Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2 Theoretische Grundlagen der Corporate Governance
2.1 Definition und Abgrenzung der Corporate Governance
2.2 Gegenstand der Corporate Governance und Vergleichsansätze
2.3 Familiengesellschaften als Gegenstand der Untersuchung
2.4 Publikumsgesellschaften als Gegenstand der Untersuchung
2.5 Agency-Ansatz: Agency-Probelme in Familiengesellschaften und Publikumsgesellschaften
3 Ausgewählte Modelle der Governance in Familienunternehmen
3.1 Corporate Governance Kodex für Familienunternehmen
3.2 Elemente der Governance in Familienunternehmen
4 Ausgewählte Modelle der Governance in Nicht-Familienunternehmen
4.1 Ausschließliche Anteilsorientierung - Shareholder-Value-Ansatz
4.2 Kombinierte Anteilsorientierung und Mitarbeiterorientierung
5.. Fazit
Abbildungen
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Die drei Säulen der Corporate Governance im Mittelstand
Abbildung 2 Modelle derCorporate Governance
Abbildung 3 Mögliche Anspruchsgruppen einer Unternehmung
Abbildung 4 Insider System der Beteiligungen und Kontrolle
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Ein Vielfach innerhalb der Unternehmen und in der Öffentlichkeit diskutiertes Thema ist die verantwortungsvolle und adäquate Unternehmensführung, die in dem Begriff der „Corporate Governance" widergespiegelt wird. Mit einem Wort übersetzt lehnt sich der Begriff am ehesten an den Begriff der „Unternehmensverfassung" an.1
Ist die Organisation von börsennotierten Gesellschaften vorwiegend gesetzlich geregelt und gestattet lediglich einen allgemeingültigen und begrenzten wirtschaftspolitischen Spielraum, so bleiben ethische Aspekte des Verhaltens eines Unternehmens mit sozialer Verantwortung eher unreguliert. Nachdem zahlreiche große, international agierende Gesellschaften aufgrund von Fehlverhalten des Managements und aufgrund von Vertrauensbrüchen der Eigentümer mit dem Management zusammengebrochen sind, wurden Forderungen nach Eingriffen diesbezüglich, vor allem von den internationalen Kapitalanlegern, laut.2 Zur gleichen Zeit fand eine zunehmende internationale Verflechtung der Kapitalmärkte statt, die hierzulande eine Diskussion entfachte, bei der der Umgang mit den Anteilseignern und ihren Erwartungen bezüglich einer guten Unternehmensführung das Thema war. Langfristig sollte es fortan das Ziel sein, sowohl Anteilseigner als auch das Management zufriedenzustellen. Es etablierte sich eine „Corporate Governance", die die Leitung und Kontrolle des Unternehmens organisiert. In Deutschland sind von diesen Aspekten, betrachtet man vor allem die große Anzahl kleiner und mittlerer Unternehmen, nur ein geringer Teil der Unternehmen betroffen. Der deutsche Mittelstand, welcher seine Kapitalanteile eher selten multinational auf den Aktienmärkten anbietet, bleibt von den etablierten Regulierungen der Corporate Governance weites gehend unberührt.3
Die Welle der Diskussionen hat in den letzten Jahren jedoch zunehmend auch den Mittelstand erreicht, da gerade dieser Teil der Unternehmen durch die zunehmende Internationalisierung verwundbar ist. Die Globalisierung, die Mechanisierung und Technisierung stellen sowohl Chancen als auch Bedrohungen für den deutschen Mittelstand dar. Dabei wird eine „Good Governance" an Relevanz gewinnen, wenn es darum geht die Wettbewerbsfähigkeit in einem sich schnell entwickelnden Markt zu sichern.4
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welche Unterschiede die Corporate Governance bei Konzernen und eignergeführten Unternehmen, Familienunternehmen, aufweist. Weiterhin stellt sich die Frage, insbesondere vor dem Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten, welche Prinzipien ordnungsgemäßer Unternehmensführung für Konzerne und für mittelständische Unternehmen definiert werden können.5 Ziel dieser Arbeit ist es daher, die unterschiedlichen Agency- probleme und die damit einhergehenden unterschiedlichen Governance-Strukturen in den beiden Unternehmenstypen aufzuzeigen. Dem Leser soll verdeutlicht werden, dass aufgrund der Spezifität und Besonderheiten von Familienunternehmen, der herkömmliche Governance Kodex nicht herangezogen werden kann, sondern andere Regelungen ordnungsgemäßer Unternehmensführung notwendig sind.
