Aufbau und gelingende Erziehungspartnerschaft im U3-Bereich


Hausarbeit, 2016

41 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Auftrag

3. Fragestellung

4. Zusammenfassung

5. Erziehungspartnerschaft

6. Empfehlungen
6.1 Voraussetzungen einer gelingenden Erziehungspartnerschaft
6.2 Aufbau der Erziehungspartnerschaft
6.3 Fortführung der Erziehungspartnerschaft

7. Ausblick und Fazit

8. Literatur- und Quellenverzeichnis

9. Anhang

Genderklausel

In der vorliegenden Expertise wird die weibliche Form verwendet, da die überwiegende Mehrheit der bei der Stadt Erftstadt beschäftigten pädagogischen Fachkräfte im Bereich der Kindertagesstätten weiblich sind. Die weibliche Form ist der männlichen Form in dieser Arbeit gleichgestellt. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung weiblicher und männlicher Sprachformen verzichtet.

Der Begriff „Eltern“ beinhaltet in der vorliegenden Expertise die verschiedenen Ausprägungen von Elternschaft (Mütter, Väter, verheiratete sowie nicht verheiratete Paare, Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Eltern, Eltern von Adoptiv- oder Pflegekindern und andere Sorgeberechtigte).

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Eine gelingende Erziehungspartnerschaft wird als wichtige Grundlage für die Entwicklung von Bindungssicherheit und Exploration beim Kind aufgefasst“ (Seitz 2012, S. 14)

Gesetzlich ist die Erziehungspartnerschaft im SGB VIII verankert. Leitlinien für die Zusammenarbeit mit Eltern sind im §1 Abs. 3 SBG VIII sowie die Ausgestaltung der Zusammenarbeit im §22 und §22a des SBG VIII aufgeführt. Eine partnerschaftliche und partizipative Zusammenarbeit wird explizit im §9 des KiBiz des Landes Nordrhein Westfalen benannt. Die aufgeführten Gesetze bilden den Rahmen der Erziehungspartnerschaft.

Kindertagesstätten stellen für Kleinkinder neben der Familie eine zweite Sozialisationsinstanz dar. Jedoch fungieren beide Instanzen unterschiedlich. Das Kind ist innerhalb der Sozialisationsinstanz Familie das Zentrum, während in der Kindertagesstätte die Gruppe im Mittelpunkt steht. Zudem gibt es innerhalb dieser zwei Instanzen unterschiedliche Strukturen, Regeln, Lernsituationen, Abläufe etc. „Eltern-Kind-Beziehungen sind persönlicher, enger, spontaner und emotionaler als Erzieherin-Kind-Beziehungen; sie sind auf Dauer angelegt und nicht auf wenige Jahre beschränkt. Auch sind sie weniger intentional auf Bildung und Erziehung ausgerichtet, reagieren Eltern weniger überlegt und objektiv als professionelle Fachkräfte.“ (Textor 2010) Diese unterschiedlichen Aktionen und Gegebenheiten verlangen eine enge Zusammenarbeit zwischen pädagogischen Fachkräften und den Eltern. „Erziehungspartnerschaft bedeutet nicht nur gemeinsame Verantwortung für die Entwicklung des Kindes. Ihr Kern ist vielmehr eine Haltung auf beiden Seiten, also bei den Eltern wie bei den Erzieherinnen, wo das jeweilige Gegenüber als Experte in seinem Bereich geschätzt, anerkannt und genutzt wird.“ (Ostermayer 2007, S. 67) Einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz haben unter Dreijährige seit dem 1. August 2013 ab vollendetem erstem Lebensjahr. Ausgangspunkt dafür ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, wodurch es vor allem den Müttern erleichtert wird ihre Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit früh wieder aufzunehmen. Oft wird auch eine berufliche und in diesem Kontext auch eine zeitliche Flexibilität sowie Mobilität von den Eltern gefordert. Diese Aspekte haben jedoch auch Folgen für die familiäre Erziehung der Kinder. Die in der Familie verbrachte Zeit der Kinder nimmt ab, was die Kindertagesstätte an deren Bedeutung für die kindliche Entwicklung und als gesellschaftliche Institution wiederum wachsen lässt. (Vgl. BZgA , Anhang A1) Der Übergang von Familie in eine Krippengruppe ist für jedes Familienmitglied nicht nur ein neuer Lebensabschnitt sondern auch mit großen Veränderungen verbunden. Durch den Wandel der Zeit hat sich somit auch die Elternarbeit geändert. Es ist nicht länger eine Arbeit „an“ Eltern sondern vielmehr eine Arbeit „mit“ Eltern. Aufgrund der angeführten Aspekte und Veränderungen ist eine Erziehungspartnerschaft unabdingbar.

