Leseprobe
Inhalt
Einleitung
Werkstück 1: Die Schülerinnen und Schüler kennenlernen – Reflektieren Sie die Lernvoraussetzungen!
Werkstück 2: Afghanistan – Arbeiten Sie heraus, was Schülerinnen und Schüler daran über Krieg und Frieden lernen können!
Werkstück 3: Wählen Sie einen Lernweg aus – strukturieren Sie Lernprozess und Thema didaktisch sinnvoll!
Werkstück 4: Die Kompetenzen der Unterrichtseinheit: Formulieren Sie eine Leitkompetenz und inhaltsbezogene Kompetenzen für alle Unterrichtsstunden
Werkstück 5: Erstellen Sie eine Übersicht zur Ihrer Unterrichtseinheit!
Werkstück 6: Planen Sie eine Einzelstunde detailliert!
Werkstück 7: Reflektieren Sie das Seminar und Ihren eigenen Lernprozess
Literaturverzeichnis
Anhang
Einleitung
Bei dem vorliegenden Portfolio handelt es sich um die Ausarbeitung des Seminares Unterricht im Fach "Politik und Wirtschaft" – Konzeption und Gestaltung. Laut der Arbeitsaufgabe ist dieses Portfolio in sieben Werkstücke aufgeteilt. Diese Werkstücke besitzen unterschiedliche Aufgaben zur Planung einer Unterrichtsreihe über den Afghanistankonflikt. Beginnend mit dem Werkstück 1, in dem die Lernausgangslage einer Klasse beschrieben wird, welche durch das Studium eines Videos analysiert wird. Das zweite Werkstück setzt sich mit dem fachwissenschaftlichen Teil auseinander, über den die Lehrkraft und die SuS[1] Bescheid wissen müssen. Dies geschieht über eine kategoriale Sachanalyse, welche es ermöglicht, dass Lernen auf Inhalte beziehen zu können. Die Aufgabe des dritten Werkstückes ist es, eine Lernumgebung zu schaffen. Ab dem dritten Werkstück geht es um die didaktische Strukturierung. Es hat die Aufgabe einen geeigneten Lernweg zu finden, um einen größtmöglichen Lernerfolg bei den SuS zu erreichen. Nach Feststellung eines geeigneten Lernweges beschäftigt sich das Werkstück 4 damit, eine Leitkompetenz für die Unterrichtsreihe zu schaffen und die Unterrichtsstunden kompetenzorientiert zu strukturieren. Eine Aufstellung der Unterrichtsreihe ist dann um Werkstück 5 angedacht. In dem darauffolgenden Werkstück kommt es zu einer detaillierten Planung einer Einzelstunde im Kontext des Unterrichts. Im finalen Werkstück 7 kommt es zu einer allgemeinen Reflexion des Seminares und die Entwicklung eigener Unterrichtsplanungskompetenzen durch Bearbeitung des Portfolios.
Werkstück 1: Die Schülerinnen und Schüler kennenlernen – Reflektieren Sie die Lernvoraussetzungen!
Um eine Klasse optimal unterrichten zu können, muss man diese in ihrer Individualität zuerst kennenlernen und genau analysieren. Dies ist die Aufgabe dieses 1. Werkstückes.
