Gewaltprävention - welche Möglichkeiten gibt es für die Institution Schule?


Hausarbeit, 2004

22 Seiten, Note: sehr gute Arbeit


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Klaus Hurrelmann: Gewalt ist ein Symptom für fehlende
soziale Kompetenz
2.1. Die Ursachen von Gewaltverhalten
2.2. Möglichkeiten der Schule zur Gewaltprävention

3. Das Projekt „Schulen ohne Gewalt“
3.1. Entstehung des Projektes „Schulen ohne Gewalt“
3.2. Die Ursachen von Gewaltverhalten – das systemische Grundmodell
3.3. Die Bedeutung des Selbstbewusstseins
3.4. Die Bedeutung der Kooperation
3.5. Die Entwicklung der Kooperation
3.6. Die Durchführung des Projektes

4. Einige Projektbausteine

5. Ergebnisse des Projektes

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit setzt sich mit dem Problem gewalttätiger SchülerInnen auseinander. Es soll darum gehen, inwieweit Schule bei der Prävention von Gewaltverhalten präventiv wirken kann. Um Gewalt vorbeugen zu können, muss man eine Vorstellung davon haben, wodurch Gewalt entsteht bzw. wie sie ausgelöst wird. Hierzu gibt es verschiedene Ansätze, von denen ich im Folgenden zwei vorstellen werde.

Klaus Hurrelmann auf der einen Seite sieht gewalttätiges Verhalten als fehlende soziale Kompetenz, die er im weitesten Sinne auf die Veränderte Kindheit zurückführt. Die Projektgruppe „Schulen ohne Gewalt“ auf der anderen Seite sieht Gewalt begründet in einem fehlenden oder falschen Selbstbewusstsein. Beide Ansätze entwickeln Leitideen für eine positive Einwirkung der Schulen auf ihre SchülerInnen.

Im Folgenden sollen jeweils die Ansätze über die Entstehung von Gewalt ebenso wie die daraus gewonnen Konsequenzen für die Schule dargestellt werden.

Ob und inwieweit sich diese Ansätze überschneiden oder ob sie womöglich gegensätzlich sind, wird sich am Ende dieser Arbeit zeigen.

2. Klaus Hurrelmann: Gewalt ist ein Symptom für fehlende soziale Kompetenz

Klaus Hurrelmann betrachtet in seinem Aufsatz „Gewalt ist ein Symptom für fehlende soziale Kompetenz“ Gewalt und Aggression als etwas, das sich aus den Lebensbedingungen heutiger Kinder und Jugendlicher ergibt. Auch wenn er der Schule wenig Einfluss auf die Entstehung solchen Verhaltens zuschreibt, so zieht er dennoch Schlussfolgerungen für eine „positive“ Schule aus seinem Erklärungsansatz.

2.1. Die Ursachen von Gewaltverhalten

Unter Gewalt (in der Schule) versteht Hurrelmann „das Spektrum von vorsätzlichen Angriffen und Übergriffen auf die körperliche, psychische und soziale Unversehrtheit, also Tätigkeiten und Handlungen, die physische und psychische Schmerzen oder Verletzungen bei Schülern und Lehrern […] zur Folge haben können.“[1] Aber auch ein Schüler, der sich an Schuleigentum vergreift, gelte als gewalttätig.

Hurrelmann zufolge sind Kinder und Jugendliche zunehmend von den Nachteilen der modernen Industriegesellschaft betroffen, was sich u.a. an der Unsicherheit und mangelnden Stabilität ihrer sozialen Beziehungen zeige. Ungefähr 10 bis 15% aller SchülerInnen hätten psychische Störungen, „vor allem in den Bereichen Leistung, Emotion und Sozialkontakt.“[2] Zu dieser Gruppe gehörten auch die aggressiven SchülerInnen.

Die Schule sei jedoch nicht die Wurzel dieses Übels, denn sie sei nur ein Spiegel der Gesellschaft. Die Gewaltbereitschaft der SchülerInnen entstehe in außerschulischen Kontexten und werde diesen mehr oder minder ansozialisiert. Sie würden aggressiv, weil ihnen „die Voraussetzungen für das Einhalten von sozialen Verhaltensregeln fehlen.“[3] Die Schule habe darauf aber nur wenig Einfluss.

Ausgangspunkte für die Entstehung von Gewaltverhalten liegen Hurrelmann zufolge also im familialen, ökonomisch-soziostrukturellen Kontext der Schule[4], vorrangig nennt er hierbei den Leistungsdruck, dem die SchülerInnen ausgesetzt sind.

Jeder Jugendliche solle mindestens einen mittleren Schulabschluss erlangen, besser noch Abitur. Doch auch ein guter Abschluss sichere anschließend den Lebensunterhalt nicht bzw. vielen werde es dennoch nicht möglich sein, einen Beruf gemäß ihrer Interessen zu erlernen. Zusätzlich neigten Jugendliche dazu, ihre eigenen Möglichkeiten zu überschätzen und sähen sich „durch die erreichte Leistungsposition in ihren Perspektiven drastisch beschnitten.“[5] Besonders betroffen von dieser Situation seien Jugendliche aus sozialen Brennpunkten sowie aus ausländischen Familien.

Durch solche sozialen Bedingungen können sich SchülerInnen als Verlierer der Gesellschaft empfinden und darauf mit Aggression und Gewalt reagieren.

Hurrelmann entlässt die Schule jedoch nicht ganz aus ihrer Verantwortlichkeit. Auch sie selbst kann eine gewisse Auslöserfunktion einnehmen, indem sie „eine gesellschaftlich wirkungsvolle Definition und Kategorisierung von Leistungserfolg und Leistungsversagen vornimmt, die in dieser Weise in keiner anderen gesellschaftlichen Institution erfolgt, die sich mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt.“[6] Aus dieser Funktion der Schule, also der Leistungsbewertung, heraus, ergibt sich ihr Einfluss auf das Entstehen von gewalttätigem Verhalten Die Stigmatisierung als leistungsschwacher Schüler beeinträchtige das Selbstwertgefühl der SchülerInnen und mindere ihre beruflichen Chancen. Gewalt sei dann für solche Jugendlichen eine Möglichkeit, dies zu kompensieren.

Ebenso nehme jedoch auch die fehlende Identifikation der SchülerInnen mit der Schule Einfluss auf das Gewaltverhalten. SchülerInnen sehen Schule weitestgehend nur als den Ort, an dem sie ihr Abschlusszeugnis erhalten und somit aufs Berufsleben vorbereitet werden. Dass sie persönlich etwas aus dieser Institution ziehen bzw. dass ihre Bedürfnisse und Interessen befriedigt werden könnten, ziehen die meisten Jugendlichen gar nicht erst in Erwägung. Dies liege begründet in den „überwiegenden, sehr unflexiblen, mechanisch stoff- und wissenschaftsbezogenen Lern- und Lehrformen“[7], die es den SchülerInnen nicht ermöglichten, einen praktischen Lebensbezug zu den Unterrichtsinhalten herzustellen. Stattdessen behindere die Schule sogar häufig die Entfaltungsmöglichkeiten der SchülerInnen, was umso schlimmer ist, als sie ein zentrales Lebensfeld der Jugendlichen darstellt, welches für ihr Wohlbefinden sehr wichtig sei.

Aber auch die zunehmende Überreizung durch die Medien sieht Hurrelmann als einen ausschlaggebenden Faktor für Gewaltverhalten. Mit diesen vielfachen Sinneseindrücken könne die erfahrungsbezogene Verarbeitung[8] der Kinder und Jugendlichen nicht Schritt halten. Gleichzeitig werden emotionale, taktile, haptische und motorische Erfahrungen vernachlässigt, so dass hier Defizite entstünden. Auch das spielerische Erobern gewisser Umgebungen sowie sozialer Kontakte ist durch die Situation v.a. in Großstädten schwierig geworden. So stelle beispielsweise heute der Straßenverkehr die größte Bedrohung für das Leben von Kindern und Jugendlichen dar.

