Willenserklärung und Zustandekommen von Verträgen in Deutschland

Vorbereitung für das Schuldrechtsexamen mit "BGB Kompakt" von Wolfgang Däubler


Zusammenfassung, 2016

39 Seiten

Mike G. (Autor:in)


Leseprobe


BGB Kompakt von Wolfgang Däubler

Zusammenfassung der Kapitel 8 bis 12, 16

Zur Einführung in das BGB und die Anwendung dessen ist es oft von Vorteil sich mit der allgemeinen Rechtsprechung auseinanderzusetzen. Viele Autoren bieten Hilfestellungen in solchen Fragen an, darunter auch Herr Wolfgang Däubler in seinem Buch „BGB kompakt“ (ISBN-13: 978-3423056939), welches zeitloses Wissen über die allgemeine Rechtsprechung, den richtigen Umgang mit dem BGB und die Anwendungen verschiedenster wichtiger Paragraphen vermittelt. Im Zuge der Vorbereitung für das Schuldrechtsexamen wurde diese Zusammenfassung der relevanten Kapitel 8, 12 und 16 erstellt sowie um einiges verlässliches Hintergrundwissen erweitert. Es dient dem vertiefenden Verständnis der Themen Willenserklärung und dem eigentlichen Zustandekommen von Verträgen im Alltag sowie im Sinne des Gesetzgebers.

- Die Willenserklärung und ihre Bestandteile.
- Willenserklärung als Kundgabe eines Rechtsfolgewillens, private Willensäußerung, die auf eine Erzielung einer Rechtsfolge gerichtet ist.
- Rechtlicher Effekt einer Willenserklärung tritt ein, weil ihn der Erklärende gewollt hat.
- Zwei Voraussetzung für eine Willenserklärung.
- Ein bestimmter Wille.
- Eine Erklärung nach außen hin.

- Der Wille.
- Drei aufeinander aufbauende Stufen.
- (1) Handlungswille: Person muss handeln wollen und nicht nur irgendetwas sagen.
- (2) Erklärungsbewusstsein: Erklärender muss die Vorstellung haben etwas Rechtliches bewirkt zu haben.
- Anhalter mitnehmen ist Handlungswille, aber nicht Erklärungsbewusstsein, da keine Absicht irgendetwas bewirken zu wollen.
- Auf dem Taxi steht „frei“ geschrieben, als Taxifahrer nach Fahrt dennoch Geld verlangt muss Mitfahrer nicht zahlen, da fehlendes Erklärungsbewusstsein.
- (3) Geschäftswille: Einen bestimmten Zustand verbindlich herbeiführen wollen, ob korrekte Folge aus den Taten oder nicht ist irrelevant.

=> Wille muss definitiv sein.

- Fehler in den drei Stufen werden Willensmängel genannt.

- Die Erklärung.
- Wille muss eindeutig erklärt werden.
- Explizit, z.B. über Vertrag oder Absprache; nur einige Geschäfte sind an Formvorschriften gebunden.
- Implizit // konkludent, d.h. Über getätigte Handlungen kann ein Dritter Rückschlüsse auf Willen schließen.
- Am kalten Buffet einer Raststätte bedient, Ware auf das Fließband im Supermarkt gelegt.
- Schweigen bedeutet nur in Ausnahmefällen den Abschluss eines Vertrages.
- Vereinbarung eines Widerspruchs, wenn Geschäft nicht zustande kommen soll.
- Regelfall bzgl. Schweigen: „Wer passiv bleibt, erklärt grundsätzlich nichts“.
- Wer Waren empfängt, welche er nicht bestellt hat und diese einfach liegen lässt (also nicht zurück schickt oder Fehler meldet), der hat dieses „Angebot“ nicht angenommen (§ 241 a).
- Wird ein Computer derlei programmiert, dass er Willenserklärungen abgeben kann, so stellt dies eine wirksame Willenserklärung des Inhabers des Computers dar.

