Aktuelle Indikatoren einer Immobilienblase am Wohnimmobilienmarkt USA

Eine umfassende Untersuchung mithilfe qualitativer und quantitativer Analysemethoden


Studienarbeit, 2017

48 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Formelverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Charakteristika von Immobilienblasen
2.1. Preisblasen
2.2. Minsky-Modell
2.2.1. Exogener Schock
2.2.2. Kreditexpansion
2.2.3. Euphorie und spekulative Manie
2.2.4. Liquiditätsengpass und Schieflagen
2.2.5. Ende der Panik
2.3. Einordnung relevanter Bewertungsindikatoren

3. Untersuchung des amerikanischen Wohnimmobilienmarktes
3.1. Analyse einzelner Marktindikatoren
3.1.1. Makroökonomie
3.1.1.1. Wirtschaftswachstum
3.1.1.2. Output Gap
3.1.1.3. Leistungsbilanz
3.1.1.4. Sparquote und Bruttoanlageinvestition
3.1.1.5. Inflation, Leitzins und Zinsstruktur
3.1.2. Demographie
3.1.2.1. Bevölkerungswachstum
3.1.2.2. Altersstruktur
3.1.2.3. Haushaltswachstum
3.1.3. Immobilienmarkt
3.1.3.1. Baugenehmigungen, Baufertigstellungen, Leerstand und Baukosten
3.1.3.2. Ausstehende Hypothekenschulden und Hypothekenzinsen
3.1.3.3. Price-Income Ratio und Price-Rent Ratio
3.1.4. Hauspreisindizes
3.1.4.1. FHFA Index
3.1.4.2. Case Shiller Index
3.1.5. Fazit der Marktindikatoren
3.2. Qualitative Bewertung zur Identifizierung von Preisblasen
3.2.1. Scoring Modell
3.2.2. Diffusionsindex
3.2.3. Fazit der qualitativen Analyse
3.3. Quantitatives Modell zur Prognose von Hauspreisindizes
3.3.1. Parameter der Prognose von Wohnimmobilien
3.3.1.1. Erklärte Variable
3.3.1.2. Erklärende Variable
3.3.1.3. Statistische Eigenschaften von Zeitreihen
3.3.2. Regressionsanalyse
3.3.3. Kurzfristige Prognose des US-Hauspreisindex
3.3.4. Fazit der quantitativen Analyse

4. Konkretisierung der Ergebnisse
4.1. Vergleich mit der Sub-Prime Krise
4.2. Einordnung in die Phasen des Minsky-Modells
4.3. Ergebnisse als Indiz für eine Immobilienblase

Literaturverzeichnis

Zusammenfassung

Die vorliegende Thesis befasst sich mit der aktuellen Situation des US-Wohnimmobilien- marktes und geht im Gegensatz zu einem Großteil der gängigen Literatur auf die Analyse einer bevorstehenden Immobilienblase ein.

Dabei werden zunächst die wichtigsten makroökonomischen, demographische sowie immobilienspezifischen Einflussfaktoren des Wohnimmobilienmarktes diskutiert, wobei bereits hier die Hälfte der Einzelindikatoren eine erhöhte Wahrscheinlichkeit einer kommenden Immobilienblase andeuten.

Darauf basierend folgt eine qualitative Untersuchung. Mittels Scoring-Modell und Diffusionsindex wird zwar keine aktuelle Gefahr eines Platzens einer Preisblase bewiesen, dennoch können Parallelen zum Zeitraum im Vorfeld der Sub Prime Krise nachgewiesen und ein erhöhter Score der Jahre 2015 und 2016 festgestellt werden.

Das entscheidende Indiz für die Anbahnung einer Immobilienblase wird im Zuge der quan- titativen Analyse des Marktes anhand der kurzfristigen Prognose des Hauspreisindex mit Hilfe der Regressionsmodellierung gefunden. Da die Hauspreise in den kommenden Jahren einen Rückgang erfahren, ergänzt die Prognose die Vermutung der Bildung einer Blase.