2 Theoretische Grundlagen der Corporate Governance
2.1 Definition und Abgrenzung der Corporate Governance
Die Corporate Governance fußt auf drei theoretischen Säulen, die sich aus Elementen der Prinzipal-Agent-Theorie, der Transaktionskostentheorie und der Theorie der Verfügungsrechte zusammensetzt. Diese Theorien sind in der Literatur der Disziplin der „Neuen Institutionenökonomik“ zugeordnet.6
Die Corporate Governance hat das Ziel, langfristig die Anteilseigner und das Management zufriedenzustellen und die Leitung und Kontrolle des Unternehmens zu organisieren. Besonders die Schaffung von Transparenz bezogen auf alle gewerblichen und insbesondere finanziellen Aktivitäten der Unternehmensführung steht im Vordergrund.7 Zur Vereinheitlichung des Begriffs bedient sich diese Arbeit der Definition von Hausch: „Die Corporate Governance beschreibt die systematische Ausrichtung aller Leitungsund Kontrollaktivitäten auf den Interessenausgleich der branchenspezifischen Anspruchsgruppen einer Unternehmung unter Berücksichtigung der internen Organisation sowie der externen, zum Teil gesetzlich kodifizierten Rahmenbedingungen.“8 Diese Definition wird den in Kapitel 2.2 beschriebenen Sichtweisen der Corporate Governance gerecht.
2.2 Gegenstand der Corporate Governance und Vergleichsansätze
Im Folgenden werden zwei unterschiedliche Sichtweisen auf die Corporate Governance vorgestellt, um ein einheitliches Verständnis des Begriffs zu gewährleisten. Auf der einen Seite steht die Sicht des Shareholder Value des angelsächsischen Corporate Governance Systems. Corporate Governance wird hierbei verstanden als: „(...) control over enterprises aimed at ensuring the efficient use of the assets entrusted to them by the proprietors.”9 In diesem Fall spricht man lediglich von der Kontrolle des Unternehmens. Ziel dabei ist es, das Vermögen der Eigentümer effizient einzusetzen. Boden spricht in diesem Zusammenhang von einem systematischen Prozess, der dazu dient die Unternehmung zu führen und zu kontrollieren, sodass die wertschöpfenden Kapazitäten erhöht werden.10 (Siehe hierzu auch Kapitel 4.1, S. 11)
Im kontinentaleuropäischen Raum ist hingegen die sich weitreichender gestaltende stakeholderorientierte Sichtweise gängiger. Hierbei wird neben den Interessen der Anteilseigner und dem damit zusammenhängenden Managementaufgaben, vor allem die Aufgabenverteilung zwischen den Mitgliedern des Unternehmens und die Beziehung der Mitglieder untereinander einbezogen. Zusätzlich spielen Beziehungen des Unternehmens zum sozialen Milieu und dem Wettbewerb eine Rolle bei dieser Sichtweise.11
Es werden neben dem Shareholder Value die Interessen der am Unternehmen Beteiligter, der Stakeholder, bei Managemententscheidungen berücksichtigt. (Siehe Abbildung 1, S. 14 im Anhang). Die stakeholderorientierte Corporate Governance Sichtweise lässt sich auffassen als Kombination von „teils substitutionalen, teils komplementären, teils marktlichen und teils gesetzlich kodifizierten Instrumenten zur Organisation der Leitung und Kontrolle eines Unternehmens". Ziel dabei ist es, einen dauerhaften Interessenausgleich zwischen den verschiedenen Stakeholdergruppen herzustellen.12 Demnach beschreibt die Corporate Governance das Zusammenspiel von Aspekten der Unternehmensführung, der Leitung, Kontrolle und zusätzlich vom Gesetzgeber aufgestellte externe Rahmenbedingungen.13