Lerngruppenanalyse:
In der vorliegenden Lerngruppe handelt es sich um eine 9. Klasse einer hessischen Gesamtschule. Diese Klasse umfasst insgesamt SuS, wobei es sich um 11 Schülerinnen und 10 Schüler handelt. Diese haben in ihrem Jahrgang meist das Alter von 14 oder 15 Jahren. Laut hessischem Kerncurriculum werden diese SuS seit zwei Jahren im Fach Politik und Wirtschaft beschult. Obwohl sie seit zwei Jahren dieselben Unterrichtseinheiten vollzogen haben, zeigen sich diverse Divergenzen in der stofflichen Kenntnis und Partizipation am Unterrichtsgeschehen auf. In der Klasse wird der politische Diskurs von vier Jungen hauptsächlich getragen. Diese scheinen große Kenntnis und Vorwissen im stofflichen Thema zu besitzen und tun diese im Unterrichtsgeschehen kund. Der Rest der Klasse interagiert nur bei Aufforderung. Auch hierbei sind Unterschiede in der geschlechtlichen Partizipation zu erkennen, während ein Teil der Jungen versuchen unterrichtliche Fragen zu beantworten, melden sich zahlreiche weibliche Mitglieder in dieser gezeigten Unterrichtssequenz nicht zu Wort. Es ist eine gewisse Form von Schüchternheit zu erkennen, sie trauen sich nicht zu antworten, dass sie vor den selbstbewussten Jungengruppen nichts Falsches sagen wollen. Dies macht sich in der Zahl der Unterrichtsmeldungen bemerkbar: während sich in dieser 44 minütigen Unterrichtseinheit (aufgrund von Überzug des Lehrer 4 Minuten in die Pause) meldeten sich der männliche Teil der Klasse insgesamt 33-mal, der weibliche Teil jedoch nur 9-mal. Auch der qualitative Wert der Wortmeldungen ist bestimmt vom männlichen Teil der Klasse. Allgemein herrscht in der Klasse eine ruhige Arbeitsatmosphäre, welche jedoch auch der anwesenden Kamera geschuldet sein kann. Die SuS begannen ohne zu Zögern das Arbeiten an den Aufgaben. Auch in der Aufgabenbewältigung signalisierten männlichen Teilnehmer eine schnellere Beendigung dieser. Den SuS bereitete es Schwierigkeiten, die Fragen der Lehrkraft tiefgründig zu beantworten und so war es geschuldet, dass das Unterrichtsgeschehen sehr lehrerzentriert war. Das Verhältnis zwischen SuS und Lehrer hatte für mich den Ausdruck einer Distanz. Jener Distanz, aber auch der Beobachtungssituation, darf es zu verdanken sein, dass keine sichtbare Unterrichtsstörung in der vorliegenden Sequenz zu erkennen war.
Politikbewusstsein:
Zuerst bedarf es einer Definition des Wortes des „Politikbewusstseins“. Mit jenem Begriff setzte sich der Politikwissenschaftler Dirk Lange auseinander. In seinen Ausführungen spricht Lange davon, dass Politikbewusstsein der „geistige Ort“, sei, „an dem der Mensch politische Wirklichkeitsvorstellungen aufbaut“[2]. Der Mensch besitzt dabei immer einen subjektiven Zugang zu Vorstellungen über die politische Wirklichkeit.[3] Die Schule besitzt dabei den Auftrag, die SuS im Geiste der Demokratie zu erziehen[4] Daraus leitet sich die Zielperspektive der politischen Bildung im staatlichen Auftrag ab, sie will Schüler nicht nur zur politischen Urteilsbildung, sondern auch zu demokratischen Verhaltensweisen befähigen und eine generelle demokratische Grundhaltung generieren. Dabei, laut Lange, bedient das „Politikbewusstsein jegliches politisches Lernen“.[5] In der Lerngruppe sind diese demokratischen Züge in ihrem Grundverständnis aufgenommen, die SuS erkennen die negativen Verhältnisse in Lybien und empfinden die Demokratie als Lösungsansatz.
Kompetenzbereiche:
In zweiten Teil des 1.Werkstückes beschäftige ich mit der Frage, inwiefern die vom hessischen Kerncurriculum vorgegebenen Kompetenzbereich (Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methoden-Kompetenz) in dieser Lerngruppe gefördert werden können. Diese werden als Fähigkeiten definiert, über die die SuS verfügen müssen, um als mündige Bürger das Zusammenleben in einer Demokratie zu erfassen.[6] Bei der Analysekompetenz müssen die SuS lernen, was alles zu wissen ist, um die Problemfrage beantworten zu können. Sie sollen dabei die unterschiedlichen Akteure und deren Handlungen verstehen und diese in den Kontext des Gesamtkonfliktes einarbeiten können. In meiner Beobachtung der Unterrichtsstunde ist mir aufgefallen, dass diese Kompetenz besonders bei den leistungsstarken Schülern ausgeprägt ist, sie können die Lage einschätzen und auch verschiedene Positionen begründen. Großer Förderbedarf besteht in der Urteilskompetenz. Hierbei sollen die SuS in der Lage sein, sich ein eigenes Urteil, indem sie sich kritisch mit dem Sachverhalt auseinandersetzen. Ich empfinde die Urteilsfähigkeit der Klasse deshalb ausbaufähig, da sind in der abschließenden Diskussion in der Stunde sich relativ oberflächlich und einheitlich entschieden. Auf die Frage des Lehrers, ob Frieden durch Krieg geschaffen werden könnte, kamen 16 Schüler zu einer Entscheidung für „nein“, lediglich 3 Schüler empfanden Krieg als notwendiges Mittel zur Generierung des Friedens. Auffällig hierbei ist, dass diese 3 Schüler zu den Leistungsträgern in der Klasse zählen. Sie scheinen den Sachverhalt auch unter anderen Aspekten zu betrachten und bildeten sich somit ihr Urteil. Der Großteil der Klasse schienen für mich lediglich den Weg zur Verteufelung des Krieges als Mittel zu nehmen und beachteten nicht die eventuelle Unausweichlichkeit eines bewaffneten Konfliktes. In der Handlungskompetenz sehe ich ähnliche Probleme, wie oben beschrieben ist die allgemeine Basis innerhalb der Klasse nicht einheitlich. In jener Handlungskompetenz sollen die SuS sich speziell in die Rolle einer Position hineinversetzen und deren Standpunkte vertreten oder eventuell andere Lösungsansätze entwickeln[7]. Ich denke hier herrscht in einem Großteil der Klasse noch Förderbedarf. Auch die Methodenkompetenz bedarf weiterer Förderung. Hierbei sollen die Schüler auf Grundlage von Arbeitsmaterialien weiter die Unterrichtsinhalte erarbeiten. Wie oben bereits beschrieben, sind sie dazu nicht in der Lage. Der Unterricht muss stark vom Lehrer geleitet werden, um die SuS zum Arbeiten anzuleiten.
Reflexion Werkstück:
In diesem Werkstück ist mir die Besonderheit einer guten Vorbereitung bewusst geworden. Es gilt nicht nur, die Lerngruppe in sozialen Strukturen kennenzulernen (dies war bereits Bestandteil vorausgegangener Unterrichtsbeobachtung meinerseits), sondern auch die verschiedenen Kompetenzen zu beobachten. Dies fiel mir anfänglich nicht sehr leicht. Erschwerend kam hinzu, dass ich die Lerngruppe nicht persönlich betrachten konnte, sondern diese lediglich aus dem Video und vorausgegangen Seminarsitzungen kennenlernte. Weiterhin wurde mir bewusst, dass eine Klasse zahlreiche verschiedene Teilnehmer mit unterschiedlichem Wissensstand besitzt. Dieser Punkt werde ich nun in meinen weiteren Unterrichtsbetrachtungen vordergründig beobachten.
Werkstück 2: Afghanistan – Arbeiten Sie heraus, was Schülerinnen und Schüler daran über Krieg und Frieden lernen können!
Eine Unterrichtsreihe zur Unterscheidung von Krieg und Frieden stellt sich als essenzielle Einheit dar, um die SuS zu politisch mündigen Subjekten zu erziehen. So wird auch im hessischen Kerncurriculum festgelegt, bereits in der 7. beziehungsweise 8. Klasse Grundzüge demokratischen Handelns und Erziehung hin zu friedlichem Handeln zu unterrichten. In der Klassenstufe 9, von jener meine Ausführung handelt, besitzt das Thema „Krieg und Frieden“ einen essenziellen Unterrichtspunkt im hessischen Lehrplan. Das Thema ist unverzichtbar, da seit jeher der Frieden in der Welt durch politische Machtkämpfe geprägt ist. Diverse unterschiedliche Interessenlagen machen die Welt zu einem ständigen Spannungsfeld. Die SuS sollen internationale politische und ökonomische Verflechtung moderner Gesellschaften und die daraus resultierenden globalen Abhängigkeiten kennenlernen und diese Einschätzen lernen. Dabei sollen sowohl Chancen und auch Risiken der Globalisierung zur Wohlstandsgewinnung und Weiterentwicklung internationaler Kooperation, aber der Auseinandersetzungen und eventuellen Zerstörungen von Ländern aufgrund vorherrschender Konflikte[8]. Dazu eignet sich das Seminarthema des Afghanistankrieges besonders. Dem Überthema „Internationale Zusammenarbeit und Friedenssicherung“ werden insgesamt 18 Unterrichtsstunden in den neunten Klassen zu bemessen, es besitzt die höchste thematische Stundenzahl in der Jahrgangsstufe, dies unterstreicht wiederholt die enorme Wichtigkeit (vgl. ebd.). Das Hessische Kerncurriculum setzt der Lehrkraft verbindliche zu unterrichtende Inhalte vor. Die SuS sollen sowohl die Einhaltung der Menschenrechte, als auch innergesellschaftliche Konflikte und internationale Friedenssicherung, Organisationen zur Friedenssicherung (sowie deren Ziele, Aufbaustrukturen und Handlungsmöglichkeiten) kennenlernen.[9] Aufgrund dieser vielseitig verknüpften und komplexen Inhalte, ist der Afghanistankonflikt prädestiniert. Im folgenden Ablauf habe ich den Konflikt mit Hilfe der Leitfragen einer kategorialen Sachanalyse nach Mathias Lotz und Christian Scheinert analysiert.[10]
1. Dimension „Prozess“:
Afghanistan ist muslimisch geprägtes Land, für ca. 99% der Bevölkerung ist der Koran die Heilige Schrift.[11] Der Koran bildet auch die Grundlage für die Rechtsprechung in der Scharia. Radikale Ausleger dieser Schrift, genannt Islamisten, berufen sich innerhalb des Korans auf den Dschihad, den Heiligen Krieg. Sie wollen einen islamischen Gottesstaat errichten und diesen mit notfalls mit Waffengewalt durchsetzen. Auch das Bekämpfen von Andersgläubigen und besonders der westlichen Welt (USA und andere europäische Länder), welche als große Feindbilder des Islams gesehen werden, wird veranlasst. 1978 kam es in Afghanistan zu einem Putsch unter Führung der kommunistischen Partei, welcher einen Aufstand in großen Teilen der Bevölkerung mit sich zog. Die Gegebenheiten in Afghanistan waren für die zahlreichen Änderungen nicht gegeben. Die brachialen Reformen missachteten die alten Regeln des Landes. Um die zahlreichen Wiederstände niederzuringen und zur Stärkedemonstration gegenüber des Klassenfeindes USA, marschierten 1979 russische Truppen in Afghanistan ein. Diese russische Besatzung dauerte 10 Jahre an. Das 1988 verabschiedete Genfer Abkommen zwischen Afghanistan, Pakistan, der Sowjetunion und den USA über die Unabhängigkeit des Landes lässt dieses im Chaos versinken[12]. So kommt es 1996 zur Machtergreifung des Taliban- Regimes. Nach den Terroranschlägen vom 11. September verlangen die USA die Auslieferung des Terroristen-Führer Osama bin Laden, welcher als Anführer der al- Qaida galt. Präsident Bush verkündete den Kampf gegen den Terror. Aufgrund der Weigerung der Taliban, Bin Laden auszuhändigen, erklärte Amerika Afghanistan den Krieg. So griffen im Oktober 2001 die USA und Großbritannien in Kooperation mit der afghanischen Nordallianz[13] Afghanistan an und stürzten das Taliban-Regime. Frieden sollte dem Land jedoch bis heute nicht zu Teil werden. Noch heute kommt es zu Straßenschlachten, weshalb sich bis heute ISAF- Truppen in dem Land befinden. Diese von der NATO geführten Truppen sollen zum Wiederaufbau und Friedenssicherung des vom Krieg gebeutelten Landes beitragen. "Afghanistan braucht dringend Frieden. Ohne Frieden ist es unmöglich, etwas aufzubauen. Ohne Frieden ist kein Leben möglich."[14] Auch durch Partizipation dieser Truppen hat das Land noch einen Weg zu einer Stabilisierung vor sich. Die Fragilität des Staates ist das größte Problem der Stabilisierung. Noch heute herrschen große soziale Divergenzen. Ein Teil der afghanischen Bevölkerung besitzt seit Anschlägen der Taliban nicht einmal Strom.[15] Auch die Aufklärung im Land ist sehr eingeschränkt, medial ist das Land sehr rückständig, das Empfangen eines Radioprogrammes zählt als meist verbreiteter Weg. Tageszeitungen sind nur einem kleineren Teil der Bevölkerung zugänglich, da Analphabetismus noch weit verbreitet ist.
Um den Missständen entgegen zu treten, gibt es diverse Lösungsansätze, dieses sind jedoch mit diversen Risiken behaftet. Man könnte wichtige Ämter durch eine ausländische Fremdregierung besetzen. Man hätte zwar hoch erfahrene Politiker und klare Machtstrukturen, welche der hohen Korruptionsrate trotzen würden, jedoch wäre die Anerkennung in der Bevölkerung sehr gering. Weiterhin besteht die Möglichkeit der militärischen Annexion und Vernichtung der Taliban mit Hilfe der Nachbarländer. Dieser Schritt gestaltet sich im aktuellen politischen Kontext äußerst schwierig. Auch Versuche der Befriedung mit den Taliban gestalten sich als schwierig, zwar wäre es eine gute Möglichkeit für Frieden im Landesinneren, jedoch kann man nicht ausschließen, dass Teilclans weiterhin Gewalt ausüben.
