Das Kostüm im zeitgenössischen Tanz. Das Spiel mit dem Alltäglichen


Bachelorarbeit, 2009

32 Seiten, Note: bestanden


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1.Überblick

2. Kleidung in Bewegung
2.2. Das Kostüm in spartenübergreifenden Projekten
2.3. Postdramatisches Theater Körperlichkeit

3. Mensch- Objekt eine lebende Skulptur

4. Übersicht über die Entwicklung des Bühnentanzes, anhand nahmhafter Tänzer/innen
4.1. Postmoderner Tanz
4.2. Merce Cuningham
4.3.Rei Kawakubo Merce Cunningham
4.4. Lucinda Childs
4.5.Pina Bausch
4.6. Xavier Le Roy
4.7.Jerome Bel

5. Alltägliches in zeitgenössischen Tanzaufführungen
5.1. Jerome Bel
5.2. Kleidung als Objekt

6. Eigene Arbeit
6.1.Recherche

Quellenangabe

Bildverzeichnis

Einleitung

Ich beschäftige mich seit ein paar Jahren mit Tanz und habe durch dieses Interesse und die Begeisterung an dieser Kunst- und Gesellschaftsform auch ein Projekt zu meinem Bakkalaureat gewählt, welches mit diesem Thema zu tun hat.

Es hat sich ergeben, dass die Tanzgruppe IDA des 3. Jahrganges der Anton Bruckneruniversität ihren Abschluss macht und wir versuchen in Kooperation zu arbeiten. Die Tänzer/innen erarbeiten ein Stück, welches in verschiedene Sequenzen geteilt ist. Das Stück lautet „shifted“ ver-rückt.

In der Inszenierung geht es um die Frage nach Grenzen, Verrücktheit, Normalität, Realität, Traum.

Wo berührt man diese Grenzen, wann überschreitet man sie, was wird in der Gesellschaft als normal angesehen, wann ist man es „ ver- rückt“. Wie geht man mit diesen Grenzen um. Kann man es verrückt nennen oder fällt man einfach aus gesellschaftlichen Normen.

Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht das Kostümbild zu gestalten und zu erarbeiten. Ich versuche in dieser Arbeit auf alltägliche Bezüge einzugehen und zum Teil zu abstrahieren.

1. Überblick

Ich will versuchen in meiner schriftlichen Arbeit einen Überblick über die Geschichte des Tanzes, des Kostümbild und die Verwendung von Requisiten anhand einiger Choreographen und Projekte, angefangen bei Martha Graham über den postmodernen Tanz, mit Beispielen auch aus dem Postdramatischen Theater, bis zu den zeitgenössischen Vertreter(n)/ innen wie Jerome Bel Xavier le Roy geben. Ich beziehe mich eher auf zeitgenössischen, modernen und postmodernen Tanz. Ich bin der Frage nachgegangen, was ein zeitgenössisches Tanzkostüm ausmacht. Hinzu kommt noch eine Auseinandersetzung mit Querverbindungen zwischen Design, Kleidung, Tanz und Performance, hierzu beziehe ich mich vor allem auf das Buch DysFashionAl, welches sehr anschaulich die ebenso benannte Programmreihe aufzeigt und mit Bildern veranschaulicht.

2. Kleidung in Bewegung

Eine Kleidung verlangt nach Bewegung, danach angezogen zu werden. Durch eine Modenschau wird der Inhalt den eine Kleidung transportieren soll verdeutlicht.

Durch das Kleidungsstück zieht eine Person auch ihre Identität an, ihr Geschlecht, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe und sozialen Klasse. Das was man am Körper trägt ist Ausdruck eines sozialen Raumes in dem wir uns bewegen und der Raum wird gleichzeitig von den Menschen erzeugt. Kleidung kann Status, Differenz und Distanz schaffen.

Die eindeutige Identifizierung einer Person passiert jedoch erst durch deren Bewegung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1

In der Performance wird modische Kleidung kaum mehr verwendet, da es zu kostümiert wirkt. Man versucht Hüllen zu nehmen die funktional und neutral hinter den Körpern zurücktreten oder mit kritischer Distanzierung in der Performance als Objekt verwendet werden und dieses bleiben.

Man kann durch Kleidung dem Gegenüber eine Illusion von einer Person zeigen.

(vgl.CathyBouvard,http://ue2008.fr/webdav/site/PFUE/shared/import/TAUTRI_FA7/2nd_skin_projet_tandem_subsistances_tanzquartier.pdf 06.04.09)

2.1. Das Kostüm in spartenübergreifenden Projekten

2007 gab es ein Ausstellungsprojekt in Luxenburg, welches Mode in zahlreichen künstlerischen Ausdrucksformen thematisiert, Performance, Installationen etc. Das Ziel von dieser Reihe ist es eine Akzentuierung der Modephänomene, welche schwer greifbar sind, zu zeigen, nicht diese zu definieren. In der Gegenwart sind noch Modecodes aus der Vergangenheit vorherrschend, und die entstehenden Codes werden neue Prozesse voraus setzen. Man folgt immer der Image- Ordnung. Die dominanten Codes sind hingegen immer mit dem Begriff der Identität verbunden. Die Mode tragt dazu bei, für das moderne Zeitalter typische soziale Darstellungen des Selbst bis hin zu fließendsten, komplexesten Erscheinungen, die für die postmoderne Kultur typisch sind, aufzubauen. Man kann dadurch vermitteln, wer man ist und wer man sein möchte und eine Schnittstelle zu den anderen finden. Mit der in der Entstehung begriffenen Codes wiederum, deute man die Überwindung dieses Stadiums an, man konzentriert sich auf Fälle in denen das Objekt eine echte Form der Autonomie auf sich nimmt.

Das Objekt wird zum Subjekt , sagt Emanueala Quinz. Es wird für das Individuum zum Ansprechpartner. Es kommt zu einem Dialog manchmal auch zu einem Wiederspruch. Das Kleidungsstück als Subjekt konstruiert oder definiert uns , jedoch nicht mehr über das Image , sondern eher über das Kommen und Gehen der Beziehungen, welche man zu dem Kleidungsstück aufbaut. Das hat seinen Ursprung in der aktuellen Mode und Design in der Rolle der Ästhetisierung des Alltags . Das Kleidungsstück , die Mode, verleiht dem Träger eine affektive Aura. Der Name DysFashionAl macht den Kontrast sichtbar zu einer Mode , die als „buchstäblich „ verstanden werden will.

Das Kleidungsstück erlegt dem Körper einen Zwang auf, er deformiert ihn und orientiert seine Wahrnehmung, prägt ihn mit einer Empfindung , es interagiert mit dem Individuum auch in der Bewegung, nicht nur bildlich gesehen. Absätze würden es möglich machen sich leichter zu fühlen, der Blickwinkel der Person wird verändert, der Stoff schmiegt sich an den Körper an oder ist hart auf der Haut. Der Körper wird wieder mehr zum Subjekt und wendet sich dem Fühlen , dem Empfinden zu . Emanuela Quinz sagt , dass es das Gegengift der Gesellschaft des Spektakels und des Postmodernismus , das Ersetzten der großen , traditionellen Erzählungen , durch die kleine , alltägliche Mythologie ist. Laut ihr wenden wir uns heute einer Kultur der Unterschiede zu , die sich nicht im Bereich der Zeichen ansiedelt , sondern im Fühlen.

Luca Marcchetti sagt, dass die interessantesten Manifestationen von Mode nicht nach Trends suchen und diesen nicht folgen . Seit ungefähr dreißig Jahren , vor allem mit den Arbeiten gewisser Japaner und einer belgischen Welle, verliert der Trendbegriff an Bedeutung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2

Rei Kawakubo zum Beispiel mit Comme des Garcons oder Yohij Yamamoto haben sich auf die Suche nach dem Fühlen einer Struktur und Textur begeben. Das hat nicht mehr den Anspruch , dass man zurück gehen muss in die 50er Jahre oder in das viktorianische Zeitalter.