2. Auftrag

Die vorliegende Expertise wurde im Auftrag der Stadt XY erstellt. Sie thematisiert Möglichkeiten eines Aufbaus der Erziehungspartnerschaft mit neuen Eltern im Krippenbereich und gibt Empfehlungen für eine gelingende Fortsetzung ihres Bestehens. Die Ergebnisse sollen die pädagogischen Fachkräfte im U3-Bereich in ihrer Arbeit stärken und unterstützen sowie mögliche Verunsicherungen hinsichtlich des Aufbaus und deren Gestaltung minimiert werden. Zudem dienen die erarbeiteten Handlungsempfehlungen als hilfreiche Beratungsansätze für die Fachberatung der Stadt XY.

Zunächst ist es Aufgabe, die derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse im Diskurs der Erziehungspartnerschaft zu sichten und anschließend zu bewerten (Vgl. Kapitel 5 und Kapitel 6.1). Auf Basis dieser Ergebnisse wird dann ein Handlungskonzept erstellt, welches einerseits den Aufbau einer Erziehungspartnerschaft skizziert (Vgl. Kapitel 6.2) und andererseits deren Fortbestand (Vgl. Kapitel 6.3) stärken soll. Eine notwendige Evaluation hinsichtlich deren Wirksamkeit müsste zu einem späteren Zeitpunkt erhoben werden. In Deutschland bestehen derzeit kaum empirische Befunde über den Effekt bzw. allgemein zum Thema Zusammenarbeit mit Eltern. (Vgl. Friedrich 2010, S. 9, Betzt 2015, S. 24)

3. Fragestellung

Der zentrale Angang der Expertise ist die Frage, wie eine Erziehungspartnerschaft mit Eltern von U3- Kindern aufgebaut werden kann? Anschließend soll die Frage beantwortet werden, wie eine gelingende Erziehungspartnerschaft fortgeführt wird und welche Kompetenzen von den pädagogischen Fachkräften zur Umsetzung benötigt werden.

Um diese Fragen beantworten zu können, ist es zunächst unabdingbar, sich mit dem Begriff der Erziehungspartnerschaft auseinander zusetzen. Dazu wurde unter Berücksichtigung der vorgesetzten Zeitverfügung eine intensive Literaturrecherche hinsichtlich des aktuellen Diskurses, relevanten Forschungsergebnisse und Begriffsbestimmungen vollzogen. Zusätzlich wurde eine qualitative Umfrage mit pädagogischen Fachkräften aus dem Krippenbereich sowie Praktikantinnen, welche sich zurzeit in der Erzieherinnenausbildung befinden, durchgeführt, mit dem Ziel, auf evtl. Unsicherheiten im Umgang mit der Erziehungspartnerschaft aufmerksam zu machen sowie zu einer Einschätzung der bereits praktizierten Vorgehensweisen (Anhang A2). Außerdem soll ermittelt werden, welchen Stellenwert die Erziehungspartnerschaft innerhalb der Ausbildung seitens der Fachschulen innehat.

4. Zusammenfassung

Der Grundstein der Erziehungspartnerschaft wird auf der Systemebene in Form der Bildungspläne gelegt. Auf institutioneller Ebene werden die Rahmenbedingungen geschaffen. Diese gestalten sich in Form einer Konzeption oder eines Leitbildes, spezifischer Angebote sowie Offenheit und Transparenz seitens der Einrichtung. Die Basis einer Erziehungspartnerschaft ist Vertrauen. Dieses wird primär durch eine respektvolle und wertschätzende Haltung den Eltern gegenüber aufgebaut. (Vgl. Peitsch 2010, S. 75 f.)

Die pädagogischen Fachkräfte sind angehalten die Wünsche und Interessen der Familien zu berücksichtigen, stärkeorientiert sowie partizipativ zu arbeiten und aktiv auf die Eltern zu zugehen. Vergleichbare Faktoren wurden bereits in der Expertise von Strohm beschrieben. (Vgl. Strohm 2013, S. 9f.)

Eine erfolgreiche Erziehungspartnerschaft entsteht nur, wenn das Team zusammen arbeitet. Es gilt zu analysieren und reflektieren, welche Ziele und welche Art der Zusammenarbeit mit den Eltern gewünscht sind. Anschließend soll unter Berücksichtigung der gegebenen Ressourcen ermittelt werden, mit welchen Methoden diese Ziele erreicht werden können. Voraussetzung für eine gelingende Erziehungspartnerschaft stellt auch die wechselseitige Öffnung beider Parteien dar, ohne die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht möglich ist.

5. Erziehungspartnerschaft

Im Diskurs der Zusammenarbeit mit Eltern wird der Begriff der Erziehungspartnerschaft häufig bevorzugt. Erziehungspartnerschaft basiert auf eine offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Eltern mit den Erzieherinnen zum Wohle des Kindes. „Erziehungspartnerschaft geht aber noch weiter: Sie umfasst auch den wechselseitigen Austausch über Erziehungsziele und -methoden. Nur wenn sich Eltern und Erzieher/innen abstimmen und ‚am gleichen Strang ziehen‘, kann es zu einer entwicklungsfördernden Kontinuität von privater und öffentlicher Erziehung kommen.“ (Textor 2000, S. 7) Der Begriff der Erziehungspartnerschaft soll zudem die Bedeutung der Eltern als Experte ihrer Kinder Anerkennung zollen. Die Erkenntnis, dass ein respektvoller Umgang zwischen den Eltern und den Erzieherinnen für die Bildungsoffenheit des Kindes dient, ist Grundlage des Perspektivwechsels von der Elternarbeit zur Partnerschaft.

„Erziehungspartnerschaft ist eine auf gegenseitigem Respekt aufgebaute, gleichberechtigte Beziehung. Die Partner stehen auf einer Ebene, ihre Einstellungen und Argumente sind gleichwertig, sie gehen fair miteinander um. Eltern und Erzieherinnen teilen sich die Verantwortung für die Erziehung des Kindes. Sie kooperieren miteinander“ (Knappmann 2013, S. 24) Dieses Zitat ist beispielhaft für die vielen Aufforderungen nach einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe, was jedoch dem Diskurs der Professionalisierungsdebatte entgegensteht, welcher auf eindeutige und markierbare Unterschiede zwischen Erzieherinnen und Eltern zielt. „Die Hierarchie ist auch dann nicht aufzulösen, wenn argumentiert wird, dass die Professionellen nicht an den Defiziten, sondern an den Ressourcen der Eltern ansetzen (sollen):“ (Betz 2015, S. 29) Zudem sind Eltern von Gesetzt (GG, Artikel 6; 2)[1] aus die Hauptverantwortlichen für ihre Kinder und sind somit auch in erster Linie für das Wohl sowie die Entwicklung des Kindes zuständig. Pädagogische Fachkräfte kommen erst in der Triangulierungsphase als bedeutsame Dritte hinzu und eröffnen der Familie neue Bildungsangebote. (Vgl. Kobelt Neuhaus 2014, S. 7) Eltern delegieren demnach ihren Auftrag an die Kindertagesstätte nur und geben ihn keineswegs auf. Daraus entsteht die Zusammenarbeit zwischen Eltern und der Einrichtung. Die pädagogischen Fachkräfte haben die Aufgabe die Erziehungspartnerschaft aufzubauen. Empirische Befunde über die Wirkung von Erziehungspartnerschaft auf Kinder und deren Eltern stehen bislang aber noch aus.

6. Empfehlungen

Im Folgenden werden zunächst prinzipielle Voraussetzungen für eine gelingende Erziehungspartnerschaft beschrieben. Auf deren Basis folgen konkrete Handlungsempfehlungen für einen Aufbau der Erziehungspartnerschaft. Abschließend werden weitere Möglichkeiten und Beispiele für die Fortführung der partnerschaftlichen Arbeit mit Eltern veranschaulicht. Dabei werden nur Beispiele aufgeführt und nicht jede Art der Zusammenarbeit mit Eltern beschrieben. Weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit sind im Anhang (A3 und A4) aufgelistet.