→ „Verhalten“ der Computer liegt der Programmierung durch Menschen zugrunde.

- Empfangsbedürftige und nichtempfangsbedürftige Willenserklärungen.
- Normalerweise werden Willenserklärungen gegenseitig abgegeben, z.B. beim Abschluss eines Kaufvertrages im Supermarkt oder eines Arbeitsvertrags nach einem Bewerbungsgesprächs.
- Einige Willenserklärungen (Rechnungen, Mahnungen) sind dagegen aber empfangsbedürftig, sie werden erst wirksam wenn sie dem Empfänger zugehen (§ 130).
- Sonderfall wenn Bote oder Stellvertreter die Willenserklärung entgegen nimmt.
- Zugang über Briefe und andere gedruckte Nachrichtenträger.
- Wenn Briefträger den Empfänger nicht angetroffen hat und einen Benachrichtigungszettel im Briefkasten hinterlässt, dann gilt Willenserklärung nicht als zugegangen, da Empfänger keine Möglichkeit hat jederzeit auf Brief zuzugreifen (wenn z.B. Poststelle geschlossen hat).

→ Wann man damit rechnen kann, dass Brief bei Post abgeholt wurde, ist situativ und entscheidet der Richter.

- Einwurf-Einschreiben gilt dagegen als Zugang, da Briefträger das Einwerfen des Briefes „als Zeuge“ dokumentiert.
- Zugang über Fax und e-Mail.
- Ist das Faxgerät oder Mail-Server fehlerhaft, muss dies dem Absender bekannt sein, damit Zugang nicht erfolgt.
- Ist es Absender nicht bekannt, dann ist Willenserklärung zugegangen, da Reparatur dieser Probleme im Risikobereich des Empfängers liegt.
- Zugangsproblematik gilt auch für Erklärungen, welche gegenüber einer Behörde abzugeben sind (§ 130 Abs. 3).
- Nachtbriefkästen der Behörden haben eine Klappe, welche um Punkt 24 Uhr umschlägt, sodass Behörden genau sehen, welche Briefe vor und welche nach Mitternacht eingegangen sind.

→ Wenn Brief abgegeben werden muss, dann bis kurz vor Mitternacht Zeit dafür, auch wenn zwischen Mitternacht und 6 Uhr niemand nachschaut, kann Behörde doch erkennen ob Brief rechtzeitig eingegangen ist.

- Erklärender muss grundsätzlich immer beweisen, dass Zugang erfolgt ist.
- Einwurf-Einschreiben oder Gerichtsvollzieher (gemäß § 132) als beste Möglichkeit.

- Willenserklärungen unter Anwesenden.
- Wenn Willenserklärung dem Empfänger direkt übergeben wird, dann gilt diese als zugegangen, irrelevant ob Empfänger diese gelesen hat oder nicht.
- Mündliche oder konkludente Willenserklärungen müssen gehört / wahrgenommen (Vernehmungstheorie), nicht unbedingt verstanden werden (wenn Umstände nicht auf Missverständnis verweisen).

- Schwer verständliche Erklärungen.
- Für Willenserklärung gegenüber einem Ausländer, welcher kein deutsch versteht, gelten andere Regelungen.
- (1) Schriftliche Erklärungen: Zugang nach § 130 erst, wenn verständliche Übersetzung zugegangen ist.
- (2) Mündliche Erklärungen: Dolmetscher muss hinzugezogen werden, ansonsten ist Rechtsfolge ungültig.
- Verständigungsprobleme können auch entstehen, wenn Fachbegriffe verwendet werden.
- Erklärender muss Empfänger die Möglichkeit einräumen bei Verständnisproblemen eine verständliche Erklärung fordern zu können.
- Wenn Empfänger nicht auf Willenserklärung reagiert hat, da er diese nicht als solche wahrgenommen hat, wird er nicht geschützt.
- Willenserklärung und Empfängerperspektive.
- Verständnishorizont des Empfängers ist für Auslegung sehr bedeutend, kann unter Umständen auch zu Vertragsfiktion führen.

