Änderungen im Finanzierungsverhalten deutscher Banken seit der Finanzkrise


Bachelorarbeit, 2016

73 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Refinanzierung im deutschen Bankensektor - Quo vadis?

2 Einführung in die Bankenrefinanzierung
2.1 Konkretisierung des Refinanzierungsbegriffes
2.2 Hauptrefinanzierungsmöglichkeiten von Banken
2.3 Geschäftsmodellabhängige Refinanzierung im deutschen Bankensektor

3 Refinanzierungsverhalten deutscher Banken vor der Finanzkrise
3.1 Darstellung der Vorkrisenjahre im deutschen Bankensystem
3.2 Refinanzierung ausgewählter deutscher Bankengruppen

4 Änderungen im Refinanzierungsverhalten deutscher Banken seit der Finanzkrise
4.1 Marktinduzierte Änderungen im Refinanzierungsverhalten
4.1.1 Allgemeine Änderungen im deutschen Bankensektor
4.1.2 Änderungen im Kreditbankensektor
4.1.3 Änderungen im Bereich der Zentralinstitute
4.1.4 Änderungen im Bereich der Verbundinstitute
4.1.5 Änderungen im Bereich der Pfandbriefbanken
4.2 Regulatorisch bedingte Änderungen im Refinanzierungsverhalten
4.2.1 Änderungen durch Basel III
4.2.2 Änderungen durch die EU-Abwicklungs- und Sanierungsrichtlinie
4.2.3 Änderungen durch Solvency II

5 Zusammenfassung und Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Passivische Bilanzstruktur des deutschen Bankensektors

Abbildung 2: Veränderung der Fristigkeitsstruktur der Depositen des Nicht-MFI- Sektors im deutschen Bankensystem

Abbildung 3: Refinanzierung des deutschen Bankensektors über Repos mit dem MFI-Sektor

Abbildung 4: Begebene Geldmarktpapiere des deutschen Bankensektors

Abbildung 5: Begebene Schuldverschreibungen des deutschen Bankensektors .

Abbildung 6: Nettoabsatz der gesamten Bankschuldverschreibungen

Abbildung 7: Nettoabsatz sonstiger Bankschuldverschreibungen

Abbildung 8: Obligo des deutschen Bankensektors und ausgewählter deutscher Bankengruppen gegenüber der Zentralbank

Abbildung 9: Nettoabsatz ausgewählter Pfandbriefe

Abbildung 10: Änderungen der Laufzeitenstruktur umlaufender Bankschuldver- schreibungen

Abbildung 11: Entwicklung der Einlagen der Nicht-MFIs im deutschen Bankensek- tor

Abbildung 12: Auslandsaktiva deutscher Banken

Abbildung 13: Emissionsvolumen deutscher Verbriefungen

Abbildung 14: Passivische Bilanzstruktur des Großbankensektors

Abbildung 15: Einlagen der MFIs und Nicht-MFIs bei deutschen Großbanken

Abbildung 16: Passivische Bilanzstruktur der Genossenschaftlichen Zentralinsti- tute

Abbildung 17: Einlagen der MFIs und Nicht-MFIs bei den Genossenschaftlichen Zentralinstituten

Abbildung 18: Verbriefte Verbindlichkeiten der Genossenschaftlichen Zentralinsti- tute

Abbildung 19: Passivische Bilanzstruktur der Landesbanken

Abbildung 20: Einlagen der MFIs und Nicht-MFIs bei den Landesbanken

Abbildung 21: Verbriefte Verbindlichkeiten der Landesbanken

Abbildung 22: Bilanzsumme des Landesbankensektors

Abbildung 23: Passivische Bilanzstruktur der Sparkassen

Abbildung 24: Einlagen der MFIs und Nicht-MFIs bei den Sparkassen

Abbildung 25: Passivische Bilanzstruktur der Kreditgenossenschaften

Abbildung 26: Einlagen der MFIs und Nicht-MFIs bei den Kreditgenossenschaf- ten

Abbildung 27: Verbriefte Verbindlichkeiten der Kreditgenossenschaften

Abbildung 28: Veränderung der Fristigkeitsstruktur der Depositen des Nicht-MFI- Sektors bei den Verbundinstituten

Zusammenfassung

Die Turbulenzen in der Finanzkrise stellten den deutschen Bankensektor vor gro- ße Herausforderung und bewirkten unter anderem Änderungen hinsichtlich der Refinanzierungsstrukturen, welche jedoch angesichts der Divergenz der Ge- schäftsmodelle unterschiedlich ausgeprägt waren. Die vorliegende Arbeit gibt zu- nächst einen theoretischen Überblick über allgemeine Hauptrefinanzierungsmög- lichkeiten und die geschäftsmodellabhängige Refinanzierung deutscher Banken. Anschließend wird dargelegt, wie sich das deutsche Bankensystem vor der Fi- nanzkrise refinanzierte und wie sich deren Refinanzierungsquellen durch die Krise änderten. Dabei werden neben marktinduzierten Änderungen in der Refinanzie- rung auch (mögliche) Anpassungen des Refinanzierungsmixes infolge von krisen- bedingten regulatorischen Rahmenbedingungen näher beleuchtet. Dies geschieht durch die Unterstützung von diversen Berichten und Arbeitspapieren.

Abstract

Due to the turbulences within the financial crisis the German banking sector was exposed to challenges inter alia with regard to their refinancing sources. Therefore German banks were affected by several changes in their funding practices, which differed on the respective individual banks’ business models. The presented thesis should create at first a theoretical overview of the different refinancing methods as well as the business model reliant funding in the German banking system. Then there will be a look at the refinancing structures of German banks before and since the financial crisis. The consideration includes the changes in banks’ funding arising from market developments as well as from regulatory requirements. This is done by support of various reports and working papers.

1 Refinanzierung im deutschen Bankensektor - Quo vadis?

„Banken buhlen um Ersparnisse ihrer Kunden.“1 Verkehrte Welt oder Realität?

Die Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 stellte die globale Bankenlandschaft vor große Herausforderungen, welche unter anderem unerwartete Anpassungen der Geschäftsmodelle und Refinanzierungsstrukturen der Banken nach sich zogen. Auch der deutsche Bankensektor blieb von den Auswirkungen der Finanzkrise nicht verschont und verzeichnete schließlich Änderungen hinsichtlich seiner Refi- nanzierungsaktivitäten.