6.1 Voraussetzungen einer gelingenden Erziehungspartnerschaft

Respektvolle Haltung und Wertschätzung

„Wesentliches Merkmal einer Haltung, die zum Gelingen einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft beiträgt, ist die grundsätzliche Achtung der Fachkraft vor dem Erziehungsauftrag der Eltern.“ (Roth 2010, S. 25) Die Entgegenbringung seitens der Fachkräfte von Respekt und Wertschätzung gegenüber den Eltern ist dabei ein unerlässlicher Bestandteil. Aufgabe der Fachkraft sollte es sein, die Beweggründe als auch die Ressourcen des Gegenübers zu erfahren als auch zu analysieren. Auch Partizipation muss Bestandteil der gemeinsamen Arbeit sein. Im Team gilt zu klären, auf welchen Ebenen diese vollzogen werden kann (Feste, Ausflüge, Konzeption, Vorlese-Aktivitäten, etc.). Eltern werden durch die Mitbestimmungsmöglichkeiten motiviert und fühlen sich ernst genommen. Jedoch gibt es auch Eltern, die nicht an einer intensiven Zusammenarbeit interessiert sind. Die pädagogischen Fachkräfte sind angewiesen mit einem wertschätzenden Verhalten die Haltung der Eltern zu akzeptieren.

Vorurteilsbehafte Haltung

Jeder Mensch hat gewisse Vorurteile. Auf der einen Seite können Vorurteile schützen und vor etwas bewahren, auf der anderen Seite schließen sie etwas aus und können zu Stigmatisierungen führen. Für einen Beziehungsaufbau gestalten sich Vorurteile daher negativ. Vorurteile können jedoch nicht einfach ignoriert oder gar abgestellt werden. Daher ist es Aufgabe der pädagogischen Fachkraft diese zu reflektieren und sich mit den gegebenen Vorurteilen konstruktiv auseinanderzusetzen. „Eine damit einhergehende vorurteilsbewusste Haltung erweitert die professionelle Handlungsmöglichkeiten und hilft, Ausschluss-Verhalten, Ausgrenzung und Diskriminierung zu verhindern oder zumindest zu reduzieren.“ (Roth 2010, S. 27) Unterschiedlichkeiten können hierbei auch als Chance für einen Perspektivwechsel verstanden werden.

Ressourcenorientierte Haltung

Stärken und Schwächen besitzt jeder Mensch. Bei der ressourcenorientierten Haltung geht es darum, die vorhandenen Stärken der Eltern zu analysieren und diese hervorzuheben. Dieses Vorgehen signalisiert den Eltern eine wertschätzende Haltung ihnen gegenüber und kann ihr Selbstbewusstsein steigern. „Der Blick auf die Eltern ist ressourcen- und nicht defizitorientiert.“ (Viernickel 2013, S. 138) Daraus folgt meist eine größere Offenheit der Eltern einher. Auch die Stärken ihrer Kinder sollen im Vordergrund stehen. „Die Zusammenarbeit mit Eltern kann insbesondere dann gefördert werden, wenn die theoretische und empirische Forschung verstärkt wird sowie die Weiterbildung sich an einem ressourcenorientierten Ansatz orientiert. Der bisher gesicherte Wissensstand in Bezug auf Elternarbeit basiert noch immer auf einer eher defizitären Wahrnehmung von Eltern, die primär unterstützt, gefördert und begleitet werden sollen. Dabei wird oft unkommentiert davon ausgegangen, dass Erzieherinnen und Erzieher per se kompetentere Personen in Bezug auf Erziehungsstile und Erziehungsverhalten sind. Erst eine reflektierte Auseinandersetzung mit den eigenen Überzeugungen kann dazu führen, dass sich eine differenzierte und damit professionelle Haltung entwickelt.“ (Bock 2012, S. 34) Die Stärken jeder Mitarbeiterin soll in der Einrichtung genutzt werden. Sicherlich fühlt sich nicht jede pädagogische Fachkraft wohl eine Erziehungspartnerschaft intensiv zu führen. Daher kann auch eine Kommission bzw. eine Elternbeauftragtengruppe innerhalb des Teams erstellt werden, welche mit einen bestimmten Zeitkontingent für die Weiterführung der Erziehungspartnerschaft beauftragt ist.

Dialogische Haltung

Auf Grundlage einer Dialogorientierten Haltung werden die Erziehungs- als auch Bildungsprozesse der Kinder mit ihren Eltern gemeinsam gestaltet und deren Ziele benannt. Die Dialogische Haltung sollte von Akzeptanz, Empathie sowie eines aktiven Zuhörens geprägt sein. Zudem ist ein authentisches Auftreten der pädagogischen Fachkraft von Belangen. Diese Empfehlungen sind zurückzuführen auf die personenzentrierte Gesprächsführung nach Carl Rogers. „Diese Gesprächsführung – mehr Haltung als Methode – führt dazu, dass das Gegenüber über sich und sein Erleben spricht, sich selbst besser verstehen lernt und leichter zu Einstellungs- und Verhaltensänderungen gelangt.“ (Roth 2010, S. 32) Auch sollten die Eltern regelmäßig nach ihren Wünschen und Bedürfnissen befragt werden. Diese Bedarfsanalyse kann mittels einer Elternbefragung erfolgen.

Bereitschaft zur Selbstreflexion

„Bei der kontinuierlichen Selbstreflexion geht es um Fragen an die eigene Grundhaltung, die das alltägliche pädagogische Handeln beeinflussen.“ (Roth 2010, S. 35) Dadurch wird es der Fachkraft leichter fallen, sich auf neue Perspektiven und andere Auffassungen einzulassen. Zudem wird die eigene Praxis kritisch überprüft und ggf. den gegeben Bedingungen angepasst. Bei der geforderten gleichberechtigten Zusammenarbeit und der damit einhergehenden vertrauensvollen kooperativen Arbeit ist zu berücksichtigen, dass das Wissen über die Familie (Krankheit, Lebenslage, Beruf etc.) auch gegen sie verwendet werden kann. Um dies zu vermeiden, „ist eine hohe professionelle Kompetenz im Sinne der Reflexionsfähigkeit der Professionellen gefordert.“ (Beltz 2015, S. 36)

Wissen um systemische Denk- und Arbeitsansätze

Systemische Denk- und Arbeitsansätze sind hilfreich, wenn unterschiedliche Meinungen aufeinander treffen. Das Systemische Denken geht davon aus, dass jede Handlung einen Sinn erfüllt. Dadurch ist es möglich, Beobachtungen nicht subjektiv zu bewerten sondern diese aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und ihnen somit eine andere Bedeutung zu geben. Um sich diesen anderen Sichtweisen zu nähern, hilft es Hypothesen zu bilden, indem sich die Fachkraft versucht in das Gegenüber hineinzuversetzen, um dadurch die eigene Sichtweise zu erweitern. Die systemische Denk- und Arbeitsweise eröffnet somit neue Zugänge in schwierigen Situationen.

6.2 Aufbau der Erziehungspartnerschaft

Erster Kontakt

Der erste Eindruck zählt. Dies trifft insbesondere für neue Eltern der Einrichtung zu, die zum größten Teil das erste Mal ihr Kind in ihnen noch fremde Hände anvertrauen. „Dieser erste Eindruck von der Einrichtung prägt bereits ihre Bereitschaft, sich auf eine gemeinsame Bildungs- und Erziehungspartnerschaft einzulassen.“ (Roth 2010, S. 127) Daher ist es notwendig seitens der Mitarbeiterinnen und der Leitung diese Eltern freundlich sowie aufgeschlossen willkommen zu heißen und sich ihnen persönlich vorzustellen. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass jeder aufgrund seiner Individualität andere Auffassungen und Indikatoren besitzt, um sich wohl zu fühlen. Es sollte daher nicht das Ziel sein, es jedem gleichwohl recht zu machen, da man an diesem Ziel schnell scheitern kann.