Weiterhin haben familiäre Bedingungen großes Gewicht für die Entwicklung der SchülerInnen. Hier seien strukturelle Veränderungen zu erkennen, die Kinder und Jugendliche stark belasten:

- Es gibt eine zunehmende Anzahl von Einzelkindern, so dass die sozialen familiären Kontakte für Kinder beschränkt sind.
- Jede dritte Ehe wird geschieden, wodurch „Verunsicherungen im primären Beziehungsbereich von Vertrauenspersonen“[9] auftreten. Gerade eine Scheidung hat nachhaltige Beeinträchtigung der sozialen und psychischen Entwicklung eines Kindes zur Folge.
- Auch Ein-Eltern-Familien nehmen zu. Diese sind in ihrer Struktur sehr kompliziert, weil die Beziehung zwischen Elternteil und Kind unbedingt funktionieren muss und auch der Alltag u.U. schwer zu organisieren ist.
- Zudem steigt die Anzahl der Familien, in denen beide Elternteile außer Haus berufstätig sind. Hurrelmann bewertet dies nicht, er fordert jedoch einen Ausbau der Kindesbetreuung.

Die Konsequenzen einer solchen sog. Veränderten Kindheit sind einschneidend. Viele Kinder würden deshalb Verhaltensauffälligkeiten und Aggression zeigen, weil sie mit dieser ihrer Umwelt nicht „vernünftig“ umgehen könnten. Solche Verhaltensweisen sieht Hurrelmann als „das Ergebnis einer spezifischen Form der Auseinandersetzung eines Jugendlichen mit den heute aktuell gegebenen Lebensanforderungen, den Entwicklungsaufgaben und psychischen und sozialen Belastungssituationen.“[10]

2.2. Möglichkeiten der Schule zur Gewaltprävention

Wichtig bei dem Prozess der Entwicklung von Gewaltverhalten sind die Fähigkeiten des Kindes, mit belastenden Situationen und an sie gestellten Anforderungen umzugehen. Wenn man Kinder und Jugendliche dazu befähigen will, so sollte man versuchen, ihnen eine zwar strukturierte Form der Verarbeitung zu geben, die jedoch immer auch offen bleibt für neue Eindrücke. So werde eine spontane Reaktion unter verschiedenen Bedingungen ermöglicht.[11]

Aber auch die Einbindung in ein soziales Netzwerk stelle eine wichtige Hilfe bei der Bewältigung schwieriger Situationen dar. Diese Hilfe kann verschiedene Formen annehmen und von finanzieller über soziale hin zu emotionaler und praktischer Hilfe reichen.

Die Schule sollte hierfür möglichst Erfahrungsräume eröffnen, so dass SchülerInnen dort zur Entfaltung ihrer Persönlichkeit kommen können. Ein solches Ziel sei sowohl auf der curricularen als auch auf der sozialen Ebene in Unterricht und Schule an sich umzusetzen.

[...]


[1] Hurrelmann, S.12

[2] ebenda, S. 11

[3] ebenda, S. 13

[4] Vgl. ebenda, S. 13

[5] ebenda, S. 13

[6] ebenda, S. 14

[7] ebenda, S. 15

[8] Vgl. ebenda, S. 15

[9] ebenda, S. 17

[10] ebenda, S. 19

[11] Vgl. ebenda, S. 19

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Gewaltprävention - welche Möglichkeiten gibt es für die Institution Schule?
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg
Note
sehr gute Arbeit
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V35429
ISBN (eBook)
9783638353472
Dateigröße
415 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Gewaltprävention, Möglichkeiten, Institution, Schule
Arbeit zitieren
Jana Becker (Autor:in), 2004, Gewaltprävention - welche Möglichkeiten gibt es für die Institution Schule?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35429

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