Vor allem Kundeneinlagen bewährten sich für deutsche Banken in Krisenzeiten als stabile Finanzierungsquelle, was in den Jahren nach der Finanzkrise, insbesondere durch einen zunehmenden Wettbewerb deutscher Banken um die Ersparnisse ihrer Kunden, zum Ausdruck gebracht wurde.2

Rückblickend auf die Jahre vor der Finanzkrise war die Refinanzierung der Ban- ken lediglich Gegenstand der Theorien über die Bankbetriebslehre und wurde auf- grund eines weitgehend reibungslosen Funktionierens als stabil erachtet. Diese bloße Darstellung der Theorie mutierte jedoch im Verlauf der Krise zu einer prakti- schen Herausforderung und damit zu einer veränderten Realität, welche verschie- dene Refinanzierungstrends deutscher Bankengruppen hervorrief. So lassen sich im deutschen Bankensektor, neben dem Trend der zunehmenden Refinanzierung über die Einlagen von Nichtbanken, weitere veränderte Tendenzen in Bezug auf die Finanzierungsquellen identifizieren.3

Die folgende Arbeit stellt die Refinanzierungssituation deutscher Banken vor Aus- bruch der Finanzkrise und insbesondere die Änderungen im Refinanzierungsver- halten seit der Finanzkrise dar. Besonderes Augenmerk liegt hierbei zum einen auf den, infolge der Entwicklungen auf den Finanzmärkten hervorgerufenen, Ver- änderungen der Refinanzierungsstrukturen. Zum anderen werden die krisenbe- dingten regulatorischen Neuerungen und ihre (möglichen) Auswirkungen auf die Finanzmittel der Banken vertieft. Ziel dieser Arbeit ist es, entsprechende Trends im Rahmen der Bankenrefinanzierung in Deutschland aufzuzeigen.

Beginnend mit der Konkretisierung des Refinanzierungsbegriffes und einem theo- retischen Überblick über die Hauptrefinanzierungsmöglichkeiten von Banken, folgt eine Darstellung über die geschäftsmodellabhängige Refinanzierung im deutschen Bankensektor. Im Anschluss wird das Refinanzierungsverhalten deutscher Banken sowohl vor als auch nach der Finanzkrise näher betrachtet. Im Rahmen der Ana- lyse marktinduzierter Änderungen im Refinanzierungsverhalten nach der Finanz- krise werden neben Aussagen zum gesamten deutschen Bankensektor auch Aus- sagen für ausgewählte deutsche Bankengruppen bzw. Teile davon getroffen. Fer- ner werden (mögliche) Änderungen des Refinanzierungsmixes deutscher bzw. europäischer Banken infolge eines regulatorischen Umdenkens nach der Finanz- krise dargestellt. Abschließend erfolgt ein zusammenfassendes Fazit.

Aufgrund der aktuellen Relevanz beruht die fachliche und theoretische Unterstüt- zung dieser Bachelorarbeit überwiegend auf Berichten und Arbeitspapieren diver- ser Institutionen. Darüber hinaus wird für die grafische Darstellung auf Daten aus der Banken- und Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank zurückgegriffen.

2 Einführung in die Bankenrefinanzierung

2.1 Konkretisierung des Refinanzierungsbegriffes

Der Refinanzierungsbegriff umfasst sowohl eine weite als auch eine enge Sicht- weise. Erstere definiert die Refinanzierung einer Bank als Mittelbeschaffung zur Deckung der kurz-, mittel- und langfristigen Kreditvergabe auf der Aktivseite ihrer Bilanz.4 Angesichts ihrer Funktion als Finanzintermediäre, besteht der Kern des Bankgeschäfts in einer langfristigen Kreditgewährung bei einer gleichzeitigen Re- finanzierung über möglichst kurzfristige Verbindlichkeiten. Diese sogenannte Fris- ten- bzw. Liquiditätstransformation stellt zwar einerseits eine der Hauptertrags- quellen einer Bank dar, impliziert jedoch andererseits erhebliche Refinanzierungs- risiken, welche insbesondere im Risikomanagement berücksichtigt werden soll- ten.5 Letztere Sichtweise bezieht sich dagegen auf die Refinanzierung einer Bank bei der Zentralbank bei der, gegen die Stellung entsprechender Sicherheiten, Zentralbankgeld aufgenommen werden kann.6

2.2 Hauptrefinanzierungsmöglichkeiten von Banken

Für eine Bank lassen sich, in Abhängigkeit ihres Geschäftsmodells, verschiedene Hauptrefinanzierungsquellen erschließen, welche sich systematisch sowohl auf der Aktivseite als auch auf der Passivseite einer Bankbilanz einordnen lassen. Die Refinanzierungsmöglichkeiten auf der Aktivseite sind durch die Umwandlung entsprechender Vermögenswerte gekennzeichnet, wohingegen eine Refinanzierung auf der Passivseite durch eine zusätzliche Kapitalbeschaffung charakterisiert ist. Refinanzierungsgeschäfte, welche der Passivseite der Bilanz zuzuordnen sind, können darüber hinaus sowohl in Form von Eigenkapital als auch in Form von Fremdkapital erfolgen.7 Eigenkapitalaufnahmen sind i.R.d. Bankenrefinanzierung im Gegensatz zu einer Fremdkapitalbeschaffung allerdings von untergeordneter Bedeutung und werden nachfolgend vernachlässigt.8

Die Refinanzierung einer Bank kann grundsätzlich über verschiedene Wege erfol- gen, wobei hier eine Systematisierung der Refinanzierung im Hinblick auf den Ort, die Gläubiger- und Besicherungsstruktur sowie die Fristigkeit vorgenommen wer- den kann.

Einen wesentlichen Ort für die Mittelbeschaffung stellt bspw. der Interbankenmarkt dar, welcher den Handel der Banken untereinander ermöglicht.9 Dabei ist anzumerken, dass Interbankengeschäfte generell als Geld- oder als Kapitalmarktgeschäfte klassifiziert werden können. Während Geldmarktgeschäfte grundsätzlich kurzfristiger Natur sind, bietet der Kapitalmarkt die Möglichkeit für mittel- bis längerfristige Refinanzierungsgeschäfte.10

