren und erreichbaren“[3] Informationen unter Einsatz aller geheimdienstlicher Mittel zuständig. So hatte beispielsweise die Abteilung I die Aufgabe, im Bundeskanzleramt, dem Bundespräsidialamt, der Sicherungsgruppe Bonn des Bundeskriminalamtes und dem Presse- und Informationsamt sogenannte „ Q- Quellen“, also Informanten zu platzieren, die die Zentrale mit Informationen über die Bonner Führungsriege versorgen sollten.

Informationsauswertende Diensteinheiten sammelten und überprüften alle eingehenden Informationen auf ihre Zuverlässigkeit sowie auf ihren Wert und leiteten diese entweder an die operativen Einheiten weiter oder fungierten direkt als „ Zuträger mit dem Ziel einer ständigen Informierung der Partei- und Staatsführung“. Nach dieser Methode arbeitete die Diensteinheit VII im Bereich „ Auswertung“.

Zur Durchführung „ aktiver Maßnahmen“[4] zum Beispiel in Form von Desinformationskampagnen kam die Abteilung X- „ Organisation politisch- aktiver Maßnahmen“ zum Einsatz: Gemäß Mielkes „ Prinzip der Zersetzung“[5] sollte durch eine bewusste, von der Stasi gelenkte Weiterleitung „ falscher, unvollständiger, entstellter, veralterter oder überholter Informationen“ an „ Multiplikatoren“ wie Politiker, Wissenschaftler und Journalisten eine für die BRD irritierende und unsichere Informationslage geschaffen werden, die bis hin zur Weitergabe sensibler Daten an das Ausland einen diskreditierenden Charakter annahm.

1.1 Die HVA unter Markus Wolf

Viele Mythen ranken sich um die HVA, die ihr „ Elite- Image“ vor allem Markus Wolf zu verdanken hat: Wolf leitete die HVA von 1958 bis 1986 und wurde erst 1979 durch einen Überläufer enttarnt- davor galt er im Westen als „ Mann ohne Gesicht“[6]. Die wenigen, nebulösen Kenntnisse, die den westlichen Diensten vorlagen, trugen wesentlich dazu bei, um Markus Wolf und die HVA eine Aura des geheimen und elitären aufzubauen.

Die Entwicklung dieser speziellen Abteilung des MfS wird allerdings erst durch eine nähere Betrachtung der Biographie Markus Wolfs verständlich, der beim Aufbau der Außenaufklärung große Freiheiten genoss und der HVA erst durch die Einbringung seiner Person zu einem Image verhalf, vor dem nicht zuletzt der Westen den Hut zog, wie zum Beispiel der ehemalige Chef von BND und Verfassungsschutz Heribert Hellenbroich, der die HVA in einer persönlichen Bestenliste auf Platz 4, nach dem Mossad, der CIA und dem KGB positionierte.[7]

Markus Wolf, geboren am 19. Januar 1923 in Hechingen, Württemberg, kam durch seinen Vater, Friedrich Wolf, Arzt und Schriftsteller, schon früh mit kommunistischem Gedankengut in Berührung. Friedrich Wolf war 1928 der KPD beigetreten und verfasste neben seinen gesellschaftskritischen Theaterstücken auch kämpferische Programmschriften. Besonders viel Aufsehen und Kritik erregte das Stück „Cyankali“, das das Abtreibungsgesetz als unmenschlich verurteilte. So wurde Friedrich Wolf schon bald zu einem „ bekannten Mann in der Republik“[8] und zog sich mit seinen Publikationen schnell die Missgunst der Nationalsozialisten zu.

Geprägt durch die politischen Anschauungen des Vaters treten Markus und sein Bruder Konrad den kommunistischen Jungpionieren bei. Als 1933 die NSDAP an die Macht kommt, reist Friedrich Wolf, Sohn eines jüdischen Kaufmannes, nach Moskau um für sich und seine Familie das Exil vorzubereiten. Schon zwei Jahre zuvor hatte er dank der Wogen um „ Cyankali“ eine Einladung in die Sowjetunion erhalten.