In Belgien haben Designer diese Suche fortgesetzt , indem sie dem Kleidungsstück und dem Accessoire einen Fetischwert ( wie Ann Demeulemeester), wie eine stark wahrnehmende Wirkung verliehen haben. Es werden hier Beispiele in Dysfashional angeführt wie, Martin Margiela mit seiner Arbeit mit Trompe-l´oeil und Täuschung. (vgl. Bom Publisher;Luca Marchetti und Emanuela Quinz.DysFashionAl. Luxenburg 2007, S. 6- 7 )

Im zeitgenössischen Tanz hat es von Mitte der 90er Jahre bis 2003 Choreographien gegeben, wo drei Aktionen sehr wichtig sind; das Ablegen, das Hinlegen und Tanz ohne Bewegung.

In „Another Bloody Marry“ von La Ribot, zieht La Ribot 40 Zuschauer zu Boden , diese lernen dabei, dass auf eine Bühne zu steigen heißt, fallen zu lernen. Sie legen sich hin und verschwinden unter einem Berg von Kartons.

2004 gibt es noch eine Aktion des Ablegens, an der Oper Lyons. Christian Rizzo kostümiert seine Tänzer/innen für „Ni fleurs ni Ford Mustang“ in Theaterkostüme des Fundus der Oper. Die Tänzer/innen beladen mit zuviel Geschichte, müssen sich unter der Last zu Boden legen. Er spielt damit auf die Geschichte des Balletts an.

1999 bindet Boris Charmatz seinen Tänzer/ innen Jeans um die Köpfe , die sie blind machen. Die Choreografie beginnt mit einer Serie des Sich Hinlegens, wo zum Schluss die Tänzer/ innen unter einem Berg aus Decken begraben werden.

Boris Charmatz hat von einer „ choreographischen Vereisung“ gesprochen.(vgl.Bom Publisher; Laurent Goumarre. DysFahionAl S.20 )

Es geht darum, die Körper aus dem Blickfeld der Zuschauer zu bringen und die Choreografie zu vereisen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3

Nachdem das Ballett in den 80 er Jahren von Jean Paul Gaultier eingekleidet wird, in „ Defilé“ und allen Stücken von Régine Chopinot, kommt in den neunziger Jahren eine Reihe von Entkleidung .

Ein Jahrzehnt später legen sich Tänzer auf den Boden, im Versuch wieder aufzustehen um erneut auf den Boden zu fallen.

Laurent Goumarre erklärt die Gesten durch den Wortsinn von etwas ablegen , den festen Platz eines Gegenstandes verändern, etwas aufräumen, wegräumen, sich selbst ablegen, Zeugnis ablegen, wie auch festgefügte Meinungen ablegen und Autorität in Frage stellen .

Eine sehr gute identifizierte Geste ist die des Verschwindens des Gesichtes. Es wird unter Kapuzen , Motorradhelmen, Jeans, Micky Mausmasken, etc verborgen. Es gibt Kapuzen Sweatshirts, die man in den Skulpturen von Virginie Barré oder Daniel Firman wiederfindet, die plastischen Werke nehmen die auf der Tanzbühne dargestellte Gestik auf.

Es werden nicht nur mehr Kostüme getragen , sondern Aussagen über das System der Bekleidung getroffen.

Jerome Bel hat in seinem Stück Shirtologie T-Shirts eingebaut, welche mit Ausrufen Gedanken Ziffern beschriftet sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.4

Die Tänzer ziehen sich langsam die Kleidung aus, die sie dann vor die Füße eines Tänzers werfen der unbeweglich in der Mitte der Bühne steht und die Aufschriften der T-Shirts liehst, der Tänzer wird zum Leser, der anschließend Interpret der Slogans und Appelle wird.

Christian Rizzo hängt in einer choreographischen Geste zwei an den Ärmeln zusammengefügte Kleider auf Bügel gegenüber auf, und bringt mit Hilfe von Ventilatoren die Kleider zur Bewegung, es wird damit gezeigt, dass Bewegung vom Körper trennbar ist.

Tanz hat immer mit Körper zu tun, mit diesem Stück hat Rizzo Tanz den Körper genommen, es ist bewiesen, dass der Tanz nicht nur mit einer Konstruktion von Körpern funktioniert.

2001 inszeniert der Schweizer Gilles Jobin „Moebius Strip“. Er legt zwei Papierblätter auf die Bühne analog zum Muster des Bodenbelags. In der Choreographie legen die Tänzer/inne ihre Kleidung auf das entstandene Raster, sie stellen somit einen Tanzbegriff ohne Körper zur Schau.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.5

Nur die Schuhe , Hosen, T-Shirts erinnern an die verschwundenen Tänzer/innen.

Laurent Goumarre schreibt, dass er glaubt die Inszenierung hat als einziges Ziel die Präsenz dieser Körper auszulöschen und die Choreographie unterstreicht dies durch das Ablegen der Kleidung.

Ein Jahr vorher legt La Ribot schon ihren Körper auf den Boden.

Als erstes in der Choreographie legen sie in einer Diagonale der Größe nach ihre Kleidung ab. Das Solo heißt „Candida iluminaris” ein kleiner Srtip Tease. Dies, laut Laurent Goumarre, bedeutet, dass der Tanz nicht mehr so darauf abzielt Bewegungen zu erzeugen, einen neuen Körper zu erzeugen, sondern sich Mittel für dessen Entkleidung zu geben und die für seine Platzierung notwendigen Bedingungen zu schaffen. Es geht darum, den Körper abzulegen, einen plastischen Tanz zu inszenieren. (vgl.Bom Publisher; Laurent GoumarreDysfashionAl S.15)

2.2. Postdramatisches Theater Körperlichkeit

Der postdramatische Körper zeigt auf die opake Sichtbarkeit der Körper , auf ihre unbegriffliche, triviale Besonderheit, die zu benennen man unfähig bleibt, die Anmut eines Gangs , einer Geste, einer Handlung, einer Körperhaltung, eines Bewegungsrhythmus, eines Gesichts. (vgl.Hans-Thies Lehmann, Postdramatisches Theater, Frankfurt am Main 1999,S. 369)

Daher geht Lehmann auf Tanz ein, Tanz kennzeichnet was im postdramatischen Theater überhaupt gilt.

Tanz formuliert nicht Sinn, sondern artikuliert Energie, stellt keine Illustration, sondern ein Agieren dar. Alles ist Geste im Tanz. Man beschreibt den Übergang vom klassischen zum modernen und dann zum postmodernen Tanz als eine Verschiebung, was zu dem emotionalen Sharing von Impulsen mit den Zuschauern, eine der Kommunikationssituation des Theaters, führt. Aus dem Körper, so scheint es, werden bis dato unbekannte oder verheimlichte Energien entbunden.

Impulsives Gestikulieren , Turbulenz, und Tumult, hysterische Zuckung, autistischer Gestaltzerfall, Verlust des Gleichgewichts, Sturz und Deformation werden in Szene gestetzt .

Der moderne Tanz schafft sich in Überspannung und hysterischen Bögen einen Körperausdruck, welcher extreme seelische Verfassungen zu artikulieren vermag.

Im postmodernen Tanz kehrt die Mechanik zurück und steigert sich zugleich die Fragmentierung des tänzerischen Vokabulars.

Eine epochale und umfassende Erkundung des Körpers nach allen Richtungen und viel mehr als nur eine ballettöse Formsprache unter anderen ist das Tanztheater von Pina Bausch.

Bei den Bühnenbilder beginnt es, bei Pina Bausch immer wieder mit realen Material gefüllt., Laub, Erde, Wasser, Blumen. Wie die Körpergesten sind auch die Gegenstände vor aller Signifikanz als Realität wahrnehmbar und somit erfahrbar. Der Körper leidet an der verlorenen Kindheit und das Tanztheater erforscht diese wieder.

[...]

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Das Kostüm im zeitgenössischen Tanz. Das Spiel mit dem Alltäglichen
Hochschule
Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung Linz - Kunstuniversität Linz  (Textil/Kunst&Design)
Note
bestanden
Autor
Jahr
2009
Seiten
32
Katalognummer
V351751
ISBN (eBook)
9783668383326
ISBN (Buch)
9783668383333
Dateigröße
943 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Design, Tanz, Performance, Kostümbild
Arbeit zitieren
Nathalie Pelet (Autor:in), 2009, Das Kostüm im zeitgenössischen Tanz. Das Spiel mit dem Alltäglichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/351751

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