Darüber hinaus können am Geld- und am Kapitalmarkt besicherte und unbesicher- te Mittelbeschaffungen vorgenommen werden. Sogenannte Repogeschäfte neh- men dabei eine bedeutende Stellung, hinsichtlich der besicherten und kurzfristigen Refinanzierung, ein. Hierbei handelt es sich um den Verkauf von Wertpapieren zur Liquiditätsbeschaffung mit dem gleichzeitigen Abschluss einer Rückkaufvereinba- rung, d.h. eine Art wertpapierbesicherter Kredit.11 Repogeschäfte (auch: Wertpa- pierpensionsgeschäfte) sind dabei eine besondere Möglichkeit der Liquiditätsge- nerierung durch die Übertragung von Vermögenswerten der Aktivseite.12 Im Rahmen einer kapitalmarktbasierten Refinanzierung können Banken zur mittel- und langfristigen Finanzmittelbeschaffung neben unbesicherten Bankschuldver- schreibungen auch besicherte Anleihen emittieren.13 Eine, vor allem in Deutsch- land, sehr bedeutende Form der gedeckten Wertpapiere stellt der Pfandbrief dar.14 Neben den Akteuren am Interbankenmarkt stehen den Banken noch andere Refi- nanzierungsteilnehmer am Geld- und Kapitalmarkt zur Verfügung. Hierzu zählen weitere institutionelle Investoren, wie z.B. Versicherungs- und Investmentgesell- schaften aber auch private Investoren15 und Industrieunternehmen.16 Ferner besteht die Option der Mittelaufnahme über das Einlagengeschäft mit dem Banken- und dem Nichtbankensektor, welcher sowohl private und öffentliche Haushalte als auch Unternehmen umfasst.17 Die Einlagengeschäfte mit dem Ban- kensektor18 sind dabei insbesondere durch Sicht- und Termineinlagen (grundsätz- lich kurz- bis mittelfristig) gekennzeichnet, wohingegen die Einlagen des Nichtban- kensektors (neben den Sicht- und Termineinlagen) auch Spareinlagen implizie- ren.19 Als eine weitere Refinanzierungsquelle können auch bei der Zentralbank, gegen die Stellung notenbankfähiger Sicherheiten, Finanzmittel generiert wer- den.20

Eine Liquiditätsbeschaffung durch die Transformation von Vermögensgegenstän- den der Aktivseite kann darüber hinaus z.B. durch eine Veräußerung von Wertpapieren auf dem Sekundärmarkt oder auch durch die Verbriefung von Forderungsportfolien erfolgen. Für die Refinanzierung eignen sich hierbei jedoch lediglich sog. True Sale Verbriefungen bei welchen, im Vergleich zu den synthetischen Verbriefungen neben den Risiken auch die Forderungen selbst an eine Zweckgesellschaft verkauft werden und folglich ein Liquiditätszufluss stattfindet. Die Zweckgesellschaft emittiert schließlich die Forderungen am Kapitalmarkt durch die Ausgabe von Wertpapieren (sog. Asset Backed Securities, ABS), welche durch den jeweils zugrundeliegenden Forderungsbestand besichert sind.21

2.3 Geschäftsmodellabhängige Refinanzierung im deutschen Bankensektor

Das deutsche Bankensystem besteht im Wesentlichen aus Universalbanken, die neben dem typischen Einlagen- und Kreditgeschäft weitere Bankgeschäfte gem. §

1 KWG betreiben. Ferner existieren in Deutschland sogenannte Spezialbanken, welche sich, im Gegensatz zu den Universalbanken, lediglich auf bestimmte Bankgeschäfte des § 1 KWG konzentrieren. Hierzu zählen unter anderem Realkreditinstitute und Banken mit Sonderaufgaben.

Darüber hinaus lassen sich die deutschen Banken anhand ihrer Rechtsform in private Kreditbanken, Institute des öffentlich-rechtlichen Sektors sowie Institute des Genossenschaftssektors, die zusammen das „Drei-Säulen-Modell“ darstellen, differenzieren.22

Des Weiteren nimmt die Deutsche Bundesbank, als Zentralbank der deutschen Institute, für die Erstellung von Statistiken eine Untergliederung des deutschen Bankensystems in entsprechende Bankengruppen vor.

Die wesentlichen Bankengruppen, zu welchen u.a. die Kredit- und Landesbanken, die Genossenschaftlichen Zentralinstitute, die Kreditgenossenschaften und Spar- kassen sowie die Realkreditinstitute bzw. Pfandbriefbanken23 zählen, unterschei- den sich zudem hinsichtlich ihrer Geschäftsmodelle und folglich auch hinsichtlich ihrer Refinanzierungsstrukturen.24

So sind Teile der Großbanken, als eine Untergruppe der Kreditbanken, u.a. aufgrund der Gewinnerzielungsabsicht überwiegend auf internationalen Finanzmärkten sowie insbesondere den Interbanken- und allgemeinen Kapitalmärkten aktiv. Allerdings spielen auch die Einlagen der Nichtbanken im Rahmen ihrer Refinanzierung eine zentrale Rolle. Zu ihrem Hauptkundenstamm zählen vor allem deutsche Großindustrie- und Mittelstandsunternehmen.

Die Sparkassen und Kreditgenossenschaften (Verbundinstitute) verfolgen im Gegensatz dazu eine primär regionale und einlagenorientierte Finanzierung ihres Aktivgeschäfts mit privaten Haushalten und Unternehmen des Nichtfinanzsektors. Zu den Hauptrefinanzierungsquellen der Landesbanken, als Zentralinstitute der Sparkassen, zählen dagegen vorwiegend der Kapital- und Interbankenmarkt. Darüber hinaus stellen die Landesbanken, durch ihre Konzentration auf den Großkundenbereich und der Gemeinsamkeiten der Geschäftsmodelle, einen wachsenden Konkurrenten des Großbankensektors dar.

Auch die Genossenschaftlichen Zentralinstitute refinanzieren sich vorwiegend über Kapitalmärkte und vor allem über Interbankverbindlichkeiten.25 Ferner finanzieren sich Realkreditinstitute hauptsächlich am Kapitalmarkt durch die Emission gedeckter Schuldverschreibungen, welche - je nach Art der Besiche- rung - in Hypothekenpfandbriefe, Schiffspfandbriefe und Öffentliche Pfandbriefe unterteilt werden können.26

3 Refinanzierungsverhalten deutscher Banken vor der Finanz- krise

Die Finanzkrise stellte den deutschen Bankensektor vor große Herausforderungen und veränderte Tatsachen bzgl. der Refinanzierungsmöglichkeiten, was dazu führ- Banken, welche infolge des Erwerbes einer Pfandbrieflizenz zur Emission von Pfandbriefen be- rechtigt sind (Vgl. Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp), 2005, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 12.). te, dass sich die Refinanzierungsaktivitäten der Vorkrisenjahre bei einzelnen Ban- ken in andere Richtungen bewegten. Um diese Entwicklungen detailliert aufzeigen zu können, muss vorerst die Situation der Vorkrisenjahre beleuchtet werden.