Im April 1934 folgt die Familie Wolf, die inzwischen in Stuttgart lebt, dem Vater nach Moskau. Dort besuchen die Söhne die Schule, lernen russisch und haben Umgang mit anderen Emigrantenfamilien. Trotz der Grausamkeiten des stalinistischen Regimes ist Markus Wolf fasziniert von Josef Stalin und bewundert ihn:

„ Er [ Stalin] blieb die Verkörperung unserer Sache, einer guten und edlen Sache.“[9]

Mit 16 erhält Markus die sowjetische Staatsbürgerschaft und beginnt ein Studium für Flugzeugbau in Moskau, bricht es aber nach zwei Jahren ab und wechselt auf Weisung der Partei 1942 an eine Komintern- Schule, wo künftige kommunistische Parteifunktionäre in ideologischem Unterricht, der Geschichte der KPdSU und Waffenkunde ausgebildet werden sollen. Neben den Vorlesungen und Diskussionen erhalten die „ Kursanten“[10] der Kaderschmiede auch eine militärische Kampfausbildung. Wolf fällt in der Gruppe der Deutschen Kursanten durch seine Intelligenz, seine sachliche und überlegte Art und seine rhetorischen Fähigkeiten auf. Nach der Auflösung der Komintern am 15. Mai 1943 wird auch Wolfs Schule in Kuschnarenkowo geschlossen. Daraufhin beginnt Markus Wolf für den Emigrantensender „ Deutscher Volkssender“ in Moskau zu arbeiten, als Redakteur, Sprecher und Kommentator.

Im Mai 1945 erhält Wolf von der Kommunistischen Partei Deutschlands den Auftrag, „ den deutschen Rundfunk in ihrem Sinne als Teil des neuen Deutschland zu errichten“[11]. So kehrt er kurz nach der „Gruppe Ulbricht” nach Deutschland zurück. Wolf sieht rückblickend auf die elf Jahre im Exil die Sowjetunion als seine „ zweite Heimat“ und bezeichnet sich selbst als „ halber Russe“.

In Berlin arbeitet Wolf für den Berliner Rundfunk und wird bald außenpolitischer Kommentator. Als prägendstes Erlebnis seiner journalistischen Laufbahn nennt er die Berichterstattung beim Nürnberger Kriegsverbrecher- Prozess: Hier macht sich seine Enttäuschung über die Deutschen bemerkbar, die ehemaligen NS- Funktionäre bezeichnet er als „ feige Kreaturen“, die im Gegensatz zu den kommunistischen Genossen, die seinerzeit vor Gericht standen, auf der Anklagebank einen „ enttäuschenden“ Eindruck machen. Doch nicht nur gegenüber den alten NS- Größen macht sich Wolfs Unmut über die Deutschen bemerkbar: Auch die von Wolf konstatierte „ deutsche Überheblichkeit“ in der Bevölkerung macht die Identifikationsprobleme des 22-jährigen Wolf mit seiner deutschen Abstammung deutlich. Da er aufgrund seiner Vita und nicht zuletzt seiner perfekten Russisch- Kenntnisse der sowjetischen Besatzung sehr nahe steht, genießt Wolf diverse Privilegien, wie beispielsweise eine luxuriöse 5- Raumwohnung mitten im zerstörten Berlin- man lädt in auch zu Treffen der sowjetischen Militärverwaltung ein.

Nach der Proklamation der Deutschen Demokratischen Republik im Oktober 1949 findet Wolf schnell eine Anstellung im Außenministerium und wird als „ Erster Rat“ zur DDR- Vertretung nach Moskau geschickt.

[...]


[1] Giesecke, Jens: Mielke- Konzern. Die Geschichte der Stasi 1945- 1990, Stuttgart/ München 2001, S. 290/ 291.

[2] Sélitrenny, Rita; Weichert, Thilo: Das unheimliche Erbe. Die Spionageabteilung der Stasi, Leipzig 1991, S. 34- 39.

[3] Sélitrenny; Weichert: S. 40- 43.

[4] Giese>

[5] Sélitrenny; Weichert: S. 60- 62.

[6] Giese>

[7] Ebd., S. 196.

[8] Reichenbach, Alexander: Chef der Spione. Die Markus- Wolf- Story, Stuttgart 1992, S. 24.

[9] Reichenbach: S. 41.

[10] Ebd., S. 46.

[11] Ebd., S. 50/ 51.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Operative Aufklärung der HVA in der BRD
Untertitel
Struktur und Aufbau der tätigen Abteilungen
Hochschule
Universität Erfurt
Veranstaltung
Außenpolitik der DDR
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V34917
ISBN (eBook)
9783638349963
ISBN (Buch)
9783638789950
Dateigröße
466 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Operative, Aufklärung, Außenpolitik
Arbeit zitieren
B.A. Malte Gaier (Autor:in), 2005, Operative Aufklärung der HVA in der BRD, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34917

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Operative Aufklärung der HVA in der BRD



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden