Ist ein regelmäßiges Trainieren der Komponenten Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht im Rahmen eines Ergänzungstrainings im Schulsportunterricht sinnvoll und durchsetzbar?


Examensarbeit, 2016

66 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
1.2 Ziele der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Theorieteil: Trainingswissenschaftlicher Hintergrund zu den drei Komponenten
im Kindes- und Jugendalter
2.1 Kraft
2.1.1 Begriffsbestimmung und Arten der Kraft
2.1.2 Stellenwert der Kraft in der Schule
2.1.3 Trainierbarkeit der Kraft im Kindes und Jugendalter
2.1.4 Grundsätze für Krafttraining im Kindes- und Jugendalter
2.2 Beweglichkeit
2.2.1 Grundlegende Informationen und Erscheinungsformen der
Beweglichkeit
2.2.2 Stellenwert der Beweglichkeit in der Schule
2.2.3 Trainierbarkeit der Beweglichkeit im Kindes- und Jugendalter
2.2.4 Grundsätze für Beweglichkeitstraining bei Heranwachsenden
2.3 Gleichgewicht
2.3.1 Begriffsbestimmung und Unterteilung des Gleichgewichts
2.3.2 Stellenwert von Gleichgewicht in der Schule
2.3.3 Trainierbarkeit des Gleichgewichts im Kindes- und Jugendalter
2.3.4 Grundsätze für Gleichgewichtstraining bei Heranwachsenden

3 Praxisteil: Durchführung eines Ergänzungstrainings
3.1 Darstellung der Versuchsklassen und der Ausgangslage
3.2 Vorüberlegung und Planung
3.3 Übungsauswahl, Beschreibung und Rechtfertigung
3.4 Didaktisch- methodische Überlegungen
3.5 Durchführung
3.6 Auswertung
3.6.1 Grundlegende Informationen in Bezug auf die Auswertung
3.6.2 Auswertung des Lehrerfragebogens
3.6.3 Auswertung des Schülerfragebogens
3.7 Gesamtinterpretation und Diskussion
3.8 Ausblick

4 Literaturverzeichnis

5 Anhang

1 Einleitung

1.1 Einführung in die Thematik

„Früher war alles anders!“ Diese Aussage ist heutzutage durch zahlreiche Wissen- schaftler bestätigt, wenn die Fitness, sowie die grundlegenden motorischen Fähig- keiten deutscher Schulkinder in den Fokus rücken. Die moderne und oftmals unna- türliche Lebensweise hat viele neue Probleme für unsere Gesundheit und die Le- bensweise der Kinder gebracht und Stichwörter wie “Inselkindheit“1 sind niemandem mehr fremd.

Besonders Bewegungsarmut steht weit oben an der Spitze der Thematik und wird zunehmend als großes Problem der heutigen Zeit dargelegt. „Er hängt mit den weni- gen räumlichen Möglichkeiten des freien und offenen Spielens zusammen, die sich in den durch Straßenverkehr und Zersiedlung geprägten Wohnvierteln beobachten lassen.“ (Hunger, Zimmer, 2004, S.29). Dem folgt eine übervorsichtige Haltung der Mütter und Väter, die oftmals die selbstständige Erkundung der Umgebung der Her- anwachsenden verweigern. Hintergrund der Eltern sind oftmals Sorgen um eine ver- giftete Umwelt, sowie die veränderten häuslichen Lebensbedingungen mit einer be- deutenden Ausrichtung des Lebens auf die Wohnung. Verstärkt wird das ganze durch die Massenmedien wie Fernsehen, Radio, sowie durch den Computer. (vgl. Hunger et al., 2004).

Ein weiterer nennenswerter Aspekt, der den Bewegungsmangel der Kinder unter- stützt, ist die zunehmende Motorisierung. Die Kinder werden mit dem Auto schon von klein auf zu den Kindertagesstätten gefahren, sowie später zu den Grundschu- len. Auch zu den weiterführenden Schulen gelangen die Schüler- und Schülerinnen öffentlich mit dem Bus. Falls sie bis dahin alt genug sind, fahren sie wahrscheinlich selbst ihren ersten Roller, anstatt das Rad als Fortbewegungsmittel zu nutzen, da sie es nicht anders kennen. Das ist vielleicht etwas überspitzt dargestellt, doch das Prob- lem der heutigen Zeit ist nicht zu vernachlässigen und muss vor Augen geführt wer- den.

Vor vielen Jahren war es im Alltag fest verankert, jeden Tag um die 20 Kilometer zu Fuß zurückzulegen wohingegen heutzutage ein Durchschnittsmensch im Büro oftmals keine drei Kilometer Weg mehr pro Tag erreicht.

Es ist wohl schon lange offensichtlich und zahlreich bestätigt, dass Bewegung sehr viele positive Folgen mit sich zieht, die jedem Individuum mit auf seinen Lebensweg gegeben werden sollte. Gründler und Schäfer schreiben (2001): „Angemessene Be- wegung ist so gesehen das wichtigste Medium der körperlichen und psychischen Entwicklung, es ermöglicht die Erkundung und Aneignung der sozialen und physika- lischen Umwelt, sorgt für die Koordination aller Sinneserfahrungen und ist der Motor für die gesamte körperliche, psychische und soziale Entwicklung eines Kindes.“ Schon weit vor der ersten Schulsportstunde, werden Kindertagesstätten mit zuneh- mend motorischen Defiziten der Kinder konfrontiert, die von der Ausdauer, über die Kraft, sowie das Gleichgewicht reichen und warnen davor, dass die heranwachsende Gesellschaft oftmals nicht mehr in der Lage ist, eine einfache Bewegungsaufgabe, wie z.B. einen Purzelbaum, zu lösen. Diese Eindrücke werden unterstützt durch die Ergebnisse des Motoriktests für vier- bis sechsjährige Kinder (kurz: MOT 4-6). Der Test erfasst die motorische Entwicklung von vier bis sechs Jahren und stellt hier schon, im Vergleich zu der normierten Stichprobe vor 15 Jahren, einen um zehn Pro- zent schlechteren Wert in Bezug auf das Gleichgewicht, die Koordinationsfähigkeit, die Raumorientierung, sowie die Geschicklichkeit der Kinder dar.