Herauszustellen ist des Weiteren, dass die externen Rahmenbedingungen, also das nationale Corporate Governance System, die unternehmensinterne Corporate Governance bedingt. Die unternehmensspezifische Ausgestaltung wird durch den externen Rahmen entscheidend beeinflusst. Ein Corporate Governance System für den Mittelstand lässt sich bspw. nicht pauschal umschreiben, wenn die Vorschriften nur für börsennotierte Gesellschaften gelten. Daher ist es wichtig, zunächst die externen länderspezifischen Rahmenbedingungen zu erfassen, da es für die Untersuchung der Unterschiede der Corporate Governance Strukturen in Familienunternehmen und NichtFamilienunternehmen ausschlaggebend ist. Im Folgenden konzentriert sich diese Arbeit dahingehend auf das „one-tier system" und „two-tier system" der Corporate Governance, welche im US-amerikanischen und kontinentaleuropäischen Raum vorherrschend sind. Die Literatur spricht im Zusammenhang des „two-tier systems" auch von „insider control" bzw. vom System des koordinierten Kapitalismus. „Two-tier system" verweist darauf, dass es zwei obere Führungsorgane gibt. Diese bilden zusammen mit der Hauptversammlung die Hauptorgane börsennotierter Gesellschaften. Un- ternehmensführungs- und Kontrollaufgaben sind somit im Sinne des „dualen Führungssystems" durch zwei voneinander getrennte Organe verteilt. Die Kontrolle der Unternehmensleitung erfolgt zumeist über Vertreter der Mitarbeiter und den an der Unternehmung beteiligten Großaktionäre wie Banken, Versicherungen und anderen Unternehmen sowie über Akteure, die einen Zugang zu unternehmensinternen Informationen haben. (Siehe Abbildung 2, S. 14 im Anhang).14 Im „one-tier system" bzw. „board-system" sind hingegen Geschäftsführung und Kontrolle in einem Gremium vereint (Vereinigungsmodell). Die verschiedenen externen Rahmenbedingungen haben im US-amerikanischen und im kontinentaleuropäischen Raum einen starken Einfluss auf die Corporate Governance der Unternehmen.15
2.3 Familiengesellschaften als Gegenstand der Untersuchung
Zu den Familienunternehmen gehören nach dem Institut für Mittelstandsforschung Bonn Unternehmen, die folgende Operationalisierungskriterien aufweisen:
- „Bis zu zwei natürliche Personen oder ihre Familienmitglieder halten mindestens 50 Prozent der stimmberechtigten Anteile eines Unternehmens und
- diese natürlichen Personen gehören der Geschäftsführung an."16
Die Eigentums- und Leitungsrechte sind demnach in der Unternehmerperson oder der Unternehmerfamilie vereint. Eine oder mehrere Familien müssen einen maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen haben. In dieser Arbeit werden die Begriffe „Familienunternehmen“, „Mittelstand“, „Eigentümerunternehmen“ und „familiengeführte Unternehmen“ als Synonyme angesehen. Nicht als Familienunternehmen gelten Unternehmen, die fremdfinanziert sind, oder bei denen die mehrheitlichen Anteile an Leitungs- und Kontrollrechten nicht bei der Eigentümerfamilie liegen.17 Weiterhin erfüllen kleine und mittlere Unternehmen, die in Abhängigkeit zu einem anderen Unternehmen stehen, die Definition nicht. Typischerweise werden Familienunternehmen als GmbH, GmbH & Co. KG, OHG, KG oder als Einzelunternehmen geführt.18
