Folgen der niedrigen Ölpreise auf den Reformwillen des Rentierstaates Saudi-Arabien


Hausarbeit, 2016

24 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Rentierstaat
2.1 Theorie des Rentierstaates
2.2 Arten von Renten

3 Der Rentierstaat Saudi-Arabien
3.1 Fakten zu Saudi-Arabien
3.2 Staat und Gesellschaft
3.2.1 Politik/Monarchie
3.2.2 Stellung der Frau
3.2.3 Religion
3.2.4 Wirtschaft
3.2.5 Außenpolitik

4 Fazit/Ausblick

Literaturverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Fakten und Indikatoren zu Saudi-Arabien 7

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Öl ist nachwievor der Treibstoff der heutigen Weltwirtschaft und daher auch politisch brisant. In diesem Zusammenhang ist Saudi-Arabien durch seine großen Förder- und Reservekapa- zitäten wie bisher ein bedeutender Akteur. Außerdem nimmt das Land neben seinem Er- zfeind Iran für sich in Anspruch, die regionale Führungsmacht im Nahen Osten zu sein.1 Da der Ölpreis seit Ende 2014 von über 110 USD auf zeitweise unter 30 USD gefallen war, ge- riet Saudi-Arabien finanziell immer mehr unter Druck und musste sich überlegen, ob und wie reagiert werden sollte.2 Vor dem Hintergrund des stark reduzierten Ölpreises und den damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Saudi-Arabien möchte ich dieses Land im Zusammenhang mit einer politikwissenschaftlichen Theorie beleuchten.

Dazu verwende ich den Ansatz der Rentierstaaten. Dabei handelt es sich um einen breit gefächerten Theorieansatz mit unterschiedlichen wissenschaftlichen Herangehensweisen und Problemgebieten innerhalb der Diskussion.3 Ausgangspunkt dieses Ansatzes war der veröffentlichte Sammelband „The Rentier State“ von Hazem Beblawi und Giancomo Luciani aus dem Jahre 1987. Von da an verbreitete sich der Ansatz, der sich mit Staaten von hohen Rentenbezügen beschäftigt, rasch in der Diskussion um die politische und wirtschaftliche Entwicklung im Nahen Osten.4

Meine Arbeit ist in vier Kapitel unterteilt. Nachdem in der Einleitung die Intention und der Aufbau dieser Arbeit dargelegt werden, befasst sich Kapitel zwei mit der Thematik des Ren- tierstaates. Dabei gehe ich in 2.1 zunächst auf die Kernaspekte dieses politikwissenschaftli- chen Ansatzes ein und stelle erste Bezugspunkte zum folgenden Hauptteil her. Daran schließt sich in 2.2 die Erläuterung der wichtigsten Rentenarten aus politikwissenschaftlicher Sicht an. Das dritte Kapitel widmet sich dann explizit Saudi-Arabien und analysiert dessen Lage in Bezug auf die Fragestellung. Um einen grobes Verständnis über das gewählte Land zu bekommen, habe ich in 3.1 Saudi-Arabien zunächst an Hand von Fakten zu Geographie, Bevölkerung und Wirtschaft dargestellt.

Abschnitt 3.2 befasst sich mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen, die im Hinblick auf ihren Status quo und die möglichen Reformprozesse hin untersucht wird.

Der erste Unterabschnitt 3.2.1 analysiert die politische Verfasstheit Saudi-Arabiens. Da es sich um eine Monarchie handelt, spielt das Königshaus hier die zentrale Rolle. Daneben werden die Verknüpfungen zur Staatsreligion aufgezeigt und politische Veränderungspro- zesse beleuchtet. Im Anschluss daran wird die Rolle der Frauen in Saudi-Arabien themati- siert. Nachdem die Schwierigkeiten der Frauen bei der Suche nach Gleichberechtigung be- leuchtet wurden, beschäftigt sich die Arbeit in 3.3.3 mit der Wirtschaft des Landes. Hier wer- den vor allem die Ölindustrie, die demographischen Herausforderungen und die dazu ge- planten Reformen dargestellt. Der heutige Staat Saudi-Arabien würde ohne die Religion des Wahhabismus in seiner heutigen Form nicht existieren. Mit der Verknüpfung von Staat und Religion befasst sich 3.3.4. Daran schließt sich mit der Untersuchung der Kernelemente der saudischen Außenpolitik der letzte Abschnitt des Haupteiles an. Zum Abschluss fasse ich in einem Kapitel meine Arbeit zusammen und ziehe ein Fazit mit möglichen Entwicklungssze- narien für Saudi-Arabien.