3.1 Darstellung der Vorkrisenjahre im deutschen Bankensystem

Die Vorkrisenjahre waren auch in Deutschland vor allem durch eine zunehmende Ausdehnung des Interbankenmarktes gekennzeichnet, welche unter anderem so- wohl auf die Deregulierung der Finanzmärkte als auch auf eine verstärkte europäi- sche Integration zurückzuführen ist.27 Darüber hinaus wurde auch den Märkten für Repos oder Verbriefungen eine weitgehend hohe Bedeutung zugetragen. Im Zuge dieser Entwicklungen rückten die Finanzmärkte als Refinanzierungsquellen, ins- besondere für größere deutsche Banken, stärker in den Fokus und ermöglichten gleichzeitig ein rasantes Wachstum der Bilanzsummen und eine Erweiterung der Geschäftsfelder, was sich auch in einem Ausbau des Investmentbankings bei ein- zelnen Banken wiederspiegelte. Der Trend der zunehmenden marktbasierten Re- finanzierung großer deutscher Banken war vor allem Ergebnis der Finanzmarkt- fördergesetze der neunziger Jahre. Folge dieser Deregulierungsmaßnahmen wa- ren demnach z.B. verstärkte Emissionen überwiegend unbesicherter Bankschuld- verschreibungen sowie erhöhte Verbriefungen von Forderungen und deren Aus- gaben über Zweckgesellschaften.28 Da letztere besonders um die Jahrtausend- wende zunehmend an Bedeutung gewannen, entwickelte sich in diesen Jahren ein aktiver deutscher Verbriefungsmarkt mit kontinuierlich steigendem Volumen.29 Als zugrundeliegende Forderungen wurden bspw. Auto-, Mittelstands- bzw. ge- werbliche Immobilienkredite verwendet. Die Verbriefungen bis zum Jahr 2004 wa- ren jedoch größtenteils synthetischer Natur und die True Sale Verbriefungen, die den Banken eine echte Refinanzierungsmöglichkeit bieten, gewannen erst ab die- sem Zeitpunkt bis zur Finanzkrise an Bedeutung.30

Im Gegensatz zu diesen sehr marktbasierten Entwicklungen, verhielt sich das Ein- lagenwachstum in den Vorkrisenjahren eher rückläufig. Dennoch nahm diese Re- finanzierungsquelle im deutschen Bankensektor eine zentrale Stellung ein.31

Grundsätzlich sind, über alle Bankengruppen hinweg, unterschiedliche Entwicklungen in Bezug auf die Refinanzierung feststellbar.32 Deshalb werden im Folgenden die Entwicklungen im deutschen Bankensystem im Zeitraum 1990 bis 2006, anhand ausgewählter deutscher Bankengruppen, detailliert vorgestellt.

3.2 Refinanzierung ausgewählter deutscher Bankengruppen

Aufgrund der Liberalisierung der Finanzmärkte wurden für Großbanken die Einla- gen des Nichtbankensektors im Verlauf der neunziger Jahre zu einer zunehmend unattraktiven Refinanzierungsquelle, was durch einen Rückgang von ca. 55 % der Bilanzsumme auf knapp 30 % der Bilanzsumme in den Jahren 1990 bis 2000 ver- deutlicht wurde. Dagegen verzeichneten Verbindlichkeiten gegenüber dem Ban- kensektor im gleichen Zeitraum mit einem Anstieg um ca. 15 % der Bilanzsumme sowie Repogeschäfte jeweils einen Aufwärtstrend. Zu Beginn des Jahres 2005 stellten die Einlagen bzw. Kredite des Nichtbanken- und des Bankensektors dann, bis zum Ausbruch der Finanzkrise, die wichtigsten Refinanzierungsquellen des Großbankensektors, mit je einem Anteil von ca. 30 % der Bilanzsumme, dar. Trotz der in Deutschland infolge der Finanzmarktfördergesetze insgesamt erhöhten Emission von Bankschuldverschreibungen, blieb das Emissionsverhalten der Großbanken im Hinblick auf diese Wertpapiere relativ konstant.33

Landesbanken finanzierten sich dagegen in dem Zeitraum vor der Krise überwiegend über Schuldverschreibungen und Interbankverbindlichkeiten, wobei vorwiegend die Sparkassen die Hauptgläubiger repräsentierten. Angesichts der Funktion der Landesbanken als Zentralinstitut der Sparkassen, waren die Verbindlichkeiten der Nichtbanken in den Jahren 1990 bis 2006 mit rund 20 % der Bilanzsumme und auch Repogeschäfte lediglich von untergeordneter Bedeutung.34

Im Kontrast zu dem bisher dargestellten Groß- und Landesbankensektor, erfolgte die Refinanzierung des Sparkassen- und Kreditgenossenschaftssektors fast ausschließlich über Einlagen bzw. Kredite von Nichtbanken. Trotz der Abnahme um ca. 10 % der Bilanzsumme bis zur Jahrtausendwende, waren die Einlagen mit knapp 65 % der Bilanzsumme, vor Ausbruch der Finanzkrise, noch immer als Hauptrefinanzierungsquelle anzusehen. Die Einlagen bzw. Kredite des Bankensektors, welche sich, nach einem Anstieg bis Ende der neunziger Jahre, schließlich auf einen Anteil von rund 20 % der Bilanzsumme von 2001 bis 2006 beliefen, repräsentierten dabei das zweitwichtigste Finanzierungsmittel für die Verbundinstitute. Dagegen waren Repogeschäfte und die Emission von Schuldverschreibungen lediglich von sehr geringer Bedeutung.35

Pfandbriefbanken konnten sich in den Vorkrisenjahren 2003 bis 2006 am Kapi- talmarkt, angesichts kontinuierlich sinkender Pfandbriefkonditionen, günstig refi- nanzieren. Darüber hinaus konnte der Bruttoabsatz von Öffentlichen Pfandbriefen im Jahr 2005, im Vergleich zu 2004, um +4,4 % gesteigert werden, wohingegen sich die Emission von Hypothekenpfandbriefen um -16,4 % reduzierte. Mit Blick auf den Nettoabsatz waren beide Segmente in den Jahren 2004/2005 mit einer rückläufigen Entwicklung konfrontiert, was folglich auch den Umlauf dieser beiden Pfandbriefarten verringerte. Im Jahr 2006 verzeichneten die Hypothekenpfandbrie- fe dagegen wieder einen Anstieg des Bruttoabsatzes von +6,3 %, während sich der Bruttoabsatz des Öffentlichen Pfandbriefsegmentes um -8,4 % verringerte. Diese Reduzierung ist u.a. auf die Aufhebung der Anstaltslast und Gewährträger- haftung im Jahr 2005, wonach Emissionen des öffentlich-rechtlichen Bankensek- tors keine Staatsgarantien mehr beinhalten, zurückzuführen. Generell reduzierte sich auch im Jahr 2006 das umlaufende Volumen beider Pfandbriefarten. Im Kon- trast zu den eher rückläufigen Entwicklungen, in Bezug auf die Pfandbriefrefinan- zierung in den Jahren 2004 bis 2006, nahm vor allem die Fremdkapitalaufnahme über die Emission unbesicherter Anleihen am Kapitalmarkt bei den deutschen Pfandbriefbanken vor der Finanzkrise eine zentrale Stellung ein. So konnten Mit- glieder des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) bspw. sowohl hinsichtlich des Bruttoabsatzes als auch in Bezug auf den Umlauf unbesicherter Anleihen im Jahr 2005 positive Entwicklungen verzeichnen. Das Jahr 2006 war jedoch auch für die Pfandbriefbanken im Bereich der unbesicherten Bankschuldverschreibungen durch einen rückläufigen Bruttoabsatz gekennzeichnet. Dies kann allerdings zum einen auf einen erheblichen Zinsanstieg im Jahr 2006 und zum anderen auf eine günstige Refinanzierung in den Vorjahren, durch welche bereits ausreichend Li- quidität über unbesicherte Schuldverschreibungen beschafft wurde, zurückgeführt werden.36