- Problem der Auslegung.
- § 133: Willenserklärung muss gemäß beabsichtigtem Willen erforschen, nicht genaue Wortformulierung.
- § 157: Auslegung von Verträgen gemäß Treu und Glauben mit Rücksicht auf Verkehrssitte.

=> § 133 will eigentlichen Willen erforschen, § 157 beruft sich auf objektive Größe.

- § 133 bezieht sich zwar auf Willenserklärungen und § 157 nur auf Verträge, jedoch kommen Verträge durch zwei korrespondierenden, übereinstimmenden Willenserklärungen zustande.

- Auslegung allein nach dem Willen des Erklärenden.
- Willenserklärungen, welche nicht an andere gerichtet sind (z.B. Testament), werden nur gemäß dem beabsichtigten Willen ausgelegt.
- Wenn sich beide Parteien über Vertragsgegenstand einig sind, dieser im Vertrag aber falsch bezeichnet wurde, dann gilt es trotzdem.
- Auch wenn sich nur eine Partei mit der Bezeichnung geirrt hat, aber die andere weiß worum es sich handelt.

→ „ Falsa demonstratio non nocet “ (Falschbezeichnung schadet nicht).

- Auslegung aus Sicht des Empfängers.
- Wenn eine Willenserklärung an andere gerichtet ist, gilt der objektive Empfängerhorizont.
- Vertragsschutz potentieller Vertragspartner, da nach objektiv verständlichem Willen gefragt wird und nicht länger nach dem intendierten.

→ Empfänger soll auf dem Inhalt einer vermeintliche Willenserklärung vertrauen können.

- Erklärender besitzt das Recht zur Anfechtung nach §§ 119 i.V.m. 142, muss aber gemäß § 122 Schadensersatz leisten, da Fehler in seiner Sphäre lag.

- Willenserklärung kraft Vertrauensschutzes?
- Problem an § 157 ist, dass Geschäftswille des Erklärenden nicht vorlag, bzw. ein anderer als im Vertrag festgehalten.
- Absicherung durch § 119, mit welchem die (mangelhaften und deshalb anfechtbaren) Rechtsfolgen zustande gekommen sind, aufgelöst werden kann.
- Würde Gesetzgeber fehlenden Geschäftswillen eindeutig erkennen können, dann wäre § 119 unnötig, ist er aber nicht.
- Im Falle der Trierer Weinversteigerung fehlt zusätzlich zum Geschäftswillen auch das Erklärungsbewusstsein.
- Kaufvertrag kommt aber zustande, da mit erforderlicher Sorgfalt erkennen werden könnte, dass das Heben der Hand bei einer Versteigerung als konkludentes Verhalten ausgelegt werden könnte.
- Grenze liegt bei „ untergeschobenenErklärungstatbeständen.
- Wenn ein Gast falsche Speisekarten in ein Restaurant bringt, dann muss Besitzer diese Speisen auch nicht zu diesen Preisen verkaufen.
- Wird das Fehlen des Erklärungsbewusstseins vom Empfänger erkannt (Ausländer, welcher die deutschen Sitten / Sprache nicht kennt) oder hätte erkannt werden können, kommt kein wirksamer Vertrag zustande.

- Fingierte Willenserklärungen – Schweigen als Rechtsgeschäft.
- Drei Fälle, in welchen der Gesetzgeber Schweigen als ausdrückliche Willenserklärung ansieht.
- (1) Geht einem Kaufmann ein Auftrag zu, muss er explizit ablehnen (§ 362 Abs. 1 Satz 1 HGB).
- (2) Bestätigungsschreiben zwischen Vertragsparteien müssen verworfen werden, andernfalls gilt der Inhalt, welcher nicht unbedingt den (mündlichen) Absprachen entspricht.
- Gilt nicht, wenn eine Vertragspartei vorsätzlich den Inhalt des Bestätigungsschreibens verändert.
- (3) Bei Werkverträgen (§ 632) oder Arbeits- und Dienstverträgen (§ 612) gilt Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn unter normalen Umständen mit einer Vergütung zu rechnen ist.

