Die Nachricht in Theorie und Praxis


Term Paper, 2000

19 Pages, Grade: 1,8


Excerpt


Inhalt

I. Einleitung
1. Was sind Nachrichten ?
2. Was macht eine Radionachricht aus ?

II. Hauptteil
1. Nachrichtenwerttheorie
2. Nachrichtenfaktoren
3. Gibt es objektive Nachrichten ?
3.1. Äußere Objektivität
3.2. Innere Objektivität
3.3. Keine Objektivität
4. Nachrichtenpraxis
4.1. Auswahl der Nachrichten
4.2. Nachrichtenformulierung

III. Schluss

IV. Literatur

I. Einleitung

1. Was sind Nachrichten ?

Bei einer Arbeit über die wohl bekanntesten journalistischen Produkte, die

Nachrichten, ist es von Interesse zu erklären und zu definieren, was überhaupt

Nachrichten sind.

Trotz der Umstände, daß uns Nachrichten jeden Tag umgeben, in den verschiedensten Formen auftreten, zum Motor der modernen Informationsgesellschaft geworden sind, die Wirtschaft prägen und viele tausende Arbeitsplätze schaffen, gibt es keine allgemeingültige Definition von Nachrichten.

John B. BOGART, Lokalredakteur der britischen Tageszeitung „Sun“, versuchte sich 1880 mit einer der ersten Definitionen:

„When an dog bites a man, that’s not news, but when a man bites a dog, that’s news.“[1]

Diese sehr anschauliche „man-bites-dog-Formel“ kann aber nicht als umfassende Definition gelten. Auf alle Fälle handelt es sich bei einer Nachricht immer um etwas nicht Alltägliches, etwas Ungewöhnliches. Nachrichten setzen immer ein Ereignis, das „berichtenswert“ ist, voraus.

Eine weitere Definition aus Großbritannien lieferte nach dem zweiten Weltkrieg die BBC[2]:

„Nachrichten sind neue, sowie wahrheitsgemäß wiedergegebene Informationen, die aktuelle Ereignisse überall in der Welt zum Gegenstand haben und in eine Nachrichtensendung aufgenommen werden, weil sie interessant, von allgemeiner Bedeutung, oder aber in den Augen der Journalisten für die Zuhörer von persönlichem Belang sind.“[3]

In dieser Definition findet sich zum ersten Male der gestalterische Einfluß des Journalisten wieder und die Definition macht auch darauf aufmerksam, daß Nachrichten und deren Auswahl abhängig sind. In diesem Falle von der Zielgruppe („die Zuhörer“) und den Journalisten.

Doch als allgemeingültige Erklärung ist diese Definition wegen ihrer Beschränkung auf Hörfunk und ihrer Länge eher nicht passend. Auch der Kommunikationswissenschaftler Winfried SCHULZ versuchte sich mit einer Definition:

„Eine Zeitungs,- Hörfunk,- oder Fernsehnachricht ist eine Mitteilung über ein aktuelles Ereignis, für das ein öffentliches Interesse besteht, oder noch spezieller eine nach bestimmten Regeln gestaltete journalistische Darstellungsform.“[4]

SCHULZ macht mit dieser Definition deutlich, daß sich die Nachrichten je nach Medium unterscheiden und bestimmten Darstellungsregeln unterworfen sind. Doch im Zeitalter der sich mehr und mehr ausdifferenzierenden Medien und der Entstehung sogenannter „Neuer Medien“ kann eine Festlegung auf die drei klassischen Medien Hörfunk, Zeitung und Fernsehfunk nicht genügen. Bei der Recherche zu dieser Arbeit hat sich eine andere Definition für stimmig und allgemeingültig herausgestellt, die schon legendäre Definition des Journalisten und Lehrbuchautors Walther von La ROCHE:

„Eine Nachricht ist also eine objektive Mitteilung eines allgemein interessierenden, aktuellen Sachverhalts in einem bestimmten formalen Aufbau.[5]

Doch auch diese Definition ist anfechtbar, da La ROCHE von einer „objektive[n] Mitteilung“ spricht. Die Frage der Objektivität soll an einem späteren Zeitpunkt erörtert werden.

Grundsätzlich haben sich aber einige Punkte immer wieder geglichen in diesen Definitionen. Eine Nachricht ist demnach interessant, wichtig und aktuell. Die Elemente einer Nachricht könnte man deshalb mit Aktualität, allgemeinem Interesse, Aufbau, Mitteilung und Objektivität beschreiben.