Das Robert- Koch Institut brachte 2008 einen erschreckenden Bericht zu Überge- wicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen heraus. Ergebnisse der Studie beweisen, dass sich der Anteil an übergewichtigen Kindern und Jugendlichen im Ver- gleich zu den 1980er und 1990er Jahren um 50 Prozent erhöht hat, sowie dass 15 Prozent der Heranwachsenden in Deutschland übergewichtig sind (vgl. Robert- Koch- Institut, 2008). Übergewicht und Adipositas in so jungen Jahren hat nicht nur Schäden wie Bluthochdruck und Diabetes zur Folge, sondern beeinflusst die psychi- sche Konstitution der Kinder und Jugendlichen zudem stark. Die Weltgesundheitsor- ganisation (WHO) spricht nicht umsonst von einer Adipositas- Epidemie in Europa und kündigt weiterhin Wachstumsraten in Bezug auf Übergewicht und Fettleibigkeit an.

Wie an dieser Stelle schon deutlich wird, gibt es zahlreiche Probleme bei der Ent- wicklung der Heranwachsenden in der heutigen technisierten Gesellschaft. Der Lehr- plan des Unterrichtsfaches Sport der Realschulen in Bayern hat das Problem er- kannt: „Die Schüler wachsen in einer Welt auf, in welcher Bewegungszeiten und - räume durch fortschreitende Technologie und Automatisierung zunehmend einge- schränkt werden. Passivität und fehlende Anstrengungsbereitschaft in Verbindung mit falscher und einseitiger Ernährungsgewohnheiten können organische Störungen und typische Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Koordinations-, Herz-Kreis- lauf-Probleme und Haltungsschäden zur Folge haben“ (Staatsinstitut für Schulquali- tät und Bildungsforschung, 2016). Um dem entgegen zu wirken, fordert der Lehrplan selbst schon in der Klassenstufe fünf eine breit angelegte Bewegungsausbildung und Gesundheitsverständnis der Kinder. Leider kommen in der sportpraktischen Ausbil- dung der Schule nicht selten die motorischen Fähigkeiten Kraft, Beweglichkeit und Ausdauer deutlich zu kurz. Genauso wird der sehr wichtigen koordinative Fähigkeit Gleichgewicht oftmals deutlich zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, wie der “MOT 4-6“ oben schon bewiesen hat. Wichtig wäre es aber definitiv, den Schulkindern klar zu machen, wie viel Spaß und wie wichtig das Training dieser Komponenten ist und dass es auf längere Sicht Haltungsschäden ausgleichen, sowie eine deutliche Verbesserung der Grundmotorik hervorrufen kann.

Ziel dieser hier vorliegenden Arbeit ist nun herauszuarbeiten, ob ein regelmäßiges Trainieren der Komponenten Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht im Sportunterricht im Rahmen eines Ergänzungstrainings sinnvoll und durchsetzbar ist und somit einen Schritt in Richtung motorische Gesamtförderung der Kinder und Jugendlichen in Schulen zu gehen. Denn ist es nicht Aufgabe von gerade den Sportlehrern, die Bewegungserziehung aufzufrischen und neue Akzente zu setzen?

1.2 Ziele der Arbeit

Ziel dieser Arbeit ist es, die Bedeutung der motorischen Fähigkeiten von Kindern gerade in der heutigen Zeit zu beleuchten und anderen (angehenden) Lehrern ein mögliches Beispiel zu geben, wie sich das im Sportunterricht umsetzen lässt. Beschränkt habe ich mich in dieser Arbeit auf die Komponenten Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht, denn diese stellen einen zentralen Aspekt bei der Entwicklung der Heranwachsenden dar und sind mittels wenig Aufwand effektiv und nachhaltig zu verbessern.

Für Kinder und Jugendliche bildet eine breit angelegte Bewegungsschulung die Basis einer gesunden körperlichen und geistigen Entwicklung.

In unserer heutigen Zeit liegen häufig körperliche Auffälligkeiten vor, wie z.B. Hal- tungsschwächen, Übergewicht, sowie eine schlechte Koordination und mangelnde Gleichgewichtsfähigkeit. Um diesen Symptomen entgegenzuwirken sowie eine ge- sunde Entwicklung der jüngeren Generation zu fördern, sollte eine Förderung der motorischen Fähigkeiten Teil des Sportunterrichts sein. Diese Fähigkeiten meinen Kraft, Beweglichkeit, Koordination, Gleichgewicht, Ausdauer und Schnelligkeit. In der hier vorliegenden Arbeit werden die Ausdauer und Schnelligkeit vernachlässigt und der Fokus wird auf Kraft, Beweglichkeit und das Gleichgewicht gelegt, da diese drei Komponenten gut zu vereinen sind und ihre Optimierung selbst unter wenig Zeitauf- wand erfolgen kann.

Da ich selbst als Gruppenfitnesstrainerin täglich im Fitnessstudio sehe, wie fit bei- spielsweise Menschen in fortgeschrittenem Alter sind, die wöchentlich, meistens mehrmals, Kraft- und Gleichgewichtsübungen in meinem Kurs ohne Probleme meis- tern, sowie sich am Ende mit mir ausgiebig dehnen, sehe ich in einer frühen Förde- rung der motorischen Fähigkeiten der Heranwachsenden, fast ein Muss aller Sport- lehrer.

Denn gerade in meinen Praktika und als Honorarkraft am Nachmittag in verschiede- nen Schulen, habe ich die Defizite einiger Schüler2 deutlich gesehen. Gerade die Beweglichkeit sowie das Gleichgewicht sind, wie in zahlreichen Publikationen bestä- tigt ist, bei den Schülern oft mangelhaft ausgebildet und die Zahlen tendieren weiter in die negative Richtung. Wie oft wurde in unserer sportpraktischen Ausbildung betont, dass man sich nicht sicher sein kann, dass die Kinder noch rückwärts balancieren oder einen schönen beidbeinigen Sprung absolvieren können. Das müsse in der Sportpraxis bedacht werden.