Seitens der jeweiligen Einrichtung ist zu überlegen, ob der erste Besuch von neuen Eltern an einzelnen Tagen vollzogen oder im Rahmen eines „Tag der offenen Tür“ organisiert wird. Beide Vorgehensweisen haben ihre Vor- und Nachteile. Für diese Überlegung soll an dieser Stelle nur zwei Punkte benannt werden. Der Vorteil von einzelnen Besichtigungsterminen besteht darin, dass den jeweiligen Eltern die volle Aufmerksamkeit gewidmet werden kann, was zugleich ein Nachteil des Konzeptes „Tag der offenen Tür“ darstellt. Dafür hat der „Tag der offenen Tür“ den Vorteil, dass die jeweiligen neuen Eltern die Möglichkeit haben, sich untereinander schon einmal kennen zu lernen, was bei den separaten Besuchstagen nicht der Fall ist. Eine weitere Empfehlung zum ersten Kennenlernen stellt eine Spielgruppe integriert in der U3-Gruppe dar. Diese kann beispielsweise in den letzten drei Monaten eines Kita-Jahres an einem Tag für eine Stunde pro Woche angeboten werden. Innerhalb dieser Stunde können Eltern gemeinsam mit ihrem Kind die Krippengruppe besuchen. Dadurch tritt das Kind bereits vor der eigentlichen Eingewöhnungszeit mit den Kindern und Erzieherinnen seiner zukünftigen Gruppe in Kontakt. Zeitgleich lernen die Eltern den Gruppenalltag aktiv kennen, können die Erzieherinnen beim Umgang mit den Kindern beobachten und neue Spiel- sowie Lernimpulse mitnehmen.

Für den ersten Besuch sollten auch die Räume der Gruppen soweit hergerichtet sein, dass Eltern sich ein gutes Bild von diesen machen können. Schließlich wird ihr Kind für mindestens ein Jahr diese Räumlichkeiten im U3-Bereich besuchen. Die pädagogischen Fachkräfte sind bei diesem ersten Besuch der Einrichtung angehalten, den Eltern die Funktionen, Spielmaterialien und groben Abläufen der Gruppe zu zeigen als auch beschreiben. Dadurch bekommen die Eltern einen ersten Einblick in den Tagesablauf der zukünftigen Gruppe ihres Kindes. Dieser Schritt wird als wichtig erachtet, da vielen Eltern der Alltag in einer U3-Gruppe gänzlich unbekannt ist. Die Fachkraft kann während des Besuches schon den ersten Schritt eines Beziehungsaufbaues einleiten, indem sie den Eltern ernsthaftes Interesse über das Kind zeigt und ggf. aufkommende Fragen offen und ehrlich beantwortet. Eltern können bei diesem Besuch bereits erste Unsicherheiten äußern. Aufgabe der Fachkraft ist es, Verständnis gegenüber den Eltern zu zeigen als auch zu versuchen, ihnen diese Unsicherheiten zu nehmen. Dies kann beispielsweise auf Grundlage ihrer Erfahrung oder Empathie geschehen.

Jede Einrichtung sollte für den ersten Besuch der neuen Eltern schriftliche Informationen für diese bereitstellen. Dazu zählen u.a. das Leitbild der Einrichtung und das Konzept. Das Konzept beinhaltet zudem die Möglichkeiten aber auch Grenzen einer Erziehungspartnerschaft. Empfehlenswert ist es, alle Informationen auch in verschiedenen Sprachen bereitzuhalten, um gleich Wegs die Willkommenskultur auch für Eltern mit Migrationshintergrund zu gestalten.

Aufnahmegespräch

Als nächster gemeinsamer Schritt von Eltern und der Kindertagesstätte folgt das Aufnahmegespräch. „Mit dem Aufnahmegespräch beginnt die verbindliche und intensivierte Gestaltung der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern seitens der pädagogischen Fachkräfte.“ (Roth 2010, S. 131) Empfohlen wird das Aufnahmegespräch nicht allein von der Leitung durchzuführen sondern in Kooperation mit der zukünftigen Bezugserzieherin des Kindes. Durch diese Vorgehensweise wird der Aufbau der Erziehungspartnerschaft weiter gefördert, da die Erzieherin als auch die Eltern erneut im direkten Austausch stehen. Zudem sollte der Aufbau des Aufnahmegespräches nicht anhand eines Fragekatalogs abgehandelt werden. Vielmehr sollten die beteiligten Personen der Einrichtung sich vorab intensiv auf das Gespräch vorbereiten und die Fragen verinnerlichen.

[...]


[1] Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Aufbau und gelingende Erziehungspartnerschaft im U3-Bereich
Hochschule
Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz)
Note
1,0
Jahr
2016
Seiten
41
Katalognummer
V353577
ISBN (eBook)
9783668398948
ISBN (Buch)
9783668398955
Dateigröße
786 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Expertise, Elternzusammenarbeit, Kita, U3, Erziehungspartnerschaft
Arbeit zitieren
Anonym, 2016, Aufbau und gelingende Erziehungspartnerschaft im U3-Bereich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/353577

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