2. Was macht eine Radionachricht aus ?

Da es Aufgabe sein soll, Nachrichten für eine Nachrichtensendung auszuwählen, soll hier auch auf die Spezifika von Radionachrichten eingegangen werden.

Radionachrichten sind nach Rainer WARNECKE, das „unmittelbarste und aktuellste Informationsmittel“[6]. Im Tagesdurchschnitt hört jeder zweite Deutsche mindestens einmal am Tag die Nachrichten aus dem Rundfunkäther. Das sind quantitativ mehr Nutzer als die Konsumenten von Fernsehnachrichten. Da das Radio in unserer Kultur zu einem „Nebenbeimedium“ avanciert ist, richtet sich eine Nachrichtensendung an zwei verschiedene Rezipientenzielgruppen. Zum einen an Hörer, die lange Zeit keine Nachrichten gehört haben und zum anderen an Menschen, die kontinuierlich Radio hören. Kein anderes klassisches Medium richtet sich an so ein disperses Publikum. Darum ist die Aufgabenstellung zu dieser Arbeit leider etwas zu unspezifisch gestellt wurden. Wenn die Nachrichtensendung zu den Radiokernzeiten in Deutschland[7] ausgestrahlt werden sollte, dann mußte alles wichtige in eine Nachricht. Sollte die Sendung aber in den Zeiten dazwischen liegen, dann bräuchte nur das Allerwichtigste erwähnt werden, da man davon ausgehen kann, daß die Hörer schon eine Weile zu hören.

Entscheidend für den Aufbau einer Radionachricht ist, daß komplizierte Vorgänge einfach dargestellt werden müssen. Das bedeutet, daß bestimmte Regeln, die der Verständlichkeit dienen, unbedingt eingehalten werden müssen. Eine Radionachricht sollte daher nie länger sein, als vier bis fünf Sätze. Dabei ist der erste Satz der wichtigste, der letzte der unwichtigste. Bildlich kann man sich die Grundstruktur einer Radionachricht wie eine Pyramide vorstellen. Am Anfang das Wichtigste, dann die Quelle und am Ende der Hintergrund. Dabei könnte man in Zeitnot die Nachricht ohne großen Informationsverlust von hinten (bei der Pyramide von unten) nach vorn (bei der Pyramide oben) her kürzen.

Der erste Satz „führt“ die Nachricht an, er fungiert als gelesene Überschrift. Wegen seiner „Führungsrolle“ hat man den amerikanischen Ausdruck „Leadsatz“ ins Deutsche übernommen. In diesem Leadsatz muss das wichtigste einer Meldung stehen. Der Hörer muß alle Fragen, die er zuerst an diese Nachricht gehabt hätte, gleich beantwortet bekommen, damit er sich inhaltlich orientieren kann. Der Lead sollte nie länger als ein bis zwei Sätze lang sein. Geklärt werden müssen am Anfang die sechs journalistischen „W´s“: WER, WAS, WO, WANN, WIE, WARUM und der Zusatz aus WELCHER Quelle man diese Informationen hat. Weil die Gefahr besteht, den Lead mit all diesen elementaren Informationen zu überladen, sind auch zwei Leadsätze legitim. Die gesamte Nachricht sollte in eindeutigen deutschen Satzstil aufgebaut sein, also in einer Subjekt-Prädikat-Objekt-Konstellation. Außerdem sollte so ein Satz nie mehr als 18 Wörter besitzen, da auch das die Anschaulichkeit verringert. Kurze Sätze, die meistens Hauptsätze sein sollten, haben sich so in der Nachrichtensprache durchgesetzt. Anschaulich wird eine Nachricht, die man nur hört, auch durch Verbildlichung von Zahlenmaterial. Anstatt also von 7350 m² zu sprechen oder von einer Fläche, die 105 m lang und 70 m breit ist, würde man von „der Größe eines Fußballfeldes“ sprechen. Alle Personen, auch die als Quelle angegeben werden, sollten mit Namen erwähnt werden. Auch ist es von Relevanz darauf hinzuweisen, dass unbekannte Begriffe in einem Nachsatz erklärt werden („... wurde durch die Bundesversammlung gewählt. Die Bundesversammlung setzt sich aller fünf Jahre aus Vertretern der Länder und des Bundes zusammen, um den Bundespräsidenten zu wählen“). Um die Anschaulichkeit zu steigern, sollte man auch auf ungebräuchliche deutsche Wörter („Unhold“), Fremdworte („crazy“ für „verrückt“), Behördensprache („Lichtsignalanlage“ anstatt „Ampel“) und Sprachklischees verzichten. Die gesamte Radionachricht sollte in einem aktiv gehaltenen Stil verfasst sein.