Ist das nicht traurig? Selbst ich kann mich noch an einen Fall in der Grundschule erinnern, obwohl es Jahre her ist, indem ein Mädchen meiner Klasse nicht fähig war, einen Purzelbaum zu schlagen. Damals war es unfassbar für mich, wie jemand solch eine einfache Bewegungsaufgabe nicht meistern konnte. Heutzutage kommt dieses Defizit immer häufiger vor.

Die ganze Thematik ist ein Teufelskreis. Denn wer sich schon als Kind nicht viel be- wegt und wer keiner ausreichenden motorischen Ausbildung unterliegt, schafft oft nicht den Sprung im Erwachsenenalter, die Bedeutung von Bewegung zu sehen. Beim Klassentreffen meiner alten Schule wurde ich von meinem Lieblingslehrer Herr in Mathematik bezüglich meiner Fächerkombination Sport und Deutsch belächelt. Sport sei doch nur ein unwichtiges Nebenfach, das nicht vorbereitet wer- den muss und eigentlich keinen großen Wert im straffen Lehrplan besitzt, belächelte er mich. Diese Voreingenommenheit haben leider zu viele Menschen, wenn der Sportunterricht thematisiert wird, denn leider gibt es zahlreiche Menschen, die nicht wissen, wie wichtig eine gute Bewegungsausbildung der Heranwachsenden ist.

Des Weiteren sind sie sich dem Zusammenhang zwischen der motorischen Leis- tungsfähigkeit und der Kognition nicht bewusst. Wie zahlreiche Wissenschaftler, hier- unter auch Voelcker und Rehage (2005) in der deutschen Zeitschrift für Sportmedi- zin, testen, liegt ein Zusammenhang vor, die Frage ist nur in welche Richtung. Das motorische Leistungsniveau könnte demnach auf die kognitiven Grundfunktionen, wie z.B. Konzentration und Aufmerksamkeit einen positiven Einfluss haben. Hin und wieder verliert gerade die ältere Generation der Lehrer die Motivation am Unterrichten und wirft oft somit lediglich einen Ball in den Raum, so dass sich die Kinder quasi selbst beschäftigen sollen.

Zum Glück hatte ich in allen Praktika immer Lehrerinnen im Sportunterricht, welche mir als positives Vorbild dienten und die zudem einen guten Unterricht hielten, doch ich habe in meiner Zeit als Honorarkraft auch schon anderes erlebt. Dass wir als Sportlehrer einen so großen Einfluss auf die Entwicklung der Heran- wachsenden haben, gerät nicht gerade selten in Vergessenheit.

Daher ist es meiner Meinung nach notwendig, gerade nachdem der Sportunterricht oft nur einen niedrigen Stellenwert in der Schule annimmt und viel zu wenig Platz in dem straffen Lehrplan findet, den Kindern und Jugendlichen Spaß an der Entwick- lung ihrer motorischen Fähigkeiten zu geben und durch ein regelmäßiges Training dieser Komponenten einen ersten Anreiz zu setzen, sie zu einer breit angelegten Bewegungsausbildung zu motivieren.

Deshalb habe ich ein Ergänzungstraining erstellt, welches die Komponenten Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht vereint. Der Praxisteil wurde nur über fünf Wochen bei einer Lehrerin und einer Praktikantin, sowie zwei Mädchenklassen à knapp 20 Schülerinnen durchgeführt und das Ziel war lediglich, eine Rückmeldung der Schü- lerinnen, sowie der Lehrkräfte zu bekommen, ob solch ein Ritual zu Beginn oder Ende jeder Sportstunde Sinn und Spaß macht und wenn ja mit welcher Klassen- stufe?

Um wirklich sichtbare Ziele, sowie messbare Ergebnisse in Bezug auf die Kraft-, Be- weglichkeits- und Gleichgewichtkomponente erzielen zu können, sollte das Ergän- zungstraining über ein komplettes Schuljahr durchgeführt werden oder zumindest über mehrere Wochen ohne Unterbrechung durch z.B. Ferien oder einen Lehrer- wechsel.

1.3 Aufbau der Arbeit

Die hier vorliegende Arbeit lässt sich grundlegend in einen Theorie- und einen Praxisteil gliedern.

Im ersten Teil wird zunächst der theoretische Hintergrund zu den konditionellen Fä- higkeiten Kraft und Beweglichkeit, sowie zu der koordinativen Fähigkeit Gleichge- wicht jeweils in eigenständigen Unterpunkten in Betracht gezogen. Jede der drei Komponenten wird zunächst definiert, bevor die verschiedenen Arten und Erschei- nungsformen in den Fokus genommen werden. Als zweiter Unterpunkt wird der Stel- lenwert in der Schule thematisiert, bevor der darauffolgende Teil die Trainierbarkeit der jeweiligen Komponente im Kindes- und Jugendalter schildert. Abschließend wer- den noch Grundsätze betont, die beim jeweiligen Training bei Heranwachsenden zu beachten sind.

Der zweite Teil der Arbeit besteht aus einem Praxisteil, den ich selbst entworfen und in einer Schule durchgeführt habe. Zunächst wird die Ausgangslage geschildert, so- wie die beiden involvierten Mädchenklassen vorgestellt, die an dem Ergänzungstrai- ning teilnehmen. Der Praxisteil setzt sich mit den Vorüberlegungen, sowie der Pla- nung fort und zieht die Übungsauswahl für das Ergänzungstraining in Betracht. Die Übungen werden mittels Bildmaterial in dieser hier vorliegenden Ausarbeitung erklärt und ihre Wirkung auf den Organismus und wichtige Anweisungen für die Aus- führung beleuchtet.

Zudem werden die didaktisch- methodischen Maßnahmen, die meiner Meinung nach für die Durchführung des Praxisteils von Vorteil waren, erläutert. Der darauffolgende Teil stellt die beiden verschiedenen Fragebögen zur Rückmeldung der Lehrkraft, sowie den Schülerinnen dar und zieht die Auswertung in Betracht, sowie werden Verbesserungsvorschläge als Anregung herangezogen. Eine Diskussion folgt, bevor zuletzt ein Ausblick die Arbeit abrundet.