2 Rentierstaat

In diesem Punkt wird zunächst der Rentierstaat definiert und in die wissenschaftliche Diskussion dieses Ansatzes eingeordnet. Im zweiten Unterpunkt werden die vier wichtigsten Rentenarten im Nahen Osten und somit auch für Saudi-Arabien erläutert.

2.1 Theorie des Rentierstaates

Der Rentierstaat-Ansatz ist eine politikwissenschaftliche Theorie, welche die Zusammen- hänge zwischen internationalen Renten und dem Staat beleuchtet. Der Begriff „Rente“ be- zeichnet dabei ein Einkommen für den Rentier, dem keine Leistung in Form von Investitio- nen oder geleisteter Arbeit vorausgegangen ist, sowie keine Besteuerung von Arbeitsein- kommen vorliegt.5 Internationale Renten können dabei in internationale Grundrenten und internationale Differentialrenten unterschieden werden. Bei den internationalen Grundrenten handelt es sich um Renten, die durch die Erlöse von Naturreserven erwirtschaftet werden. Der dazu genutzte Grund und Boden wurde zuvor verstaatlicht. Die internationalen Differen- tialrenten beruhen darauf, dass ein Land ein Produkt billiger erzeugen kann als ein anderes Land, es das Produkt auf den Weltmarkt jedoch zu gleichen Preisen absetzen kann.6 Eine Erläuterung unterschiedlicher Renten findet unter 2.2 statt. Charakteristisch dabei ist, dass der Transfer der Rentenerlöse von den Staaten des globalen Nordens in den globalen Sü- den fließt. Auf Grund der mehr oder minder leicht zu erwirtschafteten Erlöse, muss der Ren- tierstaat im Gegensatz zu Produktionsstaaten keine oder nur geringe Steuern erheben. Das hat zur Folge, dass die Rechtfertigungswirkung der Herrschenden für ihr Handeln, die durch die Leistung der Steuerzahlung durch die Bürger entsteht, entfällt. Somit gilt für diese Theo- rie „No Representation without Taxation“.7 Zur Untermauerung dieses Aspektes kann Kohle dienen. Wie Öl ist auch Kohle nachwievor ein enormer Energieträger in der Welt. Jedoch können mit Kohle keine hohen Renteneinnahmen erzielt werden, was zur Folge hat, dass diese Staaten weit weniger nationale Konflikte aufweisen bzw. in internationale Konflikte verstrickt sind.8 Weiter haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass sich Staaten mit großen Renteneinnahmen aus einer Ressource durch Umverteilung innerhalb der Ge- sellschaft an der Macht halten. So festigten die Rohstoffrenten aus der Ölgewinnung die Re- gime im Nahen Osten, da sie als erste Nutznießer unabhängig von anderen gesellschaftli- cher Gruppen wurden und wie bereits oben erwähnt, durch die reichhaltige Wohlfahrtspolitik an die Gesellschaft sich Handlungsautonomie erkaufte.9 D.h. es wurde z.B. in Saudi-Arabien ein Patronagesystem errichtet, welches die Bevölkerung davon abhalten soll, in Richtung einer Demokratie zu streben. So können je nach Bedarf unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen durch Befriedigung ihrer Bedürfnisse an die Herrschenden gebunden werden.10 Wenn in Zeiten sinkender Renteneinnahmen Teile der Bevölkerung gegen die Machthaber aufbegehren, so zeigt der Rentierstaatsansatz, dass dann häufig in Form von Gewalt und anderen repressiven Maßnahmen gegen die Bevölkerung vorgegangen wird.11

Die beiden Hauptannahmen, die aus diesen Erläuterungen in der Politikwissenschaft abgeleitet werden sind, dass diese hohen und einfach zu generierenden Renten autoritäre Regime festigen und die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft lähmen.12

Als „Rentierstaat par excellence“ wird dabei Saudi-Arabien gesehen. Weitere Staate die teil- weise oder ganz unter diesen Begriff subsumiert werden können, sind das Gros der Staaten im Vorderer Orient, aber auch Venezuela, Staaten der ehemaligen Sowjetunion und Norwe- gen, als Vertreter der westlichen Industrienationen mit ausgewachsenen demokratischen Strukturen.13

Neuere Untersuchungen dieses Theoriezweiges kritisieren eine zu starke Vereinfachung der oben beschriebenen Charakteristika dieses Ansatzes. So werden eindeutige Aussagen über die Wirkung von Renten in und auf Rentengesellschaften einer differenzierten Betrachtung der jeweiligen Einzelfälle mit ihren historischen, politischen und/oder institutionellen Spezifika vorgezogen.14

So können Renteneinnahmen sicherlich als „notwendige Bedingung“ für die Entstehung ei- nes definitorischen Rentierstaates bezeichnet werden, jedoch nicht als „hinreichende Bedin- gung“.15

2.2 Arten von Renten

Rohstoffrenten

Die wichtigste aller Renten seit dem 20. Jahrhundert - und somit auch der Rohstoffrenten - ist die Erdölrente. Die hier erzielten Einnahmen sind als Differenz zwischen den Produkti- onskosten und den Verkaufserlösen zu sehen. Die Verkaufserlöse der Erdölprodukte liegen dabei um ein Vielfaches höher als die Produktionskosten. Dies gilt insbesondere für Erdöl im Nahen Osten. Dabei berücksichtigt werden muss aber ein gewisser Aufwand für die Gewin- nung des Erdöls bzw. ggf. für seine Weiterverarbeitung.16 Somit liegt hier eine Mischung aus internationaler Grundrente und Differentialrente vor. Die Öl-Rente ist zum einen durch ihre wirtschaftliche Tragweite für das heutige weltweite Wirtschaftssystem und zum anderen durch das Vorkommen von Öl in häufig konfliktträchtigen Weltregionen von besonderer Bri- sanz.17 Andere Rohstoffrenten mit ähnlich hohen Renditen und Auswirkungen auf die Ren- tiers sind Uran oder Diamanten.

Politische Renten

Politische Renten sind Zahlungen von einem Land zu einem anderen Land ohne direkte Ge- genleistung. Darunter fallen sowohl reine Transferzahlungen als auch die normale Entwick- lungshilfe. Beispiele hierfür sind die Zahlungen der reichen Ölstaaten im Nahen Osten an die Nachbarländer Israels oder die Zahlungen der USA an Ägypten zur Sicherung eines starken militärischen Partners in der Region.18 Bei Staaten, die sich mit politischen Renten finanzie- ren, spricht man von sog. Semirentierstaaten, wie z.B. Ägypten, Jordanien oder Syrien. Durch den Rentenfluss entstehen im Innenverhältnis Hinauszögerungen bei notwendigen aber schmerzhaften Reformen für die Bevölkerung und im Außenverhältnis dient er als nütz- liches „Werkzeug“ für die Interessen der Rentengeber.19 Außerdem erhalten auch bestimmte Gruppierung auf Grund regionalpolitischer Ambitionen von Rentierstaaten Rentenzahlungen. So unterstützt Saudi-Arabien z.B. die Verbreitung islamistischen Gedankengutes mit finan- ziellen Mitteln (u.a. al-Quaida oder den IS) und schreckt dabei auch vor militärischen Aktio- nen nicht zurück.20

Andere Renten

Weitere bedeutende Rente können z.B. die Migrationsrente und die Tourismusrente sein. Diese unterscheiden sich jedoch etwas von den beiden oben genannten Rentenarten. Im Gegensatz zu Rohstoffrenten und politischen Renten, bei denen die Staaten direkte Emp- fänger der Renteneinnahmen sind, fließen die Renteneinnahmen bei der Migrationsrente direkt an Familienmitglieder bzw. in die Hand von Privatleuten oder Unternehmen. Der Staat kann hier nur mittels einer Besteuerung versuchen, seinen Teil der Renten abzuschöpfen.21 Die Ausführungen zu Renten in Bezug auf Saudi-Arabien konzentrieren sich auf die Rohs- toffrente und die politische Rente.

3 Der Rentierstaat Saudi-Arabien

Zunächst werden einige gängige Indikatoren und Fakten zu Saudi-Arabien dargestellt. Meh- rere der darin enthaltenen Informationen werden in den folgenden Punkten aufgegriffen.

3.1 Fakten zu Saudi-Arabien

Tabelle 1: Fakten und Indikatoren zu Saudi-Arabien22

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Saudi-Arabien ist mit einer Fläche von 2,149 Mio km² das flächenmäßig größte Land im Na- hen Osten und liegt weltweit auf Platz 13. Die Einwohnerzahl betrug Ende 2015 ca. 31 Mio. Das Bevölkerungswachstum betrug von 2014 auf 2015 0,8%, was zwar eine deutlich ab- nehmende Dynamik gegenüber den Vorjahren aufzeigt, jedoch immer noch einer starken Zunahme entspricht. Auf Grund dieser Bevölkerungszunahme in den letzten Jahrzehnten sind gut zwei Drittel der Saudis unter 25 Jahren alt. Auf die Problematik, die dahinter steckt, wird im weiteren Verlauf noch eingegangen. Betrachtet man den Anteil der weltweit nach- geprüften Ölreserven, so liegt Saudi-Arabien mit einem Anteil von 17,85% im Jahr 2015 auf Platz zwei hinter Venezuela und ist einflussreiches OPEC-Mitglied23.

[...]


1 Vgl. http://www.finanzen.net/rohstoffe/oelpreis/Chart und http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/ naher-osten/das-kraefteverhaeltnis-zwischen-saudi-arabien-und-iran-13997128.html

2 Vgl. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/oel-saudi-arabien-pumpt-oel-wie-wild-und-verliert- trotzdem-1.2925216

3 Vgl. Beck, M./Boeckh, A./Pawelka, P. 1997, S. 9ff.

4 Vgl. Beck, M. 2009, S. 25.

5 Vgl. Chatelus, M./Schemeil, Y. 1984, S. 255.

6 Vgl. Schmid, C. 1997, S. 30f..

7 Vgl. Ross, M. 2001, S. 332f..

8 Vgl. Harks, E. 2007, S. 22f..

9 Vgl. Pawelka, P 1997, S. 218.

10 Vgl. Ross, M. 2001, S. 333.

11 Vgl. Basedau, M. 2005, S. 16f..

12 Vgl. Beck, M. 2009, S. 25.

13 Vgl. Wurm, I. 2007, S.9.

14 Vgl. Peters, S. 2016, S. 20f..

15 Vgl. Beck, M./Boeckh, A./Pawelka, P. 1997, S. 13.

16 Vgl. Beck, M. 2009, S. 26f..

17 Vgl. Harks, E. 2007, S. 20f..

18 Vgl. Beck, M. 2009, S. 27.

19 Vgl. Pawelka, P. 1997, S. 224ff..

20 Vgl. Steinberg, G. 2007, S. 73-75.

21 Vgl. Beck, M. 2009, S. 36.

22 Vgl. OPEC Annual Statistical Bulletin 2016, S. 8ff..

23 Die OPEC ist ein 1960 in Bagdad gegründeter Zusammenschluss von ölexportierenden Ländern, um mehr Macht am Ölmarkt zu gelangen und Fördermengen und Preise zu kontrollieren. Siehe mehr hierzu: http://www.opec.org/opec_web/en/about_us/24.htm

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Folgen der niedrigen Ölpreise auf den Reformwillen des Rentierstaates Saudi-Arabien
Hochschule
Universität Kassel  (Politikwissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
24
Katalognummer
V355709
ISBN (eBook)
9783668413764
ISBN (Buch)
9783668413771
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rentierstaat, Saudi-Arabien, Internationale Beziehungen, Naher Osten, Vorderer Orient, Auswirkungen Ölpreis
Arbeit zitieren
Roman Hosenfeld (Autor:in), 2016, Folgen der niedrigen Ölpreise auf den Reformwillen des Rentierstaates Saudi-Arabien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/355709

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