=> § 119 gilt nicht, da andere Vertragspartei auf Existenz einer Annahmeerklärung vertrauen hätte dürfen.

=> Regelfall bleibt aber weiterhin bestehen: „Wer schweigt erklärt grundsätzlich nichts“.

- Widersprüchliche Willenserklärungen (Kreuz hinter „Ich bestelle“ sowie hinter „Ich bestelle nicht“) sind nichtig.
- Versenden beide Vertragsparteien jeweils andere Bestätigungsschreiben und lehnen diese nicht ab, so ist ein Vertrag über eigentlich mündlich Vereinbartes zustande gekommen.

- Beispielfall 1.
- Vier Nachbarn bestellen üblicherweise ihr Heizöl gemeinsam um Mengenrabatt zu erhalten. A kümmert sich um die Bestellungen beim Lieferanten, feiert dieses Jahr allerdings gleichzeitig seinen 60.Geburtstag. Es geht die Grußkarte sowie das Bestellformular herum. D hat noch genügend Heizöl und möchte lediglich die Grußkarte unterschreiben, hat aber auf dem Formular unterschrieben. Fehler wird erst bemerkt, als Lieferant mit Heizöl vor Ds Wohnung steht. Ist D vertraglich gebunden?

- Beispielfall 2.
- M wohnt zur Miete in einem Einfamilienhaus, besitzt aber keinen Briefkasten, da Briefverkehr über dessen Firma abgewickelt wird. Vermieter V legt Kündigungsschreiben deshalb vor die, von der Straße aus gut sichtbare Eingangstür und legt einen Stein darauf. Nach drei Wochen ist M immer noch nicht ausgezogen, da er behauptet kein Kündigungsschreiben erhalten zu haben. V dagegen hat aber 2 Zeugen, welche das Ablegen des Briefes vor der Haustür gesehen haben. Ist die Willenserklärung zugegangen?

- Willensmängel – Überblick.
- Fehler bei der Abgabe von Willenserklärungen sind in §§ 116 bis 124 geregelt, alle anderen Fälle werden auf Ähnlichkeiten hin untersucht oder eigenständige Lösungen entwickelt.
- (1) Willensvorbehalte (§§ 116 bis 118) entstehen, wenn bewusst eine Willenserklärung abgegeben wurde, ohne die Rechtsfolge zu wollen; wichtigste Ausnahme bildet das Scheingeschäft.
- (2) Fehlerhafter Geschäftswille entsteht wenn mit abgegebener Willenserklärung eigentlich eine andere Rechtsfolge erhofft / erwartet wurde; diese Irrtumsfälle werden in § 119 geregelt.
- (3) Betrugsfälle entstehen, wenn eine Vertragspartei von der anderen bewusst (= arglistig) getäuscht wurde.
- (4) Willensbildungen unter Androhung empfindlicher Übel werden wie Betrugsfälle in § 123 geregelt.
- (5) Fehlender Handlungswille bei Willenserklärungen oder Zugang von Willenserklärungen ohne Anlass.
- Dissens (zwei übereinstimmende, aber nicht korrespondierende Willenserklärungen).

