Von der Managementberatung zum Beratungsmanagement


Studienarbeit, 2004

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1 Die Beratungsbranche
1.1 Ist die Branche krank?
1.2 Fragestellung

2 Beratungen in ihren Welten
2.1 Die Fachberatung
2.2 Die Prozessberatung
2.3 Vereinbarkeit der Beratungsformen
2.4 Bedeutung für den Kunden
2.5 Die Wünsche der Kunden
2.6 Wer kann diese Kundenwünsche bedienen?

3 Beratungsmanagement
3.1 Option A: Die derzeitigen Beratungen schaffen es nicht,
3.2 Option B: Unternehmensexterne Lösungen sind möglich
3.3 Option C: Unternehmensinterne Weiterbildung zum Beratungsmanager

4 Zusammenfassung

5 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung des Branchenumsatzes am deutschen Beratermarkt 1994 bis 2004

Abbildung 2: Marktanteile nach Unternehmensgröße laut BDU 2003

Abbildung 3: Kennzahlen zu den einzelnen Größensegmenten laut BDU 2003

Abbildung 4: Ansprüche der Kunden an Berater und Bewertung der Erfüllung

Abbildung 5: Grad der Fach- und Prozessorientierung anhand einer Vier-Felder-Matrix

Abbildung 6: Die Vier-Felder-Matrix und der dritte Quadrant

Abbildung 7: Ablauf eines Beratungsprozesses in sieben Stufen

1 Die Beratungsbranche

Einleitend und vorbereitend für die Fragestellung dieser Arbeit (Kapitel 1.2 s.8) werden im ersten Teil die Strukturen und Entwicklungen der Beratungsbranche und die Zufriedenheit ihrer Kunden beschrieben. Die dabei aufgedeckten Problemfelder führten zu der Fragestellung dieser Arbeit. Leser, die über diese Inhalte informiert sind, können somit auch direkt zu Kapitel 1.2 springen.

Die Branche der Unternehmensberatungen ist seit 2001/2002 in einer Krise. Zwar stagniert der Markt auf hohem Niveau, verglichen mit den zum Teil zweistelligen Zuwachsraten in den 90-ern bedeutet dies einen schmerzhaften Einschnitt und führte zu einer Marktkonsolidierung, bei der die meisten Beratungen Personal abbauten. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt der jährliche Bericht des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater BDU e.V.[1]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Entwicklung des Branchenumsatzes am deutschen Beratermarkt 1994 bis 2004[2]

Während vor allem Prozessberater, die einen Focus auf kostenreduzierende Beratungsprojekte legen, weiterhin sehr gut ausgelastet waren, mussten insbesondere IT- und Strategieberater ihre personellen Ressourcen reduzieren. Die größeren Beratungsunternehmen haben die Gelegenheit genutzt und ihre internen Strukturen neu auf die geänderten Wettbewerbsbedingungen ausgerichtet. Im Ergebnis führte dies laut BDU bereits 2003 dazu, dass viele Beratungsunternehmen steigende Ergebnisse bei unverändertem oder sogar rückläufigem Umsatz vermeldeten. Die Wachstumsorientierung in den Beratungshäusern ist demnach einer Ergebnisorientierung gewichen. Angesichts der 2003 bestehenden Investitionszurückhaltung seitens der Kunden konnte die Devise also nur Kostenreduktion und Straffung der eigenen Prozesse im Hinblick auf die Kernkompetenzen lauten. Konjunkturelle, aber auch strukturelle Probleme führten laut BDU auf der Kundenseite zur Aufschiebung oder Streichung von Investitionsvorhaben und damit zu einer geringeren Nachfrage an Beratungsleistung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Marktanteile nach Unternehmensgröße laut BDU 2003