2. Dimension „System“:
Afghanistans politisches System ist der Verfassung nach ein demokratisches und gewaltenteilendes System, jedoch ist die Legitimität dieses Systems nicht sichergestellt.
Afghanistan ist geprägt von seinen unterschiedlichen Gemeinschaften: Clans, Stämme, religiöse und ethnische Gruppen. Lokale Herrschaftsstrukturen verhinderten lange Zeit die Entstehung eines einheitlichen afghanischen Staates. Und auch heute sind sie eine Hürde für den Aufbau staatlicher Strukturen.[16] Jene lokalen Macht- und Gewaltstrukturen stehen den auf Staatlichkeit basierenden Herrschaftsvorstellungen entgegenstehen. Diese konnten sich etablieren, da nach dem Krieg viele Rechts- und Gesetzestexte verloren gegangen waren und es zu einer Verschiebung zum Recht des Stärkeren kam.[17] Das ursprüngliche auf Konsens orientierte Rechtssystem war verworfen. Weiterhin sorgt der vorherrschende Rechtspluralismus (Islamisches Recht, traditionelles Gewohnheitsrecht oder modernes Staatsrecht) zu einem fehlenden staatlichen Gewaltmonopol. Eine staatliche Durchdringung Afghanistans fand niemals statt. So entziehen sich die ländlichen Regionen jeglicher staatlicher Kontrolle, der politische Handlungsrahmen wird also mehr über die lokalen Verhältnisse geprägt. Dies macht die Befriedung und den Wiederaufbau des Landes äußerst schwierig, obwohl die Bedingungen für den Wiederaufbau gegeben wären: Afghanistan ist reich an Bodenschätzen. Der Abbau und Export von Bodenschätzen (unteranderem Eisen- und Kupfererzen, Erdgas, Erdöl, Kohle) könnte laut einer US-Studie von 1991 genügend Profit erzielen, um den Wiederaufbau des Landes zu finanzieren.[18]
3. Dimension „Sinn“:
Eine bedeutsame Ideologie im Afghanistankonflikt ist die radikale Anwendung des islamischen Strafrechts durch die Taliban. Ihre Ideologie ist stark konträr gegenüber der Regierung und verhasst jeglichen westlichen Einfluss. Die Taliban-Ideologie basiert auf einem vorkolonialen Fundamentalismus[19], jener lehnt den Anschluss an die Industriegesellschaft komplett ab. Ihr stark rückschrittliches Handeln und leben zieht zahlreiche Verletzungen der Menschenrechte nach sich. Besonders stark werden Frauen benachteiligt, ihnen ist es unteranderem verboten Geld zu verdienen und ohne männliche Begleitung auf die Straße zu gehen. Weiterhin ist gilt ein Verbot jeglicher „westlicher Dekadenz“[20], dies impliziert das Verbot des Fernsehens, der Musik und des Kinos und die Verpflichtung zum Tragen von Bärten und traditioneller, nicht westlicher, Kleidung.
Dem hohen Einfluss dieser Taliban- Ideologie macht es schwer, Lösungen im Sinne des Gemeinwohles zu finden. Lediglich mit einer einheitlichen starken Regierung und einer einheitlichen Verfassung und Gesetzen könne das Allgemeinwohl verbessert werden. Eine Zusammenarbeit mit den Taliban gestaltet sich als äußerst schwierig. Die Auflösung der ethischen und religiösen Strukturen in einzelnen Teilgebieten würde den Einfluss der Taliban massiv mindern. Das Volk müsse erkennen, dass lediglich die Regierung an ihrem Wohl interessiert sei und sie ihre Unterstützung der radikalen Gruppen ablegen. Es muss Vertrauen in die Sicherheitspolitik der Regierung geschöpft werden.