- Drei verschiedene Fälle der Willensvorbehalte.
- (1) Geheimer Vorbehalt.
- § 116 Satz 1: Verheimlichen von Informationen macht Vertrag nicht nichtig, nur Vorenthaltung (Verletzung der Informationspflichten).
- § 116 Satz 2: Wenn der Empfänger den geheimen Vorbehalt kennt, dann wird Vertrag nichtig.
- (2) Scherzerklärung.
- § 118: Willenserklärungen, welche scherzhaft ausgesprochen wurden, sind nichtig, sofern dies er Erklärende beweisen kann (und der Richter den Beweis anerkennt).
- (3) Scheingeschäft.
- Scheingeschäfte kommen zustande, wenn sich beide Vertragsparteien einig sind einen Vertrag zum Schaden / zur Täuschung eines Dritten abzuschließen.
- § 117 Abs. 1: Scheinerklärungen sind nichtig.
- § 117 Abs. 2: Verstecktes Rechtsgeschäft ist nicht nichtig, muss lediglich den dafür vorgesehenen Pflichten unterworfen werden (Steuern, Formvorschriften etc.).

→ Gleiche Vorgehensweise wie bei Falschbezeichnung.

- Strohmanngeschäfte sind keine Scheingeschäfte und rechtlich gar nicht verwerflich, sofern Dritten nicht geschadet wird.

- Irrtum.
- § 119 Abs. 1 erlaubt zwei Arten von Irrtümern für eine Anfechtung.
- (1) Erklärungsirrtum oder Irrung.
- Wille wurde nicht korrekt niedergeschrieben bzw. übermittelt („verschreiben“ oder „vertippen“).
- Praktisches Beispiel ist das unabsichtliche, unbemerkte Hinzufügen einer 0 an eine Bestellmenge.

→ Gleiches gilt, wenn Boten falsche Nachricht übermitteln oder Softwareprobleme ein anderes Angebot anzeigen lassen.

- (2) Inhaltsirrtum.
- Erklärender hat mit anderer Rechtsfolge gerechnet als es der objektive Sinn hergibt.
- Gilt für alle Vertragstypen sowie bei Verträgen mit „falschen“ Personen.

- Motivirrtum.
- Unbeachtlichkeit ist kein Grund für § 119, da ansonsten jede Willenserklärung angefochten werden könnte (Wahrheit stellt sich immer etwas anders dar als erhofft).

→ Schutz der Verlässlichkeit geschäftlicher Beziehungen.

- §119 Abs. 2 erlaubt Anfechtung bei Irrtum über Eigenschaften der Person oder Sache, die im Verkehr als wesentlich erachtet werden.
- Verkehrswesentliche Eigenschaft: Entweder Umstände, welche sich auf das Rechtsgeschäft beziehen oder Umstände, welche sich unmittelbar auf die Sache beziehen.
- Verkehrswesentliche Eigenschaften eines Handwerkers sind die Kenntnis seines Handwerks, nicht aber seine politischen oder religiösen Ansichten.

→ Rechtsprechung ist sich uneinig, aber erste Variante schränkt Möglichkeiten des Irrenden ein.

- Objekt der Fehlvorstellung muss nicht zwangsläufig eine Sache oder Person sein, auch Irrtum über Vermögensmassen möglich.
- Anwendungsmöglichkeiten ohne rechtliche Bedeutung.
- Wenn mit dem Geschäft verbundene Erwartungen nicht erfüllt wurden (Geschenk weckte keine Begeisterung).
- Wer sein Erbe aus DDR ausgeschlagen hat und nach 1989 wieder zurückfordern wollte.
- Irrtümer über den Wert wird nicht anerkannt, da Wert keine Eigenschaft der Sache, sondern lediglich die Bewertung der Sache durch den Markt ist.
- Wertbildende Faktoren wie z.B. Echtheit eines Gemäldes werden dagegen schon einbezogen.
- Geschäfte mit spekulativem Einschlag (Aktienhandel) sind generell von der Anfechtungsmöglichkeit ausgeschlossen.

- Problematischere Fälle.
- (1) Rechtsfolgeirrtum.
- Sind Rechtsfolgen Vertragsinhalt gewesen, dann könnte angefochten werden, wenn diese nicht eingetreten sind.
- Rechtsfolgeirrtum ist beachtlich, wenn dieser die unmittelbare Hauptwirkung einer Erklärung betreffe.