2 Theorieteil: Trainingswissenschaftlicher Hintergrund zu den drei Komponenten im Kindes- und Jugendalter

2.1 Kraft

2.1.1 Begriffsbestimmung und Arten der Kraft

Die Kraft lässt sich neben der Schnelligkeit, Ausdauer und Flexibilität zu den sogenannten motorisch- konditionellen Fähigkeiten zählen und ist sowohl physikalisch, als auch biologisch definierbar.

Konditionelle Fähigkeiten werden durch angeborene Gegebenheiten und durch die motorische Entwicklung geprägt und ausgebildet. „Unter menschlicher Motorik ist da- bei die Gesamtheit der Funktionen des menschlichen Bewegungsspektrums zu ver- stehen, wobei im Wesentlichen Alltags-, Arbeits-, Ausdrucks- und Sportmotorik un- terschieden wird“ (Weineck, 6. unveränderte Aufl. 2009). Hier interessiert nur die Sportmotorik, welche alle Bewegungen, die bei der Sportausübung, beim Erlernen neuer Bewegungen, sowie bei der Durchführung sportartspezifischer Techniken, ab- laufen.

Die konditionellen Fähigkeiten verändern sich durch Wachstum und Entwicklung und lassen sich durch die Einwirkung bestimmter Reize weiterentwickeln. Kraft als physikalische Größe spielt eine bedeutende Rolle, ist notwendig, um Arbeit zu verrichten und ist das Produkt aus Masse und Beschleunigung. Die Kraft gibt also an, wie stark zwei Körper aufeinander einwirken. Die physikalische Sichtweise in Bezug auf die Komponente Kraft wird in dieser Arbeit vernachlässigt.

Die zweite Sichtweise der Biologie, stellt einen bedeutenderen Aspekt für diese hier vorliegende Arbeit dar. „Kraft im biologischen Sinne, ist die Fähigkeit des Nerv- Mus- kel System, durch Muskeltätigkeit (=Innervations- und Stoffwechselprozesse mit Muskelkontraktionen) Widerstände zu überwinden (konzentrische Kontraktion), ihnen entgegenzuwirken (exzentrische Kontraktion) bzw. sie zu halten (isometrische Kontraktion).“ (Ethlenz, Grosser & Zimmermann, 2003, S.11). Das Hauptziel von ei- nem Krafttraining sind demnach Entwicklung, Erhaltung bzw. Verbesserung des Querschnittzuwachses.

Die nachfolgenden Informationen gehen auf Ethlenz et al. (2003) zurück. Sie erläu- tern, dass die motorische Kraft aufgrund verschieden einwirkender Widerständen, sowie Bewegungsaufgaben von der Muskulatur durch zwei physikalisch-physiologi- sche Arbeitsweisen realisiert wird, deren jeweils spezifische Muskelkontraktionsfor- men zugrunde liegen. In der Praxis wird selten nur eine Reinform verwendet. Unter- schieden wird hierbei zwischen isotonisch (Längenveränderung der Muskelfasern bei gleichbleibender Muskelspannung), isometrisch (Spannungs- ohne Längenver- änderung) und auxotonisch. Wobei letztere Kontraktion die oftmals vorkommende Mischform darstellt, das heißt sowohl die Längen-, als auch die Spannungsveränderung des Muskels bei der Kontraktion. Unterschieden wird hier noch zwischen einer statischen (haltenden) und einer dynamischen (bewegenden) Realisation. Die dynamische Arbeitsweise des Muskels wird vorwiegend kurz und schnell, die statische sowohl kurz, als auch langanhaltend eingesetzt.

Des Weiteren lassen sich in der Trainingslehre verschiedene Arten von Kraft diffe- renzieren: Maximalkraft, Schnellkraft, Kraftausdauer, sowie Reaktivkraft. Bei der Ma- ximalkraft geht es darum, eine große Anstrengung über eine kurze Zeitspanne zu ertragen. „Die Maximalkraft ist die größtmögliche Kraft, die das neuromuskuläre Sys- tem des Menschen willkürlich gegen einen Widerstand auszuüben vermag“ (Ethlenz et al., 2003) Sie ist beispielsweise notwendig, wenn schwere Gewichte zu bewegen sind, wie z.B. die Lasten der olympischen Gewichtheber oder das Versetzen schwe- rer Möbel im Raum.

Verwechselt werden darf die Maximalkraft nicht mit der Absolutkraft, denn diese wird nur unter besonderen Bedingungen, wie z.B. Todesangst, Medikamenteneinfluss o- der Hypnose freigegeben und entspricht nicht den natürlichen Gegebenheiten. Bei der Maximalkraft ist die Dicke des Muskels von Bedeutung, kurz gesagt, der Muskel- querschnitt, sowie die Fähigkeit, die vorhandenen Muskelfasern passend abzurufen. Ein speziell trainierter Sportler ist in der Lage, 95% seines Kraftpotentials willentlich nutzen, wohingegen ein untrainierter Mensch lediglich auf 70% seiner Kraft zugreifen kann. Des Weiteren wird diese Art der Kraft oft als „zentrale Basisgröße“ bezeichnet, da sie durchaus einen nennenswerten Einfluss auf die Kraftausdauer und die Schnellkraft besitzt. Wird die Maximalkraft gesteigert, führt das in der Regel auch zu einer Steigerung der Kraftausdauer, sowie der Schnellkraft (vgl. Ethlenz et al., 2003). Die Kraftausdauer beinhaltet, im Vergleich zu der Maximalkraft, ein längeres Halten bei geringerem Widerstand, es entspricht einer mittleren Intensität. Bei dieser Art von Ausdauer fordert es meist möglichst viele Bewegungsimpulse, ohne großen Verlust der Intensität der Kraftstöße. Sportarten, bei denen die Kraftausdauer eine große Rolle spielt, sind z.B. Schwimmen oder Rudern. In Alltagssituationen ist eine gute Kraftausdauer auch von Vorteil, beispielsweise beim Bergauffahren mit dem Fahrrad oder beim intensiven Treppensteigen. Es gibt noch eine spezielle Art dieser Kraft- komponente, die isometrische Kraftausdauer. Diese beinhaltet das Fixieren be- stimmter Körperhaltungen und Gelenkwinkelstellungen über einen längeren Zeit- punkt. Beispiele hierfür wären im Kunstturnen und in der Akrobatik zu finden. Bei intensiven Kraftausdauerleistungen wird der Muskel über kurz oder lange Zeit müde und die Bewegung fängt an, unangenehm zu werden: Ihm fehlt der Sauerstoff. Es wird auf einen glykolytischen Stoffwechsel umgeschaltet, bei dem Milchsäure (Laktat) gebildet wird. Die Kraftausdauer ist im Gegensatz zu der Maximalkraft ab- hängig von der Fähigkeit der Muskulatur, unter Sauerstoffmangel noch effizient ar- beiten zu können. Die Steigerung bestimmter Enzymaktivitäten, sowie eine verbes- serte Energiespeicherung und eine erhöhte Toleranz gegenüber hoher Laktatkon- zentrationen in der Muskelzelle sind hier von Bedeutung.