II. Hauptteil

1. Nachrichtenwerttheorie

In der Nachrichtenforschung geht man davon aus, daß Journalisten, die Nachrichten aus dem großen Angebot an Ereignissen auswählen müssen, dies nach bestimmten festen Regeln tun. Neben der „Nachrichtenwerttheorie“ haben sich auch die beiden Forschungstraditionen der „New Bias-Forschung“ und der „Gatekeeper-Forschung“ herausgebildet. Keine der Formen ist stark abgegrenzt zu einer der anderen Formen. So gibt es Überschneidungen und Querverbindungen, aber auch Feststellungen, die komplementär zueinander sind, zwischen diesen drei Forschungsformen.

Da sich der Autor bei der Bearbeitung der Nachrichten auf die Nachrichtenfaktoren der Nachrichtenwerttheorie stützen wird, soll diese Theorie im folgenden kurz erläutert werden.

In dieser Theorie geht man davon aus, daß alle Informationen einem freien Fluß unterworfen sind („free flow of information“), dabei ist die Kette der Informationen von der Quelle bis zum Rezipienten unterschiedlich lang. Dieser Nachrichtenfluß wird dabei durch exogene und endogene Faktoren beeinflußt. Exogene Faktoren sind dabei die Pressegesetze einzelner Länder, Steuern oder Subventionen die Staaten Medienunternehmen auferlegen oder die Behinderung der Arbeit von Reportern in autoritären und totalitären Staaten. Endogene Faktoren sind die Faktoren, die einen Journalisten zum „Gatekeeper“ machen.[8] Also die Faktoren, die subtil die Auswahl des Journalisten bestimmen. Das sind die Produktionskriterien (Platz, Zeit, Redaktionsschluß), das ideologische Grundbild des Journalisten, der Redaktion, des Mediums und des Medienkonzerns/Verlag, die subjektiven Erfahrungen und Einstellungen des Redakteurs, die Bezugsgruppe anderer Menschen (Redaktionskollegen, Konkurrenten, Zielgruppe/Publikum), die Nachrichtenlieferanten (Nachrichtenagenturen, Informationsdienste) und die Routine. Es hat sich gezeigt, daß nur 10% der Meldungen einer Nachrichtenagentur im Radio gesendet werden. Und bis die Meldungen zur Nachrichtenagentur gelangten, wurden sie auch schon selektiert.[9]

[...]


[1] Walther von LaRoche: Einführung in den praktischen Journalismus, Mit genauer Beschreibung aller Ausbildungswege in Deutschland, Österreich und der Schweiz. München 1976, S. 59.

[2] BBC steht für British Broadcasting Corporation

[3] Rainer Warne>

[4] Winfried Schulz: Nachrichten. In: Elisabeth Noelle-Neumann, Winfried Schulz, Jürgen Wilke (Hrsgg.): Fischer-Lexikon Publizistik- Massenkommunikation. 5.Auflage, Frankfurt 1999, S. 307.

[5] Walther von LaRoche: Einführung in den praktischen Journalismus, Mit genauer Beschreibung aller Ausbildungswege in Deutschland, Österreich und der Schweiz. München 1976, S. 62.

[6] Rainer Warne>

[7] Die Radiokernzeiten befinden sich am Morgen (06.00 Uhr bis 10.00 Uhr) und in der Primetime oder Feierabendzeit (16.00 bis 19.00 Uhr)

[8] Gatekeeper = Bezeichnung verweist auf – von Kurt LEWIN geprägte- Vorstellung dass der Journalist als „Torhüter“ fungiert. Bestimmte Informationen läßt er durch Pforten und Schleusen, andere nicht. Einzelne Nachrichtenjournalisten entscheiden so über den Nachrichtenfluss.

[9] Winfried Schulz: Nachrichten. In: Elisabeth Noelle-Neumann, Winfried Schulz, Jürgen Wilke (Hrsgg.): Fischer-Lexikon Publizistik- Massenkommunikation. 5.Auflage, Frankfurt 1999, S. 307ff.

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Details

Title
Die Nachricht in Theorie und Praxis
College
http://www.uni-jena.de/  (Lehrstuhl Grundlagen der medialen Kommunikation und der Medienwirkung)
Course
Nachrichten
Grade
1,8
Author
Year
2000
Pages
19
Catalog Number
V35619
ISBN (eBook)
9783638354776
File size
926 KB
Language
German
Keywords
Nachricht, Theorie, Praxis, Nachrichten
Quote paper
Christian Fuchs (Author), 2000, Die Nachricht in Theorie und Praxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35619

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