→ Belohnung desjenigen, welche möglichst viele Rechtsfolgen in seine Erklärung aufnimmt.

- (2) Kalkulationsirrtum.
- Innerer Kalkulationsirrtum: Erklärender übermittelt einen falschen Verkaufspreis, dann darf Empfänger davon ausgehen, dass dieser stimmt.
- Externer Kalkulationsirrtum: Wird Empfänger eine Verkaufspreisliste übermittelt, deren ausgerechnete Summe falsch berechnet wurde, dann gilt die richtige Summe.
- Wenn sowohl Einzelpreise als auch Gesamtpreis ausgewiesen sind, jene aber nicht übereinstimmen, so kommt keine Willenserklärung zustande.
- Sonderfall: Gemeinsamer Motivirrtum.
- § 779 Abs. 1: Entspricht Inhalt des Vertrages nicht der Wirklichkeit (und wäre bei Kenntnis kein Rechtsstreit oder Ungewissheit entstanden), ist Vertrag unwirksam.
- Ab 2002 § 313 Abs. 2: Geschäftsgrundlage fällt weg, wenn wesentliche Vorstellung über den Vertrag sich als falsch herausstellt.
- Anpassung des Vertrages, wenn einem Vertragspartner das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist.

→ Anpassung unmöglich, dann darf Partei vom Vertrag zurücktreten.

- Beispiel: In Rubel ausgezahltes Darlehen soll in Mark zurückgezahlt werden, beide Parteien legen aber einen unterschiedlichen Wechselkurs an. Da sich beide aber am richtigen Wechselkurs orientieren sollten, wird Vertrag angepasst.
- Vertragliche und gesetzliche Risikoverteilung muss ebenfalls berücksichtigt werden.
- Beispiel: Fußballspieler wird für viel Geld eingekauft und wenig später für 5 Jahre gesperrt wegen Doping im Vorgängerverein. Wenn beide Parteien davon nichts gewusst hätten, müsste erster Verein dem zweiten den Kaufpreis erstatten.

- Die Anfechtung.
- Sofern Voraussetzungen in §§ 119 oder 120 erfüllt sind, darf Irrender Vertrag anfechten.
- Irrender besitzt ein Gestaltungsrecht: Kann sich Vertrag trotz Irrtum beugen oder seine Bindung nachträglich beseitigen.
- In Praxis Anfechtung eher unbedeutend, da Unternehmen Verhältnis zu Kunden oder Partnern nicht einschränken wollen und weil beweisen eines Irrtums sehr schwierig ist.
- § 143: Anfechtung muss gegenüber dem anderen Vertragspartner deutlich gemacht werden, dafür muss das Wort „Anfechtung“ nicht fallen, lediglich der Wille muss deutlich werden.
- Anfechtung muss „ohne schuldhaftes Verzögern“ erfolgen, Irrender hat aber angemessene Überlegungsfrist (Obergrenze ca. 2 Wochen).

→ Irrtum kann jederzeit plakatiert werden, spätestens aber nach 10 Jahren (§ 121 Abs. 2).

- Nach § 144 kann der Irrende Vertrag bestätigen, wenn er Irrtum ertragen möchte.
- § 142 Abs. 1 enthält eine Rückwirkungsfiktion und terminiert den gesamten Vertrag „ex tunc“, macht ihn also von Beginn an unwirksam, als hätte nie ein Vertrag bestanden.
- Beim Erklärungsirrtum kann die andere Seite das vom Irrenden Gewollte nachträglich akzeptieren.
- § 122 verpflichtet Anfechtenden dazu den Schaden zu ersetzen, welchen der Empfänger erlitten hat, da er auf die Wirksamkeit der Willenserklärung vertraut hatte (negatives Interesse // Vertrauensschaden).