Schließlich gelingt die Einordnung in die Phase der Kreditexpansion bzw. Euphorie und Manie des zu Beginn der Arbeit erläuterten Minsky-Modells. Weiterhin können neben kaum veränderten Verhaltensweisen der Kreditinstitute zahlreiche weitere Parallelen zur Sub Prime Krise festgestellt werden.

Insgesamt bestätigen alle Analysemethoden die aufgestellte These. Somit kann von einer zukünftigen Immobilienblase in den Vereinigten Staaten von Amerika ausgegangen wer- den.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Strukturablaufplan

Abbildung 2: Gruppierung Indikatoren

Abbildung 3: BIP und Wirtschaftswachstum der USA 2000-2015

Abbildung 4: Leitzins der USA seit 2000

Abbildung 5: Price-Income Ratio und Price-Rent Ratio der USA

Abbildung 6: FHFA House Price Index USA seit 1991

Abbildung 7: S&P Case-Shiller Index USA seit 2000

Abbildung 8: S&P Case-Shiller 20-City Index USA seit 2000

Abbildung 9: Prognose des US-Hauspreisindex bis 2020

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Zielsetzung der Verfahren

Tabelle 2: Scoring-Modell des US-Wohnimmobilienmarkts

Tabelle 3: Bewertungsmethode Diffusionsindex

Tabelle 4: Diffusionsindex US-Wohnimmobilienmarkt

Tabelle 5: Auswahl der erklärenden Modellvariablen

Tabelle 6: Ergebnisse der Korrelationsanalyse mit Time-Lead und -Lag

Tabelle 7: Regressionsoutput Hauspreisindex USA

Formelverzeichnis

Formel 1: Vereinheitlichung der Indikatorzeitreihen, erstellt mit dem Formeleditor

Formel 2: Formel der multiplen linearen Regression

Formel 3: Stetige Rendite

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In der immobilienwirtschaftlichen Literatur finden sich zahlreiche ex-post Analysen von Preis- blasen. Insbesondere Irle (Preisblasen in Wohnimmobilienmärkten - Eine Betrachtung aus Sicht der Behavioural Finance, 2010) und Rombach (Preisblasen auf Wohnimmobilienmärkten - Eine theoretische und empirische Analyse der internationalen Märkte, 2011) befassten sich bisher intensiv mit der Identifikation von Immobilienblasen mit Hilfe quantitativer und qualitativer Analysemethoden.

Von Bedeutung für Investoren, Analysten, Banken sowie weiterer Marktakteure des Wohnimmobilienmarkts ist eine vorzeitige Feststellung einer Immobilienblase, um die einhergehenden Folgen dieser zu antizipieren bzw. diese abzuwenden.

Ziel dieser Arbeit ist es deshalb, Indikatoren zu verifizieren, mit denen sich eine konkrete Aus- sage über eine kommende Immobilienblase auf dem Wohnimmobilienmarkt der USA machen lässt und zu darlegen, dass eine erneute Immobilienblase entstehen wird. Die Analyse be- grenzt sich nicht auf einzelne Teilräume, sondern soll die USA als Ganzes, hinsichtlich ihres Bewertungsniveaus des Wohnimmobilienmarkts, analysieren. In Abbildung 1 ist der Struktur- plan der Arbeit dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Strukturablaufplan1

Aufbauend auf den grundlegenden Definitionen einer Immobilienblase, dem Wohnungsteilmarkt und der Erläuterung des Minsky-Modells werden als Basis dieser Arbeit zunächst die allgemeinen Indikatoren für Preisblasen auf dem Immobilienmarkt erläutert und Daten sowie Marktanalysen den Status quo des Wohnimmobilienmarkts der USA veranschaulichen. Diese Grundlagen bilden sowohl das Fundament für eine qualitative Bewertung (mittels Scoring Modell und Diffusionsanalyse) als auch für eine quantitative Bewertung (Regressionsmodellierung) von Hauptindikatoren einer Immobilienblase. Zentral sollen aktuelle Indikatoren einer Immobilienblase aufgezeigt/be- rechnet werden, die zusammen mit der qualitativen und quantitativen Bewertung ein Urteil über eine bevorstehende Immobilienblase am Wohnimmobilienmarkt der USA zulassen. Ein Abgleich mit den Phasen des Minsky-Modells sowie den Verhältnissen vor der Sub-Prime Krise soll einen zusätzlichen Aufschluss über die Gesamtsituation geben.

2. Charakteristika von Immobilienblasen

Bevor eine Untersuchung bzw. Identifikation einer Preisblase auf dem amerikanischen Wohnimmobilienmarkt stattfinden kann, sollen vorab grundlegende Begriffe und Prozesse der Entstehung und des Verlaufs von Preisblasen erläutert werden, um die Ergebnisse der nachfolgenden Kapitel richtig zu deuten.

2.1. Preisblasen

Preisblasen bezogen auf Immobilien werden als Immobilienblasen bezeichnet. Es gibt in der Literatur keine einheitliche Definition des Phänomens. Ferner liefert die Literatur eine verlaufs- orientierte, fundamentale sowie eine verhaltensbasierte Sichtweise der Definition von Preis- blasen.

Ein Teil der Literatur definiert eine Preisblase durch ein vorgegebenes Kursverlaufsmuster, das zunächst einen extremen Preisanstieg (boom) erfährt und ein darauffolgendes Einbrechen des Preises (crash) aufweist.2 “[…] a bubble is an upward price movement over an extended range that than implodes.“3 Weiterhin kann eine Immobilienblasenbildung dann vorhanden sein, wenn Immobilienpreise nicht mehr mit ihren Fundamentalwerten des Zyklus‘ einherge- hen, wie durch Flood definiert: “The bubble [...] is defined to be what is left after market funda- mentals have been removed from price.“4 Die dritte Gruppe der Experten charakterisiert eine Preisblase anhand des Verhaltens der Marktteilnehmer und deren Denken über eine zukünf- tige Entwicklung. Die Stimmung der Anleger ist die maßgebliche Determinante. Spekulation, Überschwang und übertriebene Erwartungen sind Hinweise auf irrationales Verhalten der Marktteilnehmer.5

Wichtiger für eine Identifikation einer aktuellen Blasenbildung ist eine Analyse der Ursachen von Immobilienblasen. Die Einflussfaktoren und Erklärungsansätze lassen sich in vier Katego- rien einteilen:

- Ausweitung der Geld- und Kreditmenge
- Strukturen des Kreditmarktes
- Strukturen des Marktes für Vermögensgüter
- Erwartungsbildung und psychologische Faktoren

2.2. Minsky-Modell

Eine mögliche Einordnung in die Phasen des Minsky-Modells kann ein Indiz für eine Immobi- lienblase sein. Teile dieses Verlaufs konnten bereits bei der Sub-Prime Krise in den USA, bei der japanischen Immobilienblase sowie bei weiteren Preisblasen der Vergangenheit nachge- wiesen werden.

Das Minsky-Modell besagt, dass Preis- und Immobilienblasen feste Phasen durchlaufen, ob- gleich diese durch einen individuellen Ursprung entstanden sind. Basierend auf nicht nachhal- tigen Finanzierungen, die bei der reinen Spekulation auf starke zukünftige Preissteigerungen abgeschlossen werden, quotiert Minsky einen direkten Zusammenhang mit Finanzkrisen.6

Um in Kapitel 4.2 eine Aussage über einen Zusammenhang zwischen der aktuellen Situation auf dem Wohnimmobilienmarkt der USA und des Minsky-Modells treffen zu können, sollen nachfolgend die fünf Phasen des Modells erläutert werden:7

2.2.1. Exogener Schock

Durch einen Auslöser (kann verschieden Ursachen haben, z.B. Deregulierung des Finanzmarktes) verbessern sich die wirtschaftlichen Profitmöglichkeiten. Hierdurch steigt die Kreditvergabe an Investoren, die von höheren Renditechancen profitieren wollen. Das Wirtschaftswachstum wird beschleunigt, was zu einem gesteigerten Optimismus führt.