Einen Überblick über die Aufteilung des Marktes verdeutlicht die Abbildung 2. Die drei dargestellten Größensegmente zeigen die Umsatzverteilung am Markt. Die großen Beratungsunternehmen haben ihren Marktanteil weiter ausgebaut und erreichen inzwischen 49,7 % (2002: 49,6 %) des Gesamtumsatzes, machen aber selbst nur 0,3% der Unternehmen am Markt aus. Die Gruppe der mittelgroßen und kleineren Unternehmensberatungen hat dagegen leicht verloren. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass in den Gruppen mittelgroße und kleinere Beratungsunternehmen auch die Anzahl der Unternehmen abgenommen hat, wohingegen in der Gruppe der großen Beratungsunternehmen jeweils konstant 40 Unternehmen betrachtet werden. Damit fällt der durchschnittliche Umsatzrückgang bezogen auf ein einzelnes Unternehmen innerhalb der Gruppen mittelgroße und kleinere Beratungsunternehmen geringer aus, als es sich in der folgenden Abbildung 3 darstellt. In der Gruppe der kleineren Unternehmensberatungen sind im Vergleich zum Vorjahr 200 Unternehmen weniger vertreten, in der Gruppe der mittelgroßen immerhin 50 weniger. Damit bieten im Vergleich zu 2002 gut 1,7 % weniger Unternehmen die Dienstleistung Unternehmensberatung an.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Kennzahlen zu den einzelnen Größensegmenten laut BDU 2003

Die Dienstleistung Unternehmensberatung wird vom BDU in die drei Beratungsfelder Managementberatung, IT-Beratung und -Services sowie Human-Resource-Beratung eingeteilt. Das Beratungsfeld der Managementberatung, in dem die klassischen Strategie- und Prozessberatungsthemen zusammengefasst, brachte den Beratungsunternehmen mit rund € 7,25 Mrd. einen gleich hohen Umsatz wie im Jahr 2002. Allerdings lässt sich eine leichte Verschiebung von Organisationsberatungsprojekten hin zu Projekten mit strategischen Inhalten feststellen. Diese Entwicklung wird sich im laufenden Jahr voraussichtlich noch weiter fortsetzen, wobei die Organisationsberatung allerdings das größere Teilfeld bleiben wird.

Im Beratungsfeld Human-Resource-Beratung hat die Personalberatung die Suche und Auswahl von Fach- und Führungskräften, insbesondere im letzten Quartal 2003 den Umsatzrückgang begrenzen können, so dass auf das Gesamtjahr gesehen ein vergleichsweise geringer Umsatzrückgang von etwa 2,3 % auf € 860 Mio. zu verzeichnen ist (2002: € 880 Mio.). In 2002 lag dieser Umsatzrückgang noch bei 15 %. Personalentwicklungsthemen waren im Gegensatz zum Vorjahr, als ein Wachstum von mehr als 13 % erzielt wurde, ebenfalls rückläufig und zwar um rund 1,8 % auf € 550 Mio. Dabei ist zu bedenken, dass im Jahr 2002 bereits ein hohes Niveau zu verzeichnen war. Im Bereich der IT-Beratung und -Services betrug der Umsatzrückgang im Jahr 2002 mehr als 20 %. 2003 konnte diese Tendenz deutlich begrenzt werden. Mit einem Minus von 1,1 % kommt dieses Beratungsfeld nunmehr auf € 3,57 Mrd. (2002: € 3,61 Mrd.). Im Laufe des Jahres waren die IT-Budgets vieler Unternehmen noch eingefroren, laufende Projekte wurden teilweise gestoppt, die Auftragsvergabe hinausgezögert.[3]

Der BDU erwartet die Trendwende in der Branche mit dem Anziehen der Konjunktur, was aus dem prognostizierten Greifen der politischen Reformen und den allgemeinen konjunkturellen Vorhersagen abgeleitet wird. Die Unternehmen müssten sich nun neben der Kostenreduktion auch wieder dem Wachstum widmen und würden in Folge zahlreiche Beratungsprodukte nachfragen, was wiederum dazu führt, dass die Beratungen wieder Personal einstellen. Nach Ansicht des Verfassers greift die Analyse des BDU zu kurz und auch die Prognose für die Marktentwicklung liest sich eher wie die Konjunkturprognose eines Wirtschaftsministers oder die Steuerschätzung eines Finanzministers.

1.1 Ist die Branche krank?

Die Gründe für die Krise in der Beratungsbranche, die der BDU e.V. aufzählt, haben sicherlich ihre Berechtigung. Gerade die hohen Ausgaben im IT-Bereich, durch die sich die Unternehmen in die hoch gelobte Welt des Internets einkaufen wollten, aber auch die interne Technologisierung der Abläufe und Kommunikation haben viel Kraft gekostet. Sicherlich ist die konjunkturelle Lage mitverantwortlich für die Krise in der Beratungsbranche. Aber diese Erklärungen greifen zu kurz, da sie auf makroökonomische Betrachtungen beschränkt sind.

In den letzten Jahren entstand ein starker Vertrauensverlust und eine Imagekrise in der Öffentlichkeit. Skandale, wie z.B. der von Roland Berger und der Nürnberger Anstalt für Arbeit unter Gerster sowie die Auftragsflut der Bundeswehr, aber auch schon früher durch Fälle wie Enron, bedrohen die Legitimation der ganzen Branche.

Die öffentliche Meinung war allerdings kaum ausschlaggebend für die Ergebnisse einer vom Bonner Wirtschaftsprofessor Dietmar Fink verfassten Studie[4], die die Existenz weiterer Problemfelder hervor hebt. Befragte Entscheider der Kundenunternehmen äußerten sich über ihre Zufriedenheit mit den Beratungsleistungen der Branche, über ihre Erwartungen und deren Erfüllung. Die in der Studie untersuchten Beratungsunternehmen gehören zu den namhaften und großen. Sie sind in etwa deckungsgleich mit den Top 40 der BDU-Studie und machen somit knapp 50% des Branchenumsatzes aus.

Als Ergebnis, so ermittelte Fink, ließ sich feststellen, dass die Beratungen in zentralen Punkten bei weitem nicht den Anforderungen ihrer Kunden entsprechen. Die Firmen stuften jedes neunte Projekt als weniger oder nicht erfolgreich ein. Im Mittelstand war es gar jedes fünfte. Dies ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Gerade bei technologie-lastigen Vorhaben ist die Zahl derjenigen Beratungsprojekte, die komplett scheitern, vorläufig abgebrochen oder nur mit einem erheblichen Mehraufwand für erforderliche Nacharbeiten zu Ende geführt werden können, erschreckend hoch und der Schaden für das betroffene Unternehmen beträchtlich. Als Folge davon müssen sich Unternehmensberater gefallen lassen, dass ihre Kompetenz und ihre Integrität durch die Kunden in Frage gestellt werden.[5]

Die größten Defizite bescheinigten die Kunden ihren Beratungen ausgerechnet bei dem Kriterium, auf das sie selbst am meisten Wert legen: Bei der Umsetzung der Beraterideen. Diese Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist in den letzten Jahren weiter gewachsen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das mangelnde Preis-Leistungs-Verhältnis. Auch hier klafft zwischen Erwartung und Erfüllung eine große Lücke.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Ansprüche der Kunden an Berater und Bewertung der Erfüllung[6]

Zwar haben vor allem die alt eingesessenen und namhaften Beratungen ihre Stammklientel, die sie exklusiv betreuen oder über die Seilschaften der „Ehemaligen“ fest an sich binden, dennoch; die Kunden, so stellt neben der BDU-Studie auch Fink fest, werden kritischer und somit das Ringen der Berater um die Verträge, Projekte und Etats härter. Immer öfter werden Beratungsprojekte auf mehrere Schultern verteilt. „Die Kunden beweisen im Umgang mit Beratern bisweilen eine kaltschnäuzige Professionalität, um die sich so mancher Ratgeber vergeblich müht: Einkäufer ordern Berater wie Radiergummis oder Druckerpatronen;...“[7] so das Manager-Magazin auf der Basis von Fink. Floppt ein Projekt, droht der schnelle Austausch der Beratercrew. Das Misstrauen gegenüber den Beratungen ist teilweise so groß, dass einige Unternehmen ihre Berater von der Konkurrenz überprüfen lassen. Einige deutsche Vorstände ersinnen sogar mehrstufige Modelle der Kontrolle der Beratungsqualität, in die die hausinternen Verantwortlichen ebenso eingebunden sind, wie die involvierten und kontrollierenden Berater.

Die Unzufriedenheit und das Misstrauen der Kunden deuten auf gravierende strukturelle Mängel in der Beratungsbranche hin, die von der konjunkturellen Entwicklung der Branche unabhängig existieren würden.

1.2 Fragestellung

Die Stagnation am Beratermarkt kann zwar mit der konjunkturellen Schwäche erklärt werden, aber es gibt auch deutliche Hinweise für gravierende strukturelle Probleme, die sich in einer hohen Kundenunzufriedenheit bezüglich der Umsetzungsleistungen, Know-How-Vermittlung, Preis-Leistungverhältnis, Kommunikationsverhalten und einigen anderen Aspekten niederschlagen. Vor dem Hintergrund der Entwicklung der Beratungsbranche und den Ergebnissen aus der Studie von Prof. Fink sollen mögliche Ursachen für die große Kundenunzufriedenheit identifiziert werden. Hierfür soll im folgenden Kapitel gezeigt werden, dass nicht nur die Unübersichtlichkeit der Beraterbranche bei der Wahl der Berater eine Rolle spielt. Stärker noch fallen die unterschiedlichen Wirkungsweisen der Beratungsformen ins Gewicht. Dies birgt die Gefahr, dass die Erwartungen der Kunden oft nicht erfüllt werden können, auch weil die Beratungen nicht beliebig von ihrer Vorgehensweise abrücken können. Abschließend soll versucht werden, Ansätze zur Überbrückung der Beratungsformen sowie die Professionalisierung der Kundenseite zu entwickeln und zu diskutieren. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie und wodurch eine neutrale Kombination der Beratungsformen im Sinne des Kundennutzens geleistet werden kann.

Ausgehend von den empirischen Untersuchungen vom BDU, Fink, Kolbeck und Bach, die vergangenheitsbezogen bestimmte Entwicklungen ermitteln und interpretieren, soll versucht werden, über eine Rekombination der verschiedenen Schlussfolgerungen aus den verschiedenen Fragestellungen eine Problematik zu beleuchten, die alle Autoren zwar streifen, aber nach Ansicht des Autors nicht tiefgründig genug beleuchten. Daher liegt die Leistung in dieser Arbeit nicht in der Generierung einer eigenen Empirie, sondern in der Weiterentwicklung der Bestandsaufnahmen verschiedener Forscher hin zu einer konkreten Problemstellung und in der Entwicklung von verschiedenen Lösungsansätzen.

Vor dem Hintergrund der beschriebenen Problematik ist es von großer Relevanz, auf der Basis dieser Untersuchungen mögliche Antworten auf zu zeigen.

Hierbei ist nicht ausgeschlossen, dass die verwendeten Untersuchungsergebnisse auch anders interpretiert werden könnten oder Beratungsfirmen existieren, die sich selbst nicht in dieser Problematik sehen. Die polarisierte Darstellung der Beratungsformen soll nicht die Vielfalt der am Markt vertretenen Beratungsformen widerspiegeln, sondern ein vereinfachtes Beispiel für das mögliche Spektrum an Beratungsmethoden verdeutlichen, aus dem der Kunde die Berater auswählen kann.

2 Beratungen in ihren Welten

An dieser Stelle könnte man eine Vielzahl an Beratungsmethoden, -konzepten oder -forment vorstellen. Vor dem Hintergrund der hier erörterten Fragestellung ist es vorrangig zu zeigen, wie unterschiedlich die angebotenen Beratungsleistungen sein können und welche Auswirkungen dies auf den Kunden haben kann. In dieser Arbeit wird auf eine Differenzierung zurückgegriffen, die in der Beschreibung unterschiedlicher Beratungsansätze häufig verwendet wird. Um das Ausmaß der Unterschiedlichkeit zu verdeutlichen, werden die beiden Beratungsansätze eingehender beschrieben.

Die Unterscheidung zwischen expertenbasierter Fachberatung und der sogenannten Prozessberatung zählt zu einer der grundlegensten.[8] Leider unterscheidet der BDU in seiner jährlichen Studie nicht in diesen Kategorien. Es besteht allerdings eine klare Dominanz der Fachberatung (geschätzte 75-80% Marktanteil)[9], da ihr die meisten der Top 40 Beratungsunternehmen und auch eine beträchtliche Zahl der kleinen und mittleren Beratungen in Deutschland zugerechnet werden können. Analog zu Wimmer und Kolbeck[10] zählt diese Arbeit die Organisations-, Strategie- und Managementberatung zu den Fachberatern im engeren Sinne und grenzt sie von Beratungsleistungen im weiteren Sinne wie Wirtschaftsprüfung, Finanzberatung und Informationstechnologieberatung ab.

Unter der Prozessberatung verbergen sich Beratungsansätze wie die Organisationsentwicklung und die systemische Organisationsberatung. Ihr Marktanteil ist gering und ansteigend. Beide Beratungsgrundformen bezeichnen sich als ernstzunehmende Alternative für die jeweils andere.[11]

2.1 Die Fachberatung

Die Fachberatung konzentriert sich auf die sachliche Bearbeitung eines Aufgabenfeldes, welches meist vom Auftraggeber definiert wird. Der Fachberater tritt als Fachmann auf und hat aus seiner Rolle heraus eine höhere Kompetenz zu haben, als die im Unternehmen mit dem Thema befassten Mitarbeiter. Daher wird von Fachberatern die „richtige“ Lösung erwartet.[12]

Die Experten betrachten die Kundenorganisation als offenes, sozio-technisches und zielgerichtetes System, das durch das Zusammenwirken von Menschen, Maschinen und Technologien geprägt ist.[13]

Für sie hat ein Unternehmen eine Organisation, das heißt die Organisation wird als Mittel zum Zweck verstanden, was die Grundlage der Idee der optimalen Organisation ermöglicht. Somit gibt es die Vorstellung von der optimalen Organisationsform und die Überzeugung seitens der Experten, zu wissen, wie der Aufbau und Ablauf in einem Unternehmen gestaltet werden muss. Die Wahl der Konzepte unterliegt modischen Schwankungen. Nach dem Prinzip der Mechanik müssen Teile nachjustiert, ausgetauscht und schlanker konzipiert werden. Andere Meinungen und Widerstände untergraben den Expertenstatus. Diese „Uneinsichtigkeit“ gilt es zu überwinden. Über aussagekräftige Kennzahlen können verschiedene Unternehmen miteinander verglichen werden. Durch die Erfahrungen mit vorherigen Kunden lernen die Berater hinzu und entwickeln standardisierte Beratungsprodukte, die auf nachfolgende Kunden übertragen werden. Die Rolle des Experten verlangt ferner einen permanenten Wissensvorsprung, was dazu führt, dass Wissen in enormen Datenbanken (vor allem bei den großen Beratungen) verwaltet wird. Die Beratungen bieten ihren Mitarbeitern Anreize zum Forschen und zum Erwerb wissenschaftlicher Titel, was eine permanente Weiterentwicklung der eigenen Themen nach sich zieht. Um sich vom Markt abzugrenzen, entwickeln vor allem die namhaften Unternehmensberatungen immer neue Konzepte, die sie zu einer Managementmode auszubauen versuchen. Hierdurch schaffen sie sich selbst die Nachfrage der Kunden, was ihnen aber gleichzeitig viel Kritik einbringt.[14]

Fachberatungen sind zumeist hierarchisch strukturierte Unternehmen, die versuchen, so viele unterschiedliche Experten wie möglich zu engagieren. Dabei bewegen sie sich auf einem Grad zwischen der Maximierung des Beratungsportfolios und der Auslastung ihrer Kapazitäten.

In einer breit angelegten Untersuchung ergründete Dr. Andreas Bach[15] die Auswirkungen von beteiligungsorientierter Beratung auf das Ergebnis, die Akzeptanz und Motivation von Beratung auf die Mitarbeiter von Kundenunternehmen. Hierbei fand er heraus, dass die Fachberatung betroffene Stakeholder in sehr geringem Maße in ihre Tätigkeit einzubeziehen, was mit ihrem Auftreten und ihren Ziele zusammenhängt. „Wir setzen dazu auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Topmanagement des Klienten. Wir beraten weltweit die Entscheider von Spitzenunternehmen aller Branchen.“ (Homepage von McKinsey).

„Sie (die klassische Unternehmensberatung) hat kein Interesse an einer Einbeziehung der Belegschaft und informiert oder gar beteiligt diese daher nicht nennenswert.“[16] Laut Bach entsteht somit oft unbeabsichtigt zu Beginn eines Beratungsprojektes Misstrauen bei den Mitarbeiter/innen. Misstrauen und Informationsmangel führen in vielen Fällen zu pessimistischen Annahmen und Ängsten seitens der Belegschaft, unabhängig davon, ob dies eine Berechtigung hat oder nicht. Das reicht in vielen Fällen schon aus, um bei den Mitarbeitern passiven oder aktiven Widerstand gegenüber den geplanten Erneuerungen auszulösen. Nach Bach führt die unterlassene Kontaktaufnahme mit der Belegschaft dazu, dass auch nur das betriebliche Know-how der ersten und zweiten Führungsebene erfassbar wird. „Klassische Unternehmensberatungen haben, abgeleitet von ihrem Beratungsansatz, mit Beteiligung nichts zu tun. Wenn jedoch der Kunde die klassische Unternehmensberatung drängt, die Mitarbeiter/innen in die Beratung einzubeziehen, so werden nur als Scheinbeteiligung zu klassifizierende Instrumente in das Beratungsangebot hineingeschrieben. Davon bleiben während der Beratung oftmals nur noch Fragebogenaktionen übrig, die, wie (in der Dissertation) gezeigt, keinen Sinn machen.“[17]