Die Genossenschaftlichen Zentralinstitute finanzierten sich bis zur Finanzkrise hauptsächlich über Einlagen bzw. Kredite des Bankensektors, welche trotz eines seit 1990 abnehmenden Trends in den Jahren 2001 bis 2006 die Hauptfinanzierungsmittel mit ca. 55 % der Bilanzsumme darstellten. Auch hier kann der Großteil der Einlagen auf die Kreditgenossenschaften, welche i.d.R. überschüssige Liquidität bei ihren Zentralinstituten anlegen, zurückgeführt werden. Des Weiteren erfolgte die Refinanzierung über die Emission von Schuldverschreibungen und über Einlagen bzw. Kredite des Nichtbankensektors, wobei diese, im Gegensatz zu den Landesbanken, mit je ca. 18 % der Bilanzsumme im Jahr 2006 einen geringeren Anteil als Refinanzierungsquellen ausmachten.37

Zusammenfassend nahm die Refinanzierung über die Interbanken- und Kapital- märkte vor der Finanzkrise sowohl im Groß- und Pfandbriefbankensektor als auch bei den Zentralinstituten, im Vergleich zu den Verbundinstituten, eine zentrale Stellung ein. Ferner wurde bei deutschen Banken der Trend einer zunehmenden Refinanzierung über kurzfristige (institutionelle) Finanzierungsmittel ersichtlich und verstärkte zugleich die Dependenz in Bezug auf ein uneingeschränktes Funktio- nieren der Finanzmärkte sowie die Existenz ausreichender Marktliquidität.38

4 Änderungen im Refinanzierungsverhalten deutscher Banken seit der Finanzkrise

Die Finanzkrise in den Jahren 2007 bis 2009 legte schließlich die Schwachstellen der Fundingstrukturen einzelner deutscher Bankengruppen bzw. Banken offen und forcierte diese zu einem Umdenken in Bezug auf ihre Geschäftsmodelle und Refi- nanzierungsquellen, wobei dies u.a. auch von einem veränderten Kundenverhal- ten dominiert wurde. Jedoch waren, aufgrund der Divergenz der Geschäftsmodelle und folglich auch der Divergenz der Refinanzierungsstrategien deutscher Banken, einige tendenziell schwerer von den Auswirkungen der Krise betroffen als andere. Doch welche Ereignisse dominierten diese Jahre und wie wirkten sich diese auf die deutsche Bankenlandschaft aus? Dies soll in den nachfolgenden Kapiteln erör- tert werden.

Der Ausbruch der Finanzkrise ist insbesondere auf Turbulenzen am US- amerikanischen Markt für Subprime-Hypotheken sowie die damit verbundenen Probleme auf den Verbriefungsmärkten zurückzuführen. So wurden die Verbrie- fungsstrukturen von den Banken genutzt, um Hypothekenkredite mit schlechter Bonität (Subprime) und damit die daraus resultierenden Risiken auf andere Fi- nanzteilnehmer zu transferieren. Für die Konstruktion und folglich Emission dieser Verbriefungen wurden eigens Zweckgesellschaften (auch: Conduits) gegründet, welche diese Forderungsportfolien ankauften und sich u.a. über die Ausgabe kurz- fristiger, besicherter Papiere (sog. Asset-Backed Commercial Papers) refinanzier- ten. Darüber hinaus wurden die Conduits indirekt durch Bankgarantien und Liqui- ditätslinien finanziert, welche in der Bankbilanz jedoch lediglich indirekt als „Off- balance-sheet-Positionen“ ausgewiesen wurden.39 Bereits zu Beginn des Jahres 2005 folgten ein Anstieg der Ausfallraten im Subprime-Segment sowie Preisverfäl- le am gesamten amerikanischen Wohnimmobilienmarkt und resultierten schließ- lich im Jahr 2007 in Ratingherabstufungen und Risikoaufschlägen bei den emittier- ten Produkten. Der 9. August 2007 gilt seither als der Tag, an dem die Krise des US-Subprime-Marktes Ansteckungen anderer internationaler Finanzmärkte und somit auch des Euro-Geldmarktes bewirkte und folglich die Refinanzierungskosten deutscher Banken sowohl am Interbanken- als auch am Kapitalmarkt erhöhte.40

Die Lehman-Insolvenz im September 2008 verstärkte diesen Effekt und führte fer- ner dazu, dass der Spread zwischen unbesicherter und besicherter Refinanzie- rung am (Interbanken-)Geldmarkt anstieg und dieser letztendlich infolge eines Vertrauensverlustes „austrocknete.“ Hierbei kamen insbesondere das unbesicher- te Segment und darunter u.a. der Markt für Commercial Papers zum Erliegen.41

4.1 Marktinduzierte Änderungen im Refinanzierungsverhalten

Im Folgenden werden nun die Änderungen im Refinanzierungsverhalten des gesamten deutschen Bankensektors und ausgewählter deutscher Bankengruppen als Reaktion auf die Entwicklungen an den globalen bzw. europäischen Finanzmärkten betrachtet. Das Augenmerk liegt vor allem auf der Nutzung der Hauptrefinanzierungsquellen deutscher Banken, wobei insbesondere die Änderungen bzw. Verschiebungen in Bezug auf die Gläubigergruppen, die Besicherungsstrukturen sowie die Fristigkeiten dargelegt werden.

Die Darstellung der Änderungen erfolgt unter anderem mithilfe von Abbildungen, welche unter Rückgriff auf die Banken- und Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank, erstellt wurden.

4.1.1 Allgemeine Änderungen im deutschen Bankensektor

Die Jahre der Finanzmarktderegulierung, welche bei deutschen Banken insbeson- dere durch ein zunehmend marktbasiertes Finanzierungsverhalten und eine eher rückläufige Refinanzierung über Kundeneinlagen gekennzeichnet waren, wurden mit dem Ausbruch der Finanzkrise beendet. Als Ursache hierfür sind sowohl die infolge der Subprime- und letztendlich Lehman-Krise entstandenen Turbulenzen auf den Finanzmärkten als auch der damit verbundene Vertrauensverlust, der die Refinanzierung deutscher Banken über diese Märkte zu einer Herausforderung machte, anzusehen. Folglich bewirkte die Finanzkrise im deutschen Bankensys- tem allgemein einen fundamentalen Wandel, welcher im Hinblick auf die Refinan- zierungsaktivitäten entsprechende Trends erkennen lässt.42

Zu den passivischen Hauptrefinanzierungsquellen des deutschen Bankensystems zählten sowohl vor als auch nach der Finanzkrise neben Einlagen bzw. Krediten des Bankensektors (inkl. der Zentralbankrefinanzierung) sowie des Nichtbankensektors auch verbriefte Verbindlichkeiten.

Trotz des Ausbruchs der Finanzkrise gelten diese zwar noch immer als Hauptrefi- nanzierungsquellen des deutschen Bankensystems, jedoch hat sich deren jeweilige Bedeutung in Bezug auf die Bilanz verschoben.43

Die Einlagen (Sicht-, Termin-, und Spareinlagen) bzw. Kredite des Nichtban- kensektors stellten bereits vor Ausbruch der Finanzkrise, im Vergleich zu ande- ren Ländern, eine wichtige Refinanzierungsquelle dar, gewannen jedoch im Ver- lauf der Nachkrisenjahre wieder verstärkt an Bedeutung und beliefen sich folglich im Jahr 2015 auf einen Anteil von ca. 42 % der Bilanzsumme (2006: 35 %). Diese Entwicklung wurde zum einen dadurch geprägt, dass die Depositen des Nichtban- kensektors auch während der Finanzkrise als stabiles Refinanzierungsinstrument galten und deutsche Banken folglich durch gezielte Akquisitionen eine Generie- rung dieser Finanzmittel anstrebten. Zum anderen kann die Erhöhung dieser Refi- nanzierungsquelle auch auf eine Bewegung des (privaten) Nichtbankensektors selbst, infolge der im Jahr 2008 ausgesprochenen Staatsgarantie auf private Ein- lagen sowie einer Kapitalflucht von Kunden aus Krisenländern in das deutsche Bankensystem, zurückgeführt werden.44 Ferner dürfte sich hierbei auch die Risi- koaversion der Privatkunden wiederspiegeln, welche ihre Anlagen vermehrt in konservativere Produkte umschichteten.45

Neben der steigenden Bedeutung des Einlagengeschäfts mit Nichtbanken ist auch in Bezug auf die Fristigkeit dieser Depositen ein entsprechender Trend zu be- obachten. Demnach verzeichneten insbesondere die täglich fälligen Sichteinlagen seit Beginn der Finanzkrise ein erhöhtes Wachstum, wohingegen sich die Termin- einlagen sowohl mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr als auch mit über einem Jahr eher rückläufig entwickelten. Im Verhältnis zum gesamten Sicht- und Termin- einlagenvolumen stieg der Anteil der täglich fälligen Depositen von ca. 41 % im Jahr 2005 auf knapp 65 % im Jahr 2015 an. Die Termineinlagen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr sanken verhältnismäßig von ca. 26 % im Jahr 2008 auf 11 % im Jahr 2015. Ferner war auch bei den Termineinlagen mit einer Laufzeit von über einem Jahr ein Rückgang von rund 41 % im Jahr 2005 auf ca. 26 % im Jahr 2015 zu beobachten. Der in den Krisenjahren 2008/2009 kurzzeitig aufgetretene Anstieg der längerfristigen Termineinlagen kann auf Verbriefungstransaktionen deutscher Banken zurückgeführt werden, welche die Verbriefungen ihrer Zweckgesellschaften, gegen die Hereinnahme dieser Termineinlagen, auf der Aktivseite ihrer Bilanz verbuchten.46

Die Verschiebung zugunsten der sehr kurzen Laufzeiten, stellt zum einen eine Reaktion des (privaten) Nichtbankensektors dar, welcher versucht sowohl langfris- tige Anlagen in Zeiten des bislang andauernden Niedrigzinsumfelds zu umgehen als auch ein adäquates Maß an Flexibilität im Hinblick auf das Anlageverhalten zu wahren. Zum anderen wurde der Abbau der (längerfristigen) Termineinlagen auch von institutionellen Investoren, wie z.B. Versicherungen oder nichtfinanziellen Un- ternehmen geprägt, die in den Krisenjahren insbesondere liquidere Anlageformen bevorzugten bzw. nun seit geraumer Zeit sog. „search for yield“-Präferenzen he- gen und folglich ihre Portfolien in illiquidere und risikoreichere Assets umschich- ten.47

Im Gegensatz dazu reduzierten sich die Einlagen bzw. aufgenommenen Kredite des Bankensektors bereits seit 2002 um ca. 5 % auf 22 % der Bilanzsumme in den Jahren 2011 bis 2015, was auf eine tendenziell eher abnehmende Refinanzierung über den Interbankenmarkt schließen lässt.48

Generell zeichneten sich am Interbanken-Geldmarkt seit der Finanzkrise fundamentale Veränderungen, vor allem in Bezug auf die Besicherungsstrukturen, ab. So spiegelte sich, der durch die Krise verursachte, Vertrauensverlust am EuroGeldmarkt insgesamt in einem drastischen Rückgang unbesicherter Refinanzierungsaktivitäten wieder.49

Auch im deutschen Bankensektor erfolgte, aufgrund der plötzlichen Wahrnehmung möglicher Ausfall- und Liquiditätsrisiken im Rahmen von unbesicherten Finanzie- rungen, eine zunehmende Konzentration auf das besicherte Geldmarktsegment, wie z.B. den Repomarkt. Dabei refinanzierten sich deutsche Banken bereits vor der Finanzkrise in wachsendem Ausmaß über Repogeschäfte, wobei hier vorwie- gend Banken bzw. zentrale Gegenparteien entsprechende Repokontrahenten dar- stellten.50 Dennoch blieb die Krise auch auf dem Repomarkt nicht unbemerkt und resultierte ab dem Jahr 2007 sowohl in einer erhöhten Volatilität dieses Markt- segmentes als auch in einem Rückgang in der Nutzung durch den deutschen Bankensektor.51 Dies kann u.a. auf krisenbedingte Unsicherheiten der kreditge- währenden Banken in Bezug auf die Werthaltigkeit der verwendeten Sicherheiten und folglich auf erhöhte Haircuts bzw. sogar auf Ausschlüsse bestimmter Wertpa- piergattungen zurückgeführt werden, was somit die Refinanzierung über Repos erschwerte. Seit dem Jahr 2009 stellt sich der Verlauf der Verbindlichkeiten deut- scher Banken aus Repogeschäften mit dem MFI-Sektor jedoch im Durchschnitt als relativ stabil dar.52

Des Weiteren hat sich im deutschen Bankensystem durch die Finanzkrise auch die Nutzung von verbrieften Verbindlichkeiten53 als Refinanzierungsinstrument von ca. 22 % der Bilanzsumme in den Vorkrisenjahren auf nur noch ca. 14 % im Jahr 2015 reduziert. Diese rückläufige Entwicklung lässt sich, über alle Banken- gruppen hinweg, zwar bereits schon zur Jahrtausendwende feststellen, wurde aber ab 2007/2008 weiter verstärkt. Durch die am Geldmarkt aufgetretenen Tur- bulenzen sank zum einen die Emission von Geldmarktpapieren, welche den Ban- ken insbesondere zur kurzfristigen Liquiditätsbeschaffung dienen. Dies ist neben dem allgemeinen Vertrauensverlust auch auf das Verhalten institutioneller Investo- ren, wie z.B. die US-amerikanischen Geldmarktfonds, zurückzuführen, welche ihre

[...]


1 Osman, Yasmin, 2010, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 1.

2 Vgl. a.a.O., S. 1 f; vgl. Dombret, Andreas, 2011, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 8 f; vgl. Van Rixtel, Adrian/Gasperini, Gabriele, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 1.

3 Vgl. Nagel, Joachim, 2016, S. 9; vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 42. 1

4 Vgl. Deutsche Bundesbank,o.J.(a), URL siehe Literaturverzeichnis; vgl. Krumnow, Jürgen et al., 2002, S. 1078; vgl. Nagel, Joachim, 2016, S. 9.

5 Vgl. Gräfer, Horst/Schiller, Bettina/Rösner, Sabrina, 2008, S. 46; vgl. Memmel, Chris- toph/Schertler, Andrea, 2009, URL siehe Literaturverzeichnis, Nichttechnische Zusammenfassung.

6 Vgl. Deutsche Bundesbank, o.J.(a), URL siehe Literaturverzeichnis; vgl. Deutsche Bundesbank, Juni 2015, S. 31.

7 Vgl. Hofmann, Mathias, 2009, S. 28 - 31, S. 36. Darüber hinaus besteht die Option der Beschaffung von Hybridkapital (Vgl. a.a.O., S. 36.). Dies wird nachfolgend jedoch vernachlässigt.

8 Vgl. Schierenbeck, Henner/Hölscher, Reinhold, 1998, S. 41; vgl. Betge Peter, 1996, S. 50; vgl. Schierenbeck, Henner, 1987, S. 34.

9 Vgl. Deutsche Bundesbank, o.J.(b), URL siehe Literaturverzeichnis.

10 Der Begriff „Interbankenmarkt“ bezieht sich auf die ausschließliche Teilnahme von Banken, wohingegen bei den Begriffen „Geld- und Kapitalmarkt“ eine Unterscheidung in Bezug auf die Fristigkeit vorgenommen wird. Die Begriffe „Interbanken- und Geldmarkt“ werden in der Literatur oftmals synonym verwendet (Vgl. Hofmann, Mathias, 2009, S. 37.).

11 Vgl. Hördahl, Peter/King, Michael, 2008, S. 1 f.

12 Vgl. Hofmann, Mathias, 2009, S. 28 - 31. Verbindlichkeiten aus Repogeschäften stellen in der Bankenstatistik der Deutschen Bundesbank jedoch Passivgeschäfte dar (Vgl. Deutsche Bundesbank, 2016a, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 58; vgl. Deutsche Bundesbank, 2016b, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 62.).

13 Vgl. Zähres, Meta, 2012, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 3.

14 Die Emission von Pfandbriefen kann nur von Banken mit Pfandbrieflizenz vorgenommen werden. Es handelt sich hierbei um z.B. durch Grundpfandrechte (Hypothekenpfandbrief) oder staatliche Forderungen (Öffentlicher Pfandbrief) besicherte Schuldverschreibungen (Vgl. Verband deutscher Pfandbriefbanken/Tolckmitt, Jens/Stöcker, Otmar, 2015, URL siehe Literaturverzeichnis S. 7 f.).

15 Private Investoren nehmen i.d.R. nicht direkt am Geldmarkt teil, sondern vorwiegend durch die Investition in entsprechende Geldmarktfonds (Vgl. Weber, Manfred, 2013, S. 33.).

16 Vgl. a.a.O., S. 33; vgl. Deutsche Bundesbank, o.J.(c), URL siehe Literaturverzeichnis.

17 Vgl. Tolkmitt, Volker, 2004, S. 252. Die Deutsche Bundesbank unterteilt im Rahmen ihrer Bankenstatistik den Nichtbankensektor als Gläubiger in verschiedene Gruppen (Vgl. Deutsche Bundesbank, 2013, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 20 - 23.).

18 Im Rahmen der Interbankenrefinanzierung über Einlagen bzw. Kredite des Bankensektors erfolgt keine direkte Zuordnung zu markt- bzw. nicht-marktbasierten Transaktionen.

19 Vgl. Deutsche Bundesbank, 2016a, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 58; vgl. Deutsche Bundesbank, Bankenstatistik, URL siehe Literaturverzeichnis, 2016b, S. 62; vgl. Grill, Hannelo- re/Perczynski, Hans, 2010, S. 172 f, S. 188.

20 Vgl. Zähres, Meta, 2012, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 3; vgl. Deutsche Bundesbank, Juni 2015, S. 31.

21 Mortgage Backed Securities (MBS) sind bspw. durch Hypothekenkredite besichert (Vgl. Zähres, Meta, 2012, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 6.); vgl. Krassin, Annika/Tran, Thi Mai Yen/Lieven, Theo, 2009, S. 71 f.

22 Vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 34; vgl. Internationaler Währungsfonds (IWF), 2015, S. 6 f; vgl. Gräfer,Horst/Schiller, Bettina/Rösner, Sabrina, 2008, S. 46, S. 50.

23 Die Realkreditinstitute umfassen private Hypothekenbanken, Schiffsbanken und sonstige private Realkreditinstitute (Vgl. Deutsche Bundesbank, 2015, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 176 f.). Der Begriff „Pfandbriefbanken“ umfasst ab 19. Juli 2005 (Inkrafttreten des Pfandbriefgesetzes) alle

24 Vgl. Grill, Hannelore/Perczynski, Hans, 2010, S. 44 - 54; vgl. Gräfer,Horst/Schiller, Bettina/Rösner, Sabrina, 2008, S. 50 - 55; vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 34; vgl. Zähres, Meta, 2012, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 4; vgl. Deutsche Bundesbank, 2016c, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 10 - 14.

25 Vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 34 - 37; vgl. Gräfer,Horst/Schiller, Bettina/Rösner, Sabrina, 2008, S. 51 - 54.

26 Vgl. Hartmann-Wendels, Thomas/Pfingsten, Andreas/Weber, Martin, 1998, S. 37; vgl. Mühlmeyer, Richard, 2013, S. 17 f.

27 Als Vorkrisenjahre wird hier der Zeitraum von 1990 bis 2006 definiert. Im Jahr 1990 wurde in Deutschland das erste Finanzmarktfördergesetz erlassen (Vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 38.).

