Gottfrieds von Straßburg Tristandichtung unterscheidet sich von allen
anderen höfischen Dichtungen durch die überragende Bedeutung der
Liebe. Die Minne als Hauptelement hebt sich von allen anderen Themen
der zeitgenössischen Literatur ab. Gottfried stellt die Liebe Tristans und
Isoldes als ein Beispiel für 'rechte Minne' in den Vordergrund seines
Werkes.
Doch was versteht der Autor unter 'rechter Minne'? "Sie ist - so deutet der
Prolog an – nicht mehr nur ein rationalen Erklärungsversuchen sich
entziehendes Phänomen, sondern gibt ihrerseits dem Leben der
Menschen, von denen sie Besitz ergreift, einen anderen, tieferen Sinn.
Erst durch sie gelangt der Mensch zu seiner eigentlichen Bestimmung, zu
sich selbst."1 Im Sinne des “Tristan“ ist die vollkommenste Stufe
menschlichen Daseins also nur durch die Liebe zu erlangen.
Gottfried von Straßburgs Minnekonzeption, erfordert aber auch die
Anerkennung des Leids als festen Bestandteil der Minne. Der Weg zur
Erfüllung menschlichen Daseins "führt über die Liebe, genauer: eine das
Leid in der Liebe bejahende Lebenshaltung."2
Lât alle rede belîben.
welle wir liebe trîben,
ezn mac sô niht belîben,
wirn müezen leide ouch trîben.3
Um zu zeigen, dass die Liebe viele Gegensätze in sich birgt, bedient sich
Gottfried der Opposition von liebe und leide.4 Das Leid liegt in der Liebe,
es ist nicht der sozialen Umwelt zuzuschreiben, sondern der
Grundbeschaffenheit der Seele.
swem nie von liebe leit geschach,
dem geschach ouch liep von liebe nie.
liep unde leit diu wâren ie
an minnen ungescheiden.5 [...]
1 Mikasch-Köthner, Dagmar: Zur Konzeption der Tristanminne bei Eilhart von Oberg und
Gottfried von Straßburg. Stuttgart 1991. (Helfant Studien. 7), S. 34.
2 ebd., S. 35.
3 Gottfried von Straßburg: Tristan. Band 1 und 2. Hrsg. von Rüdiger Krohn. Stuttgart 1996, v.
12503 ff. [Zitate aus Gottfrieds Werk werden im Folgenden verkürzt als Tristan, v. x-y. zitiert.]
4 Vgl. Rocher, Daniel: Gegensätze und/oder Verbindungen?. In: Der »Tristan« Go ttfrieds von
Straßburg. Hrsg. von Huber, Christoph und Victor Millet. Tübingen 2002, S. 94 ff.
5 Tristan, v. 204 ff.
Inhaltsverzeichnis
- Die Minnekonzeption Gottfrieds von Straßburg
- Der Minnetrank
- Die Stellung des Trankes in Gottfrieds Tristan
- Positionen zu Bedeutung und Symbolgehalt des Minnetranks
- Der Beginn der Liebe bei Tristan und Isolde
- Positionen zum Beginn der Liebe im Kontext von sechs Szenen
- Tristans Isoldenpreis
- Das "ander leben" und der "niuborne man"
- Tristans Bereitschaft, die Werbungsfahrt zu übernehmen
- Die 'Badszene' und Isoldes Unfähigkeit Blutrache an Tristan zu nehmen
- Die Wiedererkennungsszene am Schlammloch
- Die 'Kajütenszene'
- Der Minnetrank als Symbol
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Rolle des Minnetranks in Gottfrieds Tristan, untersucht verschiedene Positionen zur Entstehung der Minne und beleuchtet, wie der Trank die Liebe zwischen Tristan und Isolde beeinflusst.
- Die Minnekonzeption Gottfrieds von Straßburg
- Die Bedeutung und Symbolik des Minnetranks
- Die Rolle des Tranks bei der Entstehung der Liebe zwischen Tristan und Isolde
- Die verschiedenen Positionen zum Beginn der Liebe in Gottfrieds Tristan
- Der Minnetrank als Symbol für Liebe, Leidenschaft und Verführung
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit der Minnekonzeption Gottfrieds von Straßburg, wobei die besondere Bedeutung der Liebe und ihre widersprüchliche Natur hervorgehoben werden. Der zweite Teil analysiert den Minnetrank und seine Rolle in Gottfrieds Tristan, sowie die unterschiedlichen Interpretationen seiner Bedeutung und seines Symbolgehalts. Der dritte Teil untersucht den Beginn der Liebe zwischen Tristan und Isolde, indem er verschiedene Szenen im Kontext der Entstehung ihrer Minne beleuchtet. Abschliessend betrachtet die Arbeit den Minnetrank als Symbol und seine vielschichtigen Bedeutungen innerhalb der Erzählung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Schlüsselbegriffen Minne, Minnetrank, Liebe, Tristan, Isolde, Gottfried von Straßburg, höfische Literatur, mittelalterliche Literatur, Liebesdichtung, Symbolismus, Causae amoris.
- Arbeit zitieren
- Carolin Damm (Autor:in), 2003, Der Minnetrank in Gottfrieds Tristan. Positionen zur Genese der Minne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35256