Die Schnellkraft als weitere Komponente der Kraft ist eine Fähigkeit, bei der die Mus- keln in kurzer Zeit eine sehr hohe Kraft entwickeln müssen, um den Körper, Körper- teile oder Gegenstände zu beschleunigen. Als Beispiel an sportlichen Bewegungen wären an dieser Stelle Boxen, Kugelstoßen oder Speerwerfen anzuführen. Je größer die Maximalkraft der Muskulatur und je besser das Nervensystem in Bezug auf die Innovation möglichst vieler Muskelfasern in möglichst geringer Zeit zu aktivieren, desto besser ist die Schnellkraft eines Menschen. (vgl Pauls, 2011a).

Die Schnellkraft lässt je nach Zielbewegung, eine Differenzierung in Startkraft und Explosivkraft zu. Pauls (2011, S.13a) führt aus: „Kommt es auf die blitzschnelle Einleitung eines Kraftstoßes an (z.B. Ausstoß des Armes beim Boxen) spielt die sogenannte Startkraft eine entscheidende Rolle. Muss eine möglichst hohe Kraft in kurzer Zeit (<200 Millisekunden) realisiert werden, ist als Teilbereich der Schnellkraft vor Allem die sogenannte Explosivkraft gefordert.“

Eine weitere Art der Kraft ist die sogenannte Reaktivkraft. An ihr ist besonders, dass sie einen Dehnungs- Verkürzungs- Zyklus besitzt. Der konzentrischen Muskelkon- traktion geht eine exzentrische Phase voraus, was die überwindende Phase positiv beeinflussen kann. Durch diese Voraktivierung der Muskeln, sowie durch Reflexme- chanismen und elastischen Faktoren kommt es zu einer höheren Kraftentwicklung in der überwindenden (konzentrischen) Phase der Kontraktion. Die Reaktivkraft spielt eine bedeutende Rolle. Rund 90% aller sportlichen Bewegungen sind auf die Reak- tivkraft angewiesen. Sie ist für zahlreiche Sportarten relevant wie z.B. bei Laufbewe- gungen, Sprüngen und Sprints.

2.1.2 Stellenwert der Kraft in der Schule

Der motorische Entwicklungsstand der Heranwachsenden wird generell als rückläufig betrachtet und durch größere Streuung der Leistungswerte häufig als nicht hinreichend bewertet. Ein paar Kinder der Klasse, welche überdurchschnittlich sportlich sind, stehen zahlreichen Kindern mit mangelnden motorischen Fähigkeiten gegenüber. Die wenigen herausragenden Schüler ziehen somit den Durchschnittswert der gesamten Klasse in die positive Richtung, obwohl es oftmals mangelhaft in Bezug auf die Kraftfähigkeit ausschaut.

Ein wichtiger Punkt der motorischen Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen spielt die Komponente Kraft. Es bedarf ein gewisses Maß an Kraftfähigkeit, um Kästen überqueren zu können, um zu hangeln oder zu springen. Zeigt ein Kind eine unge- nügende Kraftausprägung, wird es selbst bei recht einfachen Aufwärmspielen wie z.B. Brennball Probleme haben. Es hat somit oft schon bei der Überquerung der Sprossenwand Schwierigkeiten und wird möglicherweise von anderen Schülern nicht mehr ins Team gewählt, da es selbst mit einfachen Bewegungsaufgaben nicht fertig wird. Dies führt wiederrum im schlimmsten Falle zur Ausgrenzung des Kindes und zu mangelndem Selbstbewusstsein. Somit hat eine unzureichende Ausprägung der Kraft nicht nur negative Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Kinder zur Folge, sondern auch auf die persönliche, soziale und kognitive Entwicklung des Her- anwachsenden einen nennenswerten Einfluss.

Des Weiteren betont Weineck (2009): „dass viele Kinder und Jugendliche ihre poten- zielle Leistungsfähigkeit später nur deshalb nicht [erreichen], weil die während der Wachstumsvorgänge für den Haltungs- und Bewegungsapparates gesetzten Reize aufgrund des vielfach vorherrschenden chronischen Bewegungsmangels unzu- reichend waren.“

Er bringt die enge Beziehung zwischen körperlichen Fähigkeiten, hier vor Allem der Kraft, sowie der allgemeinen Leistungsfähigkeit bzw. den sportlichen Fertigkeiten in den Fokus und legt eine rechtzeitige und altersgemäße Ausbildung dieses physischen Leistungsfaktors ans Herzen. Deshalb ist ein Krafttraining laut ihm unabdingbar für den Schulsportunterricht.

Zudem kommt, dass in der Bewegungswissenschaft zahlreich festgestellt wird, dass Kinder und Jugendliche bei sportmotorischen Tests deutlich schlechter abschneiden als noch vor einigen Jahren. „Eine ältere Studie fand im Vergleich der Kinder einer dänischen Kleinstadt von 1954 und 1981 bei Leistungstests bereits einen Kraftverlust von 8-10%.“ (Pauls, 2011,S.122a). Pauls liefert in seinem Buch (2011a) weitere Zahlen von Studienergebnissen, die veranschaulichen, dass 2001 lediglich 27% der getesteten Schüler die Durchschnittswerte der sportmotorischen Tests von Gleichaltrigen im Jahre 1986 erreichen konnten.