28 Vgl. a.a.O., S. 33, S. 36 f; vgl. Nagel, Joachim, 2016, S. 10; vgl. Deutsche Bundesbank, Sep- tember 2008, S. 59 f; vgl. Nagel, Joachim, URL siehe Literaturverzeichnis, 2015, S. 4 f; vgl. IWF, 2015, S. 8; vgl. Norden, Lars/Weber, Martin, 2010, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 71 f.

29 Vgl. True Sale International (TSI), o.J., URL siehe Literaturverzeichnis; vgl. Bechtold, Hartmut/Papenfuß, Holger, 2008, S. 2, S. 4.

30 Dies ist insbesondere auf die sog. „True Sale Initiative“ zurückzuführen (Vgl. Bechtold, Hartmut/Papenfuß, Holger, 2008, S. 4 f.).

31 Vgl. Pausch Thilo, 2008, S. 1236; vgl. IWF, 2015, S. 4.

32 Vgl. Pausch Thilo, 2008, S. 1236.

33 Vgl. a.a.O., S. 1236 f; vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 36; vgl. Deutsche Bundesbank, September 2008, S. 61.

34 Vgl. Pausch, Thilo, 2008, S. 1237.

35 Vgl. Pausch, Thilo, 2008, S. 1237; vgl. Deutsche Bundesbank, September 2008, S. 61.

36 Vgl. vdp, 2005, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 5 - 12; vgl. vdp, 2006, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 5 - 9.

37 Vgl. Pausch, Thilo, 2008, S. 1238 f.

38 Aufgrund der Tatsache, dass die Verbindlichkeiten ggü. dem Bankensektor zwar die Einlagen bzw. Kredite umfassen, allerdings keine Zuordnung zu markt- bzw. nicht-marktbasierten Refinanzierungsgeschäften erfolgt, kann die Beobachtung einer zunehmenden Bedeutung des Interbankenmarktes lediglich als tendenzielle Aussage betrachtet werden (Vgl. Pausch, Thilo, 2008, S. 1240.). Vgl. Deutsche Bundesbank, September 2008, S. 59 f, S. 61.

39 Vgl. Todev, Tode/Brazda, Johann/Laurinkari, Juhani, 2013, S. 38 - 41; vgl. Börner, Christoph/ Sauermann, Martin, 2011, S. 64 f.

40 Vgl. Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), 2008, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 3 f; vgl. Storbeck, Olaf, 2010, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 1; vgl. Nagel, Joachim, 2016, S.

41 Der „ausgetrocknete“ Interbankengeldmarkt ist u.a. Resultat einer gestiegenen Wahrnehmung der Kontrahentenausfallrisiken (Vgl. Europäische Zentralbank (EZB), 2016, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 38 f.). Vgl. Deutsche Bundesbank, 2008, S. 87; vgl. Nagel, Joachim, 2015, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 5.

42 Vgl. Pausch, Thilo, 2008, S. 1236; vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 42.

43 Siehe Abb.1, Anhang S. 55. Vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 37 f. Zusätzlich nahmen im Laufe der neunziger Jahre die Verbindlichkeiten aus derivativen Finanzinstrumenten eine bedeutende Stellung ein. (Vgl. a.a.O., S. 39.).

44 Siehe Abb. 1, Anhang S. 55. Vgl. Deutsche Bundesbank, November 2009, S. 42; vgl. o.V.,

2008a, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 1; vgl. Osman, Yasmin, 2010, URL siehe Literaturver- zeichnis, S. 1; vgl. Jens, Tolckmitt, 2011, S. 712; vgl. o.V., 2012, URL siehe Literaturverzeichnis.

45 Vgl. Schneider, Susanne, 2015, S. 10 f.

46 Siehe Abb. 2, Anhang S. 55. Vgl. Schiereck, Dieter/Auerbach, Christoph, 2013, S. 90. Die Zweckgesellschaften der Banken werden dem Nichtbankensektor zugeordnet (Vgl. Deutsche Bundesbank, Februar 2009, S. 28 f; vgl. Deutsche Bundesbank, Mai 2009, S. 34.).

47 Vgl. Schiereck, Dieter/Auerbach, Christoph, 2013, S. 90 f; vgl. Deutsche Bundesbank, November 2008, S. 28 f; vgl. Deutsche Bundesbank, Februar 2012, S. 30; vgl. Deutsche Bundesbank, Februar 2014, S. 42 f; vgl. Deutsche Bundesbank, Mai 2014, S. 38.

48 Siehe Abb.1, Anhang S. 55. Dadurch, dass die Verbindlichkeiten ggü. dem Bankensektor zwar die Einlagen bzw. Kredite umfassen, allerdings keine Zuordnung zu markt- bzw. nicht- marktbasierten Refinanzierungsgeschäften erfolgt, kann die Beobachtung einer abnehmenden Bedeutung des Interbankenmarktes lediglich als tendenzielle Aussage betrachtet werden.

49 Vgl. Nagel, Joachim, 2013, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 3 f.

50 Vgl. Deutsche Bundesbank, April 2015, S. 40 f. Banken und zentrale Gegenparteien stellen vor allem bei inländischen Repogeschäften die Hauptkontrahenten dar. (Vgl. Deutsche Bundesbank, Dezember 2013, S. 64.).

51 Siehe Abb. 3, Anhang S. 56. Der Anstieg der Verbindlichkeiten aus Repos ab dem Jahr 2013 ist darauf zurückzuführen, dass die zentralen Gegenparteien, wie z.B. die Eurex Clearing AG, in der Bankenstatistik dem MFI-Sektor zugeordnet wurden. Zuvor wurden diese in den Nichtbankensektor eingeordnet (Vgl. Deutsche Bundesbank, März 2014, S. 27.).

52 Siehe Abb. 3, Anhang S. 56. Vgl. Deutsche Bundesbank, November 2009, S. 39; vgl. Deutsche Bundesbank, Dezember 2013, S. 64, S. 68; vgl. Düwel, Cornelia, 2013, URL siehe Literaturver- zeichnis, S. 7 f. Ferner wurden am Repomarkt nur noch Sicherheiten mit höchster Qualität akzep- tiert.

53 Hierzu zählen sowohl börsenfähige Schuldverschreibungen als auch börsenfähige Geldmarktpapiere (Vgl. Deutsche Bundesbank, 2016d, URL siehe Literaturverzeichnis, S. 8, Nr. 6.).

Ende der Leseprobe aus 73 Seiten

Details

Titel
Änderungen im Finanzierungsverhalten deutscher Banken seit der Finanzkrise
Hochschule
Fachhochschule der Deutschen Bundesbank - Schloss Hachenburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
73
Katalognummer
V352169
ISBN (eBook)
9783668385375
ISBN (Buch)
9783668385382
Dateigröße
1743 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Refinanzierung
Arbeit zitieren
Ramona Grobauer (Autor:in), 2016, Änderungen im Finanzierungsverhalten deutscher Banken seit der Finanzkrise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/352169

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