4. Dimension „Handeln“:
Zu den handelnden Akteuren im Konflikt gehören die afghanische Regierung und ihre internationalen Verbündeten sowie die bewaffneten radikal-islamistischen Aufständische. Zu den internationalen Verbündeten zählen die von der NATO- geführten ISAF-Truppen. Mit Auslaufen des NATO- Mandates 2014 wurden diese durch die Nachfolgemission "Resolute Support" sowie eine gesonderte US-Antiterrormission "Freedom’s Sentinel" ersetzt. Die Aufgabe dieser Truppen definiert sich über die Ausbildung, Beratung und Unterstützung der afghanischen Streitkräfte im Kampf gegen die hohe Macht der lokalen Stammesführer. Die Interessen die sie vertreten sind das Stärken der afghanischen Regierung zur Schaffung von Sicherheit, Frieden und dem Sichern der Grundbedürfnisse aller Bürger.[21] Dies ist in dem Land noch sehr rückschrittlich, es wird von einer starken Armut geprägt. Den Umgang mit den knappen Gütern politisch zu regeln ist kaum möglich, da den wenigen Exportgütern ein großer Bedarf an Importgütern entgegensteht. Ohne die internationale Hilfe ist kein Aufbau von Wirtschaftsstrukturen möglich. Wichtig für die Verteilung wäre ein strenger staatlicher Kontrollmechanismus bei den Importen und Exporten. Weiterhin muss eine regionale Verteilung der knappen Güter stattfinden und eine Selbstversorgung, weg von der Monokultur, angestrebt werden.
[...]
[1] In meinen Abhandlungen werde ich SuS als Abkürzung für Schülerinnen und Schüler gebrauchen.
[2] Lange, Dirk: Politikbewusstsein und Politische Bildung. In: Lange, Dirk (Hg.): Konzeptionen politischer Bildung. Baltmannsweiler 2007. S.205
[3] Vgl. ebd.
[4] Vgl. Brockmann / Littmann / Schippmann (2004): Wie sich Schülerinnen und Schüler Demokratie vorstellen. Zur didaktischen Rekonstruktion von Politikbewusstsein, In: http://link.springer.com/chapter/10.1007%2F978-3-531-92534-9_16, § 2. (Zugriff: 30.08.2016)
[5] Lange, Dirk: Politikbewusstsein und Politische Bildung, S. 207.
[6] Vgl. Unterrichtsplanung Modell Winckler
[7] Vgl. Hessisches Kultusministerium: Lehrplan Politk & Wirtschaft. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 7G bis 12G, Wiesbaden 2005, S. 27.
[8] Vgl. Hessisches Kultusministerium: Lehrplan Politk & Wirtschaft. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 7G bis 12G, Wiesbaden 2005, S. 23.
[9] Vgl. Ebd.
[10] Vgl. Lotz, Mathias und Scheinert, Christian: Lernen auf Inhalte beziehen. In: Henkenborg, Peter et. al. (Hg.): Kompetenzorientiert Politik unterrichten: Planung, Durchführung und Analyse einer Unterrichtseinheit zum Thema Krieg und Frieden - Eine Einführung. Schwalbach/ Ts. 2014, S. 71f.
[11] Auswärtiges Amt(2016): Afghanistan, In: http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/01-Laender/Afghanistan.html?nnm=383178 (Zugriff: 03.09.2016)
[12] Vgl. Steffi(2015): Afghanistan-Konflikt, In: http://besser-erklärt.de/afghanistan-konflikt/#l (Zugriff:03.09.2016)
[13] afghanische Aufständige
[14] Petersmann, Sandra(2015): US-Luftangriff in Kundus: Es geht um ein Kriegsverbrechen, In: https://www.tagesschau.de/kommentar/kommentar-kundus-101.html (Zugriff: 04.09.2016)
[15] Ebd. S. 2
[16] Vgl. Schetter, Conrad (2015): Lokale Macht- und Gewaltstrukturen in Afghanistan, In: http://www.bpb.de/internationales/asien/afghanistan/48622/machtstrukturen?p=all (Zugriff: 04.09.2016)
[17] Alexandra Lau(2010): "Ein Rechtsstaat besteht neben Gesetzen auch aus einer gewachsenen Rechtskultur", In: http://www.bpb.de/internationales/asien/afghanistan/48633/aufbau-des-rechtssystems (Zugriff: 04.09.2016)
[18] Shroder, John(2007): Afghanistan’s development and functionality: Renewing a collapsed state, In: GeoJournal, Volume 70, Numbers 2–3 / Oktober 2007, S. 92 f.
[19] Anwar Karimi, M.(2010): Afghanistan: Entstehung und Ideologie der Taliban, In: http://www.rsb4.de/content/view/3747/85/ (Zugriff: 05.09.2016)
[20] Ebd.
[21] Vgl. Ruttig, Thomas(2015): Konfliktporträt, In: http://www.bpb.de/internationales/asien/afghanistan/55517/konfliktportraet (Zugriff: 05.09.2016)