Des Weiteren werden Haltungsschwächen bei mindestens 50% der Schüler zwi- schen acht und 18 Jahren festgestellt. Ist das nicht erschreckend? Jedes zweite Kind weist Haltungsprobleme auf. Die Ursachen für diese Leistungseinbuße in so jungen Jahren ist, wie in der Einleitung schon dargestellt wurde, stark abhängig von dem heutzutage vorherrschenden Bewegungsmangel der technisierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts.

Wie mittlerweile transparent wird, ist ein gewisses Maß an konditionellen Fähigkeiten in jeglichen Hinsichten bei Heranwachsenden notwendig und bedarf definitiv einer Förderung im Schulsportunterricht. Denn wie Pauls (2011a) betont, ist das beste Lernalter für Bewegungstechniken im Alter zwischen neun und dreizehn Jahren, in welchem Alter die Kinder allerdings im Schnitt schon vier bis fünf Stunden pro Tag in der Schule sitzen. Gerade deshalb sollte ein Ausgleich geschaffen werden, den entweder Vereine oder der Schulsport herstellen können.

Oft sind die Eltern bezüglich des Bewegungsmangels und Fehlhaltungen zu wenig aufgeklärt, die Schüler sitzen selbst in der Freizeit zu viel und die sensiblen Phasen der körperlichen Entwicklung, in denen große Kraftzuwächse hinzukommen, werden vergeudet. Die Turnhalle soll nicht zur „Muckiebude“ umfunktioniert werden, da es gerade im vorpubertären Alter nicht um Hantel- oder Maschinentraining geht, son- dern vielmehr um spielerische Übungsformen mit dem eigenen Körpergewicht oder moderaten Zusatzlasten wie z.B. Klettern, Tauziehen oder Staffeln mit Medizinbäl- len.

Gerade bei Schülern ab der Pubertät ist es wichtig, ein natürliches Gesundheitsbe- wusstsein zu fördern und ihnen eine ausreichend ausgeprägte Muskulatur nahe zu legen. Von Bedeutung ist, dass der Spaß beim Krafttraining in der Schule im Vorder- grund steht und dass die Kinder ein Gesundheitsbewusstsein in modernisierten Welt entwickeln, gerade wenn das außerschulisch nicht der Fall ist. Abschließend lässt sich an dieser Stelle sagen, dass Krafttraining keineswegs nur auf den Sportverein beschränkt sein sollte. Da es den Mängeln an körperlichen Belastungsreizen positiv entgegenwirkt und Haltungsschwächen korrigieren kann, sollte es auf jeden Fall Teil des Sportunterrichts sein. Dazu kommt, dass der Sportunterricht jeden einzelnen Heranwachsenden erreicht und gerade die Kinder, welche nicht Teil eines Sportvereins sind, diese Förderung am Meisten benötigen.

2.1.3 Trainierbarkeit der Kraft im Kindes und Jugendalter

Die Trainierbarkeit ist laut Definition allgemein durch die Möglichkeit gekennzeichnet, durch gezielte Belastungsreize auf einzelne oder mehrere Bereiche der motorischen Leistungsfähigkeit einzuwirken.

„Krafttraining mit Kindern ist möglich und lohnend, ist bei angemessener Durchfüh- rung ungefährlich und letztlich auch unverzichtbar.“ (Oltmanns & Zawieja, 2011) Diese Meinung nehmen viele Menschen mit Vorbehalt entgegen, da Krafttraining im Kindes- und Jugendalter heutzutage teilweise noch mit zahlreichen Vorbehalten be- legt ist. Aussagen wie „Kinderkrafttraining ist schlecht, da es Überlastungsschäden hervorrufen kann“ oder „Krafttraining im Kindes- und Jugendalter ist gefährlich, weil sich die Wachstumsfugen früher schließen“ sind gewohnte Meinungen, die oftmals in veralteten Büchern gelesen wurden. Während sowohl der Wissensstand, als auch die praktische Anwendung international seit zwei Jahrzehnten wesentlich fortge- schritten sind, bleiben die festgefahrenen Grundsätze in Deutschland oft noch erhal- ten. Zumindest der aktuelle Forschungsstand, welcher für ein mäßiges Krafttraining im Kindes- und Jugendalter spricht, ist mittlerweile durch die Bemühungen des Bun- desinstituts für Sportwissenschaft auch bekannt, werden allerdings oft zu wenig flä- chendeckend wahrgenommen (Zawieja M, 2011). Selbst in den meisten Fitnessclubs dürfen Jugendliche erst ab 16 Jahren mit dem Krafttraining beginnen und sollen zu- vor nur die Ausdauer verbessern. Natürlich besteht ein Kinder- und Jugendtraining nicht aus Gewichttraining (erst ab 14 Jahren sollten Hanteln ein Zusatzgewicht beim Training der Jugendlichen darstellen), allerdings können definitiv Übungen mit dem eigenen Körpergewicht gemacht werden.

Wenn man die Tatsache betrachtet, wie viele Kinder- und Jugendliche von Haltungs- schwächen betroffen sind, hilft ihnen reines Ausdauertraining nicht bei ihrem Prob- lem. Die Auswertung empirischer Befunde zeigt deutlich, dass Krafttraining günstige Auswirkungen auf die Körperhaltung hat und die Kinder- und Jugendlichen an Kraft dazu gewinnen. Gottlob (2002), einer von zahlreichen Autoren, der sich mit dem Krafttraining bei Heranwachsenden beschäftigt hat und nennt weitere positive Aus- wirkungen. Obwohl oft von einem hohen Verletzungsrisiko bei Krafttraining im Kin- des- und Jugendalter ausgegangen wird, beweisen empirische Ergebnisse das Ge- genteil. Gerade die passiven Strukturen des Bewegungsapparates, welche Bänder, Knorpel sowie Knochen umfassen, werden gestärkt und die Gelenkstabilität verbes- sert. Durch die Festigung dieser Strukturen wird die Verletzungsprophylaxe verstärkt und das Längenwachstum kann von der Gelenkstabilität unterstützt werden. Die empirischen Befunde weisen zahlreiche Aspekte entgegen den so negativ belegten Krafttrainingsmythen nach.