Die Managementorientierung der klassischen Beratungen hat verschiedene Gründe[18]:

- Das Management entscheidet über Aufträge und Nachfolgeaufträge.
- Selbst wenn die Auftraggeber Erfahrungen mit einer beteiligungsorientierten Beratung oder mit internen Beteiligungsprojekten gemacht haben, wünschen sie dies aber nicht immer. Z.B. bei der Beanspruchung von Beratungsleistungen, um die Richtigkeit strittiger Managemententscheidungen zu rechtfertigen.
- Beratung stützt durch ihre Eigenschaften die in den Unternehmen vorhandenen Hierarchiestrukturen und sichert auch im Rahmen ihrer Beratungen die Macht und Kontrolle des jeweiligen Managements.
- In diesen Hierarchieebenen erhält sie die notwendige Anerkennung durch die Führungskräfte und richtet ihre Zusammenarbeit hauptsächlich auf die jeweilige Unternehmensführung aus. Die birgt aber auch die Gefahr von Gefälligkeitsgutachten.
- Komplizierte technische oder organisationale Lösungen können nur schwer der gesamten Belegschaft vermittelt werden.

[...]


[1] „Facts & Figures zum Beratermarkt“ Ausgabe 2003 siehe www.bdu.de (siehe Redley, R. 2003)

[2] Redley, R. 2003

[3] Vergl.: BDU 2003 S.10f. (siehe Redley, R. 2003)

[4] In einer Befragung Anfang des Jahres 2004 wurden 224 Führungskräfte deutscher Unternehmen über Image und Kompetenz von Unternehmensberatern interviewt. 37% der Firmen ordneten sich dem Mittelstand zu, 41% verstehen sich als Großunternehmen und 22% zählen zu den Top 100 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland. Die in dieser Arbeit verwendeten Informationen dieser Studie stammen aus der auszugsweise Veröffentlichten Version, die im Manager Magazin 5/04 als Titelgeschichte erschienen ist, sowie unter http://www.manager-magazin.de/unternehmen/beratertest/0,2828,296438,00.html zu finden ist. (siehe Student/Thomas 2004)

[5] Vergl.: www.consulting-governance.ch (siehe Knöpfel 2004) wenn auch hier vor dem Hintergrund der Selbstvermarktung, deckt sich aber in der Problemanalyse mit dem unter http://www.wibas.de/presentation/pages/de_whp_25.html eingestellten Vortrag, gehalten an der Technischen Universität Darmstadt, am 22.04.02 (siehe Foegen 2002)

[6] Punkteskala von 0 (gering) bis 500 (sehr hoch). Aus der Studie von Prof. Fink Manager Magazin 5/04 (Student/Thomas 2004)

[7] Student 2004 S. 48

[8] Vergl: Titscher 1997 S. 37ff.

[9] Vergl.: Kolbeck, Wimmer 2000 S.3

[10] Vergl.: Kolbeck, Wimmer 2000 S.3

[11] Vergl.: BDU 2003 S.11 unten (siehe Redley, R. 2003)

[12] Vergl.:Titscher 1997 S.41

[13] Vergl.: Walger 1995 S. 5

[14] Vergl.: Kolbeck 2001 S.26ff.

[15] Bach 2002

[16] Bach 2002 S. 218

[17] Vergl.: Bach 2002 S. 218 oder genauer S. 177ff.

[18] Vergl.: Bach 2002 S. 218f.

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Von der Managementberatung zum Beratungsmanagement
Hochschule
Universität Witten/Herdecke
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
34
Katalognummer
V35405
ISBN (eBook)
9783638353267
Dateigröße
648 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ausgehend von den analysierten grundlegenden Problemen am Beratermarkt wird die Unvereinbarkeit von verschiedenen Beratungsformen beschrieben. Das Dilemma liegt darin, dass die Kunden aber die Kombinationen von Beratungsformen fordern. Die Arbeit beschreibt dieses Dilemma und diskutiert grundlegende Auswege und Lösungsmöglichkeiten. Die Eigenleistung dieser Arbeit ist die Rekombination und die Weiterentwicklung der Ergebnisse verschiedenster empirischer Untersuchungen.
Schlagworte
Managementberatung, Beratungsmanagement
Arbeit zitieren
Oliver Menz (Autor:in), 2004, Von der Managementberatung zum Beratungsmanagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35405

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Von der Managementberatung zum Beratungsmanagement



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden