Am Ausgangspunkt der Arbeit steht die Frage, wie sich in Bernhards autobiographischem Werk "Wahrheitsrigorismus" (H. Gross) und Sprachskepsis zueinander verhalten. Die Arbeit bietet einen Überblick über den Forschungsstand sowohl im Hinblick auf Bernhards literarische Praxis sowie seine medial ausgeweitete Autorschaft als auch auf die literaturwissenschaftliche Debatte um die literarische Form der Autobiographie.
„Die Wahrheit, denke ich, kennt nur der Betroffene, will er sie mitteilen, wird er automatisch zum Lügner. Alles Mitgeteilte kann nur Fälschung und Verfälschung sein, also sind immer nur Fälschungen und Verfälschungen mitgeteilt worden. [...] Das Gedächtnis hält sich genau an die Vorkommnisse und hält sich an die genaue Chronologie, aber was herauskommt, ist etwas ganz anderes, als es tatsächlich gewesen ist."
Die Vermischung von Fiktion und Faktizität in Bernhards Werk und in der Rezeption haben immer wieder zu Irritationen, Skandalen und Gerichtsprozessen geführt. In der Bernhard-Forschung ist man sich einig, dass von einer engen Beziehung von literarischer Inszenierung und individueller Stilisierung im autobiografischen Werk auszugehen ist. Andererseits sind in einigen von Bernhard als fiktional betitelten Texten "tiefere Einblicke in das unverstellte Selbstbild des Autors" zu erkennen.
Ausgangspunkt meiner Hausarbeit soll obiges Zitat aus Bernhards autobiografischem Werk "Der Keller" sein und die Frage, wie sich Bernhards „Wahrheitsrigorismus“ mit der im obigen Zitat geschilderten Sprachskepsis vereinbaren lassen?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorgehensweise
- Hypothesen
- Forschungsstand
- Begriffsklärung
- Fiktionalität vs. Faktizität in der Autobiographie
- Autobiographie
- Fiktionalität
- Autofiktion
- Sprachskepsis und Sprachkrise in der Literatur
- Sprachspiele in der Philosophie - Ludwig Wittgenstein
- Konstruktivismus als Ausweg?
- Thomas Bernhard
- Der „öffentliche Thomas Bernhard“
- Die Kunstfigur „Bernhard als Autor“
- Bernhards Positionen im literarischen Feld
- Die historische Figur „Thomas Bernhard“
- Thomas Bernhard - Grenzgänger zwischen Fiktion und Faktizität
- aus sprachskeptischer Perspektive nach Hugo von Hofmannsthal
- aus sprachphilosophischer Perspektive nach Ludwig Wittgenstein
- aus konstruktivistischer Perspektive nach Heinz von Glasersfeld / Heinz von Foerster und Paul Watzlawick
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Beziehung zwischen Fiktion und Faktizität im autobiografischen Werk von Thomas Bernhard. Dabei wird die Frage gestellt, wie sich Bernhards „Wahrheitsrigorismus“ mit seiner Sprachskepsis vereinbaren lässt.
- Die Rolle der Kunstfigur „Bernhard als Autor“ und deren Inszenierung.
- Die sprachskeptische Perspektive in Bernhards Werk im Kontext von Hugo von Hofmannsthal.
- Der Einfluss der Sprachspiele Ludwig Wittgensteins auf Bernhards Schreiben.
- Die Anwendung des Radikalen Konstruktivismus nach Heinz von Foerster, Heinz von Glasersfeld und Paul Watzlawick auf Bernhards Autobiographie.
- Die Beziehung zwischen literarischer Inszenierung und individueller Stilisierung in Bernhards Texten.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel stellt die zentrale Frage der Arbeit vor: Wie lässt sich Bernhards „Wahrheitsrigorismus“ mit seiner Sprachskepsis vereinbaren? Es werden die Vorgehensweise, die Hypothesen und der Forschungsstand zur Thematik skizziert.
- Begriffsklärung: Dieses Kapitel definiert zentrale Begriffe wie Autobiographie, Fiktionalität, Autofiktion, Sprachskepsis und Sprachkrise sowie den Konstruktivismus. Es dient der thematischen Eingrenzung der Arbeit.
- Thomas Bernhard: Das Kapitel beleuchtet das öffentliche Bild des Autors Thomas Bernhard und grenzt die Kunstfigur „Bernhard als Autor“ von der historischen Figur „Thomas Bernhard“ ab.
- Thomas Bernhard - Grenzgänger zwischen Fiktion und Faktizität: Dieses Kapitel untersucht Bernhards Umgang mit Fiktion und Faktizität aus drei Perspektiven: der sprachskeptischen Perspektive Hugo von Hofmannsthals, der sprachphilosophischen Perspektive Ludwig Wittgensteins und der konstruktivistischen Perspektive Heinz von Glasersfeld, Heinz von Foerster und Paul Watzlawick.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Autobiographie, Fiktionalität, Faktizität, Sprachskepsis, Sprachkrise, Sprachspiele, Konstruktivismus, Künstlermythos und der Analyse des Werks von Thomas Bernhard. Der Fokus liegt dabei auf der Interpretation seiner autobiografischen Schriften unter Berücksichtigung von sprachkritischen, sprachphilosophischen und konstruktivistischen Perspektiven.
- Arbeit zitieren
- Martina Wirth (Autor:in), 2016, Thomas Bernhard. Autobiographie als Inszenierung des Künstlermythos?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/357341