Eine gute Kraftfähigkeit hat positiven Einfluss auf weitere motorische Fähigkeiten. Je größer die Kraft, desto besser ausgeprägt sind auch Schnelligkeit und Beweglichkeit, sowie die Koordination. Diese Korrelation hat aber auch Grenzen. Als Beispiel kann ein Bodybuilder herangezogen werden. Dieser verfügt zwar über viel Kraft, allerdings leiden andere motorische Fähigkeiten unter der Masse. Ein extremer Bodybuilder, welcher seinen Muskelquerschnitt mit anabolen Substanzen weiter optimiert, ist we- der sehr beweglich, noch schnellkräftig. Dieses Randbeispiel hat nichts mehr mit ei- ner gesunden Lebensweise zu tun und dient lediglich dazu zu zeigen, dass intensi- ves und übertriebenes Krafttraining auch negative Folgen haben kann.

Ein gesundes Maß an Kraft bildet dennoch die Grundlage für andere Sportarten. Egal ob im Leistungssport, wo eine höhere Belastbarkeit von Nöten ist, oder im Breiten- sport, bei dem die Kinder vielerlei verschiedener Bewegungserfahrung unterliegen, Kinder- und Jugendliche benötigen definitiv ein gewisses Maß an Kraft. Fakt ist, Krafttraining bei Heranwachsenden ist nötig und schadet bei Beachtung eines alters- gerecht angepassten Trainings nicht. Im Gegenteil, es hat zahlreiche positive As- pekte in Bezug auf physische Aspekte, sowie auch auf die Psyche. Durch ein ver- bessertes Körpergefühl kann das Selbstwertgefühl, sowie das Selbstvertrauen an- steigen.

Der Beginn der Trainierbarkeit der Kraft bei Kindern liegt nach bisherigen wissen- schaftlichen Ergebnissen zwischen dem siebten und neunten Lebensjahr. Im Vor- schulalter spielt ein systematisches Krafttraining noch keine Rolle. Lediglich ist wich- tig, dass die Kinder ihren Bewegungsdrang ausleben können und dürfen und dass sie mit Kraftreizen, wie z.B. bei Kletter-, Zieh-, Spring- und Wurfaufgaben gefordert werden. Im Schulkindalter ist die Kraft bereits gut trainierbar. „Die Reife für andere Sportarten, wie z.B. Fußball, Basketball oder Turnen befähigt auch zu einem Kraft- training.“ (Pauls, 2011 A, S. 125) Kinder in diesem Alter erreichen durch ihre fehlen- den Hormone ein eher geringes sichtbares Muskelwachstum (Hypertrophie). Der Fo- kus in Bezug auf die Verbesserung der Kraft liegt vor Allem in der Steigerung der inter- und intramuskulären Koordination, im Energiestoffwechsel des Muskels und einer Steigerung der Willenskraft. Ersteres meint einerseits ein besseres Zusammen- spiel der beteiligten Muskeln (inter-), sowie die Aktivierung mehrerer Muskelfasern im Inneren (intra-).

Weineck (7. Unverä. Auflage 2009) schreibt: „Im Kindesalter lässt die Trainierbarkeit bei Mädchen und Jungen nur geringe Unterschiede erkennen, da die geschlechtspezifischen Hormonspiegel von Östrogen (weibliches Sexualhormon) und Testosteron (männliches Sexualhormon) noch annähernd gleich sind und die anabole (eiweißaufbauende) Sonderwirkung des Testosterons noch nicht in dem Maße zum Tragen kommt als dies mit bzw. nach der Pubertät der Fall ist.“

Es wird für die jungen Schüler gleichermaßen ein dynamisches Training empfohlen, denn intensive statische Belastungen sollen bei Kindern aufgrund des niedrigen Spaßfaktors, sowie der geringen koordinativen Anforderung vermieden werden. Zudem können die Heranwachsenden das Salz der Milchsäure, welches auch als Laktat bezeichnet wird und bei zu intensiven Belastungen anfällt, nur unzureichend abbauen. Allerdings gibt es einige Sportarten, wie z.B. Turnen, in denen Halteübungen nicht zu vermeiden, sondern grundlegend wichtig sind.

Da sich diese Arbeit eher auf weiterführende Schulen spezialisiert und weniger auf die Grundschule, wird an dieser Stelle nicht näher auf das Training der jungen Heranwachsenden eingegangen.

Mit dem Eintritt in die Pubertät ändert sich so einiges im Körper der Jugendlichen. Während das Kraftverhältnis zwischen Jungen und Mädchen bis zum elften Lebens- jahr noch fast identisch ist, verschafft der ansteigende Testosteronspiegel dem männlichen Geschlecht einen deutlichen Vorteil in der Trainierbarkeit der Kraft. Der Unterschied zwischen Jungen und Mädchen wird dann vor Allem in der Muskelquer- schnittsvergrößerung (Hypertrophie) deutlich. „Zwischen dem 13. Und 15. Lebens- jahr erzielen Jungen ihren größten „reifebedingten“ Kraftzuwachs, etwa 32%.“ ( Pauls 2011 A, S.127) Somit kann gefolgert werden, dass das weibliche Geschlecht wäh- rend der ganzen Lebensspanne in gewisser Weise aufgrund ihres „semianabolen“ Hormons Östrogen im Vergleich zum männlichen Geschlecht, eine geringere Trai- nierbarkeit aufweist. Die hier vorliegende Tabelle führt Pauls (2011A) in seiner Pub- likation an. Sie legt einen groben Anhaltspunkt fest, wie ein Krafttraining für Schul- kinder auszusehen hat.

Tab. 1: (vgl Pauls 2011 A, S. 126) Belastungsnormative im Schulkindalter (in Anlehnung an Granacher et al. 2009 und Faigenbaum o.J.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Da in der hier vorliegenden Arbeit ein Ergänzungstraining für Schulkinder erstellt wurde, dass die drei Komponenten der Kraft, Beweglichkeit und des Gleichgewichts fließend vereint, dient die Tabelle eher weniger als Grundlage für das erstellte Trainingsprogramm. Mittels diesen Anhaltspunkten könnte z.B. ein Kraftzirkel mit sechs bis acht Übungen für Schüler in der Turnhalle geplant werden. Der letzte Altersabschnitt umfasst die Adoleszenz, welche für die Schule (je nach Schulart) in Bezug auf die Trainierbarkeit der Kraft nur noch teils relevant ist. Über den genauen Beginn der Adoleszenz sind sich selbst die Wissenschaftler unklar. Grob werden Mädchen ab dem 15. Lebensjahr dazu gezählt. Bei den Jungen beginnt der Eintritt in das Erwachsenenalter im Schnitt zwei Jahre später.