Von wesentlicher Bedeutung bei der Abgrenzung zur Publikumsgesellschaft ist, dass das Familienunternehmen aufgrund der Eigentümerstruktur dem Einfluss der Unternehmerfamilie unterliegt. Die Interessendivergenz von Eigentum und Verfügungsmacht ist in Familienunternehmen fremd. Zusätzlich ist ein schnelles und beliebiges Weiterveräußern der Unternehmensanteile ausgeschlossen. Mitglieder der Familie müssen nach dem Kapitaleinsatz in den oberen Führungsorganen der Familiengesellschaft eine entscheidende Rolle spielen und somit den Entscheidungsprozess des Unternehmens maßgeblich beeinflussen können. Die Frage, ob Familienmitglieder als Eigentümer immer im Interesse der Familiengesellschaft handeln, ist zu klären.19
2.4 Publikumsgesellschaften als Gegenstand der Untersuchung
Bei der Publikumsgesellschaft handelt es sich um eine auf Kapitalsammlung ausgelegte Gesellschaft, die sich aus einer Vielzahl von Kapitalanlegern zusammensetzt. Der einzelne Kapitalanleger besitzt dabei nicht Eigentum am Sachvermögen der Gesellschaft, sondern nur Eigentum am Wertpapier. Dieses kann zu jeder Zeit verkauft werden. Der Kapitalstock des Unternehmens wird dadurch nicht verändert und die Kontinuität des Unternehmens nicht eingeschränkt.20
Dadurch dass es viele Anteilseigner gibt und die Fluktuation unter den Anteilseignern hoch ist, hat dies zur Folge, dass das Eigentum und die Unternehmensführung klar voneinander getrennt sind. Die Anteilseigner besitzen keine Verfügungsmacht über das eigene eingesetzte Kapital. Diese Verfügungsmacht ist mit dem Recht der Unternehmensführung auf andere Personen übertragen. Die Anteilseigner können in der Regel das Entscheidungsverhalten des Managements nicht wirksam beeinflussen.21 Der einzelne Anteilseigner der Publikumsgesellschaft wird durch hohe Informationsund Abstimmungskosten daran gehindert, sein Kontroll- und Überwachungsrecht auszuüben.
[...]
1 Vgl. Bress, S., Corporate Governance in Deutschland 2007, S. 13.
2 Vgl. Brey, H., Corporate Governance in mittelständischen Unternehmen 2006, S. 5.
3 Vgl. Brey, H., Corporate Governance in mittelständischen Unternehmen 2006, S. 6.
4 Vgl. Börnecke, D., Ethisch und rechtlich konformes Verhalten 2009, S. 32 f.
5 Vgl. Reinemann, H., Mittelstandsmanagement 2011, S. 176.
6 Vgl. Beisel, K., Corporate Governance Definition 2004, S. 3 f.
7 Vgl. Brey, H., Corporate Governance in mittelständischen Unternehmen 2006, S. 5.
8 Hausch, K., T., Corporate Governance im deutschen Mittelstand 2004, S. 44.
9 Vgl. Schneider, L., Corporate Governance Definition 1998, S. 300.
10 Vgl. Boden, R, Corporate Governance 2005, S. 75.
11 Vgl. Brey, H., Corporate Governance in mittelständischen Unternehmen 2006, S. 6.
12 Witt, P., Corporate Governance im Wandel 2000, S. 159.
13 Vgl. Brey, H., Corporate Governance in mittelständischen Unternehmen 2006, S. 7.
14 Vgl. Mayer, C., Bank control1998, S.189.
15 Vgl. Lattermann, C., Corporate Governance im globalisierten Informationszeitalter 2010, S. 65.
16 Vgl. Institut für Mittelstandsforschung Bonn, Definition Familienunternehmen.
17 Vgl. Hacker, J., Erfolgsfaktoren in der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen 2012, S. 43.
18 Vgl. Andreae, C., Familienunternehmen und Publikumsgesellschaft 2007, S. 4.
19 Vgl. Andreae, C., Familienunternehmen und Publikumsgesellschaft 2007, S. 5.
20 Vgl. Andreae, C., Familienunternehmen und Publikumsgesellschaft 2007, S. 3.
21 Vgl. Jansch, T., A., Rolle der Aktionäre in Publikumsgesellschaften 1999, S. 12.