- Zwei wichtige Grenzen des Vertrauensschadens nach § 122.
- Der Empfänger darf nach Vertragstermination nicht besser dar stehen als vor Vertragsabschluss (wenn ein Vertragsabschluss mit einem Dritten mehr Geld gebracht hätte, darf Differenz nicht der Irrende tragen).
- Kein Leisten eines Vertrauensschadens, wenn Empfänger vom Irrtum gewusst hatte und Vertrag trotzdem abgeschlossen hat.

- Arglistige Täuschung.
- § 123 erlaubt Anfechtung von Verträgen, welche aufgrund von vorsätzlicher Täuschung abgeschlossen wurden.
- Drei wichtige Begriffe werden im Gesetzestext angesprochen.
- (1) Täuschung.
- Bewusstes, vorsätzliches Erregen eines „Irrtums“ einem anderen gegenüber.
- Voraussetzung ist das Vorspielen oder Verzerren von Tatsachen, subjektive Werturteil und Übertreibungen (wie in der Werbung) reichen nicht aus.

=> Obwohl wenig sachkundiger Verbraucher „getäuscht“ wurde, gilt §123 nicht.

→ Seit Schuldrechtsmodernisierung stellt Abweichung von Werbeaussagen u.U. Einen Sachmangel dar.

- Täuschung bedeutet auch Fehlvorstellungen des Vertragspartners nicht zu berichtigen.
- Hauskäufer darf damit rechnen, dass Haus mit Baugenehmigung gebaut wurde und nicht vom Abriss bedroht ist; wenn das nicht der Fall, muss Verkäufer diesen darüber informieren.
- (2) Arglist.
- Arglistige Täuschung soll einen anderen dazu veranlassen eine Willenserklärung abzugeben.

→ Annahme des Täuschenden, dass seine Aussage eine gewisse Folge bedeutet, reicht aus.

- (3) Kausalität.
- Täuschung muss effektiv zur Abgabe einer Willenserklärung geführt haben und nicht nur vom Täuscher intendiert worden sein.
- Anfechtung bei arglistiger Täuschung verhält sich ähnlich zu jener aus Irrtum.
- Unterschied ist Überlegungsfrist von einem Jahr nach Kenntnisnahme (§ 124), 10 Jahresobergrenze besteht aber weiterhin (§ 121).
- Schadensersatz ist nicht zu leisten, im Gegenteil, der Getäuschte kann (z.B. gemäß § 826) Vertrauensschaden verlangen.
- Täuschung durch Dritte.
- Bei Täuschung durch Dritte Anfechtung nur, wenn Adressat die Täuschung kannte oder kennen musste.
- Empfänger bleibt geschützt, Vertrag bleibt bestehen, sofern nicht nach § 119 zu anfechten gewollt.
- Dritter sind alle Personen, welche nicht im Interesse einer Vertragspartei handeln (nicht Familienmitglied oder Freund).
- Widerrechtliche Drohung.
- § 123 Abs. 1 Anfechtungsgrund ist ebenfalls eine Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung.
- Dazu sind zwei Begriffe relevant.

- (1) Die Drohung.
- Drohung ist ein Übel, welches einem anderen in Aussicht gestellt wird und der Drohende herbeiführen kann (Androhung körperlichen Schadens).
- Warnung ist eine Ankündigung eines vorhersehbaren Übels, welches nichts mit dem Aussprechenden zu tun hat (folgende Anzeige wegen Fehlverhalten).

→ Irrelevant wer der Drohende ist, selbst ein Dritter kann drohen.