2.2.2. Kreditexpansion

Durch eine Kreditexpansion entsteht im Zuge von hoher Konkurrenz der Banken zusätzliches Kredit- und Geldvolumen. Die Kreditverluste sinken sowie auch die Eigenkapitalquote bei Investments und die Kreditmargen. Der wirtschaftliche Aufstieg wird weiter gefördert.

2.2.3. Euphorie und spekulative Manie

Die Euphorie steigt und dadurch investieren die Marktteilnehmer, um die erwartenden Kapital- wertsteigerungen der Assets zu nutzen. Durch hohe Liquidität und stetig steigende Preise ent- steht ein noch größerer Optimismus, der zu spekulativen Investments führt. Hierbei liegt das Augenmerk der Strategie nur auf dem zukünftig höheren Wiederverkaufswert und nicht auf der Erwirtschaftung von Renditen aus den Cash-Flows. Steigende Profite rufen eine breite Masse der Bevölkerung, die vorher nicht am Markt aktiv waren und nun partizipieren, auf den Plan, um den Profiteuren nachzuahmen. Parallel dazu wird die Kreditvergabe seitens der Banken erhöht. Die Spekulation der Marktteilnehmer führt zu irrationalem Verhalten.

2.2.4. Liquiditätsengpass und Schieflagen

Vor allem Insider realisieren Gewinne und verkaufen an neue Marktteilnehmer. Die Preise stoppen zunächst und fallen dann rapide. Dadurch sind Marktteilnehmer mit hohem Anteil an Fremdkapital bankrott, da das Eigenkapital schnell verbraucht ist. Es kann zu einer kurzen Phase der Konsolidierung kommen, ab einem gewissen Zeitpunkt jedoch überwiegt die Erwar- tung von einem Preisverfall. Betrugsfälle oder Bankrotte von Banken können Indizien hierfür sein. Dadurch misstrauen sich auch Banken untereinander und es kommt zum Erliegen des Interbankenhandels. Folglich ist der Markt illiquide und die Preise stürzen vollkommen ab.

2.2.5. Ende der Panik

Die Panik wird dann beendet, wenn es ab einem Punkt des Preisverfalls wieder lohnend ist, für Investoren in das Asset zu investieren. Generell wird die Panik laut Minksy durch einen Kreditgeber letzter Instanz (Zentralbank, IWF, Regierung) beendet, indem dieser dem Markt ausreichend liquide Mittel zur Verfügung stellt.

Zusammenfassend startet nach Minskys Theorie jede Blase mit einem exogenen Schock. Die- ser führt zu einer Expansion der Kreditvergabe. Begleitet von einer euphorischen Marktstim- mung und einem einhergehenden hohen Preisanstieg der Immobilien führt dies zu spekulati- ven Verhalten vieler Marktteilnehmer. Nach Liquiditätsengpässen und finanziellen Schieflagen von Investoren durch heikle Investments und Verfall der Marktwerte müssen Regierungen und Zentralbanken als letzte Instanz den entstandenen Schaden auf den Finanzmärkten begren- zen.

2.3. Einordnung relevanter Bewertungsindikatoren

Die Entstehung einer Immobilienblase ist von etlichen Indikatoren abhängig. Um eine Analyse der wichtigsten Parameter, eine qualitative sowie quantitative Untersuchung durchführen zu können, ist es von großem Wert die maßgeblichen Indikatoren nach Informationsgehalt und Typ in Gruppen einzuordnen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Gruppierung Indikatoren8

In horizontaler Richtung werden relevante Indikatoren auf makroökonomischer, demographischer und immobilienmarktspezifischer Ebene unterteilt, wohingegen die vertikale Achse unterschiedliche Indikatoren bezüglich deren aggregierten Informationen beschreibt. Die fundamentalen Indikatoren identifizieren vorwiegend Informationen zu aktuellen Rahmenbedungen und Eigenschaften des Marktes.

Neben dem ursprünglichem Aussagegehalt der fundamentalen Einflussgrößen sind die Indikatoren der verhaltensökonomischen Stufe zusätzlich in der Lage, die Handlungsweise der Marktteilnehmer zu eruieren.

Die oberste Ebene der Matrix, die aggregierten Indikatoren, hat die Fähigkeit die Gesamtsitu- ation eines Immobilienmarktes umfassender zu beschreiben, da sowohl die fundamentalen als auch verhaltensökonomischen Indikatoren darauf einwirken. Um ein Beispiel zu nennen, be- einflusst der Leitzins sowie die Baukosten auf fundamentaler Ebene in gewisser Weise die Kreditneuvergabe auf aggregierter Ebene. Es werden auf diesem aggregierten Niveau folglich Informationen aus zahlreichen Segmenten genutzt, was diesen Indikatoren einen besonderen Stellenwert bezüglich der Marktbewertung verleiht.9

Auf Basis dieser Einordnung der Indikatoren lässt sich im Folgenden eine Auswahl für entsprechende Bewertungsmodelle treffen.

3. Untersuchung des amerikanischen Wohnimmobilien- marktes

Die eindeutige Identifizierung von spekulativen Preisblasen auf Immobilienmärkten konnte in der Literatur bislang lediglich ex-post festgestellt werden.10 Daher sollen bei der Untersuchung des amerikanischen Wohnimmobilienmarktes verschiedene Ansätze der Bewertung einer optionalen Blasenbildung zur Anwendung kommen.

Basierend auf der Analyse einzelner Marktindikatoren tragen qualitative Modelle, wie ein Sco- ring-Modell und ein Diffusionsindex sowie ein quantitatives ökonometrisches Prognosemodell (Regressionsanalyse) zur Entscheidungsunterstützung bei. Das Nutzen verschiedener Verfah- ren soll durch optimale Kombination Fehler einseitiger Analysen eliminieren sowie die Aussa- gekraft der Bewertung maximieren. Die Indikatorenanalyse erklärt dabei Wirkungszusammen- hänge und lässt Verwendungsmöglichkeiten bei verschiedenen Bewertungsmodellen erkennen. Das Scoring-Modell identifiziert mit Hilfe des Diffusionsindex eine Preisblase und die darauffolgende Regression hat das Ziel, den zukünftigen Preisindex zu prognostizieren. (vgl. Tabelle 1)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Zielsetzung der Verfahren11

3.1. Analyse einzelner Marktindikatoren

Um die Wahrscheinlichkeit der Bildung und des Platzens einer Immobilienblase bestmöglich zu verifizieren, werden in diesem Kapitel grundlegende Einflussparameter aus dem Immobilienbereich, der Makroökonomie, den Finanzmärkten sowie der demographischen Entwicklung der Vereinigten Staaten diskutiert und deren Wirkungszusammenhänge bezüglich einer Immobilienblase aufgegriffen.

3.1.1. Makroökonomie

Im Folgenden werden zunächst makroökonomische Indikatoren diskutiert und untersucht.

3.1.1.1. Wirtschaftswachstum

Laut Irles Untersuchungen besteht eine starke Abhängigkeit der Wohnimmobilienmärkte vom Konjunkturzyklus eines Landes.12 Dies leuchtet ein, wenn man sich den Boom-Bust Zyklus betrachtet, bei dem auf eine Phase wirtschaftlicher Prosperität und dadurch folgende Effekte, wie erhöhte Zuversicht der Marktteilnehmer, eine Rezession folgt. Folglich nimmt die Chance einer Preisblasenbildung zu, je besser die wirtschaftliche Situation eines Landes ist. Neben dem Zusammenhang zwischen der Höhe des Bruttoinlandsproduktes und den Immobilienbe- stand hat auch das reale BIP-Wachstum Auswirkungen auf die Immobilienmärkte.13 Der Bedarf an Immobilien steigt meist aufgrund einer prosperierenden Wirtschaft, da eine wachsende Pro- duktion auch Beschäftigungszahlen sowie Einkommen positiv beeinflusst. Somit steigt auch die Flächennachfrage an Wohnimmobilien, was zu Preissteigerungen durch Nachfrageüber- schuss führen kann. Vor allem in Ballungsgebieten herrscht unter guten wirtschaftlichen Be- dingungen Arbeitskräftebedarf, was wiederum Urbanisierungstendenzen auslöst und die Neu- bautätigkeit fördert. Das Wirtschaftswachstum der USA ist in Abbildung 2 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: BIP und Wirtschaftswachstum der USA 2000-201514

Dabei fällt auf, dass jeweils in den Folgejahren nach der New-Economy Blase 2000 und nach der Sub-Prime Krise 2007 starke Einbrüche des BIP-Wachstums zu verzeichnen waren. Ein lokales Maximum liegt im Jahr 2004 vor dem Platzen der Immobilienblase vor. Das absolute BIP steigt seit 2009 konstant. Somit besteht definitiv ein Zusammenhang der Hauspreise mit der BIP-Wachstumsrate. Dennoch lassen sich damit nur allgemeine Rückschlüsse auf die Wahrscheinlichkeit des Platzens einer Blase ziehen. Für Prognosezwecke lässt sich eine positive Korrelation mit dem Preisindex der U.S.-Wohnimmobilien erwarten und somit scheint eine Verwendung für das Regressionsmodell möglich.

3.1.1.2. Output Gap

Der Output Gap (dt.: Produktionslücke) gibt die Differenz zwischen dem aktuellen und dem potentiellen BIP an. Eine positive Produktionslücke kann ein Indikator für eine aktuelle wirtschaftliche Überhitzung sein. Das reale BIP tendiert während eines Hauspreisbooms dazu, stärker als das potentielle BIP zu wachsen. Somit kann auch ein zurückgehender Output Gap ein baldiges Platzen einer Preisblase bedeuten.15

Während vor der Sub-Prime Krise sich eine deutlich positive Produktionslücke entwickelte, besteht seither eine Kluft zwischen potentiellem und realem BIP. Aktuell beträgt diese -1,2% und soll laut Prognosen bei einem konstanten realen BIP-Wachstum von 2,5% bis zum dritten Quartal 2019 wieder geschlossen werden.16

Anhand des Output Gaps ist es folglich möglich, festzustellen, ob die aktuellen ökonomischen Umstände eine Preisblasenbildung ermöglichen. Dies ist aktuell der Fall, obwohl ein negativer Wert vorherrscht, da das reale BIP-Wachstum schneller voranschreitet als das potentielle BIP.

3.1.1.3. Leistungsbilanz

Die USA weisen seit 1991 ein Defizit in ihrer Leistungsbilanz auf, da das Land seit vielen Jah- ren mehr konsumiert als es produziert. Um dieses Defizit zu finanzieren, bedarf es hohe Kapi- talzuflüsse. Die Leistungsbilanz erreichte im Jahr 2006 ihren Tiefstwert mit - 806 Mrd. USD. Nach einem Anstieg bis 2009 auf - 384 Mrd. USD fiel diese wieder und betrug im Jahr 2015 - 484 Mrd. USD. Im Jahr 2016 soll der Wert weiter fallen, da nach dem 3. Quartal schon - 370 Mrd. USD bestätigt sind.17 Auffällig sind lokale Minima bei Preisblasen der USA in den Jahren 2000 und 2006. Eine negative Entwicklung der Leistungsbilanz bezogen auf das Vor- jahr und das Folgejahr (lokales Minima) kann daher als allgemeiner Indikator für die Bildung einer Immobilienblase angesehen werden. Als Prognosevariable ist die Leistungsbilanz jedoch weniger geeignet, da diese sich im Vergleich zu Hauspreisindizes der USA gleichlaufend ver- hält.