Da in der Adoleszenz die größten Erfolge in Bezug auf die Trainierbarkeit der Kraft zu verzeichnen sind, sollten neben einem allgemeinen Training, nun auch die Hyper- trophie, die Schnellkraft, sowie die Kraftausdauer mit ins Visier der Optimierung ge- nommen werden. Je nach Trainingszielen kann die Intensität, sowie die Wiederho- lungszahl und die Dauer der Einheit variiert werden. Das Skelettsystem ist der Heranwachsenden in diesem Altersabschnitt ist belastbarer, allerdings bei Mädchen erst mit 18/19 Jahren und bei Jungen bei 18-22 Jahren voll ausgereift, was berücksichtigt werden sollte (vgl. Ehlenz, 2003).

2.1.4 Grundsätze für Krafttraining im Kindes- und Jugendalter

Wie schon häufiger erwähnt, wird Krafttraining als wichtiger Aspekt im Heranwachsendenalter gesehen. Allerdings ist eine Beachtung von Grundsätzen wichtig. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt beim Krafttraining mit Heranwachsenden ist immer im Kopf zu behalten, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind und dass das Krafttraining dementsprechend anzupassen ist.

Krafttraining muss unter Berücksichtigung des wachsenden Organismus geschehen, denn die kindlichen und jugendlichen Knochen sind zwar aufgrund der geringeren Kalkeinlagerungen elastischer, allerdings weniger druck- und biegefest. Bezüglich der Entwicklung betont Pauls (2011 b), dass der körperliche Reifegrad bei Kindern und Jugendlichen sehr unterschiedlich ausgeprägt ist und nur bedingt mit dem kalendarischen Alter zusammenhängt. Es macht also keinen Sinn, eine tabellarische Übersicht über verschiedene Altersklassen und ihr Training anzuführen. Jedes Training ist individuell und die Kinder stehen im Vordergrund.

Ein paar erste Informationen bezüglich des Reifegrads erhält die Lehrkraft über das biologische Alter, welches Längenwachstum und Gewicht beinhaltet. Mädchen sind den Jungen grundsätzlich um ein bis zwei Jahre voraus. Es lässt sich eine Unterscheidung in Früh- (Akzelerierte), Normal-, und Spätentwickler (Retardierte) vornehmen. Wird der Kraftzuwachs der Kinder und Jugendlichen näher beleuchtet, betont Pauls (2011 b), es gebe einen reifebedingten, sowie einen trainingsbedingten Kraftzuwachs. Ersteres, ist ein Kraftzuwachs, der durch eine normale körperliche Entwicklung erreicht wird, wohingegen der andere Zuwachs durch „Training“ entsteht, weil das Kind z.B. im Schwimm- oder Turnverein ist.

Pauls liefert die Information (2011A), dass ein sechs Jahre alter Junge etwa 20% der Kraft eines erwachsenen Mannes mit 25 Jahren besitzt. Mit 14 Jahren sind es bei den Jungen 60%, bei den Mädchen lediglich 50%. Pauls (2011 A) erwähnt mehrmals, dass der wachsende Organismus der Kinder „sensible Zonen“ aufweist und deshalb gewisse Sicherheitsaspekte in Bezug auf das Krafttraining mit Kindern und Jugend- lichen berücksichtigt werden müssen. Da die Wirbelsäule erst mit 20 Jahren ihre volle knöcherne Belastbarkeit erreicht, müssen maximale Belastungen mit hohem Stau- chungsdruck vermieden werden. Des Weiteren sind die knorpeligen Wachstumszo- nen am Knochen (Epiphysenfugen) und an Sehnenansätzen (Apophysen) noch nicht so belastbar wie im Erwachsenenalter. Daher sind schwere Überkopfarbeiten mit Zu- satzgewichten, Sprünge aus großen Höhen, sowie extreme, schnellkräftige Belas- tungen der Extremitätengelenke, bei denen den Schulter- und Ellbogengelenken eine hohe Beanspruchung zukommt, zu vermeiden. Bei Jungen im frühen Pubertätsalter sollte der Kräftezuwachs, sowie das Längenwachstum (Wachstumsschübe) berück- sichtigt werden. Hier besteht die größte Gefahr einer Überlastung, gerade bei Ein- steiger im Krafttraining.

[...]


1 Die Wohn- und Lebenssituation von Familien findet überwiegend in »vorstrukturierten Sozialräumen« statt. Freizeiteinrichtungen, Arbeitsstätten der Eltern, Einkaufsparks, Mittelpunktschulen, Spielflächen, Bewegungsräume und aushäusige Erholungsmöglichkeiten sind immer stärker voneinander getrennt; Kinder werden häufig von den Eltern zu Freunden und Verabredungsorten gefahren und kontinuierliche Sozialkontakte werden damit immer stärker eingeschränkt (Krenz, A., 2010).

2 der Einfachheit halber werden in dieser Arbeit in jeglichen Fällen beide Geschlechter auf das männliche Geschlecht reduziert, wie z.B Schüler für Jungen und Mädchen

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Ist ein regelmäßiges Trainieren der Komponenten Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht im Rahmen eines Ergänzungstrainings im Schulsportunterricht sinnvoll und durchsetzbar?
Hochschule
Technische Universität München  (Sport und Gesundheitswissenschaft)
Veranstaltung
Sportpädagogik
Note
1,7
Autor
Jahr
2016
Seiten
66
Katalognummer
V354517
ISBN (eBook)
9783668406544
Dateigröße
1456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
trainieren, komponenten, kraft, beweglichkeit, gleichgewicht, rahmen, ergänzungstrainings, schulsportunterricht
Arbeit zitieren
Janina Sinner (Autor:in), 2016, Ist ein regelmäßiges Trainieren der Komponenten Kraft, Beweglichkeit und Gleichgewicht im Rahmen eines Ergänzungstrainings im Schulsportunterricht sinnvoll und durchsetzbar?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354517

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