- (2) Widerrechtlichkeit.
- (a) Angedrohtes oder effektiv eingesetztes Mittel muss rechtswidrig sein (körperlicher Schaden).
- (b) Drohung ist auch widerrechtlich, wenn selbst nicht in Vertrag involviert.
- (c) Ziel der Aktion ist rechtswidrig, nicht das Mittel.
- (d) Verknüpfung von rechtmäßigem Mittel und verfolgtem Zweck kann von Rechtsordnung nicht hingenommen werden.
- Schulder begeht Fahrerflucht und Gläubiger droht mit Strafanzeige wenn Darlehn nicht sofort zurückgezahlt wird; sowohl Mittel als auch verfolgter Zweck sind legitim, aber Verknüpfung beider nicht.
- Drohungen sind nur dann legitim, wenn Drohender ein berechtigtes Interesse hat und Drohung nach Treu und Glauben ein angemessenes Mittel zur Erreichung dieses Ziels anzusehen ist.
- Im Verkehrsunfall Geschädigter will Schaden schnell und unbürokratisch beseitigen, sonst droht er mit Strafanzeige.
- Kausalität zwischen Drohung und Abgabe der Willenserklärung muss nachweisbar sein.
- Für Schadensersatz und Anfechtungserklärung gelten selbige Grundsätze wie bei arglistiger Täuschung.
- Fehlende Voraussetzungen einer Willenserklärung.
- Bei fehlendem Handlungswillen (Hypnose oder Schlafwandeln) kommt kein Vertrag zustande.
- Bei fehlendem Erklärungsbewusstsein aber Fahrlässigkeit kann zustande gekommener Vertrag angefochten werden (siehe Trierer Weinversteigerungsfall oben).
- Willenserklärung die ohne Willen einem anderen zugegangen ist, kann ebenfalls wegen Irrtum angefochten werden.
- Objektiver Empfängerhorizont bestätigt Vorliegen eines Vertrages.
- Wenn Dritter Willenserklärung abschickt um Erklärenden vorsätzlich zu schaden, kann nach § 123 wie Drohung angefochten werden.

- Sonderregeln für Organisationsverträge und Arbeitsverhältnisse.
- Bei Gründung einer juristischen Person, wobei Willensmängel aufgetreten sind regeln §§ 275-277 AktG und 75-77 GmbHG die Situation.
- Zum Schutz der Wirtschaft gilt § 142 nicht, nach oben genannten Paragraphen dürfen nur Satzungsmängel angeklagt und verändert werden.
- Willensmängel bei Personengesellschaften oder nach Antritt eines Arbeitsverhältnisses können nur ex nunc und nicht ex tunc aufgelöst werden.

- Beispielfall 1.

- K will in einem Möbelhaus einen Tisch kaufen, welchen der Verkäufer fälschlicherweise 15% günstiger ausgibt, weil er auf eine alte Preisliste schaute. An der Kasse fällt der Irrtum auf und der Inhaber will zum „regulären“ Preis verkaufen. Mit Recht?
- Beispielfall 2.
- Ehemann M benötigt für seine neugegründete Firma einen Kredit in Höhe von € 50.000. Bank verlangt aber Sicherheiten und fertigt Bürgschaftserklärung für Ehefrau an. Ehemann erklärt dieser, dass Bank aus Sympathie mit Neugründern Darlehn erst nach 10 Jahren zurückverlange und die Bürgschaft harmlos sei. Ehefrau F unterschreibt den Vertrag ungelesen. Sechs Monate später kommt Ehemann in Zahlungsschwierigkeiten und Bank möchte von F die Bürgschaft einfordern. Zu Recht?

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Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Willenserklärung und Zustandekommen von Verträgen in Deutschland
Untertitel
Vorbereitung für das Schuldrechtsexamen mit "BGB Kompakt" von Wolfgang Däubler
Autor
Jahr
2016
Seiten
39
Katalognummer
V351332
ISBN (eBook)
9783668389250
ISBN (Buch)
9783668389267
Dateigröße
637 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wolfgang Däubler, BGB Kompakt, BGB, Willenserklärungen, Verträge, Schuldrecht, Sachenrecht
Arbeit zitieren
Mike G. (Autor:in), 2016, Willenserklärung und Zustandekommen von Verträgen in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351332

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