3.1.1.4. Sparquote und Bruttoanlageinvestition

Die Sparquote definiert den prozentualen Anteil des verfügbaren Einkommens, der nicht für Ausgaben verwendet wird, sondern aus dem Zweck des Sparens. In der USA betrug die Spar- quote im Jahr 2005 lediglich 2,5%, wobei sie in den Folgejahren anstieg und 4,8% im Jahr 2014 erreichte.18 Eine fallende Sparquote kann als Anzeichen für die Entstehung einer Immo- bilienpreisblase genutzt werden, da deren Verlauf mit den Hauspreisindizes korreliert.

Je geringer die Sparquote der privaten Haushalte, desto höher sind deren Ausgaben. Die Kennzahl Bruttoanlageinvestitionen erfasst diese gegenläufige Tatsache. Ein Großteil der Investitionen findet auch in Wohnimmobilien statt.19 Wenn ein überdurchschnittlicher Grad an Investitionsaktivität im Segment der Wohnimmobilien erreicht wird, kann das ein Indikator für die Bildung einer Immobilienblase sein. So lag der Anteil von Wohnimmobilien an den gesamten Bruttoanlageinvestitionen im Jahr 2005 bei 28%. Danach fiel er auf 13% im Jahr 2011. Seitdem nimmt die Investitionstätigkeit in Wohnimmobilien zu und liegt 2015 mit 644 Mrd. USD bei ca. 18% der kompletten Bruttoanlageinvestition.20

3.1.1.5. Inflation, Leitzins und Zinsstruktur

Die Indikatoren des Finanzmarktes eines Landes haben erheblichen direkten bzw. indirekten Einfluss auf das Verhalten der Immobilienpreise.

Die Inflation der Konsumgüterpreise beeinflusst die Leitzinsen der Zentralbanken und somit langfristig auch die Hypothekenzinsen. Sie ist während einer Preisblasenbildung im Allgemei- nen relativ niedrig und steigt erst einige Quartale vor dem Höhepunkt der Preisblasenbildung an.21

Preisblasen entstehen typischerweise in einer Periode niedriger Leitzinsen und lockerer Geldpolitik der Zentralbanken.22 Wie in Minskys Theorie beschrieben, beginnt die Anfangsphase eines Immobilienbooms mit einem Auslöser. Das kann, wie nach der Finanzkrise 2008, eine Senkung des Leitzinses durch die Zentralbank sein. Dies hat einen gesteigerten Konsum., vermehrte Kreditvergabe und eine größere Attraktivität von alternativen Investments für Sparer zur Folge. Dadurch erfolgt ein Antrieb der Wirtschaft sowie eine Senkung der hohen Staatsverschuldung. Ein darauffolgender Anstieg der Leitzinsen, wie drei Jahre vor der Sub-Prime Krise geschehen, führt zu erhöhten Kreditzinsen und folglich zum Ausfall von Krediten und Hypotheken mit niedriger Bonität und Kreditwürdigkeit. Steigende Leitzinsen stellen deshalb einen Indikator für das mögliche Platzen einer Immobilienblase dar.

Sowohl vor der Dotcom-Blase (2001) als auch vor der Weltfinanzkrise (2007/08) erreichte der Leitzins, festgelegt von der amerikanischen Notenbank FED, lokale Maxima mit Werten von 6,5% und 5,25%. Bei einem Stand im Dezember 2016 von 0,75% besteht zunächst kein Indiz für das Platzen einer Preisblase, jedoch verweilte der Leitzins in den USA seit 2008 auf einem Rekordtief von 0,0 % - 0,25%.23 Die Tendenz geht somit wieder zu einem Anstieg des Leitzin- ses, vergleichbar mit den Jahren vor den letzten beiden Preisblasen (vgl. Abbildung 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Leitzins der USA seit 200024

Die Zinsstruktur bzw. der Verlauf der Zinsstrukturkurve gilt als Warnsignal für das Platzen einer Preisblase. Diese spiegelt in einem hohen Maß Erwartungen des Marktes bezüglich Konjunk- tur und Inflation wider. Dabei ist auf einen inversen Verlauf der Kurve zu achten. Ist dieser gegeben, gehen Finanzteilnehmer von einer abkühlenden Konjunktur und sinkenden Inflati- onsraten wegen restriktiver Geldpolitik aus.25 „Sieben Mal kam es in den vergangenen 50 Jahren zu Rezessionen und Crashs. Und jedes Mal waren diese Zusammenbrüche schon zu- vor am Verlauf der Zinsstrukturkurve ablesbar.“26 war ein inverser Kursverlauf der Zinsstruk- turkurve.

3.1.2. Demographie

Als fundamentale demographische Einflussparameter auf die Nachfrage von Wohnimmobilien werden das Bevölkerungswachstum, die Altersstruktur sowie das Haushaltswachstum dekla- riert.

3.1.2.1. Bevölkerungswachstum

Das Bevölkerungswachstum eines Landes, einer Region oder einer Stadt hat maßgeblichen Einfluss auf die Nachfrage an Wohnimmobilien.

[...]


1 Quelle: Eigene Darstellung

2 Vgl. (Rombach, 2011), S. 25

3 Vgl. (Kindleberger, 1996), S.13

4 Vgl. (Flood, Hodrick, & Kaplan, 1994), S.105

5 Vgl. (Rombach, 2011), S. 25

6 Vgl. (Irle, 2010), S.33f

7 Vgl. (Irle, 2010), S.33f

8 Eigene Darstellung, i.A. an (Irle, 2010), S. 232

9 Vgl. (Irle, 2010), S.233

10 Vgl. (Prof.Dr. Rottke, 2012), S. 282

11 Eigene Tabelle, i.A.a. (Irle, 2010), S.238

12 Vgl. (Irle, 2010), S.213

13 Vgl. (Vornholz, 2014), S.40

14 Quelle: Eigene Darstellung, Daten: IMF

15 (Irle, 2010), S.214f

16 Vgl. U.S. Bureau of Economic Analysis, OECD

17 Vgl. Weltbank, http://www.querschuesse.de/usa-leistungsbilanz-q3-2016/

18 Vgl. statista.com

19 Vgl. (Irle, 2010), S.216

20 Vgl. U.S. Bureau of Economic Analysis

21 Vgl. (Ahearne, Ammer, Doyle, Kole, & Martin, 2005), S.9

22 Vgl. (Ahearne, Ammer, Doyle, Kole, & Martin, 2005), S.2

23 Vgl. Federal Reserve Bank

24 Quelle Grafik: www.leitzinsen.info, Quelle Daten: Federal Reserve Bank

25 Vgl. (Irle, 2010), S.218

26 Vgl. (Hartmann, 2014)

Ende der Leseprobe aus 48 Seiten

Details

Titel
Aktuelle Indikatoren einer Immobilienblase am Wohnimmobilienmarkt USA
Untertitel
Eine umfassende Untersuchung mithilfe qualitativer und quantitativer Analysemethoden
Hochschule
Bauhaus-Universität Weimar
Note
1,9
Autor
Jahr
2017
Seiten
48
Katalognummer
V355927
ISBN (eBook)
9783668416765
ISBN (Buch)
9783668416772
Dateigröße
1973 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Immobilienblase, USA, Indikator, Real Estate, Wohnimmobilien, Immobilien, Sub Prime, Minsky Modell, US-Wohnimmobilienmarkt, Regression, aktuell, 2017, Housing Bubble
Arbeit zitieren
Maximilian Seidel (Autor:in), 2017, Aktuelle Indikatoren einer Immobilienblase am Wohnimmobilienmarkt USA, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/355927

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